Explosionstrauma in der Mundhöhle durch Lithiumbatterie Falldarstellung



Es erfolgte eine notfallmässige Zuweisung eines 47-jährigen Automechanikers nach enoralem Explosionstrauma. Bei einer Autoreparatur hielt er eine LED-Anhängertaschenlampe zwischen den Zähnen. Dabei kam es zur Explosion der Taschenlampen-Batterie in der Mundhöhle. Bei der Erstuntersuchung war der Patient wach, allseits orientiert, und kardio-pulmonal kompensiert. Er wies keinen Stridor auf. In der Mundhöhle zeigte sich eine Läsion im vorderen Drittel der Zunge ▶ Abb. 1). mit leichter Sickerblutung (● Zungenmotorik, Sensibilität und Geschmacksempfindung waren erhalten. Fiberendoskopisch war ein MetallFremdkörper im Zungengrund zu sehen. Hypopharynx und Larynx waren unauffällig. Bei unklarem Metall-Fremdkörper im Zungengrund wurde ein konventionell-

Abb. 1 Zunge mit vorderer Perforationsstelle.

Abb. 2 Röntgenbild Hals lateral zeigt Taschenlampe in Zungengrund.

radiologisches Röntgenbild in 2 Ebenen ▶ Abb. 2). angefertigt (●

Therapie und Verlauf



Der Patient wurde notfallmäßig in den Operationssaal gebracht. Bei erschwerter Intubation erfolgte eine Wach-Tracheotomie. Das in der Zunge feststeckende Batteriegehäuse der Anhängertaschenlampe konnte problemlos durch die anteriore Perforationsstelle entfernt werden. Danach folgte die Blutstillung und Wundbehandlung. Postoperativ erfolgte eine komplikationslose Überwachung auf der Intensivmedizinischen Station während 24 Stunden. Peri- und postoperativ erhielt der Patient eine Antibiotikaprophylaxe mit Amoxicillin/Clavulansäure, während insgesamt 14 Tagen, bis zur gesicherten Wundheilung. Nach Rücksprache mit dem schweizerischen toxikologischen Institut erfolgte zusätzlich eine Lithium-Spiegel-Bestimmung im Blut, wobei keine erhöhten Lithium-Konzentrationen nachgewiesen werden konnten. Die Computertomografie (CT) von Schädel und Hals, die nach der FremdkörperEntfernung durchgeführt wurde, zeigte eine nicht-dislozierte vordere Atlasbogenfraktur paramedian rechts welche durch das Einschlagen des Batteriegehäu▶ Abb. 3). In der ses verursacht wurde (● ergänzenden Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) der Halswirbelsäule wurde der Bandapparat als intakt und die Fraktur als stabil beurteilt. Ein konservatives Vorgehen erfolgte gemäß Empfehlungen der Neurochirurgie. 12 Tage postoperativ erfolgte ein operativer Tracheostoma-Verschluss. In der kli-

Abb. 3 Vordere Atlasbogenfraktur in CT; Pfeil zeigt Frakturlinie.

nischen Verlaufskontrolle 3 Wochen postoperativ zeigten sich reizlose Narben ▶ Abb. 4) und Hals. Der Patient an Zunge (● war beschwerdefrei. Es folgten polizeiliche Untersuchungen bzgl. des Unfallhergangs. Eine Strafanzeige gegen den Batterie-Hersteller wurde nicht erstattet. Der Patient verzichtete darauf nach eigenen Angaben, zumal er die nicht-aufladbaren Batterien mehrfach in ein Ladegerät eingelegt hatte trotz entsprechenden expliziten Beschriftungen bzw. Warnhinweisen. In der medizinischen Literatur gibt es wenige Fallbeispiele von Verletzungen durch Batterie-Explosionen. Ein weiterer Fall, mit Gesichtsverletzungen bei Explosion einer Autobatterie (Akinbade AO et al. A rare case of orofacial blast injuries caused by explosion of dry cell batteries in a 12-year-old Nigerian. Niger J Med. 2011; 20: 279–281) sowie ein Fall mit Explosion einer Quecksilber-Zink-Batterie eines Herzschrittmachers (Ruiz-Santana S. et al. Sudden pain on pacemaker pocket followed by explosion in a patient with a permanent pacemaker. Chest 1987; 91: 467–468) wurde publiziert. Schwere lebensbedrohliche Verletzungen können durch alltägliche Gegenstände wie in diesem Fallbeispiel durch eine 3-Volt-Lithium-Batterie verursacht werden. Nebst der Sicherung der Vitalfunktionen ist eine rasche chirurgische Fremdkörperentfernung und Wundbehandlung für eine folgenlose Abheilung wichtig. Zur Fremdkörperlokalisation ist ein konventionelles Röntgenbild hilfreich und schnell durchführbar. Es stellt sich retrospektiv die Frage, ob in diesem Fall das CT vor der Fremdkörperentfernung hätte erfolgen müssen. Der Patient war jedoch initial bezüglich der Atlasbogenfraktur asymptomatisch und die klinische Untersuchung, welche durch den Traumatologen durchgeführt wurde, ergab keine Hinweise auf vorliegende Fraktur. Zudem

Abb. 4 Klinische Verlaufskontrolle nach 3 Wochen.

Müller F, Schlegel M. Explosionstrauma in der Mundhöhle … Laryngo-Rhino-Otol 2014; 93: 258–259 ∙ DOI 10.1055/s-0033-1361171

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258 Der interessante Fall

Der interessante Fall/Buchbesprechung 259 Fazit



Der vorgestellte Fall einer Batterieexplosion zeigt, dass es ohne weiteres zu folgenschweren Unfällen im Haushalts- und Arbeitsumfeld kommen kann. Wir zeigen mit diesem Beispiel eine mögliche Abfolge diagnostischer und therapeutischer Schritte auf. Nebst der Sicherung der Vitalfunktionen sowie der oberen Atemwege ist eine ra-

sche chirurgische Fremdkörperentfernung und Wundbehandlung für eine folgenlose Abheilung wichtig.

Interessenkonflikt: Kein Interessenkonflikt angegeben. F. Müller, M. Schlegel; Aarau, Switzerland

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ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass die Fraktur im CT durch Überstrahlungsartefakte, welche im Allgemeinen durch Metallfremdkörper entstehen, nicht diagnostiziert worden wäre. Die Tracheotomie war in diesem Fall erforderlich, um bei einer postoperativen Zungenschwellung sowie bestehender Nachblutungsgefahr die Atemwege zu schützen.

Müller F, Schlegel M. Explosionstrauma in der Mundhöhle … Laryngo-Rhino-Otol 2014; 93: 258–259 ∙ DOI 10.1055/s-0033-1361171

[Explosive trauma in the buccal cavity].

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