Editorial

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Integrierte internistische Versorgung der Zukunft Petra-Maria Schumm-Draeger

In einem gemeinsamen Projekt der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) und des Berufsverbandes Deutscher Internisten e. V. (BDI) sind „Pfade“ für die medizinische Versorgung von Patienten mit den nachfolgend genannten Modellkrankheiten entwickelt worden. Die gemeinsam von der Kommission „Integrierte Internistische Versorgung“ der DGIM und des BDI erarbeiteten Ergebnisse und die daraus resultierenden Empfehlungen sind in einem Memorandum in dieser Ausgabe (s. S 917) publiziert. Das Projekt zielt auf eine systematische Integration der Versorgung bei chronisch Kranken, am Beispiel zweier Modellkrankheiten: Der seltenen Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) und der häufigen primären Hypertonie (PH), die sehr oft einen Bestandteil des metabolisch-vaskulären Syndroms darstellt. Die mit der Arbeit der Kommission formulierten Grundzüge der für die GPA und die essentielle Hypertonie angestrebten Versorgungspfade müssen dahingehend geprüft werden, ob und unter ggf. welchen An­ passungen sich diese auf andere Erkrankungen übertragen lassen und so als „Blaupause“ für Versorgungspfade dienen könnten. Es werden drei Stufen der ambulanten Versorgung unterschieden: Grundversorgung (hausärztlich tätige Internisten, Internisten ohne Schwerpunkt neben Ärzten für Allgemeinmedizin), Schwerpunktversorgung (Internisten mit ausgewiesenem Schwerpunkt), Spezialversorgung nach oder in Analogie zur spezialfachärztlichen Versorgung entsprechend § 116b SGB V. Die Rolle der drei Versorgungsstufen unterscheidet sich grundsätzlich zwischen der GPA als sehr seltene, generell gefährliche und therapeutisch aufwendige Erkrankung und der sehr häufigen PH mit ihrem sehr breiten Spektrum an Risikofaktoren, klinischen Manifestationen und verhaltens- wie biomedizinischen Behandlungs­ zugängen. Für jede Stufe wurden spezifische Funktionen, Aufgaben und Verantwortlichkei-

ten mit definierten Merkmalen der Krankheit, des Patienten, der Therapie und der Erfahrung / Vernetzung des Arztes konkretisiert, einschließlich der teilstationären und stationären Versorgung. Die Merkmale legen einen Wechsel der Versorgungsstufe und des Kompetenzlevels in jede Richtung nahe. Als weitere Sektoren und Berufsgruppen werden die Rehabilitation und Pflege sowie psychothe­ rapeutische Versorgung herausgehoben. Auch wird auf die Bedeutung krankheitsspezifischer Zentren- und Netzwerkbildungen hingewiesen. Nach Auffassung der Kommission von DGIM und BDI haben die wissenschaftlich begründeten Empfehlungen das Potenzial, die Indikations-, Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität und die Effizienz der internistischen Versorgung zu steigern, von ärztlicher Seite Einfluss auf die Versorgungsplanung zu nehmen und schließlich auch Entlastungen und Berufszufriedenheit der Ärzte zu erhöhen. Viele Details müssen in weiterer Diskussion abgesichert werden und durch am besten verfügbare Evidenz zu einer Konsentierung führen. Dies wurde einerseits innerhalb der Vorstände von DGIM und BDI erreicht sowie andererseits in einer Fachkonferenz am 10.12.14 in Berlin unter der externen Leitung von Frau Prof. Ina Kopp (Marburg), bei der die Empfehlungen der Kommission diskutiert und mit geringen Modifi­ kationen „abgenommen“ wurden. Die Empfehlungen des vorliegenden Memorandums stehen ­damit nahe dem S2k-Niveau klinischer Praxisleitlinien, gehen in ihrer umfassenden koordinierenden Integration der Versorgungssektoren jedoch deutlich über den Anspruch dieser Leitlinien bzw. verfügbarer DMP-Vorgaben hinaus. Die Fachkon­ferenz empfiehlt einstimmig, einen zügigen Transfer mit einer zum Beispiel modellhaft-regionalen Implementation und Evaluation der Versorgungspfade zu planen. Die Effekte sollen wissenschaftlich evaluiert werden. Mit diesem Projekt wurde der erste Schritt zu einer besseren Zusammenarbeit im Gesundheitssektor getan. Nun bleibt zu hoffen, dass durch die optimale Integration und Koordina­ tion der relevanten Sektoren zukünftig eine signifikante Verbesserung der internistischen Versorgung in Deutschland erreicht wird.

Prof. Dr. Petra-Maria Schumm-Draeger ist Chefärztin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Angiologie, Städtisches Klinikum, München-Bogen­hausen petra-maria.schumm-­ draeger@klinikum-­ muenchen.de

Anmerkung Wissenschaftlicher Koordinator des Projektes Integrierte Internistische Versorgung ist Prof. Dr. med. Dr. phil. Heiner Raspe. Leiterin der gesamten Kommission des Projektes von DGIM und BDI ist Prof. Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger DOI 10.1055/s-0041-102514 Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 869 © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-0472

Schumm-Draeger P-M. Integrierte internistische Versorgung ...  Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 869

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Als relevante Ursache für Über- und Unterversorgung, Fehlversorgung und Ineffizienz in unserem System ist mit Sicherheit eine defizitäre integrierende und koordinierende internistische Versorgung unserer Bevölkerung anzusehen, in der verschiedene Versorgungssektoren, Versorgungsstufen, Heilberufe, ärztliche Dis­ ziplinen und Einrichtungen zu oft neben- statt miteinander arbeiten.

[Future integrated health care in internal medicine].

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