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Förderfaktoren und Barrieren interprofessioneller Kooperation in Rehabilitationskliniken – Eine Befragung von Führungskräften Facilitators and Barriers to Interprofessional Collaboration in Rehabilitation Clinics – A Survey of Clinical Executive Managers

Institute

Schlüsselwörter ▶ interprofessionelles Team ● ▶ interprofessionelle Koopera● tion ▶ Teamarbeit ● ▶ Rehabilitation ● ▶ qualitative Studie ● Key words ▶ interprofessional collabora● tion ▶ interprofessional team ● ▶ teamwork ● ▶ rehabilitation ● ▶ qualitative study ●

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1375639 Online-Publikation: 4.9.2014 Rehabilitation 2014; 53: 390–395 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0034-3536 Korrespondenzadresse Christian Müller Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Hebelstraße 29 79104 Freiburg christian.mueller@mps. uni-freiburg.de

C. Müller1, 2, L. Zimmermann1, M. Körner1 1 2

Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Medizinische Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Berufsakademie für Gesundheits- und Sozialwesen Saarland

Zusammenfassung

Abstract

Zielsetzung: Interprofessionelle Kooperation ist ein wesentliches Qualitäts- und Erfolgsmerkmal der medizinischen Rehabilitation, die durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird. Ziel der vorliegenden Studie ist es, sowohl Förderfaktoren als auch Barrieren der interprofessionellen Kooperation in Rehabilitationskliniken zu identifizieren. Methodik: In einer Querschnittsstudie wurden Förderfaktoren und Barrieren interprofessioneller Kooperation in 5 Rehabilitationseinrichtungen mithilfe von leitfadengestützten Interviews erfasst. Insgesamt wurden 18 Führungskräfte im Alter zwischen 36 und 62 Jahren (M = 49,2) interviewt. Unter den befragten Führungskräften befanden sich 5 Chefärzte, 4 Pflegedienstleitungen und 6 Leitungen therapeutischer sowie 3 Leitungen psychologischer Abteilungen. Die Interviews wurden digitalisiert und transkribiert. Die Auswertung der Interviewtranskripte erfolgte nach der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring [37, 38]. Ergebnisse: Von insgesamt 480 kodierten Aussagen beziehen sich 337 Aussagen auf Förderfaktoren und 143 auf Barrieren. Die häufigsten Äußerungen zu förderlichen Faktoren beziehen sich auf die interprofessionelle Koordination der Behandlung. Dabei werden z. B. das Vorhandensein eines Gesamtrehabilitationskonzeptes und die Ausrichtung der Planung von Versorgungsleistungen im Hinblick auf Rehabilitationsziele betrachtet. In diesem Zusammenhang spielen Teamprozessvariablen wie z. B. der interaktive Informationsaustausch, die multilaterale Kommunikation, transparente Teamrollen, festgelegte Aufgaben des Teams oder einzelner Teammitglieder eine wesentliche Rolle. Barrieren der interprofessionellen Kooperation werden insbesondere in Bezug auf die Organisation genannt. Hier

Purpose: Interprofessional collaboration is an essential feature of quality and success in medical rehabilitation, a field which is influenced by a variety of factors. It is the objective of this study to identify beneficial factors that may promote team collaboration as well as barriers which may hinder it. Methods: The facilitators and barriers of team collaboration were identified in a cross-sectional study. We conducted guided expert interviews with 18 managers aged between 36 and 62 years (M = 49.2) in a total of 5 inpatient rehabilitation clinics. Among the surveyed managers were 5 senior physicians and 13 department head managers of the health professionals (4 head nurses, 6 head therapists and 3 heads of psychological departments). The qualitative analysis of interview transcripts was carried out according to Mayring’s structured content analysis approach. Results: From a total of 480 coded statements, 337 are concerned with factors supporting interprofessional collaboration and 143 relate to barriers. The most common statements concerning supporting factors relate to the main category “Interprofessional Coordination of Treatment”. Here, for example, the existence of an overall rehabilitation concept and planning of care services with rehabilitation goals in mind are regarded as facilitating. Variables such as interactive information exchange, multilateral communication, transparent team roles, defined tasks of the entire team or of individual team members play significant roles in this context. Hindering factors and barriers to interprofessional collaboration are mentioned in particular in relation to the organization. In terms of organization, heavy workload (time pressure, high treatment frequencies, altered severity of rehabilitation needs, considerable administration costs), inadequate pay



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Autoren

werden vor allem hohe Arbeitsbelastung (Zeitdruck, hohe Behandlungsfrequenzen, veränderter Schweregrad der Rehabilitanden, großer Administrationsaufwand), unzureichende Bezahlung und unzureichende Zeitkorridore, sich im interprofessionellen Team abzusprechen, als limitierende Faktoren gewertet. Schlussfolgerung: Die in dieser Studie identifizierten Förderfaktoren und Barrieren der interprofessionellen Kooperation sind vergleichbar mit den in internationalen Studien genannten Faktoren. Beim Führen und Leiten von Teams sind beeinflussende Förderfaktoren und Barrieren zu berücksichtigen.

and insufficient time corridors to consult within the interprofessional team are rated as limiting factors. Conclusion: Influencing factors on interprofessional collaboration identified in our study are similar to those named in other studies. Facilitators and barriers of interprofessional collaboration should be taken into account when guiding and managing teams.

Hintergrund und Zielsetzung

vorliegenden Untersuchung ist es, förderliche Faktoren, die die interprofessionelle Kooperation unterstützen können, wie auch Barrieren, die sich negativ auf die interprofessionelle Kooperation auswirken, zu identifizieren. Hierzu wurden Führungskräfte in Reha-Einrichtungen befragt. Entsprechend den Empfehlungen des EQUATOR Netzwerkes [18], einer internationalen Initiative zur Dissemination von „Guidelines for Reporting of Health Research“, wurden die COREQ-Kriterien (Consolidated Criteria for Reporting Qualitative Research) [19] für die vorliegende Untersuchung herangezogen.



Aufgrund der Komplexität von chronischen Erkrankungen und Behinderungen werden in der Rehabilitation versorgungsrelevante Leistungen erbracht, an denen verschiedene Berufsgruppen beteiligt sind [1, 2]. Dies impliziert für die Praxis, dass Experten mit unterschiedlichem Berufs- und Bildungsweg, theoretischen Bezugsrahmen und beruflichem Status im Sinne interprofessioneller Teamarbeit arbeitsteilig zusammenarbeiten [3]. Hierfür muss bestimmt werden, welche Professionen welchen Beitrag zur Behandlung leisten und wie die Leistungen zu einem ganzheitlichen Behandlungskonzept mit einer einheitlichen Rehabilitationsphilosophie integriert werden [4, 5]. Dabei kann die interprofessionelle Teamarbeit durch die Unterstützung von der Organisation, vom Team oder vom einzelnen Teammitglied gefördert oder limitiert werden [6]. Nicht zuletzt ist es die Management- und Führungsebene, die durch das Schaffen von Voraussetzungen und Bedingungen Einfluss auf die interprofessionelle Teamarbeit nehmen kann [7–9]. Sie hat gestalterischen Einfluss auf Teamstrukturen und -prozesse im Rahmen der Aufbau- und Ablauforganisation sowie der Organisationskultur [10, 11]. Zur Systematisierung von Einflussfaktoren interprofessioneller Kooperation werden häufig sogenannte Input-Prozess-OutputModelle (IPO-Modelle) herangezogen, die die Teamstruktur, die Teamprozesse und den Teamerfolg abbilden [12–15]. Entsprechend den IPO-Modellen lassen sich den Input-Faktoren die Aspekte Räumlichkeiten für Teams, Teamgröße und Teamzusammensetzung, Unterstützung durch die Organisation, Teamsitzungen, allgemeine Grundsätze, Teamaudits [16], gezielte Auswahl der Teammitglieder, Beschäftigungsanreize in Form von Prämien, institutionelle Unterstützung, Internet und E-Mail [17], den Prozess-Faktoren Teamziele [16], Teamführung, Anpassungsfähigkeit der Teammitglieder, persönliches Engagement, physische Nähe der Teammitglieder, gemeinsame Visionen, Rollenklarheit, Kommunikation [17] und den Output-Faktoren die Anerkennung der Teammitglieder untereinander [17] zuordnen. Je nach Ausprägung dieser Faktoren kann es sich hier um Förderfaktoren oder Barrieren interprofessioneller Teamarbeit handeln, wie in der systematischen Übersichtsarbeit von Xyrichis und Lowton (2008) [16] oder in der Literaturübersicht von Choi und Pak (2007) [17] beschrieben. Dieser internationale Forschungsstand lässt sich jedoch nicht auf die medizinische Rehabilitation in Deutschland übertragen, da sich sowohl die Gesundheits- und Versorgungssysteme der Länder als auch die Gesundheitseinrichtungen unterscheiden. Bisher liegen für den deutschen Versorgungskontext keine Erkenntnisse zu Förderfaktoren und Barrieren interprofessioneller Kooperation in medizinischen Reha-Einrichtungen vor. Ziel der

Studiendesign und Methodik



Zur Erfassung der subjektiven Sichtweisen der Führungskräfte zu möglichen Förderfaktoren und Barrieren wurde das Experteninterview herangezogen [20–22]. Der dem Interview zugrunde liegende Gesprächsleitfaden strukturierte den Gesprächsverlauf. Dabei konnte durch die Verwendung verschiedener Fragetypen (Erzählaufforderungen, Verständnisfragen, Einstellungsfragen, Sachnachfragen, Bewertungsfragen) auf einzelne Interviewaspekte und Themen differenziert eingegangen werden [23, 24]. Die Konzipierung des Leitfadens1 erfolgte in Anlehnung an die Kriterien nach Helfferich [25]. Zur thematischen Strukturierung des Interviews wurden 9 Bereiche, die für die interprofessionelle Kooperation bedeutsam sind und auf empirischen Forschungsergebnissen basieren, definiert: 1. Organisationsstrukturen und -prozesse [11, 26], 2. Managementsysteme, einschließlich Personalführung und -entwicklung [3, 27], 3. Kultur [14], 4. Patientenorientierung [28, 29], 5. interprofessionelle Koordination der Behandlung [11], 6. Kommunikation [11, 30], 7. Patientenpartizipation [31, 32], 8. Information [11] und 9. Teamentwicklung [33, 34].

Stichprobe Als Stichprobe wurden Führungskräften aus verschiedenen Bereichen (Medizin, Pflege, Therapie, Psychologie) ausgewählt. Dabei wurde darauf geachtet, dass Führungskräfte aller Disziplinen in der Gesamtstichprobe vertreten sind. Die vorab festgelegten Kriterien für die Stichprobe bezogen sich auf einen Personenkreis, der planende, koordinierende und kontrollierende Tätigkeiten innerhalb der Organisation ausführt, Mitarbeiter führt und leitet sowie einen hohen Grad an Verantwortung aufweist. Insgesamt wurden 18 Einzelinterviews mit Führungskräften in 5 Rehabilitationskliniken der medizinischen Rehabilitation der Indikationsbereiche Orthopädie (n = 7), Neurologie (n = 5), Onkologie (n = 4) und Kardiologie (n = 2) durchgeführt. An den Inter1

Der Interview-Leitfaden wie auch die Beschreibung des Kategoriensystems können beim Erstautor angefordert werden.

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views nahmen 5 Chefärzte, 4 Pflegedienstleitungen und 6 Leitungen therapeutischer Abteilungen (Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie und Physikalische Therapie) sowie 3 Psychologen in leitender Funktion teil. Die befragten Führungskräfte waren in der Mehrzahl männlich (n = 12, 66,6 %). Die Interviewten waren zwischen 36 und 62 Jahre alt, das Durchschnittsalter betrug 49,2 Jahre. Die Interviewdauer lag zwischen 28 und 47 min (M = 35 min).

Ergebnisse



Die Ergebnisse werden klinikübergreifend in Form von strukturierenden Zusammenfassungen (thematischen Summaries) [41] in Bezug auf Förderfaktoren sowie Barrieren interprofessioneller Kooperation beschrieben. Dabei basieren die Zusammenfassungen auf den Originalaussagen der empirischen Daten, die in paraphrasierender Form und mit prototypischen Beispielen dargestellt werden.

Durchführung der Interviews und Datenerhebung

Datenaufbereitung und Datenanalyse Die Transkription der Interviews erfolgte unter der Verwendung der Transkriptionssoftware F4 (Audiotranskription, Dr. Dresing und Pehl) sowie der Transkriptionsregeln von Dresing und Pehl [36]. Die Transkripte wurden unter Verwendung der Qualitative Data Analysis Software (QDAS), MAXQDA 10 (VERBI Software Consult Sozialforschung GmbH), nach der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring in einem deduktiven Vorgehen ausgewertet [37, 38]. Im Zentrum stand ein Kategoriensystem mit 9 Hauptkategorien und den Subkategorien „Förderfaktoren“ sowie „Barrieren“ interprofessioneller Kooperation ▶ Tab. 1 unter www.thieme-connect.de/products). (siehe hierzu ● Bei der Analyse des Materials wurde die inhaltliche Strukturierung nach Mayring als Grundform des Interpretierens zugrunde gelegt [39]. Alle Textbestandteile des Materials, die durch die Kategorien angesprochen wurden, wurden aus dem Material extrahiert, den Kategorien zugeordnet und zusammengefasst (inhaltliche Strukturierung) [40]. Dabei wurde die Technik der Paraphrasierung angewendet. Im Vorfeld der Datenanalyse wurden Kodiereinheiten festgelegt und Kodierregeln formuliert, um eine eindeutige Zuordnung zu den Kategorien zu gewährleisten. Zur Überprüfung der Interkodierreliabilität und zur Sicherung der Qualität des Kodierprozesses wurde ein weiteres Mitglied der Projektgruppe einbezogen. Um Verzerrungstendenzen bei der Analyse entgegenzuwirken, erfolgte eine Überprüfung der Paraphrasenbildung des ursprünglichen Textmaterials (30 %). In diesem Schritt wurde geprüft, inwiefern die gebildeten Paraphrasen die Kodiereinheit inhaltlich richtig abbildeten. In einem weiteren Schritt erfolgte die Prüfung, inwieweit die Kodes (Paraphrasen) den Hauptkategorien und Subkategorien korrekt zugeordnet wurden. Kam es zu unterschiedlicher Kodierung, wurden die Differenzen diskutiert und im Sinne eines konsensualen Prozesses eine Neuformulierung der Kodierung vorgenommen.

Das Kategoriensystem Insgesamt lassen sich den 9 Hauptkategorien 480 kodierte Aus▶ Tab. 1 (siehe online unter sagen (Codings) zuordnen. Der ● www.thieme-connect.de/products) ist zu entnehmen, wie sich die Verteilung der Codings bezogen auf die einzelnen Hauptkategorien und Subkategorien darstellt. Von den 480 Aussagen der Führungskräfte beziehen sich 337 Aussagen (70 %) auf Förderfaktoren sowie 143 Aussagen auf Barrieren interprofessioneller Kooperation.

Förderfaktoren Von den 337 Aussagen der Führungskräfte zu Förderfaktoren interprofessioneller Kooperation entfallen die meisten Äußerungen mit 24,3 % auf die Hauptkategorie „Interprofessionelle Koordination der Behandlung“ (82 Aussagen), gefolgt von den Hauptkategorien „Organisation“ mit 22,8 % (77 Aussagen), „Managementsysteme“ mit 19,6 % (66 Aussagen) und „Kultur“ mit 9,8 % (33 Aussagen). Nachfolgend werden die 4 Hauptkategorien beschrieben, denen am häufigsten Förderfaktoren zugeordnet werden konnten.

Interprofessionelle Koordination der Behandlung Als förderlicher Faktor für die interprofessionelle Behandlungskoordination wird die Orientierung an Rehabilitationszielen betrachtet. Dabei ist ein gemeinsam definiertes Reha-Ziel aller am Rehabilitationsprozess beteiligter Berufsgruppen zentral für die Zusammenarbeit und die Koordination der Aufgaben im Team. Die Führungskräfte berichten, dass intensiver Informationsaustausch und Absprachen des Behandlungsteams untereinander einen „Mehrwert“ bringen und die Behandlungskoordination positiv beeinflussen können. Eine flache Hierarchie kann dabei als förderlich für die Koordination der Behandlung und die interprofessionellen Absprachen der Teammitglieder untereinander betrachtet werden. Wenn innerhalb des Rehabilitationsteams Rollen, Funktionen und Aufgaben benannt und beschrieben sind, kann dies als Förderfaktor interprofessioneller Kooperation gewertet werden. Der interdisziplinären Patientenbesprechung (IPB) wird im Hinblick auf die Koordination der Interventionen und Aufgaben im multidisziplinär besetzen Team das größte Potenzial zugeschieben. Die IPB ist die zentrale Plattform zur Koordinierung der Zusammenarbeit. Hierfür ist ein kompetenter Teamkoordinator notwendig, der zielorientiert ▶ Tab. 2 (siehe online vorgeht und Teamfähigkeit aufweist. In ● unter www.thieme-connect.de/products) sind 13 Merkmale der interdisziplinären Patientenbesprechung aufgeführt, die aus Sicht der Führungskräfte als förderlich für die Koordination der Behandlung gesehen werden.

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Die Interviews wurden von 2 wissenschaftlichen Mitarbeitern (CM, LZ) des Projektteams in den jeweiligen Einrichtungen durchgeführt. Die Rekrutierung der Führungskräfte als Interviewpartner erfolgte durch die Studienkoordinatoren in den beteiligten Einrichtungen. Alle Interviews wurden auf einem digitalen Datenträger aufgezeichnet. Die Durchführung der Studie erfolgte auf der Grundlage der Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG, in der Fassung 11.06.2010) bei der Datenerhebung, -speicherung, -veränderung und -nutzung personenbezogener Daten [35] sowie unter Beachtung ethischer Richtlinien. Die Forschungsteilnehmer wurden über die Interviewdurchführung und -auswertung in Bezug auf die Einhaltung des Datengeheimnisses, der Anonymität und der Freiwilligkeit der Studienteilnahme aufgeklärt. Ein positives Votum der Ethikkommission der Universität Freiburg liegt vor (Prüf-Nr. 190/12).

Organisation Teams sind immer im Kontext ihrer Einbettung in die Gesamtorganisation zu betrachten. Die mittlere und obere Führungsebene hat durch die Schaffung der Rahmenbedingungen wesentlichen Einfluss auf das Gelingen interprofessioneller Zusammenarbeit. In diesem Zusammenhang sehen die befragten Führungskräfte die nachfolgenden institutionell verankerten Strukturen und Gremien als wesentliche Förderfaktoren für die Umsetzung interprofessioneller Kooperation an. Die interprofessionelle Zusammenarbeit kann in Abhängigkeit des Indikationsbereiches und des Schweregrades der Erkrankung des Rehabilitanden in 4 Formen der Kooperation klassifiziert werden: 1. die tägliche Stationsteambesprechung, in der aktuelle Ereignisse der Patienten morgendlich kurz besprochen werden, 2. die wöchentliche interdisziplinäre Patientenbesprechung bzw. Reha-Teambesprechung, in der die Behandlungsplanung und -koordination, die Beurteilung des Reha-Verlaufes sowie die Reha-Zielfestlegung und -evaluation thematisiert werden, 3. die Rehabilitanden-Fallbesprechung, in der spezifische Fragen zur Behandlung eines Rehabilitanden aufgegriffen werden, und 4. die sozialmedizinische Besprechung, in der die berufliche und gesellschaftliche Reintegration Gegenstand der Besprechung ist. Als förderlich wird betrachtet, wenn die Organisation den Teammitgliedern ausreichend Zeit für patientenbezogene Absprachen zur Verfügung stellt. Die Führungskräfte sehen es als förderlich an, wenn die Reha-Behandlung von einem ganzheitlichen Behandlungskonzept geprägt ist, auf das sich die einzelnen Berufsgruppen bei der Behandlungsplanung, -durchführung und -evaluation beziehen. Eine Führungskraft merkte hierzu an: „Also, dass… gerade in Reha wird das ja auch gelebt, dass es ein biopsychosoziales Modell ist, was dahinter steckt. Dass eben die verschiedenen Aspekte der Behandlung … berücksichtigt werden und dass das dann in den Gesprächen so zusammengefasst wird.“ [K1_E1_ Z.7–8].

Managementsysteme Im Hinblick auf das Führen und Leiten von Mitarbeitern werden Mitarbeitergespräche als wichtig erachtet. Sie werden als Instrument der Personalführung gesehen und als Förderfaktoren für die Zusammenarbeit betrachtet. Die Führungskräfte sehen es als förderlich an, dass über Mitarbeitergespräche die Motivation und die Einbindung der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse gefördert werden können. In diesem Kontext werden die jährlichen Mitarbeiterbefragungen als Unterstützung gesehen, den Bedarf der Mitarbeiter-Partizipation zu erfassen. Führungskräfte betrachten es als ihre Aufgabe, Maßnahmen einzusetzen, um ihre Mitarbeiter im Rahmen der Zusammenarbeit zu unterstützen. Sie erachten es als förderlich, ein festgeschriebenes Einarbeitungskonzept einzuführen, das alle Mitarbeiter durchlaufen, den Mitarbeitern einen gewissen Freiraum der Arbeitseinteilung einzuräumen und Zeit für formelle Treffen und informellen Informationsaustausch zur Verfügung zu stellen. Aus Sicht der Führungskräfte ist das Wissen über inhaltliche Schwerpunkte und Konzepte der angrenzenden Berufsgruppen wesentlich für das Kooperationsverhältnis in der täglichen Zusammenarbeit. In diesem Zusammenhang sehen die befragten Führungskräfte es als ihre Aufgabe, interdisziplinäre Fortbildungen und berufsgruppenübergreifendes Lernen zu fördern, da dadurch eine gemeinsame Wissensbasis der Disziplinen untereinander wie auch sozio-emotionale Bindungen entstehen können, die die Zusammenarbeit erleichtern. Eine Führungskraft äußerte sich hierzu folgendermaßen: „Und dass aus diesem Kennen eine Kommunikation entsteht, die sehr viel größer ist und sehr viel mehr

bringt, als das Einzelne in den einzelnen Abteilungen … aus der Erfahrung … heraus, sehen wir einfach das macht Sinn. Wenn die Menschen sich kennen. Ja das ist fast magic.“ [K2_E8_Z.53]. Eine befragte Führungskraft betonte darüber hinaus, dass nicht das Angebot bzw. die Angebotsvielfalt an interdisziplinären Fortbildungen das Wichtigste sei, sondern die Tatsache, dass die einzelnen Teammitglieder zusammengeführt werden, sich kennenlernen und somit ein Beziehungsaufbau stattfinden kann. Wenn der Austausch zwischen den einzelnen Abteilungen durch die Managementebene unterstützt wird, kann dies aus Sicht der Führungskräfte die Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsfachberufen intensivieren und fördern: „…gemeinsam am Patienten zu arbeiten um eben von da her auch die zum Teil fließenden Übergänge zwischen therapeutischer Pflege und Physiotherapie, therapeutische Pflege und Logopädie, therapeutische Pflege und Ergo. Das ist ein wichtiger Punkt…“ [K2_E9_Z.6].

Organisations-/Teamkultur Aus Sicht der befragten Führungskräfte wird das Wertesystem der Klinik über das Leitbild transportiert. Mit der Teamkultur werden von den Führungskräften Verhaltensnormen wie der respektvolle und offene Umgang miteinander assoziiert. Die Führungskräfte sehen es für die Kooperationsbeziehungen innerhalb des Reha-Teams als förderlich an, wenn ein angenehmes Ambiente und eine angenehme Arbeitsatmosphäre herrschen, die sich positiv auf die Arbeitsleistung auswirken. Der Aspekt der Wertschätzung und Anerkennung der erbrachten Arbeitsleistung der einzelnen Berufsgruppen wird als wichtig erachtet und als aufbauend für die Arbeitsmotivation gesehen. Eine hohe Identifikation mit der Klinik halten die Führungskräfte für einen wesentlichen Förderfaktor für das Gelingen der täglichen Zusammenarbeit. Arbeitshaltungen und Werte wie z. B. respektvoller und wertschätzender Umgang, die Bereitschaft, sich gegenseitig zu helfen und das fachliche Wissen des jeweils anderen Teammitgliedes zu respektieren, können sich aus Sicht der Führungskräfte positiv auf die interprofessionelle Kooperation auswirken.

Barrieren Barrieren interprofessioneller Kooperation werden von den Führungskräften in 143 Aussagen (29,8 %) thematisiert. Am häufigsten wurden organisatorische Barrieren mit 41,9 % aller Aussagen der Führungskräfte (60 Nennungen) genannt. An zweiter Stelle werden hinderliche Faktoren thematisiert, die sich mit 13,9 % auf die Hauptkategorie „Organisations- und Teamkultur“ (20 Aussagen) beziehen, an dritter Stelle werden mit 11,8 % Kommunikationsbarrieren (17 Aussagen) genannt und an vierter Stelle mit 9,8 % werden Faktoren angeführt (14 Aussagen), die Barrieren für Teamentwicklung darstellen. Im Nachfolgenden werden die 4 Hauptkategorien dargestellt, innerhalb derer die häufigsten Barrieren benannt werden.

Organisation Im Hinblick auf die Aufbau-und Ablauforganisation von RehaEinrichtungen gaben befragten 10 von 18 Führungskräften an, dass in ihren Einrichtungen kein Konzept zur interprofessionellen Kooperation vorhanden ist. Von 8 Führungskräften wurden der Zeitdruck und die zum Teil hohe Arbeitsbelastung als Barriere interprofessioneller Kooperation benannt. Insbesondere fehlt es an Zeitkorridoren sich abzusprechen, was die Führungskräfte als limitierenden Faktor für die Umsetzung der interprofessionellen Zusammenarbeit werteten. Die Auswirkungen der

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Organisations- und Teamkultur Als limitierender Faktor wird benannt, dass die in den Reha-Kliniken existierenden Leitbilder, die die Werte des Unternehmens transportieren, zwar bekannt sind, jedoch in der täglichen Praxis unzureichend gelebt werden und im Verlauf der Zeit in Vergessenheit geraten: „Wir haben ein Leitbild, Ja! Aber das wird jetzt, wenn Sie mich ehrlich fragen, nicht so… umgesetzt.“ [K1_ E1_Z.107]. Tendenzen zunehmender Arbeitsbelastung und Fluktuationen von Mitarbeitern werden aus Sicht der Führungskräfte als hinderlich aufgefasst. Hinzu kommt, dass die steigende Arbeitsbelastung bei den Mitarbeitern mit einer Unzufriedenheit der Arbeitssituation assoziiert wird und sich dies negativ auf das Teamklima und die Patienten-Beziehung auswirkt. Eine Führungskraft berichtet von dem Dilemma engagierter und motivierter vs. nicht engagierter Mitarbeiter, was sich auf das Kooperationsverhalten im Team auswirkt: „Es gibt auch Engagierte und weniger Engagierte und das ist halt immer so … und die sehr engagierten … sehen höchst wahrscheinlich manchmal nicht mehr ein, warum sie so engagiert sein sollen, wenn es doch bei den weniger Engagierten eigentlich auch läuft…“ [K3_E12_Z86]. In Bezug auf die Erwartungen an Verhalten und Einstellungen gegenüber der Arbeit sind Unterschiede zwischen der Führungsebene und den Mitarbeitern festzustellen. Aus Sicht einiger Führungskräfte identifiziert sich ein gewisser Anteil von Mitarbeitern nicht so stark mit der Klinik, da die Arbeit ausschließlich als Einkommensquelle betrachtet wird. Die interprofessionelle Kooperation wird zum Teil über das Betriebsklima beeinflusst, das wiederum abhängig ist von externen Faktoren wie Gehalt, Gestaltung von Arbeitszeit und Wertschätzung der Arbeitsleistung der Mitarbeiter. So kann der Mangel dieser Faktoren aus Sicht der Führungskräfte inhibitiven Charakter annehmen und zu einer Barriere für die Umsetzung interprofessioneller Teamarbeit werden.

Kommunikation Von den Führungskräften aller Kliniken wurden weniger interpersonale Kommunikationsprobleme des Einzelnen angeführt, sondern Kommunikationsbarrieren, die auf organisationaler Ebene (Abteilungsebene) verankert sind. Diese beziehen sich auf die unzureichende Verständigung und Kommunikation zwischen den Abteilungen (z. B. Therapie, Pflege, Verwaltung, Technik, Küche), ohne dabei eine Priorisierung vorzunehmen. Deutlich weniger wurden interpersonale Kommunikationsprobleme benannt, die sich auf Persönlichkeit und Merkmale des Einzelnen zurückführen lassen. Dennoch wird auf der Ebene der inter-

personalen Beziehung der Teammitglieder untereinander eine unzureichende multilaterale Kommunikation im Team als limitierender Faktor für die Zusammenarbeit angeführt. In Bezug auf die Berufsgruppe der Gesundheits- und Krankenpflege werden Schwierigkeiten im Umgang mit den „neuen“ Kommunikationsmedien, wie z. B. E-Mail und computergestützte klinikinterne Kommunikation, angeführt. Die Schwierigkeiten beziehen sich aus Sicht der Führungskräfte auf Mitarbeiter, die trotz Schulungen das vermittelte Wissen nur unzureichend transferieren können.

Teamentwicklung Aus Sicht der Führungskräfte kann die interprofessionelle Kooperation limitiert werden, wenn Mitarbeiter nicht an Teamentwicklungsmaßnahmen partizipieren und diese nicht unterstützen. Die Führungskräfte vermuten auf der Organisationsebene eine fehlende bzw. unzureichende Bereitschaft einzelner Fachdisziplinen, sich auf Veränderungen einzustellen, sowie auf Teamebene eine unzureichende Offenheit einzelner Mitarbeiter, sich Teamentwicklungsmaßnahmen zu öffnen. Als Hindernis für die Umsetzung von Teamentwicklung wird gesehen: zu wenig Zeit, zu wenig personelle Ressourcen und ein Mangel an generellem Verständnis für Teamentwicklungsmaßnahmen. Eine Führungskraft betonte: „Ja, es ist halt immer ein Zeitproblem, das muss ich Ihnen ganz klar, also ganz ehrlich sagen…“ [K1_E2_ Z.124].

Diskussion



Das genuine Anliegen der vorliegenden Untersuchung war, Einflussfaktoren auf die interprofessionelle Teamarbeit in Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation zu identifizieren und dabei zu erfassen, welche Faktoren aus Führungssicht als förderlich oder hinderlich angesehen werden. Am häufigsten wurden Faktoren aufgeführt, die über die Organisation Einfluss auf die interprofessionelle Zusammenarbeit nehmen können. Die Ergebnisse zeigen, dass die Organisation durch die Bereitstellung der notwendigen Rahmenbedingungen in Form von Teambesprechungsstrukturen, personellen und zeitlichen Ressourcen, Weiterbildungsmaßnahmen sowie monetären Anreizsystemen Möglichkeiten der positiven Einflussnahme auf die Umsetzung der interprofessionellen Kooperation hat. Als hinderliche Faktoren werden die teils hohe Arbeitsbelastung (Zeitdruck, hohe Behandlungsfrequenzen, veränderter Schweregrad der Rehabilitanden, großer Administrationsaufwand), unzureichende Bezahlung und unzureichende Zeitkorridore, sich im interprofessionellen Team abzusprechen, gewertet. Entsprechend den Ergebnissen unserer Untersuchung fanden San Martin Rodriguez et al. [42] ebenfalls organisationsbezogene Determinanten als wesentliche Einflussfaktoren auf die interprofessionelle Kooperation. Diese beziehen sich auf Teamstrukturen, Organisationsphilosophie, administrative Unterstützung, Teamressourcen, Kommunikation und Behandlungskoordination. Darüber hinaus sehen Taplin et al. [43] es unter anderem als Aufgabe von Führungspersonen, eine Organisationskultur zu schaffen, die Teamarbeit wertschätzt und die durch Teamtrainings gefördert wird. In Entsprechung zu unseren Ergebnissen weisen San Martin Rodriguez et al. [42] ebenfalls auf die Notwendigkeit von ausreichend Zeit und Freiraum hin, sich in Form von Meetings zu treffen, um Informationen auszutauschen und interpersonale Beziehungen zu entwickeln. Als Förderfaktoren

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hohen Arbeitsbelastung machen sich im Rahmen der Behandlungskoordination bemerkbar, z. B. werden Therapieverordnungen übersehen, die Arzt-Patienten-Kontaktzeiten nehmen ab und es kommt aufgrund nicht ausreichender Zeit der Ärzte zu unzureichenden Absprachen im Behandlungsteam. Im Hinblick auf diesen Themenkomplex äußerte sich eine Führungskraft folgendermaßen: „ … bemerkt, dass dieser Patient eigentlich schon überfällig wäre für eine Einzelkrankengymnastik. Kurz vor Schluss bemerken wir das. Der Arzt verschreibt Nachhaltigkeit schlecht. Mein Gott, das ist natürlich jetzt für den Arzt auf der einen Seite schlecht …, er hat das verschlampert. Jetzt verordnet er noch. Der Patient müsste eigentlich denken: Wo bin ich hier geblieben? Ich hätte das eigentlich schon von Anfang an haben müssen. Er hat es nicht gesehen. Und dafür sensibel zu sein, das fehlt! … [K3_ E12_Z.48]. Über alle Kliniken hinweg werden Schwierigkeiten in der Kooperation einzelner Abteilungen untereinander angeführt und weniger die Kooperationsdefizite auf Individuumsebene.

werden vereinbarte Standards, interprofessionelle Protokolle, vereinheitlichte Dokumentationen und Forumsdiskussionen betrachtet [42]. Diese Befunde decken sich mit den von uns identifizierten Förderfaktoren, die das Vorhandensein von 1. täglichen Stationsteambesprechungen, 2. wöchentlichen interdisziplinären Patientenbesprechungen, 3. Rehabilitanden-Fallbesprechungen oder 4. sozialmedizinischen Besprechungen als förderlich ansehen. Im Vergleich zu den vorliegenden Untersuchungen von San Martin Rodriguez et al. (2005) [42], Choi und Pak (2007) [17], Xyrichis und Lowton (2008) [16] sowie Taplin et al. (2013) [43] wurden in unserer Studie weitere Einflussfaktoren interprofessioneller Kooperation identifiziert, die spezifisch für die medizinische Rehabilitation sind: 1. Konzept zur interprofessionellen Zusammenarbeit, 2. gemeinsam definierte Reha-Ziele aller am Reha-Prozess Beteiligten, 3. Führen von Mitarbeitergesprächen, 4. Einbindung der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse, 5. festgeschriebenes Einarbeitungskonzept für Mitarbeiter, 6. Durchführung von interdisziplinären Fortbildungen und 7. Informations- und Kommunikationstechnologien in Form von elektronischer Patientenakte und computergestützten Dokumentenverwaltungssystemen. Als methodische Limitationen der Studie sind zu nennen, dass die qualitativen Samples bestimmte Verzerrungen aufweisen können. Bei der Auswahl der Probanden kann eine „positive“ Vorselektion von Gesprächspartnern durch die Studienkoordinatoren in den Reha-Kliniken vor Ort nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist denkbar, dass selektiv diejenigen Führungskräfte der mittleren und oberen Führungsebene erreicht wurden, die für die Befragungssituation besonders motiviert und aufgeschlossen waren. Des Weiteren sind gewisse Unterschiede bei der Gesprächsgestaltung der 2 Interviewer im Interviewsetting nicht auszuschließen. Auf eine mögliche Verzerrung der Ergebnisse durch das jeweilige Interesse der befragten Akteure, d. h. einer Positiv-Färbung von Personengruppen in Führungspositionen, ist ebenfalls hinzuweisen. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Studie eignet sich insbesondere die deduktive Kategorienbildung, da eine theoretische Fundierung der Thematik vorlag und somit ein Kategoriensystem vorab erstellt werden konnte. Der Nachteil besteht darin, dass keine neuen Kategorien gebildet werden können, sodass möglicherweise die Darstellung der Komplexität von Themen verloren geht. Die Situation der Reha-Einrichtungen ist gekennzeichnet durch Verweildauerverkürzungen, höhere Rehabilitandenfallzahlen [44], multimorbide Rehabilitanden, Arbeitsverdichtung bei knappen personellen Ressourcen und Schwierigkeiten bei der

Rekrutierung von Personal, insbesondere von Ärzten und Pflegekräften [45]. Vor diesem Hintergrund ist es zum einen eine Notwendigkeit im Sinne des internen Qualitätsmanagements und zum anderen eine zukünftige Herausforderung für die Führungsebene, die beeinflussenden Faktoren interprofessioneller Teamarbeit zu berücksichtigen. Die Verbesserung der Reha-Praxis durch die Berücksichtigung dieser Faktoren kann u. a. durch folgende Maßnahmen erreicht werden: Qualifizierung der Führungsebene durch Weiterbildungsmaßnahmen, stärkere Einbeziehung von Mitarbeitern, Implementierung von Teamentwicklungsmaßnahmen und externe Team- und Organisationsanalysen. Ganz entscheidend wird es darauf ankommen, inwiefern die Führungsebene der interprofessionellen Kooperation durch das Führungsverhalten eine Bedeutung beimisst und die Teamarbeit durch entsprechende Maßnahmen (z. B. Teamentwicklung, Leistungsfeedback ans Team, Coaching für Führungskräfte) fördert.

Kernbotschaft In der Studie konnte gezeigt werden, dass aus Sicht der Führungskräfte insbesondere die organisatorischen Rahmenbedingungen relevante Einflussgrößen für die interprofessionelle Teamarbeit darstellen. Als förderlich werden interdisziplinäre Patientenbesprechungen für die Koordination der Behandlung sowie ein partizipativ ausgerichtetes Management, das insbesondere durch Mitarbeitergespräche, Einarbeitungskonzepte für neue Mitarbeiter und interdisziplinäre Fortbildungen realisiert wird, betrachtet. Barrieren sind neben den inadäquaten organisatorischen Rahmenbedingungen (Zeitdruck, hohe Arbeitsbelastung, unzureichende Bezahlung) eine unzureichende Teamkultur und Kommunikationsbarrieren (unzureichende multilaterale Kommunikation, Schwierigkeiten im Umgang mit den „neuen“ Kommunikationsmedien).

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Ergänzendes Material



Die Literatur und die Tab. 1 und 2 zu diesem Beitrag finden Sie unter www.thieme-connect.de/products.

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