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Feinnadelzytologie von Schilddrüsenknoten: Molekulare Diagnostik in der klinischen Routine Fine-needle aspiration cytology of thyroid nodules: molecular diagnostics in a routine diagnostic setting Autoren

M. Eszlinger1,* M. Neustadt1,* I. Ruschenburg2 A. Neumann3 C. Franzius4 S. Adam5 K. Bacher6 A. Hach7 R. Hammoser8 C. Langvogt9 T. Molwitz10 R. Paschke1

Institut

1 Klinik für Endokrinologie und Nephrologie, Universität Leipzig 2 MVZ wagnerstibbe für Gynäkologie, Reproduktionsmedizin, Zytologie, Pathologie u. Innere Medizin GmbH, Einbeck 3 Amedes Medizinisches Versorgungszentrum für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie u. Genetik GmbH, Hannover 4 Zentrum für Nuklearmedizin und PET/CT, Bremen 5 Radiologie Hoheluft, Nuklearmedizin, Hamburg 6 Praxis Endokrinologie und Diabetologie im Zentrum, Stuttgart 7 Institut für Radiologie und Nuklearmedizin Bremerhaven, Bremerhaven 8 Schilddrüsenpraxis Kantstraße, Berlin 9 Praxis für Nuklearmedizin und PET/CT-Zentrum in der Deutschen Klinik für Diagnostik, Wiesbaden 10Klinik Dr. Hancken, Stade

* gleichberechtigte Erstautoren

Endokrinologie Originalarbeit | Original article

Schlüsselwörter Schilddrüsenknoten Feinnadelaspirationszytologie Molekularpathologie BRAF-Mutation Rearrangements

q q q q q

Keywords thyroid nodules fine-needle asipration cytology molecular analysis BRAF mutation rearrangements

q q q q q

eingereicht 04.12.2013 akzeptiert 19.02.2014 Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1369883 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 : 476–480 · © Georg Thie0 me Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. med. R. Paschke Klinik und Poliklinik für Endokrinologie und Nephrologie, Universität Leipzig Liebigstraße 20 04103 Leipzig Tel. 0341/9713201 Fax 0341/9713209 eMail Ralf.Paschke@ medizin.uni-leipzig.de

Zusammenfassung ▼ Hintergrund und Fragestellung: Ergebnisse für den Nachweis von somatischen Punktmutationen und Rearrangements in SchilddrüsenknotenFeinnadelaspirationszytologien (FNAZ) wurden bisher anhand von frischem Material gewonnen. Nach einer ersten retrospektiven Untersuchung untersuchten wir nun deren diagnostischen Nachweis prospektiv an routinemäßig erstellten, konsekutiven, luftgetrockneten Proben. Methodik: 154 konsekutive luftgetrocknete Routine-FNAZ-Ausstrichen wurden untersucht: 80 mit mikrofollikulärer Neoplasie (MFP), 45 mit follikulärer Neoplasie (FN), 26 mit Verdacht auf papilläres Schilddrüsenkarzinom (V. a. PTC) und 3 mit Verdacht auf Malignität. PAX8/PPARG- und RET/PTC3-Rearrangements wurden mittels quantitativer PCR nachgewiesen, während BRAFsowie RAS-Punktmutationen durch Pyrosequenzierung identifiziert wurden.

Ergebnisse: Nur in 0,7 % und 5,3 % der FNAZ-Ausstriche war keine Analyse der Punktmutationen beziehungsweise der Rearrangements möglich. NRAS-Mutationen konnten in 7 Proben mit MFP, und je einmal bei FN bzw. V. a. PTC nachgewiesen werden; HRAS-Mutationen wurden je einmal in Proben mit MFP und FN identifiziert. Eine KRASMutation wurde lediglich in einer Probe mit FN nachgewiesen. Dagegen fanden sich BRAF-Mutationen in 20 FNAZ-Ausstrichen mit V. a. PTC, aber in keinem anderen Fall. PAX8/PPARG wurde in 2 Proben mit MFP nachgewiesen (in keinem anderen Fall), während RET/PTC3 nur einmal, und zwar bei MFP identifiziert wurde. Insgesamt enthielten 13,8 % der MFP-FNAZ, 6,7 % der FN-FNAZ und 80,8 % der V. a. PTC-FNAZ eine Mutation. Folgerung: Der Nachweis von Rearrangements und Punktmutationen in SchilddrüsenknotenFeinnadelaspirationszytologien ist in einem diagnostischen Routine-Setting möglich und kann zu klinischen Konsequenzen führen.

Einleitung ▼ Die Differenzialdiagnostik des Schilddrüsenknotens ist ein häufiges Problem. Die Prävalenz sonographisch nachweisbarer Schilddrüsenknoten beträgt in Deutschland rund 20 % in der 20–79 Jahre alten Bevölkerung [27]. Nach Anamnese, Untersuchung, TSH-, Calcitonin-Bestimmung und sonographischer Malignitätsrisikostratifizierung sollten malignitätsverdächtige Schilddrüsenknoten mittels sonographiegestützter Feinnadelaspirationszytologie (FNAZ) weiter abgeklärt werden [11, 21, 22, 23]. Die Zusammenarbeit eines erfahrenen Punkteurs und eines erfahrenen Schilddrüsenzytologen ergibt in 60 – 80 % zytologisch benigne Ergebnisse, in etwa 10 % verdächtige und in etwa 2–5 % maligne Ergebnisse. 10 – 15 % der FNAZ ergeben nicht diagnostische Ergebnisse und sollten daher zunächst wiederholt werden. Bis zu 20 % der FNAZ ergeben die

zytologische Diagnose follikuläre Neoplasie/Proliferation oder indeterminiert. In diesem Fall kann nicht zwischen dem benignen Adenom/adenomatösen Knoten und einem Schilddrüsenkarzinom (meist follikuläres Karzinom [FTC] oder follikuläre Variante des papillären Karzinoms [fvPTC]) unterschieden werden, da die histologischen Malignitätskriterien Gefäßoder Kapselinvasion in zytologischen Präparaten nicht nachgewiesen werden können [8, 11, 21, 22, 23]. Die Operation und histologische Klärung der verdächtigen und malignen FNAZ-Ergebnisse führt zu hohen histologischen Malignitätsraten. Diese Operationen werden meist zweizeitig oder bei Verdacht auf papilläre Karzinome mit intraoperativem Schnellschnitt durchgeführt. Dagegen führt die histologische Klärung der follikulären Neoplasie/Proliferation

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DNA

RNA

Detektion von Punktmutationen

Detektion von Rearrangements

Pyrosequencing

Multiplex-RT-qPCR

luftgetrocknete Routine-FNAZ

Abb. 1 Arbeitsablauf zum Nachweis von Punktmutationen und Rearrangements in luftgetrockneten Routine-FNAZ.

oder indeterminierten FNAZ-Ergebnisse nur in ca. 20 % zur histologischen Diagnostik eines Schilddrüsenkarzinoms [16, 24] und in ca. 80 % zu einem benignen Ergebnis der diagnostischen Schilddrüsenoperation. Die Identifizierung somatischer BRAF-, NRAS-, HRAS- und KRAS-Mutationen sowie von RET/PTC- und PAX8/PPARG-Rearrangements in ca. 60 % der PTCs und FTCs [7, 14, 26] bietet seit einigen Jahren die Möglichkeit, für einen Teil der follikulären Neoplasie/Proliferation oder indeterminierten FNAZ-Ergebnisse und für die verdächtigen FNAZ-Ergebnisse eine präoperative molekulare Diagnose zu stellen [4, 8, 9, 17]. Diese Diagnostik wurde zunächst an zusätzlich gewonnenem, frischem FNAZMaterial durchgeführt [9]. Die Detektion der gleichen Mutationen konnte in der Folge auch für die Verwendung von luftgetrockneten, gefärbten Routine-FNAZ-Ausstrichen [6] oder restlichem Routine-Flüssig-(Dünnschicht-)Zytologiematerial [5] von Schilddrüsenknoten erfolgreich etabliert werden. Die Verwendung von Routine-FNAZ-Material für die molekulare FNAZ-Diagnostik hat gegenüber der Verwendung von zusätzlich gewonnenem, frischem FNAZ-Material wichtige Vorteile: 3 Die molekulare Diagnostik wird für das gleiche, zuvor vom Zytologen als follikuläre Neoplasie/Proliferation/indeterminiert oder V. a. PTC beurteilte Material durchgeführt. 3 Eine Gewinnung und spezielle Asservierung von zusätzlichem FNAZ-Material ist nicht erforderlich. 3 Es erfolgt eine geringere Belastung des Patienten, verbunden mit geringeren Kosten. Daher wurden die in vorausgegangenen Publikationen beschriebenen Methoden zur Detektion von BRAF, NRAS-, HRAS- und KRAS-Punktmutationen sowie der häufigsten Rearrangements (RET/PTC1 und 3, PAX8/PPARG) in luftgetrockneten, gefärbten Routine-FNAZ-Ausstrichen von Schilddrüsenknoten [4, 6, 10, 25] in die diagnostische Routine übertragen. Ziel dieser prospektiven Studie war eine erste Evaluierung der Anwendung dieser molekularen FNAZ-Diagnostikmethode für luftgetrocknete, gefärbte FNAZ-Ausstriche unter Routinebedingungen.

Der Nachweis der BRAF-, NRAS-, HRAS- und KRAS-Mutationen sowie der RET/PTC1 und 3 sowie der PAX8/PPARG Rearrangements [15, 17, 18] erfolgte nach Extraktion von DNA und RNA aus den Ausstrichen mit nachfolgender PCR und Mutationsnachweis mittels Pyrosequencing (für die Punktmutationen) bzw. mittels quantitativer PCRs mit Schmelzkurvenanalyse nach cDNA-Synthese (für die Rearrangements) [6, 10, 25] (q Abb. 1). Die weiteren diagnostischen Maßnahmen, wie z. B. die Entscheidung für oder gegen eine Operation des punktierten Knotens, wurden nach Berücksichtigung aller klinischen Kriterien und Untersuchungsergebnisse durch die behandelnden Ärzte und die Patienten entschieden. Die Auswertung aller Befunde erfolgte nach Abschluss der entsprechenden Routinediagnostik und beobachtend. Ein entsprechendes Votum der Ethikkommission der Universität Leipzig wurde eingeholt. Die molekulare Diagnostik und ihre Auswertung erfolgte für 154 konsekutive Routine-FNAZ-Präparate mit den in Tabelle 2 genannten zytologischen Diagnosen, welche in einem Zeitraum von 6 Monaten durchgeführt wurden. Für alle 154 Routine-FNAZ-Präparate wurden die Ärzte, welche die FNAZ-Punktion durchführten, um folgende Informationen gebeten: TSH- und Calcitonin-Wert, Sonografiebefund und -größe des punktierten Knotens, Szintigrafie, Operationsverfahren sowie Histologiebefund. Der molekularzytologische Befund lag 10 Tage (Median) nach Eingang des zytologischen Befundes beim punktierenden Arzt vor. Die 154 Patienten wurden durch 38 Ärzte bzw. Gemeinschaftspraxen punktiert (1–2 Punktionen: n = 20, 3–7 Punktionen: n = 11, 8–10 Punktionen n =  6; > 10 Punktionen n = 1). Die Fragen zum weiteren Verlauf der FNAZ-punktierten Patienten mit Schilddrüsenknoten wurden von 35 Ärzten für 150 der 154 Patienten beantwortet.

Ergebnisse ▼ In den 154 Routine-FNAZ-Präparaten konnten 35 Mutationen nachgewiesen werden (22,7 % aller Fälle [95 %-Konfidenzintervall 16,4–30,2 %]), davon 20-mal BRAF (57,1 % [39,4–73,7 %]), 9-mal NRAS (25,7 % [12,5–43,3 %]), 2-mal HRAS (5,7 % [0,7–19,2 %]) und einmal KRAS (2,9 % [0,1–14,9 %]). Ferner fanden wir ein RET/PTC3-Rearrangement (2,9 % [0,1–14,9 %]) und 2 PAX8/PPARG-Rearrangements (5,7 % [0,7–19,2 %]). Die Verteilung der Mutationen entsprechend der zytologischen Diagnosen ist in q Abb. 2 dargestellt. Mittels molekularer Diagnostik konnte somit in 13,8 % der MFP, 6,7 % der FN, und in 80,8 % der V. a. PTC Routine-FNAZ-Diagnosen eine molekularbiologische Diagnose gestellt werden. In der Kategorie Verdacht auf Malignität konnten keine Mutationen nachgewiesen werden. Die Ausfallrate für den Nachweis somatischer Punktmutationen betrug 0,7 % und für den Nachweis der Rearrangements 5,3 %. Für alle Routineausstriche wurde eine immunzytochemische Untersuchung mit Anti-HBME1- und Anti-Galektin3-Antikörpern angestrebt. Die Immunzytochemie konnte nur in 71 Fällen (46,1 %; 95 %-KI: 38,1– 54,3 %) durchgeführt werden, sodass sich eine Ausfallrate von 53,9 % ergab. Diese hohe Ausfallrate war insbesondere durch das Vorliegen nackter Zellkerne im Präparat bedingt. Immunzytochemisch wurde in 11 Fällen anti-HBME1 nachgewiesen, in 7 Fällen anti-Galektin3, in 10 Fällen sowohl anti-HBME1- als auch anti-Galektin3 und 43 Fälle zeigten keine immunzytochemische Anfärbung.

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Patienten und Methoden ▼

Extraktion von...

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154 konsekutive Fälle

Molekulare FNA-Ergebnisse % positiver Mutationsnachweis

3 V. a. Mal. 0%

3 NEG1 PTC FTC Histologie/ Klinischer Verlauf n = 150

26 V. a. PTC 81 %

20 BRAF

1 NRAS

19

45 FN 7%

5 NEG

1 NRAS

1 HRAS

80 MFP 14 %

1 KRAS

5

1 HRAS

1 RET/PTC3

2 PAX8/PPARG

1

1

1

2 1

2

1

25

25

1

OP empfohlen

7

2

Kontrolle empfohlen

1

1

25

5

1

6

1

1

2

1

1

69 NEG

1

2

1

Keine Befunde 2

7 NRAS 1

1

Stuma/ Adenom

Keine Empfehlung

1

42 NEG2

1

7

zudem ergab die zytologische Diagnose V. a. Mal. 1 × ein metastasiertes Karzinom, welches nicht operiert wurde zudem ergab die zytologische Diagnose FN 1 × die Diagnose Thyreoiditis

Abb. 2 Ergebnisse der FNAZ-Molekulardiagnostik für 154 konsekutiven Patienten mit den zytologischen Diagnosen Verdacht auf Malignität (V. a. Mal.), Verdacht auf papilläres Schilddrüsenkarzinom (V. a. PTC), follikuläre Neoplasie (FN), mikrofollikuläre Proliferation (MFP). Angegeben sind ferner die histologischen Diagnosen für die 91 operierten Fälle bzw. die Empfehlungen für die bisher noch nicht operierten Fälle anhand der zytologischen Diagnosen für 150 der 154 konsekutiven Fälle.

Bisher wurden von den 150 Patienten mit beantworteten Befundanfragen zum weiteren Verlauf 91 Patienten operiert. Die Histologie ergab insgesamt 25 PTCs, 3 fvPTCs, 6 FTCs und 44 onkozytäre oder follikuläre Adenome, wobei in 5 Fällen bei der histologischen Untersuchung ein Mikro-PTC außerhalb des punktierten Knotens gefunden wurde und der punktierte Knoten eine benigne Histologie ergab (diese Fälle wurden daher als benigne gewertet), weiterhin 12 benigne Strumen bzw. Adenome und 1 Thyreoiditis. Eine Patientin mit V. a. Malignom wurde aufgrund eines ausgedehnten Tumor-Wachstums als inoperabel eingestuft. Von den 35 mutationspositiven Patienten wurden bisher 28 operiert. In q Abb. 1 ist für die 154 konsekutiven Patienten die Verteilung der molekularen FNAZ-Ergebnisse dargestellt. Zudem ist für die 150 Patienten mit beantworteten Befundanfragen zum weiteren Verlauf die Verteilung der 91 Histologieergebnisse und der 59 Fälle ohne bisher erfolgte Operation, sowie der bisher nicht vorliegenden Ergebnisse zur Nachbeobachtung (n = 4) dargestellt. Für die 20 BRAF-positiven FNAZ-Befunde ergab die Histologie in 19 Fällen ein PTC. In einem Fall lag dem punktierenden Arzt trotz ausdrücklicher Operationsempfehlung bisher keine Information bezüglich einer erfolgten Operation vor. Für die 9 NRAS-positiven FNAZ ergab die Histologie 1 PTC sowie 3 follikuläre Adenome. In 2 Fällen wurden Operationen empfohlen, aber es lagen bisher keine Informationen darüber vor. In einem Fall wurden noch vor dem Eingang des molekularbiologischen Befunds zunächst Kontrolluntersuchungen empfohlen. In einem Fall liegt uns keine dokumentierte Empfehlung vor. In einem Fall stehen uns leider keine Befunde zur Verfügung. Für einen HRAS-positiven Fall ergab die histologische Klärung ein onkozytäres Adenom, während für den zweiten HRAS-positiven Fall bisher zwar eine Operationsempfehlung gegeben wurde, aber keine Befunde darüber vorliegen. Der KRAS-positive Fall ergab his-

Tab. 1 Diagnostische Wertigkeit von BRAF, anti-HBME1 und anti-Galektin3 verglichen mit der Histologie für 41 Fälle mit vollständigen Untersuchungsergebnissen ohne methodische Ausfälle. BRAF-

Anti-HBME1-

Anti-Galektin3-

Nachweis

Nachweis

Nachweis

Sensitivität

47 %

71 %

47 %

(95 %-KI)

(23,0–72,2 %)

(44,0–89,7 %)

(23,0–72,2 %)

Spezifität

100 %

88 %

75 %

(95 %-KI)

(85,8–100 %)

(67,6–97,3 %)

(48,2–85,7 %)

positiver prädiktiver

100 %

80 %

57 %

Wert (95 %-KI)

(63,1–100 %)

(51,9–95,7 %)

(28,9–82,3 %)

negativer prädiktiver

73 %

81 %

75 %

Wert (95 %-KI)

(54,5–86,7 %)

(60,6–93,4 %)

(46,0–83,5 %)

tologisch ein onkozytäres Adenom sowie ein zufällig gefundenes Mikro-PTC außerhalb des punktierten Knotens. In die Auswertung ging in diesem Fall nur das onkozytäres Adenom ein. Die beiden PAX8/PPARG-positiven Fälle ergaben histologisch ein FTC sowie ein follikuläres Adenom. Der RET/PTC3-positive Fall ergab ein PTC. In 41 Fällen konnten sowohl immunzytochemische, als auch molekularpathologische Untersuchungen durchgeführt werden und es lagen histologische Befunde vor. Für diese 41 Fälle wurde Sensitivität, Spezifität, der positiv prädiktive Wert (PPW) sowie der negativ prädiktive Wert für den BRAF-Nachweis, anti-HBME1 sowie Galektin3, ausgehend von der Histologie als Goldstandard berechnet (q Tab. 1). Mutationspositive FNAZ mit korrelierender maligner histologischer Diagnose wurden als richtig-positiv (RP), solche mit zugehöriger benigner Histologie als falsch-positiv (FP), mutationsnegative mit histologisch nachgewiesener Malignität als falsch-negativ (FN) und ebensolche mit benigner Histologie als richtig-negativ (RN) bewertet. Diese Auswertung ergab für die 41 Patienten mit Nachweis einer Punktmutation oder eines Rear-

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rangements sowie einer auswertbaren Immunzytochemie für die BRAF-Untersuchungen 8 RP, 0 FP, 9 FN und 24 RN. Diese Werte ergeben eine Sensitivität von 47 %, eine Spezifität von 100 %, einen positiv prädiktiven Wert (PPW) von 100 % und einen negativ prädiktiven Wert (NPW) von 73 % (q Tab. 1). Für die immunzytochemischen Nachweise von anti-HBME1 und anti-Galektin3 erfolgte eine analoge Auswertung. Hier wurden folgende Werte errechnet (q Tab. 1): anti-HBME1: Sensitivität  71 %, Spezifität  88 %, PPW  80 %, NPW  81 %; anti-Galektin3: Sensitivität  47 %, Spezifität  75 %, PPW  57 %, NPW   75 %.

Diskussion ▼ Dies ist der erste Bericht über die prospektive Anwendung der molekularen FNAZ-Diagnostik von Schilddrüsenknoten für luftgetrocknete Routineausstriche mehrerer Praxen (n=38) unter Routinebedingungen. Die Anzahl der hier untersuchten 125 FN und MFP und auch der V. a. PTC Fälle ist deutlich höher als in bisher publizierten monozentrischen Untersuchungen mit ähnlichen Mutationsanalysen [2, 18]. Bis auf 7 Patienten (davon 2 bisher nicht umgesetzte Operationsempfehlungen) wurden alle Patienten mit einem Mutationsnachweis innerhalb eines Medians von 34 Tagen (3–234 Tage) operiert. Auch 27 der 42 mutationsnegativen FN-Fälle und 29 der 69 mutationsnegativen MFP wurden während der Nachbeobachtungszeit von 12–18 Monaten aufgrund des Zytologiebefundes und/oder malignitätsverdächtiger Sonographiekriterien oder Größenzunahme oder aufgrund von Beschwerden operiert. Für 7 mutationsnegative FN und 7 mutationsnegative MFP-Fälle wurde die Operationsempfehlung bisher nicht umgesetzt und in einem Falle einer FN und 25 MFP-Fällen wurde eine Kontrolle empfohlen. Die höhere FNals MFP-Operationsrate entspricht der höheren Malignitätswahrscheinlichkeit bei FN gegenüber MFP [3]. Für Ausstriche mit der zytologischen Diagnose V. a. PTC konnte eine BRAF-Mutation in 73 % der Ausstriche nachgewiesen werden (q Abb. 1). In Übereinstimmung mit bisherigen Ergebnissen [8, 9] wurde in allen 19 operierten BRAF positiven Fällen histologisch ein PTC gefunden. Daher kann in allen Fällen mit einem BRAF-Nachweis im Routine-FNAZ-Ausstrich eine primäre totale Thyreoidektomie statt einer zweizeitigen Operation mit Verzicht auf eine intraoperative Schnellschnittuntersuchung empfohlen werden. Weitere Untersuchungen müssen klären, in welchem Ausmaß diese Möglichkeit bisher unter Routinebedingungen genutzt wird. Zudem ermöglicht die molekulare FNAZ-Diagnostik unter Routinebedingungen in 7 % der zytologischen FN-Diagnosen und in 14 % der zytologischen MFP-Diagnosen den Nachweis einer somatischen Punktmutation bzw. eines Rearrangements. In einem Fall konnte ein PTC präoperativ durch Nachweis eines RET/PTCRearrangements diagnostiziert werden. Bei RET/PTC-transgenen Mäuse [18] finden sich frühzeitig auftretende, invasive PTCs. Die weiteren 2 PTCs und 2 FTCs bei zytologischer MFP-Diagnose wurden durch klinische OP-Indikatoren (malignitätsverdächtige Sonographiekriterien, deutliche Größenzunahme) identifiziert. Die PAX8/PPARG-positiven MFP-Zytologien ergaben histologisch ein FTC und ein follikuläres Adenom. Eine Überprüfung des histologischen Adenoms steht aus. Minimalinvasive FTCs sind histologisch schwer von Adenomen zu unter-

scheiden und ihr Nachweis ist eindeutig von der Zahl der untersuchten Schnitte abhängig [15]. Neuere Untersuchungen zeigen daher auch für alle PAX8/PPARG-positiven FNAZ histologisch FTCs oder fvPTCs [1]. In einem RAS-positiven Fall mit erfolgter Operation ergab die Histologie ein PTC, die übrigen 5 RAS-mutationspositiven Fälle ergaben ein Adenom bzw. eine Struma nodosa. RAS-Mutationen werden in 40–53 % der FTCs und fvPTCs, jedoch auch in ca. 26 % der follikulären Adenome gefunden [14, 26]. Während in früheren Publikationen der Nachweis von RAS-Mutationen in FNAZ-Material mit einer hohen Malignitätswahrscheinlichkeit von 88 % assoziiert war [18], ergaben neuere Publikationen dagegen einen häufigen Nachweis von RAS-Mutationen bei Adenomen [6, 17]. Nach den Befunden transgener Mäuse [18] sind RAS- [12, 18, 20] oder PAX8/PPARG[1, 12, 19, 20] positive follikuläre Adenome sehr wahrscheinlich Vorstadien für RAS- oder PAX8/PPARG-positive FTCs. Alle bisherigen Publikationen gehen daher davon aus, dass die chirurgische Entfernung von RAS-positiven Adenomen indiziert ist. Bei Nachweis von RAS-Mutationen im Routine-FNAZ-Ausstrich ist eine intensive histologische Aufarbeitung des Operationspräparates sinnvoll. Im Vergleich zur Immunzytochemie für anti-HBME1 und antiGalektin3 zeigt die molekulare Diagnostik eine deutlich geringere Ausfallrate. Für 41 Präparate mit histologischen, immunzytochemischen und molekularen Ergebnissen (repräsentative Stichprobe sowohl für zytologische Kategorien als auch für Mutationsnachweise) zeigt sich eine deutlich bessere Spezifität und PPW für den BRAF-Nachweis gegenüber der Immunzytochemie. Da besonders die Ausfallrate für somatische Mutationen mit 0,7 % sehr gering ist, beeinflusst diese die Sensitivität und Spezifität speziell des BRAF-Nachweises kaum. Zusammenfassend zeigen diese ersten Ergebnisse, dass die molekulare Diagnostik mit luftgetrockneten FNAZ-Routineausstrichen unter diagnostischen Routinebedingungen möglich ist und mehrere Vorteile gegenüber der Verwendung von frischem FNAZ-Material bietet. Insbesondere der BRAF-Nachweis kann diagnostischen und operativen Aufwand mindern und somit zu weniger Belastung für den Patienten und Kosteneinsparung führen [28]. Für die Bewertung der diagnostischen Auswirkungen der Rearrangement-Nachweise sind größere Untersuchungszahlen erforderlich. RAS-positive follikuläre Adenome sind sehr wahrscheinlich Vorstadien follikulärer Karzinome. Ihre chirurgische Entfernung erscheint daher indiziert.

Konsequenz für Klinik und Praxis 3Die molekulare Diagnostik anhand luftgetrockneter Schilddrüsenknoten-Feinnadelzytologien ist in einem Routinesetting möglich. 3 Sie kann zusätzliche Argumente für eine diagnostische Operation bei mutationspositiven Ausstrichen liefern. 3Insbesondere der BRAF-Nachweis kann den diagnostischen und operativen Aufwand mindern. 3Bei hohem Anteil an BRAF-positiven Ausstrichen mit der zytologischen Diagnose V. a. papilläres Schilddrüsenkarzinom sollte angesichts der 100 % Spezifität der BRAF-Mutation bei BRAF-Nachweis in der Regel die primäre totale Thyreoidektomie erfolgen anstatt einer diagnostischen Lobektomie mit nachfolgender Komplettierungs-Thyreoidektomie.

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Autorenerklärung: I.R. und A.N. sind bei mvz Wagnerstibbe tätig (Teil der Amedes-Gruppe, welche die molekulare Diagnostik von Schilddrüsenfeinnadelpunktaten anbietet). Die übrigen Autoren erklären, dass sie keine finanziellen Verbindungen mit einer Firma haben, deren Produkt in diesem Artikel eine wichtige Rolle spielt (oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).

Abstract

Fine-needle aspiration cytology of thyroid nodules: molecular diagnostics in a routine diagnostic setting ▼ Background and objective: Results for the detection of point mutations and rearrangements have thus far been obtained by fresh material of fine needle aspiration cytology (FNAC). After a first retrospective study we report on the diagnostic detection in routinely obtained, consecutive air-dried FNAC smears. Methods: RNA and DNA was extracted from 154 consecutive routine air-dried FNAC smears: 80 with microfollicular proliferation (MFP), 45 with follicular neoplasia (FN), 26 with the cytological diagnosis of papillary carcinomas (PTC) and 3 which were suspicious for malignancy. PAX8/PPARG and RET/PTC3 rearrangements were detected by qPCR, while BRAF and RAS point mutations were detected by pyrosequencing. Results: Only 0.7 % and 5.3 % of the routine air-dried FNAC samples did not allow analysis of a point mutation or rearrangements, respectively. NRAS mutations could be detected in 7 MFP smears, and in one of FN and PTC samples, respectively. HRAS mutations were detected in one MPF and one FN sample. A KRAS mutation was only detected in one FN sample, whereas BRAF mutations were detected in 20 samples with PTC (but in no other sample). PAX8/PPARG was detected in 2 MFP samples, while RET/PTC was detected in only one MFP sample. In total, 13.8 % MFP-FNAC, 6.7 % FN-FNAC, and 80.8 % PTC-FNAC samples harbored a mutation. Conclusion: These results demonstrate that rearrangements and point mutations can be detected in routinely obtained airdried FNAC samples.

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