Klinische Studie

Endothelzellverlust nach retropupillar fixierter Irisklauen-Linse Endothelial Cell Loss after Retropupillary Iris-Claw Intraocular Lens Implantation

Autoren

J. Gonnermann 1, S. Amiri 1, 2, M. Klamann 1, A.-K. B. Maier 1, A. M. Joussen 1, P. W. Rieck 1, 3, N. Torun 1, E. Bertelmann 1

Institute

1 2 3

Schlüsselwörter " Irisklauen‑Linse l " Aphakie l " IOL‑Austausch l " retropupillar l " Verisyse l " Artisan l Key words " iris‑claw lens l " aphakia l " IOL exchange l " retropupillar l " Verisyse l " Artisan l

eingereicht 27. 2. 2014 akzeptiert 8. 4. 2014 Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1368453 Online-publiziert 3.7.2014 Klin Monatsbl Augenheilkd 2014; 231: 784–787 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0023-2165 Korrespondenzadresse Dr. Johannes Gonnermann Klinik für Augenheilkunde, Campus Virchow Klinikum Charité – Universitätsmedizin Berlin Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Tel.: +49/(0) 30/4 50 65 42 29 Fax: +49/(0) 30/4 50 55 49 00 johannes.gonnermann@ charite.de

Klinik für Augenheilkunde, Campus Virchow Klinikum, Charité – Universitätsmedizin Berlin Universitätsklinik für Augenheilkunde, Medizinische Hochschule Hannover Abteilung für Augenheilkunde, Schlosspark-Klinik, Berlin

Zusammenfassung

Abstract

!

!

Fragestellung: Die Indikation, visuelle und refraktive Ergebnisse, Endothelzellverlust und Komplikationsrate nach retropupillar fixierter Irisklauen-Linse wurden untersucht. Patienten und Methoden: Die retrospektive Studie umfasst 62 Augen von 56 Patienten ohne adäquaten Kapselsackhalteapparat, bei denen eine retropupillar fixierte Irisklauen-Linse (Verisyse™/Artisan®) im Zeitraum von 2006 bis 2012 implantiert wurde. Der mittlere Nachbeobachtungszeitraum betrug 34 Monate (Spannbreite: 13 bis 78 Monate). Ergebnisse: Bei 11 phaken Augen erfolgte eine primäre Irisklauen-Linsen-Implantation (17,8 %), bei 17 aphaken Augen erfolgte eine sekundäre IOL-Implantation (27,4 %) und bei 34 pseudophaken Augen erfolgte ein IOL-Austausch (54,8 %). Der beste brillenkorrigierte Fernvisus (BSCVA) verbesserte sich signifikant von präoperativ 0,61 ± 0,65 logMar auf postoperativ 0,24 ± 0,45 logMar (p < 0,001). Das mittlere sphärische Äquivalent (SE) verbesserte sich von präoperativ 7,25 ± 5,04 Dioptrien (dpt) (Spannbreite: − 10,25 bis + 16,0 dpt) auf postoperativ − 0,21 ± 1,01 dpt (Spannbreite: − 4,0 bis + 3,0 dpt). Die mittlere zentrale Endothelzelldichte betrug präoperativ 1844 ± 690 Zellen/mm2. Es kam postoperativ zu einem statistisch nicht signifikanten Endothelzellverlust von 5,5 % auf 1743 ± 721 Zellen/mm2 (p > 0,05). Die Komplikationen beinhalteten ein zystoides Makulaödem bei 4 Augen (6,4%), eine passagere, frühpostoperative Hypotonie bei 2 Augen (3,2 %), eine querovale Pupillenverziehung bei 2 Augen (3,2 %), eine traumatische Deenklavation einer Haptik bei 2 Augen (3,2 %) sowie eine spontane Deenklavation einer Haptik bei einem Auge (1,6 %). Schlussfolgerung: Die retropupillar fixierte Irisklauen-Linse bietet gute visuelle und refraktive Ergebnisse bei geringem Endothelzellverlust und

Background: The aim of this study was to evaluate the indication, visual and refractive outcome, endothelial cell loss and complication rate after implantation of a posterior iris-claw aphakic intraocular lens (IOL). Patients and Methods: This retrospective study comprised 62 eyes of 56 patients without adequate capsular support undergoing posterior iris-claw aphakic IOL implantation (Verisyse™/ Artisan®) between 2006 and 2012. Mean followup was 34 months (range from 13 to 78 months). Results: The IOLs were inserted during primary lens surgery in 11 phakic eyes (17.8 %), during an IOL exchange procedure for dislocated posterior chamber IOLs in 34 eyes (54.8 %), and as a secondary procedure in 17 aphakic eyes (27.4 %). The final best spectacle-corrected visual acuity (BSCVA) in logMAR (mean 0.24 ± 0.45) improved significantly (p < 0.001) compared to the preoperative BSCVA (mean 0.61 ± 0.65). The mean spherical equivalent improved from preoperative 7,25 ± 5,04 diopters (D) (range − 10.25 to + 16.0 D) to − 0.21 ± 1.01 D (range − 4.0 to 3.0 D) postoperatively. Mean central endothelial cell density was 1844 ± 690 cells/mm2 preoperatively. After surgery mean endothelial cell density decreased statistically not significant with a loss of 5.5 % to 1743 ± 721 cells/mm2 (p > 0.05) at last follow-up visit. Complications included cystoid macular oedema in 4 eyes (6.4 %), early postoperative hypotony in 2 eyes (3.2%), pupil ovalisation in 2 eyes (3.2 %), traumatic iris-claw IOL disenclavation in 2 eyes (3.2 %) and spontaneous IOL disenclavation in one eye (1.6 %). Conclusions: Retropupillar iris-claw IOL provides good visual and refractive outcomes with a low endothelial cell loss and can be used for a wide range of indications in eyes without adequate capsular support.

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Klinische Studie

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lässt sich in einem breiten Spektrum an Augen ohne adäquaten Kapselsackhalteapparat komplikationsarm implantieren.

Einleitung

Methoden

!

!

Die operative Korrektur von Aphakien und Linsen(sub-)luxationen ohne adäquaten Kapselsackhalteapparat gestaltet sich generell als schwierig. Die Möglichkeiten der chirurgischen Versorgung bestehen in kammerwinkel- und irisgestützten Vorderkammerlinsen, (VKL) sowie transskleral- und irisfixierten Hinterkammerlinsen (HKL) [1–7]. Kammerwinkel- und irisgestützte Vorderkammerlinsen sind häufig mit Nachteilen wie hohem Endothelzellverlust und möglicher pseudophaker bullöser Keratopathie, Makulaödem, Sekundärglaukom, chronischer Uveitis und Hyphäma assoziiert [2, 8– 10]. Transskleral fixierte HKLs erfordern eine längere Operationszeit und können ebenso mit Komplikationen wie intraoperativer Blutung durch Verletzung des Corpus ciliare, Hypotonie, Makulaödem, Naht-Erosiones mit Gefahr der IOL-Dislokation und Endophthalmitis vergesellschaftet sein [1, 11, 12]. Als optisches System entspricht eine Hinterkammerlinse der physiologischen Linsenlokalisation am ehesten und sollte bei größerem Abstand zum kornealen Endothel einen geringeren Endothelzellverlust aufweisen [13, 14]. Somit scheint die retropupillare Fixation einer Irisklauen-Linse eine interessante Alternative. Mehrere Studien haben bereits gute visuelle und refraktive Ergebnisse bei geringer Komplikationsrate aufgezeigt [7, 15–20]. Der Endothelzellverlust nach retropupillarer Implantation einer Irisklauen-Linse wurde jedoch bisher nicht in einem größeren Patientenkollektiv untersucht. In dieser retrospektiven Studie beschreiben wir unsere Langzeitergebnisse und den Endothelzellverlust nach retropupillarer Irisklauen-Linsen-Implantation.

Die prä- und postoperativen Untersuchungen bestanden aus bestem brillenkorrigiertem Fernvisus (BSCVA), manifester Refraktion, sphärischem Äquivalent (SE), Goldmann-Tonometrie, zentraler Endothelzelldichte (Noncon Robo-CA; Konan), Spaltlampenuntersuchung und Funduskopie. Die Visusergebnisse wurden zur besseren statistischen Auswertung in log-Mar-Einheiten ermittelt [21]. Die IOL-Berechnung erfolgte mittels optischer Biometrie des IOL Masters (Carl Zeiss Meditec, Jena) nach SRK/T-Formel mit einer A-Konstante von 117.0 [22].

Patienten

Statistische Auswertung

!

Die statistische Auswertung der erhobenen Daten erfolgte mit dem Statistikprogramm PAWS 19.0 Version Mac (SPSS, Chicago, Illinois, USA). Dabei wurde der Mittelwert mit Standardabweichung, der Median sowie Minima und Maxima berechnet. Auf Normalverteilung wurde bei allen Ergebnissen getestet. Normalverteilte Variablen wurden mit dem t-test für abhängige Variablen untersucht. Der Mann-Whitney-U-Test wurde bei nicht parametrischen Variablen verwendet. p-Werte ≤ 0,05 wurden als statistisch signifikant gewertet.

Unter Peribulbär- oder Allgemeinanästhesie wurden ein 5,5 mm breiter, sklerokornealer Tunnel bei 12 h sowie 2 Parazentesen bei 3 und 9 h angelegt. Unter Viskoelastikumschutz erfolgte, nach ggf. erforderlicher anteriorer Vitrektomie bei Glaskörperprolaps, die inverse Implantation der Irisklauen-Linse zunächst in die Vorderkammer. Nach Pupillenverengung mittels Acetylcholinchlorid 1% (Miochol-E, Bausch & Lomb) wurde die IOL mit einer Implantationspinzette an der Optik stabilisiert und retropupillar positioniert. Nachdem die optimale Orientierung der IOL mithilfe des Purkinje-Reflexes überprüft wurde, erfolgte die retroiridale Enklavation des mittleren Irisstromas im Bereich der Haptikklauen der IOL mithilfe eines feinen Irisspatels in der 3- und 9-h-Position von anterior über die Parazentese. Eine chirurgische Iridektomie erfolgte nicht. Nach Absaugen des Viskoelastikums erfolgte der Verschluss des sklerokornealen Tunnels mit 10/0-Nylon-Einzelknopfnähten. Danach wurde die Konjunktiva mittels 7/0-Polyglactin-Einzelknopfnähten (Vicryl; Ethicon Inc., Johnson & Johnson Co., Somerville, New Jersey, USA) adaptiert.

Ergebnisse !

Die mittlere Nachbeobachtungszeit lag bei 34 ± 19 Monaten " Tab. 1–3 zeigen die Indi(Spannbreite: 13 bis 78 Monate). Die l kationen für die Implantation der retropupillar fixierten Irisklauen-Linse. Bei 11 phaken Augen erfolgte eine primäre VerisyseImplantation, bei 17 aphaken Augen erfolgte eine sekundäre IOL-Implantation und bei 34 pseudophaken Augen erfolgte ein IOL-Austausch. Der mittlere, beste brillenkorrigierte Fernvisus (BSCVA) verbesserte sich signifikant von präoperativ 0,61 ± 0,65 logMar auf postoperativ 0,24 ± 0,45 logMar (p < 0,001). Bei 50 Augen (80,6%) kam es zu einem postoperativen Visusanstieg. 11 Augen (21,1%) hat-

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Diese retrospektive Studie umfasst 62 Augen von 56 Patienten (17 ♀, 39 ♂, mittleres Alter: 57 Jahre, Spannbreite: 8–84 Jahre), bei denen im Zeitraum von April 2006 bis Juli 2012 eine retropupillar fixierte Irisklauen-Linse (Verisyse VRS54; Ophthec BV, Groningen, Niederlande; Advanced Medical Optics, Inc., Santa Ana, California, USA) von 2 Operateuren (EB, PR) am Campus Virchow-Klinikum implantiert wurde. Die Studie wurde nach den Richtlinien der Deklaration von Helsinki durchgeführt. Ferner erhielt diese retrospektive Fallserie ein Ethikvotum der Ethikkommission der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Einschlusskriterien waren ein inadäquater Kapselsackhalteapparat, eine Aphakie oder dislozierte IOL, eine adäquate Irismorphologie mit intaktem Irisstroma zur optimalen Haptik-Enklavation, eine präoperative zentrale Endothelzelldichte > 1000 Zellen/mm2 sowie ein minimaler Nachbeobachtungszeitraum > 12 Monaten. Patienten, bei denen keine zentrale Endothelzelldichte prä- oder postoperativ ermittelt werden konnte, wurden ausgeschlossen.

Operatives Verfahren

Klinische Studie ten einen Gewinn ≥ 2 Zeilen. Bei 2 Augen (3,3 %) verschlechterte sich der BSCVA. Insgesamt erreichten 77,4 % aller Augen einen postoperativen Visus von 0,3 logMar oder besser. Die präoperative Refraktion lag im sphärischen Äquivalent (SE) zwischen − 10,25 und + 16,0 Dioptrien (dpt) (Mittelwert: 7,25 ± 5,04 dpt). Das mittlere postoperative SE betrug − 0,21 ± 1,01 dpt (Spannbreite: − 4,0 bis + 3,0 dpt). Postoperativ lagen 36 Augen (58,1 %) innerhalb eines 0,5-dpt-Intervalls der Zielrefraktion und 48 Augen (77,4%) innerhalb eines 1-dpt-Intervalls der Zielrefraktion (sphärisches Äquivalent). Der mittlere Augeninnendruck verringerte sich von prä(16,7 ± 5,3 mmHg) zu postoperativ (15,2 ± 3,0 mmHg) nicht signifikant (p > 0,05). Die mittlere zentrale Endothelzelldichte betrug präoperativ 1844 ± 690 Zellen/mm2 (Spannbreite: 1014 bis 3787 Zellen/ mm2). Es kam postoperativ zu einem statistisch nicht signifikanten Endothelzellverlust von 5,5 % auf 1743 ± 721 Zellen/mm2 (Spannbreite: 848 bis 3610 Zellen/mm2) über den gesamten Nachbeobachtungsraum (p > 0,05). Die Komplikationen beinhalteten ein zystoides Makulaödem bei 4 Augen (6,4 %) in der frühen postoperativen Phase (Mittelwert: 2 Monate), eine passagere, selbstlimitierende Hypotonie im 1. postoperativen Monat bei 2 Augen (3,2%), eine traumatische Deenklavation einer Haptik bei 2 Augen (3,2 %) 2 Monate und 14 Monate nach Operation sowie eine spontane Deenklavation einer Haptik im 1. postoperativen Monat bei 1 Auge (1,6 %). Ferner zeigte sich bei 2 Augen (3,2 %) eine persistierende, querovale Pupillenverziehung bei der letzten Nachbeobachtung.

Diskussion !

Ursprünglich von Worst et al. 1972 entwickelt und bis heute in der phaken refraktiven Linsenchirurgie verwendet, wurde die einstückige Irisklauen-Linse aus Polymethylmethacrylat (PMMA) in den 1980er-Jahren in der anterioren Fixationsvariante zur Aphakiekorrektur eingeführt und weiter verbessert [23, 24]. Kontrovers werden jedoch bis heute die Vor- und Nachteile der posterioren gegenüber der anterioren Fixation diskutiert [3, 4, 7, 16, 17, 25]. Mohr et al. veröffentlichten 2002 erstmals in Deutschland ihre guten chirurgischen und refraktiven 1-Jahres-Ergebnisse mit der retropupillaren Fixation einer Irisklauen-Linse bei 48 aphaken Augen als einfache und atraumatische sekundäre Linsenimplantation [7]. 2012 konnten Gonnermann et al. in einer Studie an 137 Augen die guten Ergebnisse der retropupillaren Irisklauen-Linse sowohl bei primärer und sekundärer Implantation als auch beim IOL-Austausch bestätigen [17]. Die Vorteile der retropupillaren Irisklauen-Linse liegen in der Berücksichtigung der anatomischen Vorderkammerverhältnisse mit tieferer Vorderkammer, größerem iridokornealem Kammerwinkel und größerem Abstand zum kornealen Endothel [13, 16]. Zudem gewährleistet die invers retropupillar fixierte IrisklauenLinsen-Implantation einen ausreichenden Abstand von der Rückseite der Iris, sodass eine chirurgische Iridektomie zur Prävention eines Pupillarblocks nicht erforderlich ist [7, 16, 17]. Die Kritiker der retropupillaren Fixationstechnik sehen v. a. die Möglichkeit einer vollständigen IOL-Dislokation in den Glaskörperraum bzw. auf die Netzhaut als Hauptkritikpunkt. Dafür müssten jedoch beide Klauenhaptiken gleichzeitig ohne Bemerken des Patienten deenklavieren [16]. Dies ist bisher jedoch noch nicht in der Literatur beschrieben.

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Tab. 1 Indikation zur primären Irisklauen-Linsen-Implantation bei Subluxatio lentis. Genese

Anzahl Augen

%

(n = 11) Marfan-Syndrom idiopathische Subluxatio lentis

9 2

81,8 % 18,2 %

Tab. 2 Indikation zur sekundären Irisklauen-Linsen-Implantation bei Aphakie ohne adäquaten Kapselsackhalteapparat. Genese

Anzahl Augen

%

(n = 17) Trauma Cataracta congenita Z. n. komplizierter Kataraktoperation Z. n. ICCE und Uveitis Z. n. ICCE

8 4 3 1 1

47,1 % 23,5 % 17,6 % 5,9 % 5,9 %

ICCE = intracapsular cataract extraction

Tab. 3 Indikation zum IOL-Austausch durch Irisklauen-Linsen-Implantation bei IOL-Dislokation ohne adäquaten Kapselsackhalteapparat. Genese

Anzahl Augen

%

(n = 34) Pseudoexfoliatio lentis Z. n. Pars-plana-Vitrektomie Uveitis Zonulafaserdefekt unklarer Genese Trauma Z. n. komplizierter Kataraktoperation Vorderkammerlinse

18 6 3 2 2 2 1

52,9 % 17,7 % 8,8 % 5,9 % 5,9 % 5,9 % 2,9 %

Güell et al. veröffentlichten 2014 die bisher größte Fallserie zur anterioren Fixation der Irisklauen-Linse bei 128 aphaken Augen mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 41,8 ± 23,63 Monaten [3]. Bei 63,28 % kam es zu einer Verbesserung des mittleren, besten brillenkorrigierten Fernvisus (BSCVA); jedoch hatten nur 45,31 % der Augen einen postoperativen BSCVA von 0,3 logMar oder besser. Das sphärische Äquivalent betrug im Mittel − 1,14 ± 2,45 dpt. Die postoperativen Komplikationen beinhalteten einen Pupillarblock in 2 Augen (1,56 %) trotz chirurgischer Iridektomie, eine passagere Augeninnendruckerhöhung in 3 Augen (2,34 %), einen IOL-Austausch in 1 Auge (0,78 %), ein zystoides Makulaödem in 4 Augen (3,12%) sowie eine perforierende Keratoplastik und IOL-Entfernung in 2 Augen (1,56 %). Ferner zeigte sich ein signifikanter Endothelzellverlust von 12,34% von präoperativ 2237,47 ± 793,33 Zellen/mm2 auf 1961,40 ± 1034,77 Zellen/mm2 5 Jahre postoperativ. De Silva et al. publizierten 2011 ihre Ergebnisse nach anteriorer aphaker Irisklauen-Linsen-Implantation bei 116 Augen mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 22,4 ± 18 Monaten [25]. 80 Augen (68,9 %) insgesamt und 88,7 % der Augen ohne okuläre Komorbiditäten erreichten einen postoperativen Fernvisus von 0,3 logMar oder besser. Die häufigsten postoperativen Komplikationen bestanden aus Wunddehiszenz bei 6%, Augeninnendruckerhöhung bei 9,5%, IOL-Dislokation bei 6 %, zystoides Makulaödem bei 7,7 %, Ablatio retinae bei 0,8% und Hornhautdekompen-

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sation bei 1,7 % der Augen. Die Endothelzelldichte wurde nicht bestimmt. Unsere aktuelle Studie bei retropupillarer Fixation der Irisklauen-Linse konnte vergleichbare visuelle und refraktive Ergebnisse bei ähnlicher Komplikationsrate aufweisen. Die visuellen Ergebnisse unserer Studie, wie auch in den vorher diskutierten Vergleichsstudien, geben jedoch nur den besten brillen- und nicht kontaktlinsenkorrigierten Fernvisus wieder. Insgesamt erreichten 77,4 % aller Augen unseres Studienkollektivs einen postoperativen Visus von 0,3 logMar oder besser. Bei 50 Augen (80,6%) kam es zu einem postoperativen Visusanstieg. Bei 2 Augen (3,3%) verschlechterte sich der BSCVA aufgrund eines chronischen, zystoiden Makulaödems. Das mittlere postoperative sphärische Äquivalent betrug − 0,21 ± 1,01 dpt nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 34 Monaten. Die Komplikationen beinhalteten ein zystoides Makulaödem bei 6,4 %, eine passagere, frühpostoperative Hypotonie bei 3,2 %, eine traumatische Deenklavation einer Haptik bei 3,2 % sowie eine spontane Deenklavation einer Haptik bei 1,6 % der Augen. Das Auftreten eines Pigmendispersionsglaukoms oder Pupillarblocks sowie die Entgleisung eines bekannten Glaukoms konnte in unserer Studie nicht beobachtet werden. Der Endothelzellverlust in unserer Studie nach retropupillarer Fixation betrug 5,5 % nach 34 Monaten im Vergleich zu 12,34 % nach anteriorer Fixation einer aphaken Irisklauen-Linse in der Fallseries von Güell et al. nach 41,8 Monaten [3]. In einer anderen Studie mit 16 aphaken Augen nach anteriorer Irisklauen-Linse beschrieben Güell et al. nach 3 Jahren postoperativ bereits 2005 einen Endothelzellverlust von 10,9 % [26]. Limitationen unserer Studie bestehen, wie jedoch bei den meisten Studien über chirurgische Aphakiekorrektur, in dem retrospektiven Studiendesign und dem Fehlen einer direkten Vergleichsgruppe. Zudem handelt es sich um ein heterogenes Studienkollektiv aus Augen sowohl nach primärer und sekundärer Irisklauen-Linsen-Implantation als auch nach intraokularem Linsenaustausch. Dennoch scheint der im Vergleich niedrigere Endothelzellverlust in unserer Studie nach retropupillar fixierter Irisklauen-Linse die allgemeine Vermutung zu bestätigen, dass bei Zunahme des Abstands einer Irisklauen-Linse vom kornealen Endothel der Endothelzellverlust geringer ist.

Schlussfolgerung !

Die Implantation einer retropupillaren Irisklauen-Linse stellt eine sichere und effektive chirurgische Korrektur einer Aphakie oder Linsen(sub-)luxation in Augen ohne adäquaten Kapselsackhalteapparat bei intaktem Irisstroma dar und hat in unserer Klinik den Einsatz von Vorderkammerlinsen und skleranahtfixierte IOLs vollständig abgelöst. Die tiefere postoperative Vorderkammer und der größere Abstand vom kornealen Endothel resultieren in einem geringen Endothelzellverlust.

Interessenkonflikt !

Nein.

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Klinische Studie

[Endothelial cell loss after retropupillary iris-claw intraocular lens implantation].

The aim of this study was to evaluate the indication, visual and refractive outcome, endothelial cell loss and complication rate after implantation of...
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