Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten | Commentary

Eosinophile Ösophagitis Eosinophilic esophagitis S. Miehlke1 Gastroenterologie Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten | Commentary

Schlüsselwörter eosinophile Ösophagitis topische Corticosteroide Eliminationsdiät Protonenpumpenhemmer Remodeling

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Keywords eosinophilic esophagitis topical corticosteroids elimination diet proton pump inhibitors remodeling

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Institut Magen-Darm-Zentrum, Facharztzentrum Eppendorf, Hamburg Bibliografie DOI 10.1055/s-0033-1359965 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 : 272–274 · © Georg Thie0 me Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. med. Stephan Miehlke Magen-Darm-Zentrum, Facharztzentrum Eppendorf Eppendorfer Landstr. 42 20249 Hamburg Tel. 040/4602001 eMail prof.miehlke@ mdz-hamburg.de www.mdz-hamburg.de

Was ist neu? 3Eosinophile Ösophagitis: Die eosinophile Ösophagitis (EoE) gilt mittlerweile als zweithäufigste entzündliche Ösophaguserkrankung (nach der Refluxkrankheit). Leitsymptom bei Erwachsenen ist die Dysphagie und Bolusobstruktion. Unbehandelt führt die Erkrankung in einem hohen Prozentsatz zu ösophagealen Strikturen. 3Endoskopische Diagnostik: Typische endoskopische Befunde sind das weiße Exsudat, rötliche Längsfurchen, Schleimhautödem und fixierte Ringe bzw Strikturen. Diese haben eine hohe Spezifität, aber ein relativ niedrige Sensitivität. Ein neues endoskopische Klassifikationsund Grading-System ist seit kurzem verfügbar und wird die Validität der endoskopischen Diagnostik zukünftig verbessern. 3Topische Kortikosteroide: Lokal appliziertes Budesonid führt bereits nach 2-wöchiger Therapie in einem hohen Prozentsatz zu einer histologischen Remission und einem klinischen und endoskopischen Ansprechen. Die flüssige Suspension ist der gesprühten Applikation überlegen. Es existieren bis dato noch keine zugelassenen Therapien. In klinischen Studien werden gegenwärtig verschiedene Applikationsformen evaluiert. 3Eliminationsdiät: Die sogenannte 6-FoodEliminationsdiät (Kuhmilch, Weizen, Eier, Soja, Nüsse, Meeresfrüchte) führt in einem hohen Prozentsatz zu einer histologischen Remission und einem klinischen und endoskopischen Ansprechen. Bei Erwachsenen scheinen Kuhmilch und Weizen die Haupttrigger der Erkrankung zu sein. Eine allergologische Diagnostik kann nur bei wenigen Patienten das verantwortlichen Antigen identifizieren. 3Protonenpumpeninhibitoren (PPI), endoskopische Therapie: Bei Verdacht auf EoE kann initial eine zeitlich limitierte PPI-Therapie versucht werden, um differenzialdiagnostisch eine Refluxkrankheit abzugrenzen bzw. Patienten mit einer sogenannten PPI-responsiven ösophagealen Eosinophilie zu identifizieren. Die endoskopische Dilatation sollte nur bei steroidrefraktären Strikturen und mit gebotener Expertise erfolgen.

Eosinophile Ösopagitis ▼ Die eosinophile Ösophagitis (EoE) ist eine zunehmend häufig diagnostizierte chronisch-entzündliche Erkrankung der Speiseröhre. Die Erkrankung ist antigen-/immunvermittelt und

kann in jedem Lebensalter auftreten; der Gipfel liegt zwischen dem 35. und 40.  Lebensjahr. Es besteht eine deutliche männliche Prädominanz. Bei Erwachsenen ist das Leitsymptom die Dysphagie und die Bolusobstruktion [12]. Eine prospektive Kohortenstudie aus der Schweiz (1989 bis 2009) konnte zeigen, dass erst ab 2003 ein signifikanter Anstieg der Inzidenz von 0,7 auf 7,4/100 000 Einwohner zu verzeichnen war. Die kumulative Prävalenz der EoE in 2009 wurde mit 43/100 000 beziffert [4]. In gleicher Weise hat eine populationsbasierte Studie aus Kanada einen Anstieg der Inzidenz von 2,1/100 000 im Jahr 2004 auf 11/100 000 in 2008 festgestellt (jährlicher Anstieg um 39 %). Interessanterweise wurde in diesem Beobachtungszeitraum auch eine signifikante Zunahme der Ösophagusbiopsierate bei Dysphagie beobachtet [14]. Dies lässt darauf schließen, dass neben einer wahren Zunahme auch eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber der Erkrankung besteht. Diese Annahme wird auch durch eine prospektive australische Studie an 539 Patienten mit akuter Bolusobstruktion gestützt. In einem 15-jährigen Beobachtungszeitraum nahm die Prävalenz der EoE als Ursache der Bolusobstruktion von 0 auf 35 % zu, während die Prävalenz peptische Strikturen von 75 % auf 41 % sank. Die Anteil der Patienten mit Ösophagusbiopsien in der Indexendoskopie stieg ebenfalls signifikant von 8 % auf 61 % [8]. Über den natürlichen Verlauf der EoE ist noch nicht viel bekannt. Ein aktuelle retrospektive Analyse von 200 Patienten der schweizerischen EoE-Datenbank hat eine signifikante Korrelation zwischen dem diagnostischen Zeitfenster (Beginn der Symptome bis Sicherung der Diagnose) und der Prävalenz ösophagealer Strikturen aufzeigen können [10]. Bei einem Zeitfenster von unter 2 Jahren lag die Strikturrate unter 20 %, bei einem Zeitfenster über 15 Jahre bei über 60 %. Diese Daten belegen eindeutig die Notwendigkeit einer frühzeitigen Diagnose und einer effektiven Therapie.

Klinische Relevanz Die eosinophile Ösophagitis ist mittlerweile die zweithäufigste entzündliche Erkrankung der Speiseröhre und die häufigste Ursache für Dysphagie bei jüngeren Patienten. Unbehandelt entwickeln sich bei der überwiegenden Zahl der Patienten im Langzeitverlauf Strikturen oder eine Stenose des Ösophagus.

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Abb. 1 Endoskopische Befunde bei eosinophiler Ösophagitis. a Exsudat. b Furchen, Ödem. c Fixierte Ringe. d Stenose/Striktur.

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Bislang gibt es keine zugelassenen Therapien. In klinischen Studien werden Kortikosteroide in verschiedenen „ösophagusspezifischen“ Applikationsformen sowie neue Antiallergika und Biologika evaluiert.

Endoskopische Diagnostik ▼

Topische Kortikosteroide ▼

Als typische endoskopische Befunde gelten Ringe, Furchen, Exsudat, Ödem, Strikturen und das Krepppapier-Zeichen (q Abb. 1). Eine Metaanalyse von 100 Studien mit insgesamt 4678 EoE-Patienten hat ergeben, dass diese Befunde zwar eine hohe Spezifität (90–95 %), aber eine sehr niedrige Sensitivität aufweisen (15–48 %). Ein endoskopisch unauffälliger Befund wurde in 17 % der Fälle beschrieben [6]. Um die Validität endoskopischer EoE-Befunde zu verbessern, wurde auf dem Boden einer Validierungsstudie ein neues endoskopisches Klassifikations- und Gradingsystem erarbeitet [3]. Dieses beschreibt als Major-Befunde fixierte Ringe, Exsudat, Längsfurchen und das Ödem und definiert Schweregrade dieser Befunde. Die Anwendung dieses neuen Klassifikationsystems wird zukünftig die Vergleichbarkeit endoskopischer Befunde in Studien und in der klinischen Praxis verbessern. Wichtig ist die Entnahme ausreichend vieler, möglichst gezielter Biopsien aus dem distalen und proximalen Ösophagus (mind. 4–5), um der manchmal fleckförmigen Verteilung des eosinophilen Infiltrats gerecht werden (diagnostischer Grenzwert > 15 Eosinophile pro Hauptgesichtsfeld [high power field, HPF]).

In einer ersten randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie bei 36 Erwachsenen mit aktiver EoE erbrachte eine 15-tägige Therapie mit Budesonid-Suspension (2 × 1 mg/d oral) in 72 % der Fälle eine histologische Remission (p  15 mm (OR 5,0). Somit kann die endoskopische Therapie als risikoarm betrachtet werden, vorausgesetzt der Endoskopiker geht vorsichtig vor . Die endoskopische Dilatation sollte allerdings nur bei steroidrefraktären Stenosen/Strikturen erfolgen (q Abb. 2).

Klinische Relevanz Bei Verdacht auf eine eosinophile Ösophagitis ist initial eine hochdosierte PPI-Therapie sinnvoll, um eine sogenannte PPI-responsive ösophageale Eosinophilie abzugrenzen. Eine Komedikation von topischen Steroiden und PPI kann in Einzelfällen sinnvoll sein. Bei steroidrefraktären Strikturen ist eine vorsichtige endoskopische Dilatation indiziert.

Autorenerklärung: Der Autor erklärt, dass er Honorare für Vortrags- und Prüfarzttätigkeit von Dr. Falk Pharma (Budesonid) erhalten hat.

1 Dellon ES, Sheikh A, Speck O et al. Viscous topical is more effective than nebulized steroid therapy for patients with eosinophilic esophagitis. Gastroenterology 2012; 143: 321–324 2 Gonsalves N, Yang GY, Doerfler B et al. Elimination diet effectively treats eosinophilic esophagitis in adults; food reintroduction identifies causative factors. Gastroenterology 2012; 142: 1451–1459 3 Hirano I, Moy N, Heckman MG et al. Endoscopic assessment of the oesophageal features of eosinophilic oesophagitis: validation of a novel classification and grading system. Gut 2013; 62: 489–495 4 Hruz P, Straumann A, Bussmann C et al.Swiss EoE study group. Escalating incidence of eosinophilic esophagitis: a 20-year prospective, population-based study in Olten County, Switzerland. J Allergy Clin Immunol 2011; 128: 1349–1350 5 Jung KW, Gundersen N, Kopacova J et al. Occurrence of and risk factors for complications after endoscopic dilation in eosinophilic esophagitis. Gastrointest Endosc 2011; 73: 15–21 6 Kim HP, Vance RB, Shaheen NJ et al. The prevalence and diagnostic utility of endoscopic features of eosinophilic esophagitis. Clin Gastroenterol Hepatol 2012; 10: 988–996 7 Lucendo AJ, Arias A, Gonzalez-Cervera J et al. Empiric 6-food elimination diet induced and maintained prolonged remission in patients with adult eosinophilic esophagitis. J Allergy Clin Immunol 2013; 131: 797–804 8 Mahesh VN, Holloway RH, Nguyen NQ. Changing epidemiology of food bolus impaction: is eosinophilic esophagitis to blame?. J Gastroenterol Hepatol 2013; 28: 963–966 9 Molina-Infante J, Ferrando-Lamana L, Ripoll C et al. Esophageal eosinophilic infiltration responds to proton pump inhibition in most adults. Clin Gastroenterol Hepatol 2011; 9: 110–117 10 Schoepfer AM, Safroneeva E, Bussmann C et al. Delay in diagnosis of eosinophilic esophagitis increases risk for stricture formation in a time-dependent manner. Gastroenterology 2013; Aug 13. doi:pii:S0016-5085(13)01161X 11 Straumann A, Conus S, Degen L et al. Budesonide is effective in adolescent and adult patients with active eosinophilic esophagitis. Gastroenterology 2010; 139: 1526–1537 12 Straumann A, Aceves SS, Blanchard C et al. Pediatric and adult eosinophilic esophagitis: similarities and differences. Allergy 2012; 67: 477–490 13 Straumann A, Conus S, Degen L et al. Longterm budesonide maintenance treatment is partially effective for patients with eosinophilic esophagitis. Clin Gastroenterol Hepatol 2011; 9: 400–409 14 Syed AA, Andrews CN, Shaffer E et al. The rising incidence of eosinophilic oesophagitis is associated with increasing biopsy rates: a population-based study. Aliment Pharmacol Ther 2012; 36: 950–958 15 von Arnim U, Miehlke S, Madisch A et al. Eosinophile Ösophagitis – Neues zur Pathogenese, Diagnostik und Therapie. Z Gastroenterol 2013; im Druck.

Bitte Foto nachreichen Prof. Dr. med. Stephan Miehlke Magen-Darm-Zentrum, Facharztzentrum Eppendorf, Hamburg

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 272–274 · S. Miehlke, Eosinophile Ösophagitis

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