Planta (Berl.) 77, 99--107 (1967)

Weitere Versuche zur Lichtwirkung auf die circadiane Rhythmik von Phaseolus muhiflorus Ex~wi~ B ~ T ~ I ~ G u n d I L s n M o s ~ R Botanisches Institut der Universit~t Tfibingen Eingegangen am 19. Juli 1967

Further Experiments Concerning the Influence o/ Light on the Circadian Rhythm o/ Phaseolu8 multi/lotus Summary. Shifting from DD (continuous darkness) to LL (continuous light; red with maximum at 660 rim) affects the circadian cycle of Phaseolu8 as follows. 1. The cycle which is directly influenced by this energy step (called the first cycle), is either shortened (" advance ") or lengthened (" delay") as compared with the control cycle of about 28 hours (Fig. 1). The direction of this change, i.e., shortening or lengthening, is that which might be expected on the basis of the well known response curves. That means the influence of the single transition from DD to LL on this first cycle corresponds to the influence of light pulses in DD. 2. Alter light-pulses in DD, in Phaseolus as in the case of other species, a shortened first cycle will be followed by a shortened second one, a lengthened first cycle by a lengthened second one (see MosER). A]ter the step ]rom DD to LL, however, a shortened first cycle is always followed by a lengthened second one (Fig. 2). A lengthened first cycle is followed either by a very short one (between about 1O and 18 hours), or by an extremely lengthened one (up to nearly 40 hours, Fig. 3). The curves reveal that the extremely short cycles are due to the initiation of a new oscillation superimposed on the preceding one which is still completing its last peak (Fig. 4). The frequency of new initiations depends on the height of the energy-step and on the phase of its occurrence (Fig. 3, 6). 3. The influence due to changing from LL to DD is rather slight (Fig. 5). 4. The experiments favor the assumption that circadian oscillations follow the model of certain biological oscillations with higher frequencies: apparently we are dealing with a chain of all-or-none reactions separated by refractory periods. Advances are due to a premature breaking of the refractory period. Their frequency thus depends on the height of the energy step and on the time elapsed after the preceding peak (Fig. 6). Delays mean an extension of the reaction due to higher energy supply, that is, they are due to a longer lasting "climbing" towards a higher peak than the preceding one (Fig. 4a).

1. E i n l e i t u n g S t b r l i e h t v o n w e n i g e n M i n u t e n o d e r S t u n d e n , einer e i r e a d i a n e n R h y t h m i k i m D a u e r d u n k e l g e b o t e n , f i i h r t b e k a n n t l i c h je n a c h d e r getroffenen Phase zu einer VerzSgerung oder Beschleunigung im Auft r e t e n d e r n/~ehsten M a x i m a ( r e s p o n s e - K u r v e n ) . D i e s e l b e n E f f e k t e t r e t e n auf, w e n n das S t S r l i c h t in e i n e r E r h 6 h u n g d e r L i e h t i n t e n s i t / i t i m D a u e r l i e h t b e s t e h t . I n e i n e r v o r h e r g e g a n g e n e n A r b e i t (Bff~NI~G a n d Mosnlr 8

Planta (Berl.), Bd. 77

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E. Bt)N~G nnd I. MosER:

wurde gezeigt, dal3 die Prim~rvorg~nge bei VerzOgerungen und Beschleunigungen offensiehtlich quMitativ unterschiedlich sind; denn die quantitativen Beziehungen zwischen der I n t e n s i t ~ des St6rliehtes und der Phasenversehiebung sind in den beiden F~llen verschieden. Aueh die Aktionsspektren sind untersehiedlieh, so dal3 sieh je nach der Lieh~qualit/it verschiedene response-Kurven ergeben. Solche Versuehe sollen zu einer kinetisehen Analyse der circadianen R h y t h m i k beitragen. Bei der Auswertung yon St6rlichtversuchen besteht aber insofern eine Komplikation, als jedes St5rlicht bus einer ,,Licht-an-" and einer ,,Licht-aus-" Stufe besteht. Beide Stufen kSnnen spezffische Effekte haben (E~o]~LY/A~, CItA]~DlCAStIEKAtCA~),SO dM3 die Auswertung erschwert wird. Darum haben wir Versuche durchgeffihrt, bei denen die phasenverschiebende Wirkung eines zu verschiedenen Phasen des circadianen Cyclus erfolgenden Ubergangs yon DD zu LL oder yon LL zu DD geprfift wurdeL Diese Versuche brachten einige weitere Anhal~spunkte zur Kinetik der circadianen Rhythmik. 2. Methodik Ubergang yon DD zu LL. Pflanzen (Phaseolus multi/lotus), die im Gew~chshaus aufgezogen worden waren, kamen zun~chst fiir 2 Tage in DD bei konstanter Temperatur (21~C). Dann wurde, zu verschiedenen Phasen des circadianen Cyclus beginnend, zu LL iibergegangen. ])as LL lieferten LeuchtstoffrShren yore Typ Philipps TL 20 W/15 und TL 40 W/15, war also im wesentlichen Licht yon 600--720 nm mit einem Maximum bei 660 nm. Ubergang von LL zu D.D. Die Gew~chshauspflanzen kamen nach synchronisierendem Licht-Dunkel-Wechsel in ttellrot-LL (etwa 2500 erg/cm~. see). W~hrend des zweiten Cyclus nach der I)bertragung erfolgte der Ubergang yon LL zu DD. Andersartige Versuche werden im Text besonders erw~hnt.

3. {~bergang yon DD zu LL a) Beein/lussung des direkt getro//enen Cyclus

I n Abb. 1 sind nut Versuche berficksichtig~, in denen der l~bergang zu LL in Phasen beginnt, in denen es nicht zu den weiter unten zu beschreibenden Komplikationen kommt. Das sind einerseits Versuche, bei denen der ~bergang ungef/~hr 3--4 Std (frfihestens 1, sp/~testens 5,5 Std), bzw. ungef/ihr 22 Std (n~mlich zwischen 21 und 22,5 Std) nach dem vorhergegangenen Senkungsmaximum eintrat. Nach den bekannten response-Kurven fiir Liehtpulse liel3 der Ubergang w~hrend der erstgen~nnten Phase Beschleunigung (Cyclusverkfirzung), der Uberg~ng w~hrend der zweitgenannten Phase Verz6gerung (Cyclusverl~ngerung) erwarten. Die Ergebnisse cntsprachen dem. Zugleich zeigte sich, dab eine starke Abhi~ngigkeit yon der Lichtintensitat nicht besteht. 1 In iiblicher Weise wird Dauerdunkel mit DD, Dauerlich~ mit LL bezeichnet.

Lichtwirkung ~uf die circadiane Rhythmik

101

b) Beein/lussung des n~ichst/olgenden Cyclus Bei einer nur voriibergehenden Intensit~tserhShung, d.h. ftir einige Minuten oder Stunden, wird bekanntlich nieht nur der direkt getroffene Cyclus, sondern aueh der n~chste oder sogar noeh weitere beeinflul~t (transients). Die Art dieses Einflusses auf die n~chsten Cyclen (Verl~ngerung bzw. Verk/irzung) entspricht meist (bei Phaseolus und anderen Objekten) der Art der Beeinflussung des direkt getroffenen Cyelus. 3/+ 32

o o

oo 30

o

o

co

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O'9

j 28 L~nge des K0nfr011cydus(DD) 26 24 22

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m

9

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20 $

18 100

500

l 2500

Lfchfinlensit~Jt,erg/cm~.sec Abb. 1. Phaseolus multiflorus, tagesperiodische Blattbewegungen. ~bergang yon Dauerdunkel (DD) zu Dauerlicht (LL). Abszisse: IntensitBt des LL (Hellrot). Ordinate: LBnge des Cyclus, in dem der Ubergang zu LL vollzogen wird (direkt getroffener Cyclus). - - Unten: Der {Jbergang zu LL erfolgte ungef~hr 3 Std nach einem vorhergegangenen Senkungsmaximum. Es tritt gegenfiber den Kontro]lcyclen yon annBhernd 28 Std eine Cyclusverkiirzung um durchschnittlich etwa 5 Std ein. - - Oben: Der Ubergang zu LL erfolgte ungefiihr 22 Std nach einem Senkungsmaximum, d. h. unge~hr 6 Std vor dem n~chsten. Es tritt eine Cyclusverl~ngerung um durchschnittlich etwa 2 Std ohne erkennbaren Intensit~tseinflul3 ein W e n n nicht ein solcher Lichtpuls gegeben wird, sondern die Intensitar dauernd erhSht bleibt, sind die transients grunds~tzlieh ~hnlieh wie bei einem Lichtpuls. Das heil~t wenn der Ubergang zu hSherer Intensit~t zu einer Phase beginnt, in der ein blol~er Lichtpuls verkiirzende transients bedingt, rut das auch der ~]bergang zu hSherer LL-Intensits Beim Ubergang zu Phasen, in denen der Lichtpuls Verlangerungen bedingt, t n t das entsprechend aueh der ~ b e r g a n g zu hSherer LL-Intensit&t (vg]. Mos~R). 8*

102

E. B t ~ I ~ G und I. MOSER:

Diese ;Qmliehkeit gilt aber offenbar nur ffir relativ geringe IntensitatserhShungen. Unsere neuen Versuche zeigen, dab beim l~bergang von D D zu LL oder beim Obergang yon sehwachem zu starkerem LL andersartige Effekte auftreten kSnnen, wenn die Intensitaten bzw. Intensit~tsstufen h6her shad. Abb. 2 zeigt die L~nge des zweiten (Mso sehon vollstandig im LL liegenden) Cyetus, wenn der Ubergang zu LL bei Phasen begann, die im direkt getroffenen Cyclus (Abb. 1) zu Verktirzungen ffihren. Wir sehen, daB, im Gegensatz zu Lichtpulsversuehen, 0

-u 3 4 @

~, 32 s :g

30 28

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26 I00

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L5ngedes Konfrollcyclus(DD) 500 2500 Lichfinfensitdt,erg/cm2 .sec

Abb. 2. s yon DD zu LL. Abszisse: WJe in Abb. 1. Ordinate: L~nge des ersten Folgecyclus, d.h. des ersten Cyclus, der vollst~ndig in LL ablBuft. Der 13bergang zu L L erfolgte wenige (ungefBhr 3) Stunden nach einem Senkungsmaximum. W~hrend der direkt getroffene Cyclus verkfirzt war (Abb. 1 unterer Bildt.eil), ist der erste Folgecyclus mit deutlicher Intensit~tsabh~ngigkeit um mehrere Stunden verl~ngert der zweite Cyelus nicht auch verkfirzt, sondern immer erheblich verlanger~ ist, a n d zwar mit einer nieht, unbetrachtliehen Intensitatsabhangigkeit (mindestens im Bereich zwisehen der niedrigen und mittleren Intensitat). Noch iiberraschender ist das Verhalten, wenn der Ubergsng zu Phasen erfolgt, die im ersten Cyclus mit Verlangerungen reagiert hatten. Die erwa.rtete Verlangernng des naehstfolgenden Cyclus trat, wie Abb. 3 zeigt, bei geringer Intensitat des LL immer ein. Bei mittlerer Int~nsitat tritt sie nur dann immer ein, wenn der Ubergang noch rela*iv fi'ah im Cyelus erfolgte, n&mlich sp/it~stens ungef/ihr 5 Std vor dem nachsten zu erwartenden Senkungsmaximum. Erfolgt der tJbergang zu LL erst ungefahr 4 Std vor dem nachsten zu erwartenden Senkungsmaximum, so zeigt sieh bei der mittleren Intensitat nur in einigen Fallen diese Verlangerung, in anderen Fallen eine extreme Verkiirzung. Die weiteren Daten der Abb. 3 zeigen: Je hSher die Intensitat ist und je weiter sich der Zeitpunkt des L~bergangs zu LL schon der Erreiehung des naehsten Maximums genahert hatte, u m so haufiger bzw. a usschIieBlicher zeigt

Liehtwirkung auf die circadiane Rhythmik

103

sieh start der e r w a r t e t e n Verlangerung eine extreme Verkiirzung. Einige Beispiele (Abb. 4) lassen deutlieh werden, wie diese Verkiirzung zu erkl~ren ist: Der alte Cyclus wird noch abgesehlossen; aber er fiberlagert sich m i t einem n e u induzierten. Dabei ist die extreme Verlgngerung anf 38 34

_!-

~?

3O -9" (f)

Ldngedes Kontrollcyclus(DD)

26

~ 22 E

2

18 14 10

6 10'0

I

500 Lichtintensitdf,erg/cm2 .sec

I

2500

Abb. 3. ~bergang von DD zu LL. Abszisse: Wie in Abb. 1 und 2. Ordinate: Wie in Abb. 2, also L~nge des ersten Folgeeyelus. Der t3bergang zu LL erfolgte wenige Stunden v o r einem Senkungsmaximum. Die ungefghre Anzahl dieser Stunden ist bei den Werten eingetragen. Es treten extreme Verlgngerungen oder starke Verkiirzungen ein. Zu den Verlgngerungen sind die mittleren Fehler der Mittelwerte eingetragen. Anzahl der Einzelversuche etwa wie in Abb. 2. Bei den Verkiirzungen, die ungefghr in der H~lfte der Gesamtf~lle eintraten, sind wegen geringer Anzahl der Einzelversuehe nieht mittlere Fehler, sondern die Gesamtstreuungsbreiten eingetragen. Die Ergebnisse zeigen: Wenn der Obergang zu LL ungef~hr 5 Std vor dem ngehsten Senkungsmaximum erfolgt, tritt eine Intensitgts-abh~ngige Cyelusverl~ingerung ein. Ist der Zeitpunkt des Uberganges zu LL dem niiehsten Senkungsmaximum noeh mehr genghert (ungefghr 4 Std vor ihm), so kann bei mittlerer und h6herer (nie bei der niedrigsten) Intensitgt start der Verlgngerung eine extreme Verkiirzung eintreten (das betraf ungef~hr die It~lfte aller registrierten Pflanzen). Bei einer noeh st~rkeren Ann~herung des t}berg~ngs zu LL an das ngehste Senkungsmaximum (ungef~hr 1 Std vor ihm) tritt nur in der niedrigsten Intensitgt die Verlgngerung ein, in mittlerer und h6herer aussehlieglieh die extreme Verkiirzung W e r t e y o n wenig u n t e r 40 Std eventue]] aus einer Versehmelzung des a l t e n m i t dem n e u i n d u z i e r t e n Gipfel zu erkls Die sich ansehlieBenden 1 - - 2 Cyclen siad wieder kfirzer, aber gegenfiber den K o n t r o l l w e r t e n aueh noch u m 2 - - 3 Std verls

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E. BttN~iI~o und I. MosEI~:

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[Further experiments concerning the influence of light on the circadian rhythm of Phaseolus multiflorus].

Shifting from DD (continuous darkness) to LL (continuous light; red with maximum at 660 nm) affects the circadian cycle of Phaseolus as follows. 1. Th...
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