Kasuistik

Uber em Asthesioneuroblastom mit orbitaler Ausbreitung Th. Friedrich', A Friedrich2 'Pathologisches Institut der Universitat Leipzig (Direktor: Prof. Dr. A. Hecht) 2Radiologische Klinik der liniversitat Leipzig (Direktor: Prof. Dr. H.-G. Schulz)

Zusammenfassung Wir berichten uber em Asthesioneuroblastom (ANB) einer 83jahrigen Frau mit prirnarer klinischer Manifestation im Orbitabereich. Sowohi das Alter als auch diese klinische Erstmanifestation sind ungewohnlich. ANB wachsen lokal destruktiv, metastasie-

A: Befall der Nasenkavitht B: Zusätzlich Infiltration der paranasalen Sinus C: Jegliche Ausbreitung darUber hinaus Metastasen sind selten, sie treten nur in Ca. '/ der Fälle auf, meist in zervikalen Lymphknoten bzw. in der Lunge (11). Klinische Leitsyrnptome sind Obstruktion der Nasenwege und Blutung aus dem Tumor (9, 12).

ren aber selten. Trotzdem ist die Langzeitprognose durch Spatrezidive schlecht. Therapie der Wahi ist die komplette chirurgische Exzision sowie eine Nachbestrahlung. Die Rezidivbehandlung solite durch Bestrah-

lung mit individualisierter ferngesteuerter Afterloadingtechnik erfolgen.

Esthesioneuroblastoma with Orbital Extension

The authors report on an 83-years-old woman with esthesioneuroblastoma (ENB). The first clinical manifestation was an invasion of the suborbital and orbital region. ENB are local destructive turnours which seldom metastasize. Complete surgical excision, supplemented by irradiation therapy offers the highest cure rate. Relapses should be treated with individualized afterloading radiotherapy.

Einleitung

Kasuistik 83jahrige Frau. Vor Ca. 6 Monaten habe sie ei-

nen erbsgroBen, halbkugelformigen Tumor unter dem linken Auge festgestellt. Seit dieser Zeit bestunden auch Beschwerden

bei der Nasenatmung. In letzter Zeit sei rasChes Geschwulstwachstum erfolgt. Bei Klinikaufnahme findet sich em 9,5 x 8,0 Cm messender, rotlichgrauer, halbkugelig vorgewolbter, sub- und intraorbital gelegener Tumor mit starker Kompression und Verdrangung des Bulbus nach kraniodorsal. Ausgeprägte Chemosis. Em Tag nach stationärer Aufnahrne Exitus letalis unter den Zeichen der kardiorespiratorischen lnsuffizienz bei schwerem chronischen Cur pulmonale.

Pathologisch-anatomisch findet sich jetzt em 9,5 x 8,0 x 6,0 Cm messender, rotlichgrauer, partiell nekrotischer Tumor, der vollstandig die linksseitige obere Nasenmuschel ausfOllt und mit einer 4 x 4 Cm messenden Basis der linken lateralen Regio olfaCtoria aufsitzt. Breiter osteolytischer Einbruch in den linken Sinus maxillaris. Volistandige osteolytisChe infiltration des ventralen Drittels des knbchernen Orbitabodens. Kontinuierliches Vorwachsen in die Orbita und in das suborbitale Bindege-

webe mit Durchbruch durch die Haut und Konjunktiva (siehe Abb. 1). Keine Metastasen. Die klinisch angegebene Todesursa-

Asthesioneuroblastorne (ANB) sind seltene che bestatigte sich. Geschwulste, die vom Riechepithel ausgehen (10). Beim Histologisch lag em rasenartig, z.T. auch in Nemenschlichen Feten reicht das Riechepithel vom Dach der Nasenhdhle bis zur Mitte des Nasenseptums und zur obe- stern, Kttmmen und Rosetten wachsender kleinzelliger Tumor

ren Nasenmuschel. Beirn Erwachsenen ist es bis auf die vier Riechareale durch respiratorisches Epithel ersetzt. Der Vrsprung der ANB ist wahrscheinlich in der mitotisch aktiven Reservezellschicht zu suchen (11). ANB wurden bisher im Alter von 7 bis 79 Jahren, mit einern Gipfel irn 5. Dezennium beschrieben (8, 14). Elkon und Mitarb. geben einen doppelten Gipfel urn das 15. und 55. Lebensjahr ohne Geschlechtsbevorzugung an (3). Makroskopisch stellen sich ANB als polypoid wachsende, von Nekrosen und Blutungen durchsetzte, auf der Schnittflache rötlichgraue oder weiBliche Tumoren dar. Typisch ist die lokale Infiltration der angrenzenden knöchernen Abschnitte des Schädels (1, 4, 6). Kadish und Mitarb. (5) unterteilen nach der Art der Invasion in 3 Gruppen:

Kim. Mbl. Augenheilk. 200 (1992) 292—293

1992 F. Enke Verlag Stuttgart

mit hyperchromatischen Kernen und kaum ausgepragrem Zytoplasmasaum vor. An niehreren Stellen fanden siCh sog. Neuroblastomrosetten.

Immunhistochemisch wiesen wir mittels der Alkalische Phosphatase-anti-Alkalische-Phosphatasereaktion nach Mason (7) neuronspezifische Enolase nach (Abb. 2).

Diskussion

Der besChriebene Fall eines ANB stelit in

doppelter Hinsicht eine Raritat dar. Erstens sind sie in diesem Lebensalter bisher unserer Kenntnis nach nicht beschrieben. In einer groBeren Studie von Mills lag das Altersmaximum bei 79 Jahren (8). Zweitens Iäl3t em Tumor dieser Lokalisation zunàchst niCht an em ANB, sondern eher an eine Geschwulst der Haut oder der Konjunktiva denken. Das histologische Bild war jedoch typisch, und

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K/in. Mbl. Augenheilk. 200 (1992) 293

Uber em Asthesioneuroblastom mit orbitaler Ausbreitung Abb. 1

Polypos

und stark exophytrscb wacbsender Tumor mit Kompression des Bulbus und Verdrängung nach kraniodorsal

Nach der Stadieneinteilung von Kadish lag em Stadium C vor. Die 5-Jahres-Uberlebensraten betragen nach Harrison 75'o, 68% und 41% für die Stadien Kadish A, B und C (4). Eine komplette chirurgische Tumorresektion wird von Mills als prognostisch entscheidender als das Stadium nach Kadish angesehen (8). Der Tumor ist strahlensensibel. Als Therapie der Wahi gilt eine moglichst radikale chirurgische Exzision und eine Nachbestrahlung (2). Danach betrug die Heilungsrate in einer Patientenserie von Mills 75% (9). Die Rezidivbehandlung der Wahi ist eine Strahlentherapie mittels individualisierter ferngesteuerter Afterloadingtechnik (15).

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Abb. 2 Vachstum des Asthesioneuroblastoms in typiscben Neuroblastomrosetten. Positiver Nacbweis der neuronspezifischen Enolase (APAAP x 3001

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der positive Nachweis der neuronspezifischen Enolase er-

härtete die Diagnose. Es lag das von Olsen und Mitarb. als typisch angegebene Bud eines kleinzelligen, zelireichen Tumors vor, der teils in umschriebenen Nestern, teils diffus wachst und eine fibrilläre Zwischensubstanz aufweist, die den neuronalen Zellfortsätzen entspricht (13). Weniger haufig, im beschriebenen Fall nicht nachweisbar, sind Rosetten vom Flexnertyp (drUsenartige Strukturen) oder vom Homer-Wright-Typ (Pseudorosetten) (13).

16

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in der vorliegenden Form angenommen am 22. 11. 91.

Immunhistochemisch finden sich in Uber 80% der Falle neuronspezifische Enolase, seltener Neurofilamente und S 100-Protein-positive Zellen (17). In 30% ist auch der Zytokeratinnachweis positiv, so dalI em Karzinom auf diese Weise nicht abgrenzt werden kann (10). Die Diagnose läBt sich auch durch den Nachweis von Katecholaminen oder synthetisierender Enzyme wie TyrosinHydroxilase erhärten. Elektronenoptisch finden sich neurosekretorische Granula sowie Neurotubuli (16).

Tb. Friedrich Pathologisches Institut Dr.

Liebigstralte 26

0-7010 Leipzig

der Universität Leipzig

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[Esthesioneuroblastoma with orbital invasion].

The authors report on an 83-years-old woman with esthesioneuroblastoma (ENB). The first clinical manifestation was an invasion of the suborbital and o...
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