Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2014) 108, 560—568

Online verfügbar unter www.sciencedirect.com

ScienceDirect journal homepage: http://www.elsevier.com/locate/zefq

SCHWERPUNKT

Erfahrungen mit Leitliniensynopsen am Beispiel der Synopsen für Disease-Management-Programme (DMP) Experiences with synopses of clinical guidelines using the example of synopses for Disease Management Programmes (DMP) Ulrich Siering, Alric Rüther ∗ Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland Eingegangen/submitted 5. September 2014; überarbeitet/revised 24. Oktober 2014; akzeptiert/accepted 27. Oktober 2014

SCHLÜSSELWÖRTER Leitlinie; Leitliniensynopse; Disease Management Programme (DMP); Versorgungsforschung



Zusammenfassung Leitliniensynopsen, die systematische Synthese klinischer Leitlinien, werden in Deutschland als Grundlage für Disease-Management-Programme genutzt. Zu den Aufgaben des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gehört die Erstellung von Leitliniensynopsen für DMP. Der Artikel berichtet über die Erfahrungen mit dieser Methodik. Methoden: Für Leitliniensynopsen werden systematisch evidenzbasierte Leitlinien recherchiert, deren Empfehlungen extrahiert und synthetisiert. Parallel erfolgt eine Bewertung der Leitlinienqualität mit AGREE. Aktualisierungs- beziehungsweise Ergänzungsbedarf für ein DMP wird anhand des Grade of Recommendation (GoR) beziehungsweise alternativ dem Level of Evidence (LoE) begründet. Erfahrungen: Seit 2006 hat das IQWiG in 12 Leitliniensynopsen für DMP Empfehlungen aus 256 evidenzbasierten Leitlinien synthetisiert. Die Ergebnisse werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Aktualisierung der DMP genutzt. Am Beispiel der 12 Synopsen wurden mehrere Untersuchungen durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass eine Leitlinienrecherche in Leitliniendatenbanken ausreichend ist und auf eine Recherche in bibliografischen Datenbanken verzichtet werden kann. Des Weiteren haben Untersuchungen ergeben, dass ein großer Anteil der Empfehlungen in evidenzbasierten Leitlinien nicht eindeutig mit einem GoR oder LoE verknüpft ist. Sind GoR und LoE angegeben, verweisen nur ca. 42% der Empfehlungen mit starkem GoR auch auf einen starken LoE. Ebenso wurde gezeigt, dass nur 21% der untersuchten Leitlinienersteller Angaben zum Umgang mit unpublizierten Daten machen. Die Bewertung der methodischen Qualität über alle erstellten Synopsen lässt bei durchgängig mittleren bis hohen Werten den Rückschluss auf eine grundsätzlich akzeptable aber verbesserungswürdige Leitlinienqualität zu.

Korrespondenzadresse: Dr. med. Alric Rüther, Ressortleiter, Ressort Versorgungsqualität Internationale Beziehungen, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Im Mediapark 8, 50670 Köln, Deutschland. Tel.: +49 (0)221 356 85-501; Fax: +49 (0)221 356 85-901. E-Mail: [email protected] (A. Rüther).

http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2014.10.027 1865-9217/

Erfahrungen mit Leitliniensynopsen am Beispiel der Synopsen für Disease-Management-Programme (DMP)

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Ausblick: Die Leitliniensynopse ist ein etabliertes Werkzeug zur Identifikation des Versorgungsstandards als Basis für die Erstellung und Aktualisierung von DMP. Die methodische Weiterentwicklung insbesondere in Zusammenarbeit mit Leitlinienerstellern erscheint sinnvoll. Es ist zu prüfen, ob sich Leitliniensynopsen nicht nur für die Entwicklung von Leitlinien und DMP, sondern auch für andere Versorgungsfragestellungen eignen.

KEYWORDS Clinical practice guideline; guideline synopsis; Disease Management Programmes (DMPs); health services research

Summary Guideline synopses, i.e. the systematic synthesis of clinical practice guidelines, are used as a basis for Disease Management Programmes (DMPs) in Germany. One of the responsibilities of the German Institute for Quality and Efficiency in Health Care (IQWiG) is the preparation of guideline synopses for DMPs. The article describes the experiences with this methodology. Methods: For the preparation of guideline synopses, a systematic search for evidence-based guidelines is conducted, and their recommendations are extracted and synthesised. In parallel, the quality of the guidelines is assessed using the AGREE instrument. The need for updating or supplementing a DMP is justified by means of the Grade of Recommendation (GoR) or, alternatively, the Level of Evidence (LoE). Experiences: Since 2006 IQWiG has synthesised recommendations from 256 evidence-based guidelines in 12 guideline synopses for DMPs. The results are then used by the Federal Joint Committee (G-BA) to update DMPs. Using the example of the 12 synopses, several analyses were conducted. It was determined that a search for guidelines in guideline databases is sufficient and that a search in bibliographic databases can be dispensed with. Furthermore, the analyses showed that a large proportion of recommendations in evidence-based guidelines are not clearly linked to a GoR or LoE. If GoR and LoE are provided, only about 42 % of recommendations with a strong GoR also refer to a strong LoE. It was also shown that only 21 % of the analysed guideline providers supplied information on the handling of unpublished data. With consistent average to high values, the assessment of the methodological quality across all of the prepared synopses allows for the conclusion of a basically acceptable guideline quality, but with a need for improvement. Outlook: A guideline synopsis is an established tool for identifying health care standards as a basis for developing and updating DMPs. Further methodological development, particularly in collaboration with guideline providers, appears to be reasonable. It should be examined whether guideline synopses are suitable not only for guideline and DMP development, but also for other health care issues.

Hintergrund Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer sowie Patientinnen und Patienten zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie haben zum Ziel, die Patientenversorgung zu verbessern. Ihren Empfehlungen soll eine systematische Überprüfung der Evidenz und eine Bewertung des Nutzens und Schadens der alternativen Behandlungsoptionen zugrunde liegen [1,2]. Leitlinien beschreiben die Vorgehensweise bei bestimmten gesundheitsrelevanten Fragestellungen in einem spezifischen Versorgungskontext. Dies kann sich auf alle Bereiche der Versorgungskette beziehen, sei es Prävention, Diagnostik, Therapie, Rehabilitation oder Nachsorge. Leitlinien beruhen nicht nur auf dem aktuellen medizinischen Wissensstand. Darüber hinaus gehen normative Erwartungen der Leitlinienanwender und Patienten sowie die besonderen Bedingungen in einem spezifischen Versorgungskontext in die Leitlinienempfehlungen ein [3]. Wenn Leitlinien sorgfältig erstellt wurden, können sie komplexe Forschungsergebnisse in Empfehlungen für klinische Entscheidungen durch Kliniker und Patienten übersetzen [4—7]. Verschiedene Übersichtsarbeiten berichten, dass über Leitlinien eine Veränderung der Versorgung erreicht werden kann [8—11].

National und international werden nicht nur einzelne Leitlinien sondern auch Zusammenstellungen von Leitlinien zu identischen Themengebieten, sogenannte Leitliniensynopsen, genutzt. Die Annahme ist, dass sich durch die Synthese der Leitlinienempfehlungen Versorgungsstandards für die medizinische Betreuung identifizieren lassen [12—17]. Dabei lassen sich auch abweichende Vorgehensweisen sowie Bereiche identifizieren, in denen Standards fehlen. Die Versorgungsstandards beinhalten wesentliche Informationen über die angestrebte Vorgehensweise um eine bestimmte Qualität der Versorgung zu erreichen. Die enge Beziehung der Leitlinien zum Versorgungsstandard ist der Hintergrund dafür, dass der deutsche Gesetzgeber insbesondere evidenzbasierte Leitlinien als eine Grundlage für Disease-Management-Programme (DMP) vorsieht (§137f Abs.2 SGB V). Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) wurde 2004 gegründet mit dem Ziel eine unabhängige wissenschaftliche Grundlage für Entscheidungen im Gesundheitswesen, insbesondere des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu erstellen (§ 139a SGB V). Neben evidenzbasierten Nutzenbewertungen zu spezifischen Fragestellungen wird im SGB V die Bewertung evidenzbasierter Leitlinien für die epidemiologisch wichtigsten Krankheiten und die Abgabe von Empfehlungen zu

562 Disease-Management-Programmen als Aufgabe des IQWiG definiert. Für die Identifizierung von Versorgungsstandards erstellt das IQWiG Leitliniensynopsen, für die nationale und internationale evidenzbasierte Leitlinien identifiziert und deren Empfehlungen zusammengefasst werden [18]. Diese werden dann unter anderem vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) für die Entwicklung neuer und die Aktualisierung bestehender DMP genutzt. Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über die Vorgehensweisen und Erfahrungen bei der Erstellung von Leitliniensynopsen und deren Einsatz als eine Grundlage für die Erstellung beziehungsweise Aktualisierung von DMP.

U. Siering, A. Rüther ist, dass die Leitlinienempfehlungen inhaltlich konsistent und mehrheitlich mit einer hohen Empfehlungskategorie (oder alternativ einer hohe Evidenzeinstufung) hinterlegt sind. Bei inhaltlich inkonsistenten Empfehlungen wird eine weitere Überprüfung der DMP-Relevanz vorgeschlagen. Parallel zur Extraktion der Empfehlungen wird die methodische Qualität der eingeschlossenen Leitlinien mit dem Appraisal of Guidelines for Research & Evaluation (AGREE)II-Instrument [19] bewertet. Bewertungen und Extraktionen werden jeweils von zwei Reviewern unabhängig voneinander durchgeführt. Die Methodik zur Erstellung von Leitliniensynopsen ist auch in den Allgemeinen Methoden Version 4.1 des IQWiG dargelegt [18].

Methoden der Leitliniensynopsen Unter Leitliniensynopse wird die Identifikation von Versorgungsstandards zu einer gesundheitsrelevanten Fragestellung auf Basis der Synthese der Empfehlungen systematisch recherchierter, hochwertiger Leitlinien verstanden [18]. Für die Leitliniensynopsen des IQWiG werden evidenzbasierte Leitlinien herangezogen. Dies sind Leitlinien, deren Empfehlungen auf einer systematischen Literaturrecherche beruhen, deren Empfehlungen grundsätzlich mit einer Evidenz- und / oder Empfehlungseinstufung (Level of Evidence [LoE] und / oder Grade of Recommendation [GoR]) sowie grundsätzlich mit den Referenzen der ihnen zugrunde liegenden Primär- und / oder Sekundärliteratur verknüpft sind [19—21]. Für die Identifikation der Leitlinien erfolgt eine systematische Recherche nach Leitlinien im Internet in den Leitliniendatenbanken der AWMF, des Guidelines International Networks und des National Guideline Clearinghouse sowie bei fachübergreifenden und fachspezifischen Leitlinienanbietern. Berücksichtigt werden Leitlinien, die grundsätzlich auf das deutsche Gesundheitssystem übertragbar sind. Zur Operationalisierung der Übertragbarkeit von Leitlinien wird die Staateneinteilung des Weltgesundheitsberichts 2003 der World Health Organisation (WHO) genutzt [22]. Basis für die Leitliniensynopse sind die themenrelevanten Empfehlungen der eingeschlossenen Leitlinien. Diese werden aus den eingeschlossenen Leitlinien extrahiert und Versorgungsaspekten (z. B. Diagnosestellung, Therapie, Rehabilitation) zugeordnet. Ebenso werden die von den Leitlinienautoren verwendeten Empfehlungs- (GoR) und Evidenzeinstufungen (LoE) dokumentiert und, wenn möglich, in übergreifenden Kategorien zusammengefasst. Auf Basis dieser Extraktion werden die Informationen aus den Empfehlungen verschiedener Leitlinien zum selben Versorgungsaspekt zusammengefasst und mit den entsprechenden Empfehlungs- und Evidenzkategorien dargestellt. Dient die Leitliniensynopse der Identifikation eines potenziellen Ergänzungs- beziehungsweise Anpassungsbedarfs eines DMP, erfolgt nach der Informationssynthese eine Gegenüberstellung der Leitlinienempfehlungen mit den im DMP enthaltenen Definitionen und Maßnahmen. Empfehlungen, die einen potenziellen Aktualisierungs- und / oder Ergänzungsbedarf des DMP begründen, werden besonders gekennzeichnet. Voraussetzung für die Feststellung eines potenziellen Aktualisierungs- und / oder Ergänzungsbedarf

Erfahrungen mit Leitliniensynopsen zur Erstellung und Aktualisierung von DMP Beauftragte Leitliniensynopsen und Ergebnisse Seit 2006 wurde das IQWiG vom G-BA insgesamt 12-mal mit der Recherche nach und der Bewertung von Leitlinien zu bestehenden beziehungsweise möglichen neuen DMP beauftragt (Tabelle 1). In den 12 Berichten wurden insgesamt aus 256 evidenzbasierten Leitlinien Empfehlungen zur Diagnose und Behandlung verschiedener chronischer Erkrankungen extrahiert. 10 dieser 12 Berichte hatten zum Ziel, einen potenziellen Aktualisierung beziehungsweise Ergänzungsbedarf bestehender DMP zu identifizieren. In allen 10 Berichten konnte ein potenzieller Aktualisierungs- beziehungsweise Ergänzungsbedarf für die Versorgungsaspekte medikamentöse und nichtmedikamentöse Therapie der DMP identifiziert werden. In einigen Berichten wurde auch für die Versorgungsaspekte Diagnose (3 Berichte), Reha beziehungsweise Nachsorge (4 Berichte) und Schulung der Patienten (5 Berichte) ein potenzieller Aktualisierungs- beziehungsweise Ergänzungsbedarf festgestellt (Tabelle 2). Auf Basis der anderen 2 Berichte hat der G-BA geprüft, inwieweit die Erstellung eines DMP-Moduls Adipositas bei Diabetes mellitus Typ 2 möglich und sinnvoll ist. Zwischen der Beauftragung des IQWiG mit einer Leitliniensynopse und einer abschließenden Entscheidung des G-BA beispielsweise über die Aktualisierung eines DMP liegt meist ein großer Zeitraum. Durchschnittlich betrug die Zeitdauer zwischen der Beauftragung durch den G-BA und der Fertigstellung des Abschlussberichts 21 Monate. Bedingt wird die Bearbeitungsdauer unter anderem dadurch, dass während der Berichtserstellung 2 Stellungnahmeverfahren durchgeführt werden, eines zum vorläufigen Berichtsplan, in dem die Methodik des Berichts dargelegt wird und eines für den Vorbericht, der die vorläufigen Ergebnisse der Untersuchung beinhaltet [18]. Auch die Bearbeitung der Themen im G-BA nimmt Zeit in Anspruch. Von den 12 Leitliniensynopsen aus dem Themengebiet DMP sind bislang 7 in Entscheidungen des G-BA eingeflossen. Für diese betrug der Zeitraum zwischen Versendung der Berichte an den G-BA und einer

Erfahrungen mit Leitliniensynopsen am Beispiel der Synopsen für Disease-Management-Programme (DMP) Tabelle 1

563

Beauftragungen des IQWiG mit Leitliniensynopsen durch den G-BA.

#

Jahr

Projektnummer

DMP-Thema

Anzahl Leitlinien

1 2 3 4

2006 2006 2006 2006

V06-03 V06-04 V06-05 V06-06

21 32 23 10

5

2009

V09-02

6

2009

V09-03

7

2009

V09-04

8

2009

V09-05

9

2009

V09-06

10

2012

V12-01

11

2012

V12-02

12

2012

V12-03

Leitlinienrecherche und -bewertung für das DMP KHK [23] Leitlinienrecherche und -bewertung für das DMP Asthma / COPD [24] Leitlinienrecherche und -bewertung für das DMP Brustkrebs [25] Leitlinienrecherche und -bewertung für ein DMP-Modul Adipositas [26] Behandlung der Adipositas bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 - Leitliniensynopse und ergänzende Recherche und Bewertung systematischer Übersichtsarbeiten [27] Systematische Leitlinienrecherche und -bewertung sowie Extraktion neuer und relevanter Empfehlungen für das DMP Diabetes mellitus Typ 1 [28] Systematische Leitlinienrecherche und -bewertung sowie Extraktion neuer und relevanter Empfehlungen für das DMP Diabetes mellitus Typ 2 [29] Systematische Leitlinienrecherche und -bewertung sowie Extraktion neuer und relevanter Empfehlungen für das DMP KHK [30] Systematische Leitlinienrecherche und -bewertung sowie Extraktion neuer und relevanter Empfehlungen für das DMP-Modul Herzinsuffizienz [31] Systematische Leitlinienrecherche und -bewertung sowie Extraktion neuer und relevanter Empfehlungen für das DMP COPD [32] Systematische Leitlinienrecherche und -bewertung sowie Extraktion neuer und relevanter Empfehlungen für das DMP Brustkrebs [33] Systematische Leitlinienrecherche und -bewertung sowie Extraktion neuer und relevanter Empfehlungen für das DMP Asthma [34]

20

23

35

14 27

13 26 12

COPD: Chronisch obstruktive Lungenerkrankung; G-BA: Gemeinsamer Bundesausschuss; KHK: Koronare Herzkrankheit;

finalen Entscheidung des G-BA für Änderungen der DMP durchschnittlich 2 Jahre (Tabelle 3). Alle Leitliniensynopsen werden auf der Internetseite des IQWiG (www.iqwig.de) veröffentlicht.

Leitlinienrecherche Die Suche nach Leitlinien unterscheidet sich von der Suche nach Einzelstudien. Leitlinien werden oft nicht in Tabelle 2

Zeitschriften veröffentlicht, weshalb angenommen werden kann, dass sich nur ein Bruchteil der tatsächlich existierenden Leitlinien in bibliografischen Datenbanken wie MEDLINE oder EMBASE findet. Das deutschsprachige ,,Manual Systematische Literaturrecherche für die Erstellung von Leitlinien‘‘ [35] empfiehlt, die Suche nach Leitlinien in spezifischen Leitliniendatenbanken durchzuführen und ergänzend auf den Internetseiten fachübergreifender und fachspezifischer Leitlinienanbieter zu suchen. In Kombination mit einer

In den Leitliniensynopsen festgestellter Aktualisierungs- beziehungsweise Ergänzungsbedarf.

Auftrag

DMP-Indikation

Diagnose

Medikamentöse Therapie

Nichtmedikamentöse Reha / Therapie Nachsorge

Schulung

Kooperation der Versorgungssektoren

V06-03 V06-04 V06-05 V09-03

KHK Asthma / COPD Brustkrebs Diabetes mellitus Typ 1 Diabetes mellitus Typ 2 KHK Herzinsuffizienz COPD Brustkrebs Asthma

䊉 -

䊉 䊉 䊉 䊉

䊉 䊉 䊉 䊉

䊉 䊉 -

䊉 䊉

-

-





-

-

-

䊉 䊉 3

䊉 䊉 䊉 䊉 䊉 10

䊉 䊉 䊉 䊉 䊉 10

䊉 䊉 4

䊉 䊉 䊉 5

䊉 1

V09-04 V09-05 V09-06 V12-01 V12-02 V12-03 

䊉: Im Bericht wurde ein potenzieller Aktualisierungs- beziehungsweise Ergänzungsbedarf zu dem jeweiligen Versorgungsaspekt festgestellt.

564

U. Siering, A. Rüther

Tabelle 3

Bearbeitungsdauer und Auswirkungen der Leitliniensynopsen.

Auftrag

Indikation

Beauftragung durch G-BA

Abschlussbericht an G-BA

G-BA Beschluss

V06-03 V06-04

KHK Asthma / COPD

Dezember 2006 Dezember 2006

Februar 2008 August 2008

V06-05 V06-06 V09-02

Brustkrebs Adipositas Adipositas bei Diabetes Diabetes mellitus Typ 1 Diabetes mellitus Typ 2 KHK Modul Herzinsuffizienz COPD Brustkrebs Asthma

Dezember 2006 Dezember 2006 November 2009

September 2008 Februar 2009 Mai 2012

Juni 2008 Juli 2011 (Asthma); Oktober 2009 (COPD)a März 2011a November 2009b Mai 2014

Dezember 2009

Juni 2011

März 2014

Dezember 2009

November 2011

In Bearbeitung

Dezember 2009 Dezember 2009

Dezember 2010 Dezember 2011

März 2014 In Bearbeitung

März 2012 März 2012 März 2012

November 2013 Mai 2014 November 2013

In Bearbeitung In Bearbeitung In Bearbeitung

V09-03 V09-04 V09-05 V09-06 V12-01 V12-02 V12-03 a b

: Die Vorgaben wurden erst mit der Veröffentlichung in der DMP-Richtlinie im Februar 2012 gültig. : Aus dem Auftrag V06-06 folgt die Beauftragung des Projektes V09-02.

Suche in bibliografischen Datenbanken wird die Suche nach Leitlinien sehr aufwändig. Für die Berichte V09-02 (Adipositas bei Diabetes mellitus Typ 2), V09-03 (Diabetes mellitus Typ 1), V09-04 (Diabetes mellitus Typ 2) und V09-05 (KHK) wurde daher untersucht, ob durch eine Suche in bibliografischen Datenbanken tatsächlich zusätzliche evidenzbasierte Leitlinien für die Erkrankungen Adipositas (ADI), Diabetes mellitus Typ 1 (DM1), Diabetes mellitus Typ 2 (DM2) und Koronare Herzkrankheit (KHK) identifiziert werden können. Insgesamt wurde über die Recherche in Leitliniendatenbanken, bei fachübergreifenden und fachspezifischen Leitlinienanbietern sowie in den bibliografischen Datenbanken MEDLINE und EMBASE 418 themenrelevante Leitlinien (ADI: n = 38; DM1: n = 158; DM2: n = 168; KHK: n = 54) identifiziert. Von den 418 themenrelevanten Leitlinien wurden 71 als evidenzbasiert (ADI: n = 11; DM1: n = 20; DM2: n = 27; KHK: n = 13) eingestuft. Von diesen 71 evidenzbasierten Leitlinien wurden 55 Leitlinien (77 %) ausschließlich über die Internetrecherche, 12 Leitlinien (17 %) sowohl über Recherche im Internet als auch in bibliografischen Datenbanken und 4 Leitlinien (6 %) ausschließlich über bibliografische Datenbanken identifiziert. Bei den zusätzlichen über bibliografische Datenbanken identifizierten Leitlinien handelte es sich um 2 Leitlinien desselben Autors zum einen zur Prävention und zum anderen zur Behandlung diabetischer Ulzera. Beide Leitlinien wurden sowohl bei der Recherche nach Leitlinien zu den Erkrankungen Diabetes mellitus Typ 1 als auch Diabetes mellitus Typ 2 identifiziert. Die beiden zusätzlichen Leitlinien wurden in die Berichte IQWiG-Berichte V09-03 (Diabetes mellitus Typ 1) und V09-04 (Diabetes mellitus Typ 2) eingeschlossen. Sie enthielten im Vergleich zu den über die Recherche im Internet identifizierten Leitlinien keine zusätzlichen Informationen, die eine Ergänzung oder Modifikation der IQWiG-Berichte notwendig gemacht hätten.

Evidenzbasierte Leitlinien werden nahezu vollständig in Leitliniendatenbanken und bei fachspezifischen sowie fachübergreifenden Leitlinienanbietern im Internet gelistet. Eine Recherche in bibliografischen Datenbanken ist aufwändig und bringt nur geringe Zusatzinformationen. Als eine Konsequenz aus dieser Auswertung wurde für die nach 2009 beauftragten Leitliniensynopsen auf eine Recherche nach Leitlinien in bibliografischen Datenbanken verzichtet.

Starke Empfehlung — starke Evidenz? Bei der Festlegung der Stärke einer Empfehlung (Grade of Recommendation [GoR]) werden von den Leitlinienautoren in der Regel die Zuverlässigkeit der Evidenz (Level of Evidence [LoE]) berücksichtigt. Daneben beeinflussen weitere Aspekte den GoR: Die Effektstärken, die Konsistenz und klinische Relevanz der Studienergebnisse, das Nutzen-Risiko-Verhältnis der empfohlenen Maßnahmen, die Normen, Werte und Präferenzen der Patienten, Leitlinienautoren und anderer Stakeholder, die Kosten einer Intervention und das zur Verfügung stehende Budget oder die Implementierbarkeit einer Empfehlung [3]. Daher können GoR und LoE durchaus voneinander abweichen. Für die Projekte V09-02 (Adipositas bei Diabetes mellitus Typ 2), V09-03 (Diabetes mellitus Typ 1) und V09-04 (Diabetes mellitus Typ 2) haben wir untersucht, inwieweit Leitlinienempfehlungen zu den Versorgungsaspekten Diagnose, Therapie und Kooperation der Versorgung immer mit einem LoE und / oder GoR verknüpft sind und ob starke GoR auch immer mit einem starken LoE hinterlegt sind. Insgesamt wurden aus 71 Leitlinien 3918 Empfehlungen extrahiert. 1194 Leitlinienempfehlungen (30 %) wurde von den Leitlinienautoren ausschließlich ein GoR zugeordnet, 662 Leitlinienempfehlungen (17 %) ausschließlich ein LoE und 1879 Empfehlungen (48 %) sowohl ein LoE als auch ein

Erfahrungen mit Leitliniensynopsen am Beispiel der Synopsen für Disease-Management-Programme (DMP) GoR zugewiesen. 183 Empfehlungen (5 %) waren weder mit einem GoR noch LoE verknüpft. In der Gruppe der 1879 Empfehlungen mit LoE und GoR wurde insgesamt 839-mal (45 %) ein starker GoR vergeben. Nur 353 (42%) dieser 839 Empfehlungen waren auch mit einem starken LoE verknüpft. 222-mal (27 %) wurde ein mittlerer und 264-mal (32 %) ein schwacher LoE zugeordnet. In evidenzbasierten Leitlinien ist weniger als die Hälfte der Empfehlungen eindeutig mit einem LoE und einem GoR verknüpft. Dadurch wird die Beurteilung der Zuverlässigkeit von Leitlinienempfehlungen erschwert. Sind LoE und GoR angegeben, verweisen durchschnittlich nur 42 % der Empfehlungen mit starkem GoR auch auf einen starken LoE. Neben der Forderung nach einer besseren Berichtsqualität von Leitlinien kann die Frage gestellt werden, ob in Leitlinien systematisch zu hohe GoR vergeben werden. Diese Frage kann jedoch nur beantwortet werden, indem geprüft wird, inwieweit in Leitlinien die Vergabe starker GoR bei schwacher Evidenz hinreichend begründet wird. Aktuell wird diese Fragestellung am Beispiel der in die Berichte V12-01 (COPD), V12-02 (Brustkrebs) und V12-03 (Asthma) eingeschlossenen Leitlinien geprüft. In den Leitliniensynopsen des IQWiG zu DMP wird ein potenzieller Änderungs- beziehungsweise Ergänzungsbedarf mit der Empfehlungsstärke (GoR) oder alternativ, wenn kein GoR angegeben ist, mit dem LoE begründet. Empfehlungen ohne GoR und ohne LoE werden nicht für die Feststellung eines potenzieller Änderungs- beziehungsweise Ergänzungsbedarf genutzt. Der Anteil der Empfehlungen ohne GoR und ohne LoE ist für die untersuchten Leitlinien aber vergleichsweise gering.

565

Leitlinienersteller der 45 eingeschlossenen Leitlinien Aussagen zum Umgang mit unpublizierten Daten machen. Nur 5 der 23 Leitlinienersteller machen Angaben zu unpublizierten Daten. 2 dieser 5 Leitlinienersteller wiesen ohne inhaltliche Begründung darauf hin, dass sie ausschließlich publizierte Informationen berücksichtigen. Die Leitlinien der anderen 3 Leitlinienersteller enthielten teilweise Informationen zur Frage, ob nach Konferenzabstracts gesucht wurde, ob eine Suche in Studienregistern erfolgte oder ob die Möglichkeit für Stakeholder bestand, unpublizierte Daten einzureichen. Alle 3 Leitlinienersteller weisen in ihren Leitlinien darauf hin, wenn Empfehlungen auf Konferenzabstracts beruhen, laufende themenrelevante Studien identifiziert wurden oder es Hinweise auf unpublizierte Daten gibt. Die Stichprobe lässt den Schluss zu, dass unpublizierte Daten von der Mehrzahl der Leitlinienersteller nicht explizit thematisiert werden und es kein einheitliches Vorgehen zum Umgang mit unpublizierten Daten gibt. Ob sich durch die fehlende Berücksichtigung unpublizierter Daten in den eingeschlossenen Leitlinien tatsächlich Verzerrungen der Evidenz ergeben, die den Empfehlungen zugrunde liegt, ist unklar. Eine weitere Auseinandersetzung mit der Berücksichtigung von unpublizierten Daten bei der Erstellung von Leitlinien ist daher notwendig. In den Leitliniensynopsen des IQWiG wird regelhaft dargestellt, inwieweit die Leitlinienautoren Aussagen zum Umgang mit unpublizierten Daten machen. Dies ermöglicht es den Lesern der Berichte, die Ergebnisdarstellungen entsprechend einzuschätzen.

Methodische Bewertung Umgang mit unpublizierten Daten Während in allgemein zugänglichen Quellen zusammen nur 39 % der Ergebnisse zu patientenrelevanten Endpunkten vollständig beschrieben werden, sind es in unveröffentlichten Studienberichten 86 % [36]. Die Berücksichtigung unpublizierter Studiendaten kann die Ergebnisse systematischer Übersichten erheblich verändern [36—38]. Unpublizierte Daten sind daher auch für Leitlinien relevant [39,40]. Für die Berichte V12-01 (COPS), V12-02 (Brustkrebs) und V12-03 (Asthma) wurde geprüft, inwieweit die 23 Tabelle 4

Insgesamt wurden in den 12 Leitliniensynopsen 256 evidenzbasierte Leitlinien methodisch bewertet. Während bei den ersten Aufträgen das deutschsprachige DELBI-Instrument für die Leitlinienbewertung genutzt wurde (73 bewertete Leitlinien), wurde später das international am häufigsten verwendete und am besten evaluierte AGREE-Instrument (120 Leitlinien) und nach dessen Aktualisierung das AGREE II-Instrument (51 Leitlinien) verwendet (Tabelle 4). Alle 3 Instrumente beinhalten Fragen zu 6 unterschiedlichen Domänen, für die jeweils standardisierte

Anzahl der bewerteten Leitlinien und benutztes Bewertungsinstrument.

Auftrag

Indikation

Bewertungsinstrument

Anzahl Leitlinien

V06-03 V06-04 V06-05 V06-06 V09-02 V09-03 V09-04 V09-05 V09-06 V12-01 V12-02 V12-03 Anzahl der Leitlinien insgesamt

KHK Asthma / COPD Brustkrebs Adipositas Adipositas bei Diabetes Diabetes mellitus Typ 1 Diabetes mellitus Typ 2 KHK Herzinsuffizienz COPD Brustkrebs Asthma

DELBI DELBI DELBI DELBI AGREE AGREE AGREE AGREE AGREE AGREE II AGREE II AGREE II

21 32 23 10 20 23 35 14 27 13 26 12 256

0,29 (5) 0,25 (5) 0,45 (4) 0,39 (5) 0,35 (4) 0,37 (5) 0,23 (5) 0,24 (4,5) 0,56 (3) 0,82 (1) 0,44 (3) 0,64 (2,5) 0,45 (5) 0,53 (5) 0,54 (4,5) 0,10 (6) 0,14 (6) 0,07 (6) 0,20 (6) 0,13 (6) 0,23 (6) 0,19 (6) 0,15 (6) 0,20 (6) 0,37 (5) 0,23 (6) 0,33 (6) 0,14 (6) 0,26 (6) 0,24 (6) 0,68 (1) 0,49 (1) 0,68 (1) 0,55 (2) 0,60 (1) 0,68 (1) 0,50 (1) 0,51 (1) 0,67 (1) 0,80 (2) 0,63 (1) 0,92 (1) 0,78 (1) 0,89 (1) 0,86 (1) a

: Angegeben sind jeweils der standardisierte Domänenwert und der Rang.

0,47 (3) 0,41 (3) 0,53 (3) 0,41 (4) 0,46 (3) 0,49 (3) 0,42 (3) 0,37 (3) 0,60 (2) 0,67 (3) 0,51 (2) 0,58 (4) 0,57 (3) 0,54 (4) 0,56 (2) 0,33 (4) 0,28 (4) 0,33 (5) 0,42 (3) 0,34 (5) 0,38 (4) 0,30 (4) 0,24 (4,5) 0,24 (5) 0,33 (6) 0,30 (5) 0,57 (5) 0,51 (4) 0,55 (3) 0,54 (4,5) 0,61 (2) 0,42 (2) 0,61 (2) 0,59 (1) 0,56 (2) 0,57 (2) 0,47 (2) 0,48 (2) 0,53 (4) 0,66 (4) 0,54 (4) 0,64 (2,5) 0,63 (2) 0,66 (2) 0,64 (3) DELBI DELBI DELBI DELBI Mittelwert DELBI AGREE AGREE AGREE AGREE AGREE Mittelwert AGREE AGREE II AGREE II AGREE II Mittelwert AGREE II 21 32 10 10 73 21 23 35 14 27 120 13 26 12 51 V06-03 V06-04 V06-05 V06-06  LL V09-02 V09-03 V09-04 V09-05 V09-06  LL V12-01 V12-02 V12-03  LL

Domäne 5: Anwendbarkeita Domäne 4: Klarheit und Gestaltunga Instrument

Domäne 1: Geltungsbereich und Zwecka

Domäne 2: Interessengruppena

Domäne 3: Methodologische Exaktheita Anzahl LL Auftrag

Die systematische Leitliniensynopse ist ein praktikables Instrument zur Identifikation und Darstellung des Versorgungsstandards. Dies bestätigen die Erfahrungen des IQWiG bei der Erstellung von Leitliniensynopsen als Grundlage für DMP Berichte. Die Ergebnisse der Berichte fließen regelhaft in die Vorgaben für die DMP in Deutschland ein. Die Erfahrungen des IQWiG zeigen auch, dass eine Weiterentwicklung der Methodik der Leitliniensynopse möglich ist. Das Spektrum reicht hier von der Aufwandsreduktion etwa bei der systematischen Leitlinienrecherche, bis hin zur Frage, inwieweit starke Empfehlungen durch eine entsprechende Evidenzgrundlage gestützt werden. Auffällig ist der Zeitraum zwischen Beauftragung einer Synopse und Entscheidung des G-BA. Vor dem Hintergrund der aktuellen Anforderungen wie Stellungnahmeverfahren, Qualitätssicherungsmaßnahmen oder der Integration von Experten, scheint eine deutliche Reduktion unwahrscheinlich zu sein. Hier ist zu befürchten, dass eine deutliche Reduktion der Bearbeitungszeit mit Qualitätsverlusten einhergeht. Leitliniensynopsen lassen sich nicht nur für die Erstellung und Aktualisierung der Vorgaben für DMP sondern auch für andere Fragestellungen nutzen. Dass vor der Erstellung neuer Leitlinien eine systematische Suche nach Leitlinien und die Synthese der darin enthaltenen Empfehlungen erfolgen sollte, wird nicht nur international [13,14] sondern auch national von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) [15] empfohlen. Das inhaltliche Ergebnis einer Leitliniensynopse ist dann ein Ausgangspunkt für die Neuerstellung beziehungsweise die Überarbeitung bestehender Leitlinien. Hier erscheint es sinnvoll, die Diskussion und Zusammenarbeit mit den Leitlinienerstellern in Deutschland fortzuführen und zu intensivieren. Mit Hilfe einer Leitliniensynopse kann der Versorgungsstandard in einem Versorgungsbereich ermittelt werden. Ebenso können Bereiche identifiziert werden, in denen kein Standard vorhanden ist; beispielsweise dann, wenn unterschiedliche Leitlinien unterschiedliche Empfehlungen

Durchschnittliche standardisierte Domänenwerte der in Leitliniensynopsen bewerteten evidenzbasierten Leitlinien.

Resümee und Ausblick

Tabelle 5

Domänenwerte berechnet werden. Diese reichen von 0 (geringe methodische Qualität) bis 1 (hohe methodische Qualität). Die höchsten standardisierten Domänenwerte erreicht regelmäßig die Domäne 4 Klarheit und Gestaltung. Die niedrigsten Domänenwerte wurden immer für die Domäne 5 Anwendbarkeit berechnet. Sie standardisierten Domänenwerte für die Domänen 1 Geltungsbereich und Zweck und Domäne 3 Methodologische Exaktheit bewegen sich im oberen Mittelfeld, die Domäne 2 Interessengruppen und Domäne 6 redaktionelle Unabhängigkeit im unteren Mittelfeld (Tabelle 5). Die Ergebnisse der methodischen Bewertung sind in den Berichten des IQWiG nicht direkt mit den inhaltlichen Ergebnissen der Empfehlungssynthese verknüpft. Die Ergebnisse der methodischen Bewertung ermöglichen jedoch gleichwohl eine Einschätzung der methodischen Qualität der Leitlinien und damit indirekt auch der Ergebnisse der Synthese.

U. Siering, A. Rüther Domäne 6: Redaktionelle Unabhängigkeita

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Erfahrungen mit Leitliniensynopsen am Beispiel der Synopsen für Disease-Management-Programme (DMP) abgeben. Dies kann auch als ein Ausgangspunkt für weitere Forschungsvorhaben genutzt werden. Die Gesamtbewertung der methodischen Qualität, wie hier über AGREE, lassen qualitative Stärken und Schwächen der Leitlinienerstellung besser identifizieren. Ergänzende Auswertungen, wie die zum Zusammenhang zwischen GoR und LoE, geben deutliche Hinweise auf methodische Schachpunkte von Leitlinien bzw. zum Entwicklungsbedarf bei der Erstellung von Leitliniensynopsen. Schlussendlich bietet sich eine Leitliniensynopse auch als Ausgangspunkt für die Untersuchung weiterer Versorgungsfragestellungen an. Die Darstellung eines Versorgungsstandards aus Leitlinien lässt in Verbindung mit Parametern aktueller Versorgung, z. B. der Primärversorgung, Rückschlüsse zur Versorgungssituation zu. Vorstellbar wären beispielsweise Untersuchungen zu Themen aus dem Bereich Patientensicherheit oder bei spezifischen Erkrankungen, die Identifikation von Versorgungslücken im Vergleich zwischen Versorgungsstandard und Realität.

Fazit Die Leitliniensynopse ist ein etabliertes Werkzeug zur Identifikation des Versorgungsstandards als Basis für die Erstellung und Aktualisierung von DMP. Die methodische Weiterentwicklung, insbesondere in Zusammenarbeit mit Leitlinienerstellern erscheint sinnvoll. Es ist zu prüfen, ob sich Leitliniensynopsen nicht nur für die Entwicklung von Leitlinien und DMP, sondern auch für andere Versorgungsfragestellungen eignen.

Interessenkonflikt Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

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,,Bulletin zur Arzneimittelsicherheit‘‘ — dritte Ausgabe 2014 erschienen Das ,,Bulletin zur Arzneimittelsicherheit — Informationen aus BfArM und PEI‘‘ erscheint viermal im Jahr und informiert aus beiden Bundesoberbehörden über aktuelle Aspekte der Risikobewertung von Arzneimitteln. Themen der Ausgabe vom September 2014 sind u. a.: • Medikamentös induzierte Pankreatitis — die Berliner Fall-

Kontroll-Surveillance-Studie (FAKOS) • Amygdalin — fehlende Wirksamkeit und schädliche Nebenwirkungen • Fallberichte zum Auftreten einer Psoriasis bei Behandlung mit Tocilizumab (RoActemra® ) • Klinische Prüfungen von Humanarzneimitteln in Europa: Was ändert sich durch die Verordnung 24 (EU) Nr. 536/2014?

ZEFQ-SERVICE: TIPP • Untersuchungen zu genregulatorischen Biomarkern für EGFR-Inhibitor-vermittelte Hautreaktionen Das aktuelle Bulletin und alle bisherigen Ausgaben finden Sie unter folgendem Link: • http://www.pei.de/bulletinsicherheit

[Experiences with synopses of clinical guidelines using the example of synopses for Disease Management Programmes (DMP)].

Guideline synopses, i.e. the systematic synthesis of clinical practice guidelines, are used as a basis for Disease Management Programmes (DMPs) in Ger...
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