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Von der perkutanen Nukleotomie mit Diskoskopie bis zur perkutanen Spondylodese : Ein neues Konzept zeichnet sich ab H. J. Leu Aus der Orthopädischen Universitätsklinik Balgrist Zürich (Direktion: Prof. Dr. med. A. Schreiber)

Herrn Prof. Dr. A. Schreiber zum 60. Geburtstag gewidmet.

Entwicklung Zusammenfassung In den letzten zehn Jahren hat sich die perkutane Nukleotomie (n = 148) im Bereiche der dekompressiven Indikationen als schonende Operationstechnik ihren Platz im operativen Alltag gesichert. Diese Entwicklung war durch die 1982 mit beidseitigem Zugang eingeführte Diskoskopie und durch die damit gezielt dorsale Dekompression der Bandscheibenhernie wesentlich mitgetragen. Bei kontinenten lumbalen Diskushernien lassen sich über 80% günstige Endresultate erzielen. Dank entsprechend weiterentwickelten Instrumenten ist seit 1988 auch genügende Eröffnung der anliegenden Wirbelkörper und damit - in Kombination mit einem temporären transpedikulären Fixateur externe - auch die interkorporelle Spondylodese möglich geworden. Die ersten klinischen Verläufe ermutigen durch die gut erhaltene muskuloligamentäre Stabilität der benachbarten Bewegungssegmente. From percutaneous nucleotomy with discoscopy to percutaneous intervertebral fusion : A new concept emerges In the last ten years percutaneous nucleotomy (n = 148) has become a well established, sparing operative procedure in the routine treatment of contained disc herniation. This evolution has been markedly pushed by the most valuable discoscopy. This methodical complement, introduced in 1982 with biportal approach, permits a controlled dorsal decompression of the herniated disc. In correct indications over 80% of favorable results of overalloutcome were obtained. With modified instruments, introduced in 1988, also a sufficient preparation of the adjacent vertebral plates for intervertebral fusion has become possible. The preliminary results of this technique - in combination to a temporary percutaneous transpedicular fixation - are encouraging also for optimal musculoligamentar compensation of the adjacent functional units.

Z. Orthop. 128 (1990) 266-275 © 1990 F. Enke Verlag Stuttgart

Erst seit den Dreißigerjahren unseres Jahrhunderts ist die chirurgische Behandlung der Ischialgie bei bandscheibenbedingter neurologischer Kompression eingeführt (17). Das therapeutische Prinzip besteht bei dieser klassischen Hemilaminotomie/Diskotomie in der Abtragung des vorgewölbten Bandscheibenmaterials über einen dorsalen Zugang direkt am Ort des Geschehens: im epiduralen Raum des lumbalen Spinalkanals. Der offene operative Zugang betrifft die dorsale Haltemuskulatur, die interlaminären Ligamente, das epidurale Fettgewebe und schließlich das Durakonvolut selbst, das regelmäßig zur Sicherstellung des Zugangsweges nach medial abgeschoben werden muß. Eine funktionelle Beeinträchtigung durch Schädigung der Muskulatur, Abtragen der Ligamente und teilweise der Lamina sowie individuell variable peridurale Vernarbung ist auch bei schonender Technik unvermeidbar. Außerdem muß zur Entfernung subligamentärer Hernien eine Fenestration der hinteren Bandscheibenbegrenzung erfolgen, was im Hinblick auf die Gefahr von später nachrutschendem Gewebe oft zu allzu ausgedehnter Ausräumung des Bandscheibenraumes verleitet. Entsprechend vorgeplant ist dadurch eine stärkere intervertebrale Sinterung mit konsekutiver Segmentinstabilität. Diese Probleme führten von den Vierzigerjahren (6) bis heute (2) immer wieder zur grundsätzlichen Frage, ob nicht jede Bandscheibenoperation mit einer segmental distrahierenden Spondylodese zu verbinden sei. Unter diesen Gesichtspunkten wurde früh die Frage nach einem konzeptionell alternativen operativen Zugang gestellt. Bereits in den Dreißigerjahren war im diagnostischen Bereich die dorsolaterale Wirbelsäulenpunktion beschrieben worden (1). Ende der Vierzigerjahre entwickelte Hult (9) einen ventrolateral retroperitonealen Zugang zur Bandscheibe. Seine Technik erlaubte somit erstmals eine Entlastung von Bandscheibenvorfällen direkt vom Intervertebralraum her ohne die Nachteile des dorsalen Zugangsweges. Der operationstechnische Aufwand konnte allerdings wenig zur Verbreitung dieser Methode beitragen. Einen weiteren Markstein setzte Craig mit seinem kanülären Instrumentarium zur dorsolateralen Gewebeentnahme an lumbalen Wirbelkörpern (3). Die Anwendung blieb auch hier auf die Diagnostik beschränkt.

Zu Beginn der Siebzigerjahre nahm Kambin (10) die Idee eines transkanülären Zugangs wieder auf, wendete sein System jedoch vorerst in Ergänzung zum offenen operativen Zugang zur kleinstmöglichen Fenestration des Anulus fibrosus an. Praktisch gleichzeitig ent-

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Von der perkutanen Nukleo tomie mit Diskosk opie bis zur perkutanen Spondylodese

An de r Klinik Balgrist wurde das von H ijikata weite r entwic kelte Instrumenta rium übern ommen un d am 23. 10. 1979 erstma ls klinisch angewende t. Bald scho n zeigte sich, daß durch dieses System eine sub ligamentäre Ent lastu ng o f nicht im gewünschten Maße zu erreichen wa r. So wurde in Zusamme narbeit mit unserer biomechan ischen Abteilung ein größer dimensio nier tes, mehrteiliges Kan üleninstrumentarium entwic kelt, das wir nach geringfügigen weiteren Anpassun gen bis heute verwe nde n (Abb . I) . Trot z nun grö ßer er En t lastungsm öglichk eit besta nd a uch mit diese m Instrumentarium allein die Ge fahr, da ß die Gewebeentnahme nicht genügend dorsal erfo lgte.

Abb. 1 Das BALGAIST-PN-Kanürensvstem l Howmedica*) um faßt eine doppel te Führungsnadel und lunf Kanülen aufsteigenden Kalibers. Die größte Arbeitskanüle wird in 2 längen geliefert. wählbar nach individuellem Habitus des Patienten

So mit mu ßte zur relat iven, do rsa len Ent lastung im zentralen Ba ndscheibenb ereich ehe r viel Gewe be ent no mmen wer den, um do rsal die er fo rde rliche Dekom pression zu erreichen. Eine gezielt gefü hrte do rsale Gewe beent na hme wurde erst du rch die 1982 bei uns klinisch erstma ls eingefüh rte Diskoskopie als perman ente Ar beitskont rolle mö glich (25). Diese starre Op tik mit 70 0 Deflekt ion und 90 0 Blick winkel erm öglic ht eine direkte Beurt eilung der dorsa l sub ligame ntä ren Entlas tu ng bei gleichzeitig möglichst limitierter Gewebeentna hme in den zentralen und ventr ale n Ba ndscheibena bschnit ten . Nich t sehen können so größere nac h dorsal verlagerte Ban dscheiben fragmente gezielt gefaß t und a usgezogen werd en. In diesem Punkte un terscheidet sich die per kuta ne Nukleoto mie mit Diskoskopie gr undsätzlich von neueren , urigezielt eher visköse, zent ra le Nukleusa nteile de nn nach dorsal dislo ziert e Fragmente aspirierenden, au to ma tisie rten Systemen (19) . Im Bereich der a ngewend ete n A rbeitsinstrumente ergaben sich ebenso An passungen . Wa ren in den ersten Ja hren lediglich feinkalibrtge Ro ngeurzangen als Erb stücke der offenen Diskotornie im Geb ra uch , folgten ba ld a uch a bgewinkelte Modelle mit dem zä hen Ba ndscheibengewebe a ugepa ßten Backenfo rmen. 1986 ka m ein motor isiertes Shaversystem hinzu , das di e Ent fern ung großer Diskusfragmente erleichtert und gleichzeitig durc h die permanente Saug/Spüld rainage di e optis che Kontrolle verbessert. Im Ja hre 1988 ka m eine Reihe ada ptierter Va kuum-Saugza ngen ("punches") hinzu . die eine zügige Mar erialent na hme im dorsalen Bereich des Nukleus pulposus na mentlich bei j üngeren Pal ienten ermöglichen (A bb . 2). Zur per ma nenten Saug -Spü ldr ainage bilden diese nach dorsal abrasiven Ro ugeur e überdies eine gute Ergä nzung. Nach ersten Erfahru ngen mi t der interkorporellen Spongiosaplasti k im Sinne eines dist rah ierenden P la tzhalters im Jah re 1987, stellten weitere instru mentelle Verbesserungen , nam enilich der exzent risc h abr asiv e BA LGR IST-P N-Fräser im Jah re 1988 die v ora ussetzungen zur per kuta nen imerkor porellen Spo ndy lodese. Da mit ist ein weiterer Sch rill in Rich tung eines eige nständigen per kuta nen Thera piekonzeptes der Ba ndscheibener kran kun g vo llzogen . In erste n klinischen Erfah ru ngen zeigte sich zu Beginn des Ja hres 1989 auc h die prinzipielle A nwendb arkeit der EXC IMER-Laser- Pholoa blalion , di e unter disko skopi scher Ko ntrolle (24) gefü hrt - eine präz ise um schriebene Geweberedu kt ion ermög licht.

Der pe rk uta ne Zuga ng

Ab b . 2 Versch iedene Vakuum-Saugzangen Lou ncbes": erleichtern die Me terialentnahme und vermeiden mehrfaches Aus- und Einführen des Instrumentes du rch die Arbeitskanüle

Das per kutan e Instru menta rium wird wenn immer möglich in Lokala naest hesie in den Intervert ebralra um eingeb rac ht. Eine geri ngg radig kyp hosierte Ba uchlage er leichtert den Zuga ng zu den lumbalen Intervert ebralrä umen . Die Ka nülen werde n von 8 bis 10 cm later al der Mit tellinie un ter 45 0 bis 55 0 Inklina tion unt er Röntgenbildverstä rkerkontro lle in den dorsola rerale n Ba ndscheibenr a um eingebrach t. Die in itia le Zentrier ung der Führungsnadel unter Lokalanaest hesie ermöglicht sichere Positionsk or rektur im Falle eines w urzelk onrakre s. Die a uf-

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wickelte H ijikata (8) ein feinka n ül äres Instrumenta rium , das ers tma ls eine Volu men vermind er ung der Ban dscheibe über einen per kuta n dorsolater alen Zugang gesta tte te. Die perk ut ane Nukleo to mie wa r "ge boren" .

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Bei der dorsal dekompresslven Entlast ung wird unter diskoskopischer Kont rolle lediglich das zur sicheren Entlastung not wendige Minimum an degeneriertem Diskusmat erial nach dorsa l im sub ligamentä ren Bereich ent fer nt. Mehr gegen vent ral entnehmen wir lediglich mobile Gewebeanteile. die sich spä ter nach dorsal verlagern könnte n. Wir meinen, daß sich so der intervertebralen Sinterung dank besserer axialer Lastverteilung durch den erhalte nen ventra len Diskusanteil besser begegnen läßt. Aus biomechan ischer Sicht ist ein Zusammenhang des sogenannten ..disc-bulging" mit der Menge des ent nommenen Diskusmaterials naheliegend (1 8). Die Dekompression wird nach nochmaliger Spülung des hinteren Bandscheibenraumes mit Anti biotika lösung (Neomycin/ Bacitracin) beendet. Nach Ausziehen der Kanülen werden die beiden St ichinzisionen mit einer Einzelk nopfnaht verschlossen. Die postoperat ive Remobilisation folgt ab erstem Tag mit äu ßerer Stabilisstio nshilfe durch eine elastische Abdomi nalba ndage. Das Therapieprogramm umfaßt während der ersten vier Wochen nach perk utaner Nukleotomie isometrische lumbale Stab ilisano n. Die kont ro llierte primäre Nachbeha ndlung vermeidet muskuläre Dysbalancen im Rahmen der Frühmobili sarion .

Dekompresstve Indi katione n Obwoh l heute mit den perkutanen Operatlonstechniken wenig invasive Methoden zur Verfügung stehen, sollten doch in jedem Falle die konservativen Therapiereserven ausgeschöpft werden. Allgemein sollte eine Behandlungsdauer von zwei bis drei Monaten abgewartet werden . Erfa hru ngsgemäß ist in diesem Intervall bei erstmaligen Lumboischialgien die kon servative Erho lungsra te nach wie vor groß (1 3, 16). Wo derart thetapierbare diskogene Beschwerdebilder perkutan angegangen werden, erstau nen ents prechend brillante Verla ufsresultat e kaum. Daß in den westlichen lndustrteländern das Dr ängen der Patienten auf frühzeitig aktives Vorgehen stär ker geworden ist, bleibt anderersei ts eine ebenso unbestre itbare Tat sache. Im Vergleich zur ChemonukJeolyse und uniportal perkutanen Entlastungs techniken (1 0, 19) deckt die biportal perk uta ne Nukleo to mie mit Diskoskopie ein erweitertes Indikatio nsspektrum ab (20, 21). In synopt ischer Darstellung von Klinik, Struktur und Operationstechnik ergibt sich aufgrund unserer Erfahrungen das in Tafel 1 gezeigte Bild. Den unterschiedlichen Anwend ungsbreiten muß heute insbesondere da nn Rechnung getragen werden, wenn Ergebnisse verschiedener Techniken einander gegenübergestellt werden (1 1). Aufgrund bekan nter allergologischer Einschrä nkungen und oft hart näckigen postoperativen Lumbalgien (20) ist die Chemonukleolyse in unserem Hause heute star k zurückgedrängt worden. Schwere technische Komplikationen wie in der Literat ur beschrieben (5) dürfen auch hier nicht prinzipiell der Methode angelastet werden. So kan n eine enzymatische Ent lastu ng bei Verwendung synthetischer Nukleolytika allenfa lls bei für perkut anen Zugang anato misch schwer erre ichbare m Bandscheibenrau m L5/ S1 und gleichzeitig kontinenten Protru sionen auch heute noch in Betracht gezogen werden. Innerhalb der verschiedenen perkutanen Techniken ergeben sich einerseits Abgrenztingen allein auch im Hinblick auf die verschiedenen Durchmesser des Arbeitsinstrumentariums. So wird die auto matisierte perkutane Diskektomie (1 9) mit 2 mm eher zur Entlastung zentraler, niedervisköser Anteile des Nukleus pulposus in Frage kommen. Die uniportale Nukleoto mie mit Kalibern von 4-6 mm (10, 11 ) gestalte t bereits die Extraktio n auch miu elgroßer, derberer Diskusfragmente mit nach dorsal öffnenden Rongeurzangen. Die bipor tale perkuta ne Nukleotomie mit Nutzkali ber bis 7 mm ermög licht eine a naloge Gewebeentlastung unter voller Aus nutzung des Durchmessers bei gleichzeitig permanenter diskoskop ischer Arbeitsko ntrolle (Abb. 4). Diese gestattet erstma ls eine präzi se Lokalisation der dorsal su bliga rnentär dislozierten Diskusfragmente mit anschließend opt isch geführte r Extraktion nach allenfalls vorgängig schrittweiser Verkleinerung mit geeigneten Arbeitsinstrumenten (Abb. 5), Entsprechend ergibt sich somit bei der perkutanen Nukleoromie mit Diskoskopie eine etwas breitere Anwendung im Bereich der breiten Prot ruslon und der subligamentär kontinente n Diskusherniation.

Abb . 3 Übersichtsaufnahme bei perkutanen Nukreotomie im OP: unter optischer Kontrolle von links arbeitet der AspirationsPN-Punch von rechts

Aufgrund unserer Erfah rungen haben sich für die perkutane Nukleotomie mit Diskoskopie einige Ln-

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steigenden Kanülenkaliber werden unter Drehbewegungen überstü lpt. Der kopfseitig stumpf-konische Anschliff drängt d ie anliegenden Weichteile allseits ab ohne diese zu schneiden. Die Fasern des Anulus fibrosus werden ähn lich einem gespa nnten Vorhang seitlich abgedrängt. Eine Trepan at ion des Faserr ings mit bleibend großer Öffnung entfällt. Sobald die Arbeitskanülen mit Nutzdurchmesser von 7 mm von beiden Seiten eingebrach t sind, kann je nach Indikation die diskoskop isch geführte dorsale Dekompression oder - wie noch zu beschreiben sein wird - die subradikale Diskektomie mit anschließend tiefer Eröffnung von Deck- und Bodenplau en zur Aufnahme einer autologen Spongiosaplombe erfo lgen (Abb. 3).

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Von der perkutanen Nukleotom ie mit Diskoskopie bis zur perku tanen Spondylodese

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Tafel 1

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Perkutane Nukleotanie mit Diskoskopie offene Hanilaminotanie/diskotanie BALGRIS T Zü r i c h =

Abb . 4 Diskoskopischer Arbeitssitus. ein mit gezähnten Backen für die Ausräumung von Bandscheibenmaterial besonders geeigneter Rongeur komm t bei der schrittweisen subligamentären Entlastung zum Einsatz

Abb.5 Mit verschiedenen Rongeur-Typen wir d Bandschefbenma terial im dorsalen subligamentä ren Raum entfern t. Diskusfraqmente werden vor ihrer Extraktion über das Kaoötensvstem schrittweise verkleinert

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Tafel 2 Indikationen

Kontraindikationen

hender Segmentinstabilität neben der diskogenen Raumforderung. Jede Form der Gewebeentnahme im Intervertebralraum wird die Instabilität verstärken.

Protrusion

transligamentäre Extrusion kontinente Herniation freie Luxatbildung gleichzeitig Spondylolyse/olisthesis Massenprolaps gleichzeitig eng angelegter Spinalkanal Osteochondrose Vorzustand nach epiduraler Revision Segmentinstabilität

dikationen als speziell günstig erwiesen (Tafel 2). Zu diesen gehören Fälle, deren diskogene Ischialgie teilweise von einer gleichzeitigen Lumbalgie anderer Ursache überlagert wird (21). Hier sind insbesondere strukturelle Unterbrüche im hinteren Vertebralbereich wie Spondylolysen oder leichtgradige Dysplasien der kleinen Gelenke einzureihen. Unter solchen Voraussetzungen kann bei bereits grenzwertig gefordertem muskuloligamentärem Halteapparat jede weitere Beeinträchtigung, wie bei offener Operationstechnik kaum vermeidbar, zur Segmentinstabilität führen. Dies gilt für das von der diskogenen Veränderung betroffene Segment ebenso wie für benachbarte Funktionseinheiten. So kann eine offene Hemilaminotomie L4/5 auch bei bester neurologischer Erholung eine Spondylolyse oder -olisthesis L5 klinisch manifest werden lassen. Der subjektive Mißerfolg wird trotz behobener Ischialgie zweifellos „operationsbedingt" bleiben. Eine weitere günstige Indikation kann das Syndrom des engen Lumbalkanals bieten. Bei enger Primäranlage oder arthrotischer Deformation der kleinen Gelenke ist die klinische Dekompensation oft durch eine kritische Einengung zufolge zusätzlich bestehender Diskusprotrusion bedingt. Hier kann die gezielt dorsale Gewebereduktion die limitierende diskogene Stenosierung beheben; dies ohne zusätzliche Destabilisierung der muskuloligamentären Strukturen und ohne unkalkulierbare epidurale Vernarbungsgefahr. Letzteres gilt ebenso für die Indikation zur perkutanen Entlastung bei subligamentären Rezidivhernien nach früher offener epiduraler Revision.

Die Grenzen der perkutanen Entlastungsmöglichkeiten liegen bei jeder Form transligamentärer Bandscheibenhernien. Hierzu gehören Extrusionen und freie Luxate. Ein optisch gesichertes Arbeiten hinter dem hinteren Längsband bleibt vorerst noch nicht realisierbar. Bei Massenprolaps andererseits kann die quantitative Extraktion der subligamentär retinierten Masse gegen den Bandscheibenraum hin rein mechanisch schwierig sein. Eine Kontraindikation perkutaner Entlastung sind rasch fortschreitende sensomotorische Ausfallsyndrome bei radiologisch gesicherter diskogener Raumforderung. Diese Fälle bleiben auch heute dringliche Indikationen zu offener operativer Entlastung. Radiologisch und szintigraphisch aktive Osteochondrosen mit diskogener Raumforderung gegen den lumbalen Spinalkanal eignen sich ebenso nicht für eine Nukleotomie. Auch wenn eine ausreichende Dekompression erreicht werden kann, schreitet der osteochondrotische Prozeß fort. In diesen Fällen ist eine monosegmentale Distraktionsspondylodese frühzeitig zu erwägen. Analoges gilt für Fälle mit vorbeste-

Präoperativer Abklärungsgang Mit Blick auf die definierte Indikationsbreite der perkutanen Nukleotomie mit Diskoskopie wächst der Stellenwert der präoperativen Diagnostik. Ein erstrangiges Anliegen ist dabei eine möglichst konklusive Beurteilung der strukturellen Ausdehnung der diskogenen Raumforderung. Vor Durchführung jeder bildgebenden Untersuchung bleiben Anamnese und eingehende klinische Befundaufnahme Voraussetzung (7). In Fällen mit segmental inkongruenten Reizbildern läßt die einfache Elektromyographie eine nähere Abgrenzung treffen. Im Referenzmuster sind überdies frische radikuläre Schädigungen von älteren Ausfällen zu differenzieren. Bei den röntgenologischen Untersuchungen haben in der Primärdiagnostik nichtinvasive Methoden Vorrang. Bei der heute ubiquitär verfügbaren Computertomographie ist eine zum Bandscheibenraum planparallele Gantry-Kippung von großer Bedeutung. Wo im in liegender Stellung aufgenommenen Computertomogramm kein über eine leichte Protrusion hinausgehendes strukturelles Korrelat zur Klinik gefunden werden kann, bietet die lumbale Myelographie nach wie vor große diagnostische Möglichkeiten. Bei Verwendung wasserlöslicher Kontrastmittel ist die systemische Belastung klein. Im Gegensatz zur sagittal interpolierenden Bildrekonstruktion des elektronischen Bildaufbaus gestattet die Myelographie die reelle Darstellung der Durabegrenzung. Außerdem können funktionell variable Protrusionen unter axialer Belastung im Stehen oder ergänzend mit Funktionsaufnahmen erfaßt werden. Bei mehrsegmentalen Anlagevarianten kann überdies die relativ stärkste segmentale Beeinträchtigung sofort erkannt werden. Wertvolle Aussagemöglichkeiten bietet das ergänzende i.v.-Kontrast-Computertomogramm bei Rezidivhernien mit komplexen Narbenproblemen.

In der statischen sagittalen Darstellung kann das nichtinvasive Kernspintomogramm heute die Myelographie in der Bandscheibendiagnostik ersetzen; ein Vorteil liegt dabei in der gleichzeitigen histometabolischen Befundaufnahme mit breiter differentialdiagnostischer Aussagemöglichkeit. Zur funktionellen Beurteilung der Kontinuität der hinteren Bandscheibenbegrenzung sowie in Näherung auch der Degeneration der betroffenen Bandscheibe führen wir seit 1988 routinemäßig die präoperativeKontrastdiskomanometrie durch. Die Untersuchung besteht in einer mit einem Druckmeßsystem kombinierten Diskographie (Abb. 6). Das Druckabfallverhalten der Bandscheibe nach Injektion normierter Mengen von wasserlöslichem Kontrastmittel wird kontinuierlich aufgezeichnet (Abb. 7). Persistierend hohes Druckplateau bei gleichzeitig diskographisch lokalisiert konzentrierter Kontrastdarstellung entspricht der gesunden Bandscheibe . Unmittelbar quantitativer Druckabfall bei gleichzeitig breiter Kontrastmittelverteilung im Intervertebralraum mit freiem Abfluß nach dorsal entspricht fortgeschrittener Diskusdegeneration mit freier Luxatbildung . Verschiedene Zwischenformen mit

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Von der perkutanen Nukteotomie m it Diskosk opie bis zur p erk utanen Spondylodese

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übereinstimmend mit frü heren Ischialgien er lebter Schmerz belegt unm itt elbar eine die Indikat ion bestätigende diskogene Sympto matik bei compurertc mographisch in liegender Stellung als grenzwenig klassierter Prot rusion. Fehlschläge/Komplikati onen Wo sich bei unseren 148 Patien ten Mißerfolge und Schwierigkeiten erga ben, lassen sich diese in drei Klassen einteilen: ungenüge nde Dekom pression der diskogenen Raum forderu ng, intraop erat iv technische Kom plika tionen und une rwartete rea ktive Veränderungen nach problemlosem perio pera üve m Verla uf. Aufgrund unserer Erfahru ngen ko mmt der Indikationsstellung für die perkutane Nukleotomie groß e Bedeut ung zu. In nicht weniger als 18 Fällen der ersten Jahre mußte wegen diagno stisch verpaßtet Luxat bildung eine konve ntionelle Hemilaminotomie nachgezogen werd en . Seit Einführung de r Kont rastd iskomanom etr ie 1988 kon nte bis heute solchen Fehlindikationen erfolgreich begegne t werden. Eine primä r technisch ungenügende dorsale Dekom pression bei subligamentärem Massenvorfall zeigten elf Fälle. Als int rao perativ-technisches Problem ergab sich bei 10 Fällen eine erschwerte Zu gänglichkelt des betreffenden Bandscheibenrau mes, so etwa bei hohen Beckenkäm men ode r dyspla st isch verb reiterten Querfortsätzen. Als manuell-technische Komplikation ereignete sich eine Punkt ion der Arte ria sigmo idea zu folge Verbiegung einer Führungsnad el; ents prech end mußt e in der Folge die Materialqualität geändert werden . In zwei Fällen trat eine vorübergehende Reizung des Plexus lumbaIis auf, die wir auf eine lokale Haematombildung zurüc kführten. Persistierende Wurzelau sfä lle zufolge peropera tiver Läsion durch das PN-Instru ment ariu m sind keine auf getreten.

Abb . 7 Kurvenprotokoll der Kontrast-Diskomanometne : ein steiler Druckanstieg mit hohem Druckplateau nach kurzer Druc kspitze ist charakteristisch für einen kontinenten Anulus fibrosus Iz. S. bei geringer Protrusion)

stufenweisem Druckabfall und variabler Kont rastgabe der Diskographie in der Bildverstär kerkett e lassen erst mals eine quantitative Miterfassung der Ban dscheibendegeneration zu (14). Wo manometrische Druckkont inenz auf tiefem Nivea u mit weit dorsaler Kom rastdarstellung ohne epidura len Abflußeffekt einhergeht , liegt der Verda cht auf eine Bandscheiben extr usio n vor . Diese kan n mit eine m unmittelba r ansc hließenden C'l- Kontrollsc hnltt , eine m sogenannten "disco-sca n" (23) ergän zend bezüglich seitlicher Au sdeh nung weiter erfaßt werde n. Ebenso ka nn dami t eine Rißbildung am An ulus fibrosus pr äzise lokalisiert werde n. Klinisch funkt ionell gibt der abschließende Provokat ionstest bei Injektion von zusätzlichem Kontra stmitt elvolumen in die Bandscheibe wert volle Hinweise: ein dur ch die Druckerhöhung erzeug ter, vom Patienten als

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Als unerwart ete lok ale Reaktionen bei primär unkom pliziertem perloperativem Verlau f traten bei neun Patienten in den ersten Wochen nach dem Eingrifflokal entzündliche Reaktionen auf, die in sieben Fällen unter konservat iven Ma ßnahmen wieder abklan gen. Zwei dieser Pat ienten (1 ,4010) mu ßten sich bei anda uernden Beschwerden einer Spond yloto mie unterz iehen, die jedoch nur in einem Falle (0,7070) eine bak terielle Ursache ergab. Die radiologischen Veränderung en ware n auch bei den erfolgreich konservativ beha ndelten Fällen oft charakteristisch im Sinne von umschriebenen Osteolysen der anliegenden Deck-/ Bodenplatt en (21). Es ist gu t de nkbar, daß kleine Verletzungen der Knorpel-Knochengrenze an den an liegenden Deckplatten zu einer produktiven Reak tion zwischen Nuk leusgewebe und spongiöser Knochenstruktur füh ren kön nen, im radiologischen Aspekt nicht unähn lich den phasenweise schmerzha ften Deckplaneneinbrüchen beim Mo rbus Scheuermann . Bei gutem Ansprechen au f kon servative Behan dlu ngsmaßnahmen war bisher eine dies bezügliche histologische A ufarbeit urig nicht mög lich.

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Abb. 6 Das bei der Kont rastdiskomanometrie verwendete Instrumentarium: Ein Analog-Druckschreibar registriert die von der Drucksonde ermitt elten Werte. Die Druc ksonde ist mit der Meßkammer verbund en, die ihrerseits über einen druckfesten Kathe ter (steriles Einw egmateriall mit der Diskographienadel verbunden ist

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A n der Klinik Balgrist kam das perkutan e Behandl un gsko nzept von 1979 bis Ende 1988 bei 148 Patienten zur A nwendung. Das mit tlere O perat ion salt er lag um 39 Jahre. Die mittl ere Beo bachtungszeit liegt bei zwei Jahren . H äuflgst operiertes Segme nt war L4/ 5. Der Ant eil männ licher Pat ient en üb er wog mit 60llJo ( n = 90) deut lich. Das Fa llko llektiv wur de zur Verl au fsbeurteilung in zwei prospekt ive Gru ppe n untert eilt (Tafel 3): Gruppe I umfaßt Patienten mit ausschließlich diskogener Sympto ma tik, Gru ppe 2 solche mit zusätzlich and ersweitiger Begfeitpat holo gie neben der perkutan operiert en diskogenen Raumforderung. Die A uswertung erfolgte nach dem seit 1987 stand ard isierten BALG RlST-Nuk leot om ie-Score (2 1). Dieser berü cksichtigt neben klin isch-funktionellen Krit erien a uch die ber uflic h-soz iale Wiedereingliederung . Die Klassierung der Direktr esultate wertet all e Patien ten nach Score- Wert, wobei alle Fälle mit Reoperat ionen , auch je ne der ersten Jahre mit versch iedenen Indikat ionsproblemen , grundsätzlich unter ungenüge nd klassiert werde n. Da bei erstau nt de nnoc h, daß die durch Begleit pat holo gien belastete G ruppe 2 mit 6711ln günst igen Direktresultaten wenig schlechter absc hneidet als G ruppe I mi t 70010 (15). Der A nteil gü nstiger Resultate nach offener Reoperat ion bei Patienten mit isolie rt diskoge uer Symp toma tik (Gruppe 1) lag mit 75llJo deu tlich höher als Literat uran ga ben über Resu ltat e nach zweimalig o ffener Dekompressio n. Diese liegen je nach Au to ren ka um über 30ll7n (26) bis 500/0 (4). Somit beeinträchtigt eine perk utane Nukleotomie das Resultat spä te rer offener Revision en nur unwesent lich, so daß im Hinblick auf de n Sta bilitätsgewinn die pri märe Anwendu ngsbreite der perk uta nen Nukleo tom ie mit Diskoskopie von ausgesc höpft werden darf.

Taf el 3

Im Gesam tresultat ("overall-outcome" ) aller Patienten, einsc hließlich der Patienten mit Reoperatio n. find et sich nach aktuellem Score-Wert ein A nteil günstiger Resulta te von ru nd 85010 (Tafel 4). Diese Bilan z scheut keinen Vergleich mit Result aten nach primär o ffener Dekom pressio n, Fü r den weiteren Verlauf sche int uns jed och der funkt ionelle Gewinn zufclge erh altener muskuloligamentärer Sta bilität erheblich . Im Zuge der wachsenden Er fahr ung un d der schrittweisen Entwicklu ng de r let zte n zehn Jahre kon nte bei steigenden Operati onszah len der jäh rliche Anteil an Nacheingrif fen von über 50010 im Jahre 1980 auf unter 10010 im Jahre 1988 gesenkt werd en . Dies un terstreicht neben den Verbesser ungen in opera t ionstechn ischer Hinsicht auc h den wesentlichen Fo rtschritt im Bereiche der präopera tiven Diagnostik und dam it der Indi kationsstellun g über haupt. Eine Ent wicklu ng, die sich im Vergleich mit den " Jugendja hren" anderer endosko pisoher Beha nd lu ngstech niken durc ha us sehen lassen darf.

Perkutan e Spo ndylodese Nac hdem sich der per kut an e Zuga ng zum Interverteb ral ra um als wenig invasiver Weg im Bereiche der beschriebenen dekompressiven Indikationen im klinisehen Alltag Achtung verschafft hat, stellt sich die Frage der weiteren Anwend ungsm öglichkeiten . Bereits die Indika tionsgre nzen der per kutanen Nu kleotomie bei vorbestehender Segmen ti nstabilit ät oder etwa bei aktiver Osteocho ndrose ließen im Laufe der letzten Ja hre an per kutane Al tern ativen zur o ffenen, län gerfristig instru mentiert en Spcn dylodesede nken. O ft sind ja solche segmentale Instahilitäten nicht isoliert vo rha nden , sonde rn vielmehr limitierender Faktor einer mehrsegmentär sich anbahnenden Pat hologie. Um so mehr wäre eine möglichst loka le Behand lun g mit weitestgehen der Schonung der anliegenden funk tionellen Bewegungseinheiten angezeigt. Ä hnliches gilt für die symptoma tische Spo ndylolyse/ olisthes is, die bei kna pp kompensierter Stabilität der Nachbarsegmente konservativ nicht geha lten werden kan n .

Petientenqruooen

Gruppe 1: isolierte diskogene Raumforderung Protrusion/subüqamentara Hemiaticnl Gruppe 2: diskogene Raumlorderung bei; Spondylo lyselolis· tnesrs. offenem Voreing riff, kritisch engem Spinalkaoat, Anlagevarian ten

Tafel 4 Klinische Ergebnisse Lovereu-outcome''t 1979-1988 In= 148)

sehr gut 26 %

ungenügend 15 %

be frie digend 28%

Bereits im Jahre 1987 zeigten erste Versuche, die perkutane Nu kleoto mie mit Diskoskopie zur Implantat ion eine r autologen Spo ngiosaplom be mit Platzha lterfu nktion zu verwend en, die prinzipie llen An wend ungsmöglichkeiten dieses Zuganges. Mit den da maligen Instru menten war es jedo ch noch nicht möglich, die anliegend en Deck- un d Bodenpla n en breit zu eröffnen , was analog der her kömmli chen Spondyloto mie eine un ab din gbare Voraussetzung des angestrebt en ossären Durchbaus bleibt. Die Erfahru ngen mit der autologen Sp ongiosa plastik - mit Plat zhalter funktion ohne Spondylodese - zeigten zudem, daß der pr imär erreichte Distrakt ion seff ekt zu folge schleichender Resorpt ion des Eigenmate riales im brad yt rophen Bandscheibenra um nicht längerfristig geha lten werd en kon nte (22 ) . Im Jah re 1988 füh rten unser e weiteren Ent wicklu ngen der per kuta n anwend baren Instr umente zum exzentrisch ab rasiven BALG RIST-P N-Fräser (A bb . 8). Dieser gestaltet erstma ls ein gefü hrt seitliches Eröff nen der anliegend en Deck- und Bodenpla tten . Da bei kö nnen halbzylindrische Nutp rofile von je 3 bis 5 mm T iefe erz ielt wer-

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Klinische Result ate

Von der perkutanen Nu kteotomie m it Diskoskopie bis zur perkutanen Spondytodese

Eine weitere Vorau ssetzung eines soliden interkorporellen Durchbaus ist die bestmögliche postoperat ive Ruhigstellung. Analog der klassischen Nachbehand-

Abb . 8 Der exzentrisc h ab rastve BALGR IST·PN-Fräser vermag, ausgehend vom Man telkaliber 7 mm, einen zylindrischen Fräsraum mit rnaximal 15 mm Außendurc hmesser Ireizulegen . Dies ermöglicht eine ~ diskoskcpisc h geführte - 3-5 mm tiefe Eröffn ung der anliegenden Deck-I Bodenplauen

lung der dorsolateralen Spondylotomie wäre prin zipiell eine Gip sliegeschale während sechs Wochen mit anschließender Mobili sation im Gip skor sett für weitere sechs Wochen denkbar. Aus Sicht der Pat ienten ist allerdings heute die Akzeptanz einer diszip linierten Liegebehandlung von sechs Wochen gering geworden. Dennoch bleibt diese Nach behan dlung eine ga ngbare Alternat ive. In Fällen. da die perkutane imerkorporelle Spondylode se jedoch eine zusätzliche Stellungskorrektur umfassen soll, wie etwa bei Spo ndylolyse/ olisthesis, ist eine positionsstabile temporäre Ruhigstellung unumgänglich. Im Rahmen unserer ersten Anwendungsreihe seit 1988 hat sich hierzu der t ranspedikuläre Fixateur externe der " AO" gut bewährt . Dieser Fixat eur externe hat über dies auch einen d iagno stischen Wert. So kann bereits nach Mont age des Fixateurs der subjek tive Effe kt der segmentalen Immobilisat io n, ggf. mit zusätzlicher Distraktio n und / oder Lordosekorrektu r. beurteilt werde n. In de r praktischen Durchführu ng erfolgt die perkutan inte rkorporelle Fusion somit in zwei Sitzungen. In einer ersten Sitzung. die in Vollnarkose erfolgt, wird der transpediku läre Fixateur externe perku tan eingebracht und eine erste Stellungskorrektur mit Realignement /Dist rak tion vorgenommen. Der Patient wird ab erstem Tag mobili siert ; je nach klinischem Befund kann bei liegendem Fixateur externe unte r Bildverstä rkerkontrolle eine weitere Stellungskorrektur erfolgen. Nach Erreic hen der subjektiv optimalen Stellun g kann die zweite Sitzung mit ergänzender, inte rvertebral autoleger Fusionsplastik erfolge n. Dieser Eingriff kann analog den dekom pressiven Indikat ionen in Lo kala naesthesle, oder in - zur radikulären Schmerzkontro lle - initial praktisch relaxa tio nsfreier Allgemein narkose vorgeno mmen werden. Das zur per kutanen Diskektomie mit Distraktionseffekt verwend ete Kanüleninst rumentarium ist im Vergleich zum Standard-Kanü lensystem stä rker dime n.sioniert und weist daher eine Kaliberstufe weniger au f (Abb . 10). Beim Einbringen der kopfseifig konischen Kanülenka liber von beidseits kann zufo lge dieser Keilwirkung

A bb . 9 Der Balgrist-PN-Fräser (Arthrexi&) unter diskoskopischer Kont rolle: oben rechts ist die unter die osteoka rtilaginäre Grenze reichende Eröffnung der Wir belkörper-Spongiosa erkennbar

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Abb . 10 Zw ei Kanülensysteme im Vergleich: rechts das standardisierte BALGRIST-PN-Kanülensys lem (Howme dica e) mit 5 Gleitkanülen , links das mit konisc hem l angschlifl und höherer W andstärke für zusätzliche Dist raktion geeig nete Kanülensystem, das seit 1988 für die perkutane Distraktionsspondylodese Verwendun g findet (4 Gleitkanulent

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den. Unt er diskoskopischer Kontrolle mit Saug-Spüldr ainage kann laufend beurteilt werden , wann ausreichende Freilegung der blutenden Spongiosa erzielt ist (Abb . 9). Bei beidseitiger Anwe ndung des Frä sers kan n so eine kreuzf örmige Dekortikation der an liegenden wirbelk örperdeckfl äehen erreicht werden.

Z . Orthop. 128 (JYYU)

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H. J. Leu

Abb. 12

Die

Quarzglas fase r als Träger der photoablativen Laserenergie im diskc skcpisehen Bild . Die darges tell te monofile Faser ist relativ rigide und gestattet lediglich eine begrenzte seitliche Ablenkbarkeit; flexible. gebündelte Lichtleiter stehen im Sommer 1989 vo r der Einführung

eine zusä tzliche Distra ktion des lnr ervert eb ral raum es erreicht werde n . Dies ist beson der s bei degenerativ ko llab ierte m Int ervert ebral raum mit do rsal fo rarnin äre r Ste nose vo n wesentlichem Wert. Sobald unt er diskosko pischer Kont roll e die Diskektomie bis au f Nivea u des osteocartila gin ären Überga ngs des Interverteb ral rau mes erre icht ist , wird der exzentrisch abras ive BALGR IST -P N-Fräser wech selseiti g eingesetz t. Sobald die o ben beschriebene tiefe Eröffnung der a nliegende n Deck platt en erreicht ist , ka nn

schrittweise von beiden Seiten das bei der ersten Sitzung asserv ierte a utologe Knochenmateria l über die Arbeit ska nülen impaktie rt werd en (Abb. 11). Die gleichmäßige Verteilung der eingebracht en Spongiosa ka nn im Bildverstä rker ko ntrolliert werden . Durch entsprechende Kippko rrektur

der Arbeitskanü len ist eine homogene Plombenstärke erreic hbar. Bei A usziehen der A rbeitska nülen können sich die a bged rä ngten Fasern des Anu lus fibrosus wieder verschließen . So dient der äußere A nulus fibros us gleichsam dem pr imären Zu sammenhalt ("containment ") der Plombe . Dies scheint un s ein grundsätzlicher Vorteil gegenüber uni portalen , manuell gefü hrten perkutanen Zu gan gstechniken (10, I 1), de ren Trepana tion des Anulus fibrosu s ein bleibende s Loch im Faserring hin terläßt. Über eine derartige Lücke könnte eingebrachtes Pl ombenmaterial austreten und zu dorsolateralen Wurzelbeeinträcht igungen Anlaß geben .

ne Bea rbeitu ng im do rsal subligarnentären Bereich in einer Weise zu , die mit mechan ischen Instrument en nur mit großem Au fwa nd bewe rks te lligt werden kann . Im Bereich der op tische n Arbeitskon tro lle stehen hochau tlö sende Gl asfib erop tiken in Entw icklung, die in Verbind ung mit einer feinka libr igen Laser-Q ua rzbündelfü hr ung eine perm an ent op tisc h gefü hrte subligamentäre Dekomp ression au ch mit un iportal perk utanem Zugang pri nzipiell ermög lichen kö nnte . Die per ma nente Ar beitsko nt roll e scheint uns im Vergleich zu un iport alert perku tanen Techniken mit seq uent ieller optischer Kon trolle bei mechanischer Ge webebea rb eitung bereits vo n wesent lichem Vo rteil , im Zusammenha ng mit Laser-A nwend ungen jedoch geradezu unabdingbar. Im Bereiche der stabilisiere nden Indi kati onen steht heute de r perkutane Zu gan g in Verbindung zum transpedikulären Fixateur externe au ch fü r Spongiosafüllungen beim traumatischen Volumendefekt des vorderen P feilers zur Verfügung. Zweifellos steht der weiteren Entwicklung de r noch jungen perkutanen Wirbelsäulenchirurgie mit optischer A rbeitsko ntrolle im Zuge der lau fenden technischen Neuerungen ein interessa nter Weg offen.

Literat ur A usblick Die Entwick lung der perk utanen Wirbelsä ulenchirurgie geh t weiter. Im Bereiche der perkutanen Diskuschirur gie zeichnen sich Neue ru ngen im instrum entellen Bereich a b, die weitere Vereinfachungen und mög liche Verbesserun gen verheißen. So haben erste eigene Erfa hru ngen im J ahre 1989 mit der prak tisch at he rmischen EXC IMER- Laser-Photoa blatio n (12) dessen Eignu ng zur Gewe bee ntfern ung un ter disko sko pischer Kon troll e gezeigt (A bb. 12). Die heu te au ch in gebü nde lten. sehr tlexibIen G lasfasern führ bare EXC IM ER- Lasere nerg ie läßt ei-

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A bb. 11 Nach breiter Eröffnung der Deckplatten wird das autologe Sponqiosamaterial über die PN-Arbeitskanülen mit aufgestecktem Trichter wechselseitig eingebracht und sch rittweise impaktiert. Der Fixateur externe (leichteres Modell mit beschrän kter Stellungskorrektur mö glichkeitl wird nac h Einbringen der Spongiosaplombe unter leicht er Komp ression fixiert

Von der perkut anen Nuk leotomie mit Diskoskopie bis zur perkutanen Spondylodese 19

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Dr. med. H . J . Leu Ort hopädische Universitä tskli nik Balgrist Fer chstrasse 340 CH·8008 Zü rich/Schweiz

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z. Orthop .

[From percutaneous nucleotomy with diskoscopy to percutaneous spondylodesis: a new concept emerges].

In the last ten years percutaneous nucleotomy (n = 148) has become a well established, sparing operative procedure in the routine treatment of contain...
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