Originalie 163

Facial Disability Index und Facial Clinimetric Evaluation Skala: Validierung der Deutschen Versionen Facial Disability Index and Facial Clinimetric Evaluation Scale: Validation of the German Versions

Institute

Schlüsselwörter ▶ Fazialisparese ● ▶ Lebensqualität ● ▶ patientenorientierte ● Outcomeparameter ▶ soziale Funktion ● ▶ SF-36 ● ▶ House-Brackmann-Skala ● ▶ Stennert-Index ● Key words ▶ facial palsy ● ▶ quality of life ● ▶ patient oriented outcome ● parameter ▶ social function ● ▶ SF-36 ● ▶ House-Brackmann scale ● ▶ Stennert index ●

G. F. Volk1, 2, F. Steigerwald1, 2, P. Vitek1, 2, M. Finkensieper1, 2, H. Kreysa2, 3, O. Guntinas-Lichius1, 2 1

HNO-Klinik, Universitätsklinikum Jena, Jena Fazialis-Nerv-Zentrum, Universitätsklinikum Jena, Jena 3 Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie I, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Jena 2

Zusammenfassung



Hintergrund: Es gibt kein deutschsprachiges validiertes Instrument, um aus Patientensicht die krankheitsspezifische Lebensqualität bei einer Fazialisparese zu beurteilen. Methoden: Die beiden geeigneten englischsprachigen Fragebögen, die Facial Clinimetric Evaluation (FaCE) -Skala und der Facial Disability-Index (FDI) wurden entsprechend internationaler Richtlinien übersetzt und validiert. Die interne Konsistenz der beiden deutschen Versionen wurde untersucht. Die Ergebnisse des FaCE und FDI wurden mit Ergebnissen des SF-36, der House-BrackmannSkala und des Stennert-Index korreliert.

Einleitung



eingereicht 16. Mai 2014 akzeptiert 21. Mai 2014 Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1381999 Online-Publikation: 4.8.2014 Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: 163–168 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0935-8943 Korrespondenzadresse Prof. Orlando Guntinas-Lichius HNO-Klinik Universitätsklinikum der FSU Jena Lessingstraße 2 07740 Jena Orlando.Guntinas@med. uni-jena.de

Die akute und chronische Fazialisparese führt in der Regel einseitig zu einer muskulären mimischen Bewegungsstörung [1]. Zur graduierten Beurteilung der Schwere der Bewegungsstörung liegt eine Reihe von Bewertungsschemata vor, wobei das Ausmaß der Schädigung in der Regel vom behandelnden Arzt eingeschätzt wird. In Deutschland sind v. a. die House-BrackmannSkala und der Stennert-Index weit gebräuchlich [2, 3]. Wie auch andere Skalen erfassen diese beiden Klassifikationsschemata jedoch nicht, wie sich die Fazialisparese auf die Lebensqualität des Patienten auswirkt. Zudem eignen sich diese für den behandelnden Arzt entwickelten Instrumente nicht für eine subjektiv vom Patienten empfundene Selbsteinschätzung seines Gesundheitszustands (Patient-reported outcome; PRO). PROMessmethoden werden in einigen Bereichen der HNO-Heilkunde mit gutem Erfolg eingesetzt. Als Beispiele seien genannt die deutsche Version des Sino-Nasal Outcome Test-20 (SNOT-20) oder auch der Voice Handicap-Index (VHI) in deutscher Sprache [4, 5]. Natürlich kann man die Lebens-

Ergebnisse: 122 Patienten wurden eingeschlossen mit einer medianen Paresedauer von 4,7 Monaten. FaCE und FDI zeigten gute bis sehr gute psychometrische Eigenschaften mit Cronbachs Alpha Werten zwischen 0,667 und 0,907. Beide Fragebögen könnten verschiedene Schweregrade der Parese gut unterscheiden. Die höchste Korrelation zum SF-36 zeigte sich für soziale Funktionsfähigkeit. Diskussion: Die deutschen Versionen des FDI und des FaCE sind psychometrisch valide und sollten zur Untersuchung der krankheitsspezifischen Lebensqualität der Patienten mit Fazialisparese vermehrt eingesetzt werden.

qualität auch mit allgemeinen Lebensqualitätsfragebögen wie dem SF-36 erfassen [6]. Von Vorteil ist hier die Vergleichbarkeit mit anderen Krankheitsbildern. Von Nachteil ist, dass dabei nicht auf die krankheitsspezifischen Aspekte der Lebensqualität eingegangen werden kann. Dies ist bei der Fazialisparese wichtig, da die Parese auch zu einer emotionalen und kommunikativen Störung führen kann, die häufig unterschätzt wird, insbesondere wenn man sich ausschließlich auf die Messung der Bewegungsstörung fokussiert [7]. Am besten geeignet, um diese Aspekte der Fazialisparese also PRO zu erfassen, erscheinen momentan die Facial Clinimetric Evaluation-Skala (FaCE) und der Facial DisabilityIndex (FDI) [8–10], die im Original nur in englischer Fassung vorliegen. Obwohl die Fazialisparese in Deutschland ein wichtiges Gebiet der HNOForschung ist, fehlen validierte deutschsprachige Fragebögen, um die krankheitsspezifische Lebensqualität von Patienten mit Fazialisparese zu erfassen. Daher war es Ziel der vorliegenden Arbeit, eine deutsche Version des FaCE und des FDI an Patienten mit Fazialisparese zu validieren.

Volk GF et al. Facial Disability Index und … Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: 163–168

Heruntergeladen von: Rutgers University. Urheberrechtlich geschützt.

Autoren

164 Originalie



Für die vorliegende prospektive Untersuchung lag ein Ethikvotum der lokalen Ethikkommission des Universitätsklinikums verblindet vor.

Übersetzung der Fragebögen Zunächst wurden die englischen Versionen des FDI und des FaCE entsprechend internationaler Richtlinien ins Deutsche übersetzt [11]. Übersetzer war ein HNO-Arzt mit deutscher Muttersprache und sehr guten Englischkenntnissen. Von einem bilingualen Psychologen wurden beide Versionen verglichen und die deutsche Version angepasst. Diese deutsche Version wurde schließlich von einem weiteren bilingualen Muttersprachler ins Englische zurückübersetzt. Beide Versionen des FDI und FaCE, die Originalversionen und die rückübersetzten Versionen wurden verglichen. Die Stellen, an denen inhaltliche Unterschiede auftraten, wurden diskutiert und verbessert. Der Vorgang wurde wiederholt, bis keine inhaltlichen Unterschiede mehr festgestellt wurden. Die deutschen Versionen des FDI und FaCE sind im Supplement Abb. 1 und 2 (online) dargestellt.

Statistik Wenn nicht anders angegeben, werden die Daten der deskriptiven Statistik in Mittelwert ± Standardabweichung (SD), Median, Spannweite und relative Angaben in Prozent dargestellt. Alle statistischen Berechnungen wurden mit IBM SPSS Statistics (Version 20.0; IBM Inc., USA) vorgenommen. Um die interne Konsistenz der Fragen innerhalb der Domänen der deutschen Version des FDI und des FaCE zu prüfen, wurde der Cronbachs AlphaKoeffizient berechnet. Gemeinhin wird von einer zufriedenstellenden internen Konsistenz gesprochen, wenn Cronbachs Alpha > 0,7 erreicht [12]. Für die Korrelation von FDI und FaCE untereinander und gegenüber der House-Brackmann-Skala, dem Stennert-Index und dem SF-36 wurde Spearmans Rangkorrelationskoeffizienten (Spearmans Rho) berechnet. Gemeinhin wird von einer angemessenen Korrelation bei einem Korrelationskoeffizienten von 0,25– 0,5, von einer moderaten bis guten Korrelation bei 0,51–0,75 und von einer sehr guten Korrelation bei Werten > 0,75 gesprochen [13]. Nominale p-Werte bei 2-seitiger Testung wurden verwendet. Das Signifikanz-Niveau wurde auf p < 0,05 festgelegt.

Ergebnisse Patienten In einer prospektiven Untersuchung wurden die deutschen Versionen des FDI und des FaCE sowie der Lebensqualitätsfragebogen SF-36 zwischen September 2012 und Juli 2013 185 konsekutiven Patienten vorgelegt, die sich mit der Zuweisungs-Diagnose Fazialisparese vorstellten. 63 Patienten mussten ausgeschlossen werden (darunter 56 mehrfach zu verschiedenen Zeitpunkten befragte Patienten [diese wurden nur einmal erfasst], 2 Patienten ohne Fazialisparese und 5 Patienten, für die der SF-36 nicht vorlag). Wenn ein Patient mehrfach, also zu verschiedenen Zeitpunkten befragt worden war, dann wurde der erste Fragebogen verwendet. Im Untersuchungszeitraum wurde die Teilnahme von keinem Patienten abgelehnt. Information zur Krankenvorgeschichte (Ätiologie, Dauer der Parese, Therapie, andere Erkrankungen) wurden aus den Krankenunterlagen entnommen oder direkt vom Patienten erfragt. Die Funktion des betroffenen N. facialis wurde klassifiziert mit der House-Brackmann-Skala und dem Stennert-Index [2, 3].

Fragebögen Neben dem FDI und dem FaCE füllten alle Patienten den SF-36 Fragebogen zur Lebensqualität aus. Der FDI besteht aus 10 Fragen mit Likert-Skalen. Er ist in 2 Domänen eingeteilt: körperliche Funktion (im Original: physical function) und soziale Funktion (social/well-being function). Die Skala zur körperlichen Funktion reicht von -25 (am schlechtesten) bis zu 100 (am besten) und die Skala zur sozialen Funktion von 0 (am schlechtesten) bis 100 (am besten). Die FaCE-Skala besteht aus 15 Fragen mit 5-Punkt-Likert-Skalen. Sie umfassen 6 Domänen: Gesichtsbewegung (facial movement); Wohlfühlen mit dem Gesicht (facial comfort); orale Funktion (oral function); Wohlfühlen mit dem Auge (eye comfort); Tränenfunktion (lacrimal control); Soziale Funktion (social function). Die Werte jeder Domäne werden transformiert in eine Skala von 0 (am schlechtesten) bis 100 (am besten) und zusätzlich ein Gesamtwert (total score) berechnet. Der SF-36 besteht aus 36 Fragen, die 8 Domänen abbilden [6]. Jede Domäne wird ebenfalls in eine Skala transformiert von 0 (am schlechtesten) bis 100 (am besten).

Volk GF et al. Facial Disability Index und … Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: 163–168



Patienten Eine Übersicht über die Charakteristika der 122 Patienten ▶ Tab. 1. Das mittlere Alter lag bei 55 Jahren. Die Geschlechtsgibt ● verteilung war annähernd gleich (44 % Frauen, 56 % Männer). Die Hälfte der Patienten hatte eine idiopathische Fazialisparese. Bei den chronischen Paresen war eine traumatische Ursache (einschließlich postoperativer Paresen) die häufigste Ursache. Die Dauer der Lähmung betrug 0–694 Monate. Da somit akute und chronische Paresen vertreten waren, lag die Spannweite der Schwere der Parese nach House-Brackmann-Skala zwischen I und VI und für den Stennert-Index zwischen 0 und 10. Tab. 1 Patientencharakteristika (N = 122). Parameter Alter (Jahre) Mittelwert ± SD Median (Spannweite) Geschlecht Frauen Männer Dauer der Lähmung (Monate) Mittelwert ± SD Median (Spannweite) Seite rechts links beidseitig Ätiologie idiopathisch traumatisch entzündlich neoplastisch kongenital Varia House-Brackmann Mittelwert ± SD Median (Spannweite) Stennert-Index Mittelwert ± SD Median (Spannweite)

Wert 55,0 ± 17,2 56,3 (8–92,5) 68 (44 %) 54 (56 %) 35,6 ± 98,3 4,7 (0–694) 54 (44 %) 67 (55 %) 1 (1 %) 59 (48 %) 42 (34 %) 13 (11 %) 2 (2 %) 1 (1 %) 5 (4 %) 3,3 ± 1,5 3 (1–6) 4,0 ± 3,2 4 (0–10)

Heruntergeladen von: Rutgers University. Urheberrechtlich geschützt.

Methodik

Originalie 165

Spannweite

FDI Körperliche Funktion Soziale Funktion FaCE Gesichtsbewegung Wohlfühlen in dem Gesicht orale Funktion Wohlfühlen mit dem Auge Tränenfunktion soziale Funktion Gesamtwert

Mittelwert

Median

SD

25–100 0–100

69,3 73,9

70,0 78,0

20,6 20,3

0 1 (1 %)

0–100 0–100 0–100 0–100 0–100 0–100 8,3–100

51,8 63,0 75,4 56,1 61,7 78,3 65,3

50,0 66,7 75,0 50,0 75,0 87,5 68,3

30,7 28,4 25,9 33,6 33,3 26,5 22,2

7 (6 %) 3 (3 %) 4 (3 %) 7 (6 %) 14 (12 %) 3 (3 %) 0

Tab. 3 Interne Konsistenz der Skalen des FDI und des FaCE. Test FDI körperliche Funktion soziale Funktion FaCE Gesichtsbewegung Wohlfühlen in dem Gesicht orale Funktion Wohlfühlen mit dem Auge Tränenfunktion soziale Funktion Gesamtwert

Cronbachs Alpha

95 %-KI

0,866 0,835

0,824 0,782

0,900 0,879

0,837 0,848 0,759 0,667 ND 0,886 0,907

0,773 0,793 0,654 0,518

0,886 0,891 0,833 0,770

0,848 0,876

0,917 0,933

ND = Nicht durchführbar, da diese Domäne nur aus einer Frage besteht

Tab. 4 Korrelation zwischen FDI und FaCE zum Grading nach House-Brackmann und nach dem Stennert-Index. Test FDI körperliche Funktion soziale Funktion FaCE Gesichtsbewegung Wohlfühlen mit dem Gesicht orale Funktion Wohlfühlen mit dem Auge Tränenfunktion soziale Funktion Gesamtwert

House-Brackmann

Stennert-Index

rho

rho

p

p

− 0,226 − 0,200

0,015 0,031

−0,222 −0,089

0,014 0,331

− 0,686 − 0,316

< 0,0001 0,001

−0,561 −0,261

< 0,0001 0,004

− 0,391 − 0,533 − 0,340 − 0,470 − 0,613

< 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001

−0,365 −0,514 −0,371 −0,436 −0,542

< 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001

FDI und FaCE ▶ Tab. 2 findet sich eine Übersicht über die FDI- und FaCEIn ● Werte der Patienten. Die schlechtesten Ergebnisse im Sinne des Schweregrads wurden beim FDI in der Domäne körperliche Funktion und beim FaCE in der Domäne Gesichtsbewegung gemessen. Die besten Ergebnisse wurden in beiden Fragebögen in der Domäne soziale Funktion erreicht. Beim FaCE war in den Domänen orale Funktion, Wohlfühlen mit dem Auge und Tränenfunktion ein deutlicher Deckeneffekt zu erkennen. Die Prüfung ▶ Tab. 3 wiedergegeben. Für den der internen Konsistenz ist in ● FDI lag Cronbachs Alpha zwischen 0,866 und 0,835 und für den FaCE zwischen 0,667 und 0,907. Ein Wert unter 0,7 wurde nur in der Domäne Wohlfühlen mit dem Auge (0,667) erreicht. ▶ Tab. 4 ist die Korrelation des FDI und des FaCE zur HouseIn ● Brackmann-Skala und zum Stennert-Index zusammengefasst.

Bodeneffekt

Deckeneffekt

Tab. 2 Übersicht über die FDIund FaCE-Ergebnisse.

11 (9 %) 10 (8 %) 12 (10 %) 17 (14 %) 40 (33 %) 27 (22 %) 35 (28,7) 1 (1 %) 2 (2 %)

▶ Abb. 1 a–d die Korrelation des Darüber hinaus stellen die ● FaCE-Gesamtscores (FaCE, total) zur House-Brackmann-Skala und zum Stennert-Index dar. Der Stennert-Index zur Bewertung der Gesichtsbewegung korreliert hier besser mit FaCE-GesamtScore als der Ruhe- oder der Gesamtindex. Prinzipiell korrelierten höhergradige Paresen nach der House-Brackmann-Skala oder dem Stennert-Index mit schlechteren Werten im FDI oder FaCE. Die Korrelationen waren für den FDI niedriger als für den FaCE, insgesamt lagen sie für den FDI bei rho = − 0,089 bis rho = − 0,226 und beim FaCE bei rho = − 0,261 bis rho = − 0,686 ▶ Tab. 4). Die (bis auf eine Korrelation war immer p < 0,05; vgl. ● ▶ Tab. 5 erKorrelation des FaCE zum FDI untereinander ist in ● fasst. Die Korrelation der beiden FDI-Domänen zu den einzelnen Domänen des FaCE ist sehr variabel von rho = 0,232 bis rho = 0,633 (alle p < 0,0001). Die Ergebnisse der Lebensqualitätsmessung mit dem SF-36 sind ▶ Tab. 6 zeigt die Korrelaim Anhang Tab. 1 zusammengestellt. ● tion zwischen den Subskalen des SF-36 und dem FaCE bzw. dem FDI. Die beste Korrelation der Domäne körperliche Funktion des FDI bestand zur SF-36 Subskala soziale Funktionsfähigkeit mit rho = 0,405 (p < 0,0001). Die Domäne soziale Funktion korrelierte am besten mit der SF-36 Subskala psychisches Wohlbefinden mit rho = 0,666 (p < 0,0001). Beim FaCE zeigten die Domäne soziale Funktion und der Gesamtwert die beste Korrelation zum SF36 und zwar zur SF-36 Subskala soziale Funktionsfähigkeit (rho = 0,555; p < 0,0001) bzw. zum psychischen Wohlbefinden (rho = 0,585; p < 0,0001).

Diskussion



In der vorliegen Studie konnte gezeigt werden, dass sowohl der FDI als auch der FaCE nach validierter Übersetzung ins Deutsche eine gute bis sehr gute interne Konsistenz aufwiesen, wie dies auch für die englischsprachigen Originalfragebögen beschrieben ist [8, 9]. Schwierigkeiten bei der Übersetzung aufgrund von kulturellen Unterschieden lagen nicht vor. Die Patienten hatten keine Schwierigkeiten die einzelnen Fragen im Deutschen eindeutig zu verstehen. Weltweit wird eine Vielzahl von Schemata zur Beschreibung und Klassifikation der Lähmung der Gesichtsmuskulatur verwendet. Neben der in dieser Arbeit verwendeten House-Brackmann-Skala und dem Stennert-Index sind z. B die SunnybrookSkala oder das facial grading system 2,0 zu nennen [14, 15]. Dagegen liegen nur 3 validierte Instrumente zur Einschätzung der Lebensqualität durch den Patienten selbst vor [10]: Neben einem Fragebogen zur Evaluierung der Effektivität einer Botulinumtoxin-Therapie bei Patienten mit Fazialis-Defektheilung [16] sind Volk GF et al. Facial Disability Index und … Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: 163–168

Heruntergeladen von: Rutgers University. Urheberrechtlich geschützt.

Test

0,358 0,431 0,633 0,425 0,367 0,475 0,578

< 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001

rho 0,403 0,480 0,376 0,330 0,232 0,608 0,598

p < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001 < 0,0001

Volk GF et al. Facial Disability Index und … Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: 163–168

< 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 0,386 0,478 0,349 0,441 0,399 0,513 0,585 0,024 < 0,001 0,002 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 0,226 0,344 0,288 0,398 0,443 0,370 0,432 0,011 < 0,001 < 0,001 < 0,001 0,007 < 0,001 < 0,001

Heruntergeladen von: Rutgers University. Urheberrechtlich geschützt.

0,250 0,368 0,402 0,361 0,248 0,555 0,512 0,130 < 0,001 < 0,001 < 0,001 0,008 < 0,001 < 0,001 0,151 0,345 0,348 0,336 0,248 0,323 0,377 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 0,312 0,393 0,373 0,435 0,331 0,332 0,488 0,239 < 0,001 < 0,001 < 0,001 0,002 0,129 0,001 0,118 0,387 0,325 0,345 0,293 0,143 0,306 0,066 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 0,005 0,005 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 0,275 0,261 0,372 0,503 0,341 0,387 0,468

0,183 0,351 0,364 0,453 0,348 0,392 0,441

< 0,001 < 0,001 0,331 0,666 0,001 < 0,001 0,315 0,471 < 0,001 < 0,001 0,405 0,653 0,001 < 0,001 0,301 0,543 < 0,001 < 0,001 0,390 0,451 < 0,001 0,002 0,386 0,277 < 0,001 < 0,001 0,346 0,475 < 0,001 < 0,001

p

Wohlbefinden

rho p rho p rho p rho p rho p p

p rho

rho

SF-36 Emotionale

Rollenfunktion Funktionsfähigkeit

SF-36 Soziale SF-36 Vitalität SF-36 Allg. Gesund-

heitswahrnehmung Schmerzen

SF-36 Körperliche

rho

0,346 0,461

FDI körperliche Funktion soziale Funktion FaCE Gesichtsbewegung Wohlfühlen im Gesicht orale Funktion Wohlfühlen mit dem Auge Tränenfunktion soziale Funktion Gesamtwert

FaCE Gesichtsbewegung Wohlfühlen im Gesicht orale Funktion Wohlfühlen mit dem Auge Tränenfunktion soziale Funktion Gesamtwert

p

Rollenfunktion

Funktion

rho

SF-36 Körperliche

FDI Soziale

Funktion

Funktionsfähigkeit

FDI Körperliche

SF-36 Körperliche

Test

Test

Tab. 5 Korrelation zwischen FaCE und FDI.

Tab. 6 Korrelation zwischen FDI und FaCE zum der Lebensqualität gemessen mit dem SF-36.

dies eben nur der FaCE und FDI. Aus diesem Grund wurden der FaCE und FDI unlängst als spanische, als schwedische Version und ganz aktuell der FDI im Italienischen validiert [17–19]. Die deutsche Versionen des FaCE und des FDI zeigten (mit Ausnahme der FaCE-Domäne Wohlfühlen mit dem Auge) eine gute bis sehr gute interne Validität. Für den FDI lag Cronbachs Alpha zwischen 0,866 und 0,835 und für den FaCE zwischen 0,667 und 0,907. Bei den schwedischen Versionen lagen die Werte zwischen 0,76 und 0,92, wobei hier nur Patienten mit einer Paresedauer von mehr als 4 Monaten betrachtet wurden, also der Schwerpunkt auf schweren Paresen lag [18]. Die spanische Version des FDI erzielte Werte für Cronbachs Alpha für die körperliche Funktion von 0,77 und von 0,82 für die soziale Funktion [17]. Somit lagen die Werte für die deutschen Versionen in etwa im selben Bereich wie bei diesen beiden anderssprachigen Versionen. Die Korrelation zum Grading nach House-Brackmann oder zum Stennert-Index war für den FDI deutlich schlechter als für den FaCE. Das zeigte sich auch bei den schwedischen Versionen [18]. Interessanterweise ist die Korrelation des FaCE zur HouseBrackmann-Skala in der deutschen Version sogar besser als für die Originalversion beschrieben [8]. Letztendlich erscheint uns das jedoch nicht als wesentlich, da es die vorrangige Aufgabe der Fragebögen sein soll, eben auch andere Folgen der Parese jenseits der motorischen Störung zu beschreiben. Dazu passt, dass wie auch von den schwedischen Kollegen beobachtet, beim FDI die Korrelation der Domäne Körperliche Funktion zur HouseBrackmann-Skala und zum Stennert-Index deutlich höher ist als für die Domäne soziale Funktion. Die Stärke beider Fragebögen liegt genau in dieser vom Patienten selbst einzuschätzenden Veränderung der Lebensqualität jenseits der motorischen Störung. Dies zeigt auch die Korrelation von FDI und FaCE untereinander: diese ist bei den Parametern fern der organischen Störung wesentlich besser als bei den Parametern, die primär auf eine organische Funktion (Bewegung, Tränen, orale Funktion) zielen. Die hohe Korrelation der FDI-Domäne soziale Funktion und der FaCE-Domäne soziale Funktion sowie des FaCE-Gesamtscores zur SF-36 Subskala soziale Funktionsfähigkeit und zur SF-36 Subskala psychisches Wohlbefinden bestätigt nochmals, dass insbesondere diese Aspekte, soziale Funktion und psychische Beeinträchtigung, durch FDI und FaCE gut abgebildet werden. Auch wird wieder deutlich, dass die Schwere der motorischen Störung nicht direkt mit der Schwere der sozialen, emotionalen und psychischen Beeinträchtigung korrelieren muss. Zwar ▶ Abb. 1 deutlich, dass in einer großen Stichprobe macht gerade ● mit zunehmender motorischer Störung häufig auch stärkere andere Beeinträchtigungen zu beobachten sind. Doch kann im

SF-36 Psychisches

166 Originalie

Originalie 167

Abb. 1 Punkt-Diagramme zur Korrelation des FaCE-Scores, Gesamtwert (total) gegen den House-Brackmann Score a, den Stennert-Index, Gesamtwert b, Stennert-Index in Ruhe c, StennertIndex zur Bewegung d, FDI, körperliche Funktion e, FDI, soziale Funktion f, SF-36, Allgemeine Gesundheitswahrnehmung g und SF-36, psychisches Wohlbefinden.

b 100

100

90

90

80

80

70

70

FaCE-Score, total

60 50 40 30

60 50 40 30

20

20

10

10 0

0 1

2

3

4

5

6

0

1

2

House-Brackmann-Score 100

90

90

80

80

70

70

FaCE-Score, total

FaCE-Score, total

5

6

7

8

9

10

d 100

60 50 40 30

60 50 40 30

20

20

10

10

0

0 0

1

2

3

4

0

1

2

Stennert-Index, Ruhe

3

4

5

6

Stennert-Index, Bewegung

e

f 100

100

90

90

80

80

70

70

FaCE-Score, total

FaCE-Score, total

4

Stennert-Index, total

c

60 50 40 30

60 50 40 30

20

20

10

10 0

0 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90 100

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90 100

80

90 100

FDI soziale Funktion

FDI körperliche Funktion

g

h 100

100

90

90

80

80

70

70

FaCE-Score, total

FaCE-Score, total

3

60 50 40 30

60 50 40 30

20

20

10

10 0

0 0

10

20

30

40

50

60

70

80

SF-36 allg. Gesundheitswahrnehmung

90 100

0

10

20

30

40

50

60

70

SF-36 psyschisches Wohlbefinden

Einzelfall eine leichte Fazialisparese z. B. zu einer erheblichen psychischen Belastung führen oder umgekehrt eine schwere motorische Störung im Einzelfall nur zu geringen anderen Beschwerden. Dies wurde bereits in 3 unabhängigen Studien für Patienten mit Fazialisparese nach Vestibularis-Schwannom Chirurgie oder auch bei Bell-Parese gezeigt [20, 21]. Die Hauptaufgabe der vorliegenden Arbeit war die Validierung der deutschen Versionen des FDI und des FaCE. Dies erscheint uns gelungen. Wichtig erscheint uns nun, dass die Fragebögen auch im deutschsprachigen Raum bei Patienten mit Fazialisparese eingesetzt werden. In anderen Bereichen der HNO-Heilkunde sind PRO-Messmethoden ganz selbstverständlich: z. B. ist der VHI als Outcome-Parameter in der Phonochirurgie nicht mehr

wegzudenken [4, 5]. Eine aktuelle Umfrage in den USA zeigt, dass bei Fazialisparese zwar über 95 % der HNO-Ärzte ein Grading der motorischen Störung, z. B. nach House-Brackmann, vornehmen, aber nur etwa die Hälfte auch PRO-Fragenbögen verwenden [22]. Es wäre wünschenswert, wenn im deutschsprachigen Raum zumindest derartige Werte schnell erreicht werden. Ein nächster Schritt ist eine Betrachtung der vorliegenden Stichprobe und neuer Patienten in der Tiefe: Was sind Parameter jenseits der motorischen Störung, die Einfluss auf die FaCE und FDI Werte nehmen? Wie verändern sich die FaCE-FDI-Werte unter Therapie? Dies wird dann auch zeigen, in welchen Bereichen der eine und wo der andere Fragebogen besser geeignet ist. Vorerst werden wir daher weiter beide Fragebögen einsetzen. Volk GF et al. Facial Disability Index und … Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: 163–168

Heruntergeladen von: Rutgers University. Urheberrechtlich geschützt.

FaCE-Score, total

a

Danksagung



Wir danken Dr. Dipl.-Ing. Jennifer Essig für ihre Unterstützung und Geduld beim Übersetzen der Fragebögen. Wir danken ferner Wiley Global Permissions (Wiley, New Jersey) für die Erlaubnis den FaCE und Jessie VanSwearingen für die Erlaubnis den FDI zu übersetzen.

Abstract

Facial Disability Index and Facial Clinimetric Evaluation Scale: Validation of the German Versions



Background: A validated instrument to measure patient-related outcome and quality of life in facial palsy is not available in German language. Methods: 2 appropriate questionnaires, the Facial Clinimetric Evaluation (FaCE) scale and the Facial Disability Index (FDI) were translated and validated according to international guidelines. The internal consistency of both German versions was assessed. The results of FaCE and FDI were correlated with results of the SF-36, the House-Brackmann scale and the Stennert index. Results: 122 facial palsy patients with a median duration of 4.7 months were included. FaCE and FDI showed good to very good psychometric characteristics with Cronbach’s alpha values between 0.667 and 0.907. Both questionnaires were able to distinguish different degrees of facial palsy. The comparison to the SF-36 shows the highest correlation with the subscale social function. Discussion: The German versions of the FDI and FaCE are valid and should now be applied more frequently to assess the disease-specific quality of life in patients with facial palsy. Interessenkonflikt: Kein Interessenkonflikt angegeben. Literatur 1 Finkensieper M, Volk GF, Guntinas-Lichius O. Facial nerve disorders. Laryngo-rhinootol 2012; 91: 121–141 quiz 142 2 House JW, Brackmann DE. Facial nerve grading system. Otolaryngol Head Neck Surg 1985; 93: 146–147 3 Stennert E, Limberg CH, Frentrup KP. An index for paresis and defective healing – an easily applied method for objectively determining therapeutic results in facial paresis (author’s transl). HNO 1977; 25: 238–245 4 Baumann I, Plinkert PK, De Maddalena H. Development of a grading scale for the Sino-Nasal Outcome Test-20 German Adapted Version (SNOT-20 GAV). Hno 2008; 56: 784–788 5 Nawka T, Wiesmann U, Gonnermann U. Validation of the German version of the Voice Handicap Index. HNO 2003; 51: 921–930 6 Bullinger M, Kirchberger I. SF-36 Fragebogen zum Gesundheitszustand. Göttingen: Hogrefe, 1998 7 Dobel C, Miltner WH, Witte OW et al. Emotional impact of facial palsy. Laryngorhinootol 2013; 92: 9–23 8 Kahn JB, Gliklich RE, Boyev KP et al. Validation of a patient-graded instrument for facial nerve paralysis: the FaCE scale. Laryngoscope 2001; 111: 387–398 9 VanSwearingen JM, Brach JS. The Facial Disability Index: reliability and validity of a disability assessment instrument for disorders of the facial neuromuscular system. Phys Ther 1996; 76: 1288–1298 Discussion 1298–1300 10 Ho AL, Scott AM, Klassen AF et al. Measuring quality of life and patient satisfaction in facial paralysis patients: a systematic review of patientreported outcome measures. Plast Reconstruct Surg 2012; 130: 91–99 11 Guillemin F, Bombardier C, Beaton D. Cross-cultural adaptation of health-related quality of life measures: literature review and proposed guidelines. J Clin Epidemiol 1993; 46: 1417–1432

Volk GF et al. Facial Disability Index und … Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: 163–168

12 Deyo RA, Diehr P, Patrick DL. Reproducibility and responsiveness of health status measures. Statistics and strategies for evaluation. Control Clin Trials 1991; 12: 142 S–158 S 13 Matthews DE, Farewell VT. Using and understanding medical statistics. Basel: Karger, 1996 14 Ross BG, Fradet G, Nedzelski JM. Development of a sensitive clinical facial grading system. Otolaryngol Head Neck Surg 1996; 114: 380–386 15 Vrabec JT, Backous DD, Djalilian HR et al. Facial Nerve Grading System 2.0. Otolaryngol Head Neck Surg 2009; 140: 445–450 16 Borodic G, Bartley M, Slattery W et al. Botulinum toxin for aberrant facial nerve regeneration: double-blind, placebo-controlled trial using subjective endpoints. Plast Reconstruct Surg 2005; 116: 36–43 17 Gonzalez-Cardero E, Infante-Cossio P, Cayuela A et al. Facial disability index (FDI): adaptation to Spanish, reliability and validity. Medicina oral, patologia oral y cirugia bucal 2012; 17: e1006–e1012 18 Marsk E, Hammarstedt-Nordenvall L, Engstrom M et al. Validation of a Swedish version of the Facial Disability Index (FDI) and the Facial Clinimetric Evaluation (FaCE) scale. Acta Otolaryngol 2013; 133: 662–669 19 Pavese C, Cecini M, Camerino N et al. Functional and Social Limitations After Facial Palsy: Expanded and Independent Validation of the Facial Disability Index Among Italian Patients. Phys Ther 2014, epub ehead of print; doi:10.2522/ptj.20130254 20 Cross T, Sheard CE, Garrud P et al. Impact of facial paralysis on patients with acoustic neuroma. Laryngoscope 2000; 110: 1539–1542 21 Lee J, Fung K, Lownie SP et al. Assessing impairment and disability of facial paralysis in patients with vestibular schwannoma. Arch Otolaryngol Head Neck Surg 2007; 133: 56–60 22 Fattah AY, Gavilan J, Hadlock TA et al. Survey of methods of facial palsy documentation in use by members of the Sir Charles Bell Society. Laryngoscope 2014, epub ehaed of print doi:10.1002/lary.24636

Anhang



Tab. S1 Ergebnisse des SF-36 zur Lebensqualität. SF-36

Spannweite Mittelwert

Median SD

Körperliche Funktionsfähigkeit Körperliche Rollenfunktion Körperliche Schmerzen Allg. Gesundheitswahrnehmung Vitalität Soziale Funktionsfähigkeit Emotionale Rollenfunktion Psychisches Wohlbefinden

5–100 0–100 0–100 15–100 10–100 0–100 0–100 8–100

90,0 100,0 74,0 58,8 55,0 87,5 100 68,0

79,0 68,1 72,5 59,1 54,9 77,3 71,3 66,7

24,3 40,0 27,8 19,8 20,8 26,3 39,6 20,4

Heruntergeladen von: Rutgers University. Urheberrechtlich geschützt.

168 Originalie

[Facial Disability Index and Facial Clinimetric Evaluation Scale: validation of the German versions].

A validated instrument to measure patient-related outcome and quality of life in facial palsy is not available in German language...
299KB Sizes 0 Downloads 5 Views