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Die funktionelle Dysphonie nach Halswirbeltrauma M. Hülse Abtcilung für Phoniatrie, Pädaudiologic und Otoncurologic icr HNO-Klinik, Fakultt für Klinischc Medizin Mannheirn

Durch die zunehmende Verkehrsdichte Zusammenfassung Stimmstörungen

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und begleitende Mif-

empfindungen, wie z. B. Glohusgefuhl, werden nach leichten Schãdel-Hirn-Traumen und nach Halswirbelsäulentraumen oft nicht beachtet, auch wenn ihr Vorkommen immer wieder berichtet wird. Bisher hcstchcn den Pathomechakeine einheitlichen Vorstellungen nismus, der nach ,,kleineren" Traumen zur Dysphonie führen könnte, weshaib im Einzelfall erhebliche Diskrcpanzcri bei dcr Diagnose, der Therapie und der gutachterlichen Einschätzung entstehen. — In dcr vorliegenden Arbeit wird gezcigt, daf cine posttraumatischc Dysphonie nach leichteren Traumen cm kiar definiertes Krankheitsbild darsteilt, dcssen Pathomechanismus beschrieben wird. Die Diagnose der posttraumatischen Dysphonie ergibt sich aus der typischen Unfallanamnesc, dcrn

Nachweis dcr funktionellcn, meist hypcrkinetischen Dysphonie und dem Nachweis eines funktioncllen Dcfizites im Bereich der Halswirbclgelenke hei C 2/3. Die exakte Diagnose ermöghcht eine gerechte Beurteilung bci der Begutachtung, bietct aber auch wertvolle therapeutische Ansitze.

The Functional Voice Disorder After an Injury to the Cervical Spine After a head or a cervical injury dysphonia

and its accompanying globus syndrome arc often ignored, even if the existence of these traumatic scquclae are repeatedly reported. Till now there is no coherent idea about their pathogencsis, wherefore in the individual case wide differences exist in the diagnosis, treatment and in the expert opinion. — It could be shown in this paper, that a posttmaumatic dysphonia, due to a minor

trauma, is a well defined disease with an uniform pathogenesis. The diagnosis results from the typical anamnesis of the accident, from the prove of the functional dysphonia and last not least from the prove of a func-

tional deficit of the cervical spine, especially in the height of C 2/3. The right diagnosis allows a causal treatment and enables a just expert opinion.

Laryngo-Rhino-Otol. 70 (1991) 599—603 Georg Thieme Verlag Stuttgart• New York

wird jeder Arzt in zunehmendem MaIe mit Patienten konfrontiert, die em Halswirbelsãulcntrauma erlitten haben. 70 % aller Fahrzeugunfälle zu eincr Statistisch führen Kopf- bzw. Schadelprellung. Von diesen 70% lassen 90 % (das entspricht 2/3 aller Unfälle) innerhaib der ersten 3 Wochen nach Unfailtermin Merkmale ciner frischen Halswirbelsau]enbeteiligung erkennen (6). Dieser hohe Prozentsatz der HWS-Beteiligung bei Unfällen ist nicht erstaunlich, verdeutlich man sich, daL jeder Schiag gegen die Stirn, Nasc oder Kinn zu ci-

ncr Hyperextension und jeder Schiag gegen den Hinterkopf zu einer Hyperflexion der HaIswirbeIsu1e führt. Obwohl in den letzten 30 Jahren zahireiche Publikationen zurn Thema der Halswirbelsiu!enverletzungen erschienen sind, und obgleich es eine gro1e Anzahl versicherungsrechtlicher Auseinandersetzungen dieserhaib gegeben hat, sind die Auffassungen flber die wirkjich vorliegenden Verletzungstatbestande bis heute noch recht widerspriichlich geblieben und stark mit Hypothesen belastet. Andererseits besitzt der Begriff ,,Zervikalsyndrom" eine derartige Faszination und Wertigkeit, ,,ja manchmal Uberwertigkeit" (4), da6 die Gefahr besteht, daI das Zervika!syn— drom zum Sammelplatz unklarer Diagnosen wird (5, 11).

Stimmstörungen nach SchädelWird Him-Trauma berichtet, denkt man zunächst an die schweren Folgen nach Conmsio cerebri, bei reinen Haistraumen an eine Contusio laryngis. Auch den Orthopaden und Unfallchirurgen ist eine Stimmstörung nach Schleuder- und Abknickverletzung der Halswirbelsäule durchaus bekannt. Die pathomechanischcn Vorstellungen hierzu haben Hinz und Mitarh. (8) in ihrer Monographie zusammengefaIt: ,,Vielfältige Begleitverletzungen beim HWS-Trauma ergeben sich aus den engen anatomischen Beziehungen der viszeralen Organe zur ventralen Wirbelkorperbegrenzungsebene. So zerreifen die Venengeflechte im lockeren Bindegewebe des Retropharyngealraumes beim Reklinationstrauma relativ leicht und führen zu Schluckbeschwerden. Weiterhin kann die Nachbarschaftsbeziehung des Kehlkopfes und des Zungenbeines zur Wirbelsäule auch indirekt zur Verletzung dieser Organe führen. Bekannt sind Frakturen der Zungen-

Diese Arheit wurde auszugsweise auf der Jahrestagung dcr Deutschcn Gcscllschaft für Phoniatrie und Pädaudiologic, Aachen 1991, vorgetragen.

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Jet Univcrsitlt Heidelberg (Leiter: Univ-Prof. Dr. M. Hiilse)

M. Hülse

FehIhoIurg

einen spinaien Reflex Verstellung des y-Systems führt zu einer Tonussteigerung der segmentalen Muskulatur bis zur MyogeJose, wodurch das Funktionsdefizit der Wirbelgelenke verstàrkt wird. Von den Muskelrezeptoren kornrnt es zu einem zusätzlichen Afferenzeinstrorn in den Hinterhornkomplex, wodurch eine weitere Steigerung der Reflexantwort ausgelost wird, der arthromuskuläre Circulus vitiosus (14, 15) ist in Gang gesetzt und fflhrt, wenn er nicht unterbrochen wird, zur ,,Chronifizierung des funktionellen Defizites" (12).

-WS-Trauma

FehIbeIsturg

F-typerobilal

Gelenkdysfunktion

Noc,-

Strg. Arthron

Muskelverspannung

Dysphonie 1 Abb. 1 Circulus vitiosus von funkt,oneller Kopfgeienksstorung und Dysphonie.

beinausläufer oder der oberen Kehlkopfiiörner durch An-

stemmechanismus der Querfortsatzreihe."

Decher (5) vertrat derngegenüber die Mciflung, da{ eine posttraumatische Dysphonie als ,,psychogene Dysphonie" irn Rahrnen der öfters beschriebenen psychischen Störungen bei Zervikalsyndromen denkbar sei.

HNO-ärztlicher- und unfallchirurgischerseits wird also die mogliche Existenz einer Stimmstorung nach HWS-Trauma nicht bestritten, wenn auch die alizu rnechanistische Vorsteilung nur in den seltensten Fallen zutreffen dürfte.

Seit den Arbeiten von Hansen und Schliack. 1962 (7) ist bekannt, da die segrnentaie Ordnung nicht nur paravertebrai besteht, sondern auch an der ventralen Körperseite ihre Guitigkeit besitzt: Die gesamte Halsvorderseite gehört nach diesen Autoren zu dem Dermatorn C 3. Die Untersuchungen von Mündnich (13) lassen erken-

nen, daf. die Drehung des Ringknorpels gegenuber dem Schildknorpel im Schild-Ringknorpel-Gelenk des Unterhorns wesentlich die Spannung der Stimmbãnder beeinflu&. Dies bedeutet, dafi die pralaryngeale Muskulatur wie auch die rctrolaryngeale Muskulatur auf die Stirnmbandwirkt. wirken spannung Stimmlippenverlãngernd M. cricothyreoideus, Lig. conicum, M. thyreopharyngeus, Osophagusmuskulatur und M. constrictor pharyngis posterior. Derngegenüber haben eine stimrnlippenverkurzende Wirkung der M. cricopharyngeus, der Trachealzug, die sog. Funktionelle Kette Aiyknorpel +— M. aryepiglotticus — Epiglottis — Zunge — Hyoid Mundboden und Mandibula, M. und Lig. thyrcohyoideus, M. sternothyreoideus, M. sternohyoideus und M. omohyoideus (18, 19). Erst in jüngster Zeit haben Vilkman und Mitarb. (16) eine Abhangigkeit

der Grundfrequenz der Stimme und des subglottischen

Sind massive pathomorphologische Veràn-

Druckes von der Hoherverlagerung des Zungenbemnes cxperirnentell belegen können.

derungen nicht erkennbar, werden haufig Globusgefuhl und Dysphonie nach HWS-Traumen wie auch nach einfachen Schädel-Hirn-Traumen nicht beachtet, da nach der

wird der M. geniohyoideus direkt aus den Zervikalsegrnen-

gultigen Lehrmeinung em subjektives Beschwerdebild innerhaib von Stunden, Wochen oder spätestens nach Monaten folgenlos ausheilen mu!.?. Diese Probiematik wird dem

ten C 1 und C 2 innerviert (3). Die unteren Zungenbeinrnuskeln werden aus den Zervikalsegmenten C 2 und C 3 motorisch versorgt.

HNO-Arzt und dem Phoniater bei vielen Begutachtungen vor Augen gefuhrt, wenn Patienten noch nach Jahren eine Dysphonie nach sog. Bagatelitraumen kiagen. Eine Erldarung der Stimrnstörung mit ,,endogenen, unfallunabhängigen psychischen Faktoren" kann in den meisten Fallen nicht befriedigend scm. Oft für den Betroffenen nicht zu verstehen ist, wenn eine Stirnrnstörung für das erste halbe J ahr nach dem Unfall anerkannt wurde, dann aber auf emmal endogener Natur scm soil.

Diese Ausführungen bestatigen die manualmedizinischen Erfahrungen (14, 15), da bei einer funktionellen Störung der oberen Halswirbclsaule auch die gesamte pralaryngeale Muskulatur betroffen ist. Da eine soiche Storung eine funktionelle Dysphonie auslösen oder unterhalten kann, wurde von Hülse 1990 (9) berichtct.

Sind schwere pathornorphologische Unfall-

verletzungen nicht nachweisbar, handelt es sich bei den F-IWS-Storungen haufig ,,nur" urn em funktionelles Defizit in den Wirbelgelenken (von den Chiropraktoren wurde früher hierfür der Ausdruck der ,,Biockierung" gebraucht). Eine soiche funktionelie Storung mit der damit verbundenen Klinik ist nur zu verstehen, wenn die Wirbelsäule nicht isoliert als ,,knöcherne Columna", sondern als ,,Achsenorgan mit metamerer Ordnung" (17) gesehen wird.

Trifft em unphysioiogischer Reiz, em Trauma, auf die Wirbelgelenke, werdcn die Nozizeptoren gereizt, die eine Verstellung der y-Schieife auslösen. Diese

Von der oberen Zungenbeinmuskulatur

Aus den oben geschilderten pathophysiologischen Uberlegungen heraus, die heute weitgehend als gesichert gelten können, ergibt sich das Bild und die Diagnose der posttraumatischen zervikalen Dysphonie: 1. Unfallanamnese, 2. funktionelle Dysphonie (meist hyperkinetisch), 3. funktmonelles Defizit bei C 2/3.

Diese Trias ist eine Conditio sine qua non für die Diagnose!

Die Unfallanamnese ist in der Regel aktenkundig, zu achten ist besonders auf weitere Syrnptome des HWS-Traurnas, wie z. B. cinseitig betonte Nacken- und Kopfschmerzen, evtl. Schwindel- und Gleichgewichtsbeschwerden.

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600 Laryngo-Rhino-Otol. 70(1991)

Die funlaionelle Dysphonie nach Halswirheltrauma

KR.

zervikale Dysphonie

:e 8

gi

Klingen nun die Allgemeinbeschwerden ab, wird dem Betroffenen die Stimmstdrung erst bewuflt. Dar-

flber hinaus sind viele funktionelle Stimmstdrungen da-

durch gekennzeichnet, da die Besehwerden erst nach stimmlieher Belastung, z. B. nach Wiederaufnahme der beruflichen Tatigkeit, empfunden werden.

Subjektiv klagt der Betroffene haufig flber em ,,Globus-Gefühl". Einerseits kann dieses Globus-Gefilbi isoliert bei der funktionellen Kopfgelenksstflrung beobachtet werden (14, 15), andererseits ist der Globus em typisches Symptom bei der hyperfunktionellen Dysphonie (10).

Besonders wenn der Betroffene vor dem Unfall gem gesungen oder gar in einem Chor mitgewirkt hat, wird eine eingetretene Stimmstörung in den Vordergrund gestellt. Bei Spreehberufen wird eine auffãllige Ermiidung der Stimme bei Belastung angegeben.

Bei der Latyngoskopie fallt der te Wflrgereflex auf, der selbst mit einem Oberflaehenanasthetikum kaum unterdruckt werden kann. Dieser Wflrgereflex ist lediglieh Ausdruck des gesteigerten Muskeihypertonns und darf nicht als Ausdruek einer psyehisehen Fehihaltung gewertet werden. Daruber hinaus wird die Laryngoskopie dureh eine paradoxe Epiglotriskippung (bei Phonation hoher Tone kippt die Epiglottis unphysiologischerweise nach hinten) etsehwert. Stroboskopisch zeigt sieh eine Amplitudenverkiirzung, teilweise finden sich untegelmãflige Schwingungsablaufe. Die Randkantenverschiebung ist deut-

lich eingeschrankt. In einem Fall konnte eine einseitige

5

,,stiffness" registriert werden.

Die Spreehstimmlage wird vor allem von Frauen bei einer postttaumatischen zervikalen Dysphonie tiefer als vor dem Unfall empfunden. Im Sonagramm finden sich alle HeiserkeitsAbb.2 Sonagramm vor und nach Manualiherapie der HWS: Die unregelmaflige Kurve bei 6000 Hz (=Amplitudenkurve) alit erkennen, dali beide Sonogramme mit A bei gleicher Intensitat gesprochen wurden.

stufen von 1—4 nach Yanagihara. Bei dem Patienten in Abb. 2 konnte durch eine Manualbehandlung von C 2/3 der Stimmbefund deutlich gebessert werden. Das ausgeprãgte Rausehen oberhalb von 4000 Hz versehwand weitgehend, nach der Behandlung waren die Formanten F1—F3 deutlich identifizierbar.

TYPE 8/85 SONAGRAM' KAY E!.EMETRICS CORP PINE BROOK. N.J.

E.

ANALYSIS BY _______ 8000

[Hz var Therapie rnVHAPE 0 TIME. MS/DIV

nach Manualtherapie BANDWIDTH _________ COMP............

FREG. RANGE

Abb. 3 Power-Spektrum des Vokals A (vor und nach Manualtherapie).

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Von der klassischen Symptomatik des Halswirbelsãulenschleudertraumas her ist bekannt, da die subjektiven Beschwerden haufig erst mit einer gewissen Latenz von Stunden his Tagen auftreten kdnnen. Uber posttraumatische Stimmstörungen wird haufig erst nach einem langeren Zeitraum nach dem Unfall geklagt. Dies bedeutet jedoch nicht, dafi eine posttraumatische Stimmstflrung eine besonders lange Latenzzeit aufweist; vielmehr ist hier em vollig anders geartetes Phänomen zu beaehten. Eine posttraumatisehe Dysphonie unterliegt wie alle Traumafolgen dem aus der Unfallehirurgie bekannten Gesetz, dafi direkt nach dem Unfall eine Störung am starksten ausgeprãgt ist und in der Folgezeit eher zu einer Befundbesserung neigt. Eine Dysphonie wird jedoch sehr oft neben den im Vordergrund stehenden Beschwerden wie Kopfschmerzen und Schwindelbeschwetden zunachst nicht beachtet oder nur als Ausdruck der aligemeinen Schwãchung des Kflrpers durch den Unfall gesehen.

Laryngo-Rlñno-OtoL 70 (1991) 601

602 Laryngo-Riiino-OtoL 70 (1991)

Qeb. 15 5.58 92

Phonetogramm 22

Lokalisation der altersbedlngten deformierenden

tujm 3 5P1 10

no ntg enve ran d eru ng en

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I• D E F GA H C d I I g alt cd•'t g a h c d I • 9 a Ii C

10

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C2/3 C3/4

C6/7 C7/Thl

Abb. 5 Hohe der altersbedingten Veranderungen der HWS.

Abb. 4 Phonetogramm von K. St.: Singstimmfeld vor und sotort nach Manualtherapie von C 2/3.

Auf der statisehen Röntgenaufnahme der 1-IWS in 2 Ebenen ist em funktionelles Defizit der Wirbelgelenke nieht nachweisbar. Erkennbar sind meist nur altersbedingte Verãnderungen der HWS, die sich mit 42 % in Höhe

In Abb. 3 findet sich das ,,Power-Spektrum"

des Vokales A" von einem 32jãhrigen Patienten, der 14 Monate zuvor cinen typischen Autounfall erlitten hatte und bei dem eine geklagte Stimmstörung als unfallunabhangig abgelehnt worden war. Eine logopädische Behandlung zu Lasten der Krankenkasse hatte keine Normalisierung der

Stimme erreichen können. Durch die Manualtherapie konnte innerhaib von 1 Stunde die dokumentierte Besserung erzielt werden.

Sänger oder Sãngerinnen, die aueh nur an einem Laienehor teilnahmen, bekiagen sehr oft die Emsehrànkung ihres Singstimmfeldes. Vor allem Sopranistinnen konnen nach einer solehen posttraumatisehen zervikalen Dysphonie oft kaum mehr eine ,,AJt-Stimme" ausfullen. Die zervikale Komponente einer soichen Stimmstörung l/iRt

sieh besonders eindrueksvoll am Singstimmfeld vor und naeh Manualtherapie demonstrieren. Als dritter Eckpfeiler für die Diagnose einer posttraumatischen Störung wurde oben der Nachweis eines funktionellen Defizites von C 2/3 aufgefuhrt. Die genaue Feststellung einer solehen funktionellen Störung verlangt die Beherrsehung der manuellen Untersuehungsteehniken. Gegebenenfalls mu hier em in der Chiropraxis ausgebildeter Orthopade hinzugezogen werden. Aber aueh dem nicht vol1 ausgebildeten Untersueher ist es moglieh, sieh durch cine sorgfaltige Palpation der Wirbelgelenke zu orientieren. Am liegenden Patienten ist bei ersehlaffter oberflaehlieher Nackenmuskulatur haufig em intensiver Drueksehmerz uber dem betroffenen Wirbeibogengelenk palpatoriseh auslosbar.

von C 5/6 und nur in 1 % in Höhe C 2/3 zeigen (11). Die pràzise Angabe der bei der zervikalen Dysphonie in Frage kommenden Wirbelgelenke mit C 2/3 bedeutet, daR die im Alter regelmàRig zu beobachtenden HWS-Verãnderungen nieht zu einer Dysphonie führen konnen. Aussagekraftiger als die Röntgenaufnahme der HWS in 2 Ebenen sind die Funktionsaufnahmen naeh Ar/en (1, 2). Werden die Bewegungsaussehlage der Wir-

beikorper gegeneinander gemessen, ist Ieieht eine Emsehrãnkung gegenüber den von Ar/en ermitteiten Normalausschiagen etagengenau zu erkennen. Die exakte Diagnose der posttraumatischen zervikalen Dysphonie ist nieht nur von enormer forensiseher Bedeutung. Wie an den obigen Abbildungen demonstriert werden konnte, ergeben sieh aus dieser Diagnose erhebliehe therapeutische Konsequenzen. Da die posttraumatisehe zervikale Dysphonie dureh die funktionelle Kopfgelenksstorung ausgelost und aufreeht erhalten wird, bedeutet die Manualtherapie der oberen Halswirbelsaule die Therapie der Wahi. Uns hat sich besonders die Impulstherapie nach Ar/en bewahrt. Erfahrungen mehr ais 5 Jahre zeigen, dat? muskulare Verspannungen im Bereich der prãund postlaryngealen Muskuiatur sehr schnell erfoigreich gelost werden können. Es mut? aber betont werden, dat? die Manualtherapie der Halswirbelsãule die Logopadie weder ersetzen kann noch soil. Beide Behandlungen ergãnzen sich aber und erst gemeinsam fuhren sie zum Erfolg.

Die exakte Etagenbestimmung des Funk-

Besonders hem zu spat einsetzender Behandlung besteht die Gefahr, dat? sich eine funktionelle Halswir-

tionsdefizites bei C 2/3 ist aufgrund unserer pathophysiologisehen Kenntnisse entscheidend. Es genOgt also nicht, von einem ,,Zervikalsyndrom" zu spreehen.

belsaulenstOrung ,,ehronifiziert" (12), so dat? em Dauersehaden eintritt, der dann auch bei der Begutaehtung berueksmehtigr werden mflt?te. Die Frage aber, ob es sieh bei

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K. st.

M. 1-Iulse

Die funkiionelle Dysphonie nach 1-ialswirbeltrauma

Laryngo-Jihino-OtoL 70 (1991) 603

m-

B E IV E G IJNGS D I A G R A MM

B E IV E

Flexion

Extension

Ftexion

G U N G S II I A G R A M IV Extension

-

Abb.6 ROntgen-Funktionsdiagramm nach Anon: a = normal, b Del izit bel C 2/3 und C 3/4.

—-—--

—-—

25 20 15 I0 5

5

0

10 20 25

25 20

is

-

to s 0 5

der funktionellen Stdrung der oberen HWS schon urn cinen Dauerschaden handelt oder ob diese StOrung mit alien Symptomen noch erfoigreich behandeit werden kann, ist nur durch einen manualtherapeutisch versierten Orthopaden und nicht durch den Phoniater zu entscheiden.

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Univ-Prof Dr. Man fred HOlse Abteilung für Phoniarrie und Pkdaudiologie Klinikum Mannheim Theodor-Kurzer-Ufer 6800 Mannheim 1

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[Functional dysphonia following cervical spine injuries].

After a head or a cervical injury dysphonia and its accompanying globus syndrome are often ignored, even if the existence of these traumatic sequelae ...
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