Übersicht

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Endoskopisches Management postoperativer Gallengangskomplikationen

Autoren

F. T. Kolligs, J. Schirra

Institut

Medizinische Klinik und Poliklinik II, Klinikum der Universität München

Schlüsselwörter

Zusammenfassung

Abstract

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Die Endoskopisch-retrograde Cholangio-Pankreatikografie (ERCP) ist die Methode der ersten Wahl bei postoperativen Komplikationen an den Gallenwegen. Sie treten meist als Leckagen nach Cholezystektomien und Leberteilresektionen auf. Nach Lebertransplantation sind Gallelecks, Stenosen sowie Gangobstruktionen die häufigsten Komplikationen, die mit signifikanter Morbidität und Mortalität sowie der Gefahr des Transplantatversagens einhergehen. Die Chance zur langfristig erfolgreichen Therapie einer Gallengangskomplikation mittels ERCP hängt von 3 Faktoren ab: (i) Art, Lokalisation und Umfang der Schädigung, (ii) Zeitpunkt des Auftretens nach der Operation und (iii) der konsequenten Durchführung der endoskopischen Therapie. Bei veränderter Anatomie, wie sie eine Hepatiko- oder Choledocho-Jejunostomie darstellten, kann die endoskopische Therapie in vielen Fällen via Enteroskopie erfolgen.

Endoscopic-retrograde cholangiopancreaticography (ERCP) is the method of choice for the treatment of surgical complications of the biliary system. Biliary leaks most frequently occur after cholecystectomy and partial liver resection. The most frequent complications after liver transplantation include biliary leaks, strictures and obstructive cholestasis. They are associated with significant morbidity and mortality as well as the risk of failure of the transplanted organ. The chance for a long-term successful therapy via ERCP is dependent on three main factors: (i) type, localisation and extent of the biliary damage, (ii) the time-point of appearance after surgery and (iii) the consequent accomplishment of the endoscopic therapy. In case of altered anatomy, e. g., hepatico- or choledocho-jejunostomy, endoscopic therapy can often be accomplished via an enteroscopic approach.

Biliäre Komplikationen sind relativ seltene, aber typische Komplikationen nach Cholezystektomie und Leberteilresektionen. Leckagen treten dabei am häufigsten auf. Nach Lebertransplantation (LTx) treten Komplikationen der Gallenwege jedoch in etwa 30 % aller Fälle auf. Sie sind damit die häufigste Komplikation nach LTx und resultieren in einer signifikanten Morbidität und Mortalität sowie bei Transplantatversagen in der Notwendigkeit zur Retransplantation. Das Spektrum biliärer Komplikationen nach Lebertransplantation umfasst Gallelecks, Stenosen sowie Obstruktion durch biliary cast und Konkremente (zur Übersicht [1]). Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Gastroenterologie, Endoskopie und hepatobiliärer Chirurgie ist erforderlich, um postoperative Komplikationen für den individuellen Patienten bestmöglich zu managen. Die meisten Komplikationen können mittels endoskopisch-retrograder

Cholangio-Pankreatikografie (ERCP) auch langfristig gut behandelt werden. Die ERCP stellt die Methode der Wahl zur Therapie postoperativer biliärer Komplikationen dar. Der Erfolg der endoskopischen Therapie hängt jedoch von der Art, der Lokalisation und dem Umfang der Schädigung sowie dem Zeitpunkt des Auftretens nach Operation und der konsequenten Durchführung der endoskopischen Therapie ab. Das vorliegende Review stellt deshalb die Sicht des Endoskopikers mit Art und Lokalisation der Läsion in den Vordergrund, nicht die der Komplikation vorausgegangene, ursächli" Tab. 1). che Operation (●

● ERCP ● endoskopisch-retrograde "

● ● ● ● " " " "

Cholangio-Pankreatikografie Stenose Obstruktion Gallengangs-Leckage Stent

Key words

● ERCP ● endoscopic-retrograde " "

cholangiopancreaticography

● stenosis ● obstruction ● biliary leaks ● stents " " " "

eingereicht 1.7.2014 akzeptiert 25.9.2014 Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1385420 Z Gastroenterol 2014; 52: 1413–1422 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0044-2771 Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Frank T. Kolligs Medizinische Klinik und Poliklinik II, Klinikum der Universität München, Campus Großhadern Marchioninistraße 15 81377 München Tel.: ++ 49/0 89/4 40 07 52 71 Fax: ++ 49/0 89/4 40 07 22 72 [email protected]

Leckage der Gallenwege !

Nach offener oder laparoskopischer Cholezystektomie, nach Leberteilresektion oder Lebertrans-

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Endoscopic management of surgical biliary complications

Übersicht

Tab. 1

Endoskopische Therapie postoperativer Gallengangskomplikationen.

Operation

Komplikation

Merkmale

Endoskopische Therapie Outcome

Cholezystektomie

Leberteilresektion

Lebertransplantation

Leckage

Meist früh-postoperativ Zystikusleckage (Typ A1*) Rechtshepatisch peripheres Gallenblasenbett (Luschka) (Typ A2*) D. choledochus (Typ C*)

Biliäre Sphinkterotomie und Drainage

Bei kleinen und mittleren Leckagen ausreichend

Durchtrennung des DHC (Typ D*)



Stenose

Meist spät-postoperativ (Ausnahme Clips) Inkomplette Okklusion des DHC (Typ B1*) Stenose des DHC (Typ E*)

Biliäre Sphinkterotomie, Dilatation und Drainage (progressives Stenting)

Komplette Okklusion des DHC (Typ B2*)



Leckage

Meist früh-postoperativ Resektionsfläche

Biliäre Sphinkterotomie und Drainage

Bei kleinen und mittleren Leckagen ausreichend

Stenosen

Selten, spät-postoperativ nach Hemihepatektomie Hepatikusgabel

Biliäre Sphinkterotomie, Dilatation ± Drainage

Wiederholte Eingriffe Häufig Rezidivstenosen

Leckage

Meist früh-postoperativ Choledochus-Anastomose

Biliäre Sphinkterotomie und Drainage

Bei kleinen und mittleren Leckagen ausreichend

Stenose

Häufig, meist spät-postoperativ Anastomosenstenose

Biliäre Sphinkterotomie, Dilatation und Drainage (progressives Stenting)

Rezidive in 18 – 34 % Langfristige Erfolgsrate ca. 95 %

ITBL (ischemic type biliary lesion)

Biliäre Sphinkterotomie, Dilatation ± Drainage

Abhängig von Lokalisation (Hepatikusgabe, intrahepatisch) und OP-Technik (z. B. biliodigestive Anastomose) Langfristige Erfolgsrate 50 – 75 %

Wiederholte Eingriffe Meist ausreichend

Wiederholte Eingriffe

Klassifikation der Läsionen nach Cholezystektomie in Typ A – E nach Neuhaus et al. (Ref. 4).

plantation sowie bei Lebertrauma kann es zu einer Galleleckage kommen. Nach offener Cholezystektomie werden Galleleckagen in 0,2 – 0,5 % der Fälle beschrieben, nach laparoskopischer Cholezystektomie ist das Risiko für eine Leckage 2,5- bis 4-fach höher als nach offener Cholezystektomie [2]. In einer Studie an 207 Patienten, die nach Cholezystektomie zur endoskopischen Therapie überwiesen wurden, wurde nur etwa die Hälfte durch eine perkutane Leckage auffällig (subhepatische Drainage, chirurgische Inzisionsstellen oder Austrittsstellen ehemaliger T-Drainagen), die übrigen durch klinische Symptome wie Schmerzen, Ikterus, Fieber und ein geblähtes Abdomen [3]. Die Dauer bis zur Endoskopie betrug im Median 9 Tage bei allerdings großem Intervall von 1 – 50 Tagen. Neuhaus et al. klassifizieren Gallenwegsverletzungen nach laparoskopischer Cholezystektomie in 5 Haupttypen: periphere Leckagen (Typ A: Ductus cysticus, Gallenblasenbett), Okklusion des DHC ohne Verletzung z. B. durch Clip (Typ B: inkomplett oder komplett), tangentiale Verletzungen des DHC (Typ C: < 5 mm oder > 5 mm), eine komplette Durchtrennung des DHC (Typ D: mit oder ohne Defekt) und Stenosen des DHC (Typ E) [4]. Die Leckagen Typ A und C sind vorzugsweise durch endoskopische Therapie zu behandeln, der Typ D erfordert in der Regel die chirurgische Intervention. Sofern die Kontinuität des verletzten Gallengangs erhalten bleibt, ist die ERCP die Therapie der Wahl. Bei kompletter Durchtrennung oder Ligatur des Gallengangs ist dagegen in der Regel keine endoskopische Therapie möglich. Nach Cholezystektomie ist von einer Leckage am häufigsten der Ductus cysticus (Typ A1) betroffen, gefolgt von peripheren Gallengängen (Typ A2) und den großen Gallengängen (Typ C, D). Sehr typisch nach Cholezystektomie

ist eine Leckage aus kleinen aberranten Gallengängen des rechtshepatisch peripheren Gallenblasenbetts, die den rechten D. hepaticus mit dem D. cysticus oder auch der Gallenblase direkt verbinden (Luschka’scher Gang, nach dem Tübinger Anatomen Hubert v. Luschka, Typ A2). Ziel der endoskopischen Therapie ist es, die Leckage zu überbrücken und den Druckgradienten zwischen dem Gallenwegssystem und dem Duodenum zu senken und so über die Druckentlastung eine Heilung der Leckage zu ermöglichen. Grundsätzlich stehen dazu mehrere endoskopische Vorgehensweisen zur Verfügung: (1) die alleinige endoskopische Papillotomie, (2) die Einlage einer nasobiliären Sonde mit oder ohne Papillotomie und (3) die Einlage einer Kunststoffendoprothese mit oder ohne Papillotomie. Mehr als 90 % aller Gallelecks können so endoskopisch erfolgreich behandelt werden [5]. Die Entscheidung über das beste Vorgehen (Papillotomie, Stenteinlage, nasobiliäre Sonde) ist nicht durch große, randomisierte Studien abgesichert, sondern basiert in der Regel auf der Einschätzung und Expertise des Endoskopikers. Die Erfolgsaussichten der endoskopischen Therapie sind bei Lecks im Bereich des Ductus cysticus oder der kleinen, peripheren Gallengänge höher als bei Leckage eines Hauptgangs. Das Vorgehen wird durch das Vorliegen von Residualfragmenten im Gallengang nach Cholezystektomie oder bei Vorliegen einer Gallengangsstenose weiter kompliziert. Die alleinige Papillotomie oder die Einlage einer nasobiliären Sonde erfordert im Gegensatz zur Stenteinlage keine wiederholte ERCP. Bei der Entscheidung zur Papillotomie ist zu bedenken, dass es in bis zu 15 % aller Patienten zu akuten oder chronischen Komplikationen nach Papillotomie kommen kann [6]. Dies sollte

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Übersicht

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insbesondere bei jüngeren Patienten bei Indikationsstellung zur Papillotomie bedacht werden. Grundsätzlich muss zwischen 3 Konstellationen unterschieden werden: 1. Es findet sich Galle in einer abdominellen Drainage oder bei Punktion eines Aszites, in der retrograden Kontrastmitteldarstellung der Gallenwege mittels ERCP findet sich aber keine Leckage. 2. Im Rahmen der ERCP findet sich die Leckage erst nach kompletter Darstellung der Gallenwege. 3. Eine Leckage wird bereits bei inkompletter Darstellung der Gallenwege nachgewiesen. Wenn klinisch bei Nachweis von Galle im Aszites oder einer abdominellen Drainage eine Leckage vermutet werden muss oder wenn die Darstellung über den T-Drain einen größeren Kontrastmittelaustritt aus dem Gallengang zeigt, ist die Indikation zur ERCP gegeben. Kleinere Fisteln können der ERCP entgehen. Wenn sich nach vollständiger Darstellung der intra- und extrahepatischen Gallenwege (komplettes Cholangiogramm) keine Leckage darstellt, kann durch eine forcierte Kontrastmittelgabe nach Blockierung des Galleabflusses durch einen in den Hauptgallengang eingelegten und geblockten Ballon in einigen Fällen noch eine kleinere Leckage detektiert werden. Findet sich erst nach vollständiger Kontrastmitteldarstellung der Gallenwege eine Leckage oder ist eine Leckage nicht auffindbar, erscheint in den meisten Fällen eine reine Papillotomie ausreichend zu sein. Dies führt in 90 % der Fälle zur Ausheilung der Leckage [3, 7]. Indikationen zur Stenteinlage bestehen in dieser Situation (a) bei größerem Kontrastmittelaustritt, (b) bei geringem Kontrastmittelaustritt, der mit Gallengangsstrikturen distal der Leckage assoziiert ist, (c) bei zögerlichem Kontrastmittelabfluss ins Duodenum, (d) bei Kontraindikation zur Papillotomie und (e) bei Sepsis [3]. Bei der Überlegung, ob eine Stenteinlage erfolgen soll, ist zudem zu berücksichtigen, dass Gallelecks in der Regel schneller abheilen, wenn eine Stenteinlage erfolgt, als wenn nur eine Papillotomie erfolgt. Die Einlage einer nasobiliären Sonde mit oder ohne Papillotomie ist als Alternative zum Stenting möglich[8]. Ein Vorteil der reinen Papillotomie ohne Stenteinlage ist, dass keine zweite ERCP zur Stententfernung notwendig ist. Insbesondere bei kleineren Leckagen könnte sie somit eine sinnvolle Alternative zur Stenteinlage darstellen. Die Autoren bevorzugen die Kombination einer Papillotomie mit Stenteinlage, bei Persis-

tenz der Fistel ergänzt durch eine nasobiliäre Sonde. Durch eine nasobiliäre Sonde kann der zu erzielende Unterdruck in den Gallenwegen erhöht werden durch Positionierung des Sondenbeutels unter Patientenniveau. So können durch zusätzliche Einlage einer nasobiliären Sonde auch therapieresistente Fisteln ange" Abb. 1). Ein Nachteil ist allerdings, dass einige gangen werden (● Patienten die Einlage einer nasobiliären Sonde nicht tolerieren und sich die Sonde durch Zug leicht dislozieren lässt. Stellt sich die Leckage bereits früh, vor kompletter Darstellung der Gallenwege, dar, handelt es sich also um eine größere Leckage, sollte zusätzlich zur Papillotomie eine Plastikstenteinlage erfolgen [3]. Findet sich zusätzlich zur Leckage nach Cholezystektomie ein Konkrement in den Gallenwegen, sollte dieses entfernt werden. Nach 4 – 8 Wochen sollte der Stent gezogen und die Abheilung der Leckage mittels retrograder Kontrastmitteldarstellung der Gallenwege überprüft werden. In Abhängigkeit vom Befund muss dann entschieden werden, ob eine erneute Stenteinlage erforderlich ist. Wenn eine Stenose besteht, muss diese nach Ausheilung der Leckage therapiert werden (s. u.). An dieser Stelle sei angemerkt, dass die European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) in ihrer klinischen Leitlinie die Einlageeines Plastikstents ohne Papillotomie empfiehlt, sofern keine Gallengangsstrikturen oder andere Abflusshindernisse in den Gallenwegen bestehen [5]. Diese Empfehlung stützt sich u. a. auf eine kleine prospektive, randomisierte Studie, in der die Stenteinlage mit und ohne Papillotomie in der Behandlung der Leckage nach laparoskopischer Cholezystektomie untersucht wurde [9]. Es erfolgte entweder die Einlage eines 7 Fr Stents ohne Papillotomie oder die Einlage eines 10 Fr Stents nach Papillotomie. Es fand sich kein Unterschied in der Erfolgsrate der Ausheilung der Leckagen zwischen beiden Gruppen. Üblicherweise werden Plastikstents bei der Therapie von Galleleckagen verwendet. Die vorübergehende Einlage von voll ummantelten, selbstexpandierenden Metallstents bei Leckage des D. hepatocholedochus ist beschrieben worden [10, 11]. In einer Serie war die Einlage von Metallstents bei Leckage nach Lebertransplantation aber mit Gallengangsstrikturen in einem Drittel der Fälle assoziiert [10]. Aktuell wird der primäre Einsatz von Metallstents bei Leckage nicht empfohlen [5]. Der Einsatz von Gewebekleber (N-butyl-2-Cyanoacrylate) in refraktären Fällen von Gallengangsleckagen ist beschrieben worden [12].

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Abb. 1 Leckage aus dem D. hepaticus sinister nach Segmentresektion 4a (Bild links, gelbe Pfeile). Bypass-Drainage der Segmente 1 – 3 durch nasobiliäre Sonde (Bild rechts, blaue Pfeile).

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Stenosen und Obstruktionen der Gallenwege !

Die nicht invasive Diagnostik von Stenosen und Obstruktionen der Gallenwege nach hepatobiliärer Chirurgie ist eine Domäne der Magnetresonanz-Cholangio-Pankreatikografie (MRCP). Die MRCP erlaubt die detaillierte Evaluation der intra- und extrahepatischen Gallenwege. Biliäre Komplikationen nach Lebertransplantation werden durch die MRCP mit einer Sensitivität, Spezifität sowie einem positiv und negativ prädiktiven Wert von 98 %, 94 %, 94 % und 98 % erkannt [13]. Die MRCP kann insofern der Diagnostik und auch der Planung einer invasiven endoskopischen Therapie dienen. Die Sonografie hat bei transplantierten Patienten einen untergeordneten Stellenwert, da sie Stenosen in der Regel nur indirekt durch die Dilatation intrahepatischer Gallenwege erkennt und die Gallenwege in transplantierten Lebern oft nicht dilatieren. Die Ursache ist unbekannt. Es wird vermutet, dass eine (ischämische) periduktale Fibrose die prästenotische Dilatation der Gallenwege verhindert. Aber auch die MRCP hat Limitiationen: Sie hat nach Lebertransplantation aus denselben Gründen eine niedrige Sensitivität für intrahepatische Stenosen, zentrale Stenosen der Hepatikusgabel, für Sludge und Casts sowie für Konkremente < 5 mm [14]. Die Inzidenz von stenotischen Komplikationen nach Transplantation ist relativ hoch und die Konsequenzen sind bedeutend (Cholangitis, Retransplantation). Wird keine nichtbiliäre Ursache für eine progrediente laborchemische Cholestase in operierten oder transplantierten Patienten gefunden, ist eine MRCP nicht verfügbar oder zeigt sie keine Stenose, sollte die Indikation für die ERCP großzügig gestellt werden.

Stenosen !

Gallengangsstenosen treten in 0,3 – 0,8 % aller laparoskopischen Cholezystektomien auf und sind ischämischer Genese, Folge thermischer Läsionen, fehlplatzierter Clips oder Spätfolge fibrotisch verheilter Leckagen [4, 15]. Nach Neuhaus werden kurze ringförmige Stenosen des DHC (< 5 mm, Typ E1), langstreckige DHC-Stenosen (> 5 mm, Typ E2), Stenosen unter Einbeziehung der Hepatikusgabel (Typ E3) und solche des rechten Hauptgallengangs (Typ E4) unterschieden [4]. Gallenwegsstenosen treten nach orthotoper Lebertransplantation (OLT) in 10 – 25 % der Fälle auf [1]. Es werden Stenosen der Anastomose zwischen Spenderund Empfängercholedochus (Anastomosenstenose) unterschieden von nicht anastomotischen Stenosen. Letztere sind definiert als Stenosen, die mehr als 5 mm proximal der Anastomose auftreten. Da die nicht anastomotischen Stenosen morphologisch den Stenosen ähneln, die tierexperimentell durch Verschluss der Arteria hepatica induziert werden können, werden sie ischemic type biliary lesions (ITBL) genannt. Deshalb sollte bei Gallengangsstenosen nach Lebertransplantation immer auch eine Thrombose der Arteria hepatica ausgeschlossen werden. Stenosen nach Lebertransplantation treten im Median 3 Monate postoperativ auf, 75 % im ersten postoperativen Jahr, 25 % später [1, 16]. Im ersten postoperativen Monat werden sie selten beobachtet. Voraussetzung für eine erfolgreiche endoskopische Therapie nach OLT ist die Kenntnis der postoperativen Anatomie. Die beiden hauptsächlichen Rekonstruktionsverfahren sind die Choledocho-Choledochostomie und die Roux-en-Y-Hepatiko- oder -Choledochojejunostomie. Indikationen für die Roux-en-Y-Anastomose sind die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) und das Gallenwegskarzinom, um das Rezidivrisiko zu minimieren, außerdem Bedingungen, bei denen kein Spendercholedochus

zur Verfügung steht (biliäre Atresie). Im Falle von Lebendspenden oder Splitlebertransplantationen wird der Empfängercholedochus mit dem linken D. hepaticus (Transplantation der linken Leber) oder den anterioren und posterioren Segmenten rechts (Transplantation der rechten Leber) anastomosiert. Die anatomische Variabilität insbesondere bei Transplantation der rechten Leber kann 2 separate Anastomosen zum Empfängercholedochus und zum D. cysticus oder eine Roux-Schlinge (Hepatiko-Jejunostomie) erforderlich machen. Die variable Anatomie und die schmalkalibrigen intrahepatischen Gallenwege machen diese Anastomosen technisch schwieriger. Dies ist wahrscheinlich die Hauptursache dafür, dass biliäre Komplikationen nach Lebendspenden deutlich häufiger sind als nach LTx toter Spender (40 % vs. 25 % in einem Kollektiv von 545 Patienten) [17]. Allerdings beruhte die höhere Inzidenz von Komplikationen nach Lebendspende auf Leckagen (26 % vs. 10 %), wohingegen Stenosen mit vergleichsweise ähnlicher Häufigkeit auftraten (14 % vs. 15 %). Das Hauptproblem bei Gallengangsstenosen ist die Cholangitis. Nach Lebertransplantation sind die Gallenwege der immunsupprimierten Patienten häufig mikrobiell besiedelt. In einer größeren prospektiven Studie waren bei der ersten ERCP nur 30 % der Gallenwege steril [18]. In etwa 50 % fanden sich enterische Bakterien, v. a. Entercoccus-Spezies, E. coli und Klebsiellen. In 18 % wurden Candida-Spezies nachgewiesen (v. a. C. albicans, aber auch C. glabrata). In 12 % fanden sich multiresistente Keime. Auch wenn viele Patienten symptomlos waren, so zeigte eine multivariate Analyse, dass Bakteriobilie und Fungibilie signifikant assoziiert waren mit den klinischen Zeichen einer Cholangitis. Ebenso waren vorangegangene endoskopische Interventionen signifikante Prädiktoren einer mikrobiellen Gallebesiedlung und speziell der Besiedlung durch enterische Bakterien. Sowohl die Bakteriobilie als auch die Fungibilie waren mit einem signifikant kürzeren retransplantationsfreien Überleben assoziiert [18]. Entsprechend den Empfehlungen der Fachgesellschaften [19, 20] soll bei Patienten mit Cholestase dann eine periinterventionelle Antibiose erfolgen, ▶ wenn zum Zeitpunkt der ERCP eine Cholangitis vorliegt, ▶ wenn keine adäquate biliäre Drainage erreicht werden kann, ▶ wenn primär von einer erschwerten biliären Drainage (hoch sitzende biliäre Stenosen oder multiple Strikturen) ausgegangen werden muss oder ▶ wenn es sich um Patienten nach Lebertransplantation handelt. Dann sollte die antibiotische Therapie auch über die ERCP hinaus fortgeführt werden[19]. Bei immunsupprimierten Patienten sollte im Rahmen der ERCP nach Möglichkeit Galle für die mikrobiologische Resistenzbestimmung asserviert werden. Die endoskopischen Prozeduren sollten möglichst effektiv sein, um die Zahl der endoskopischen Interventionen so gering wie möglich zu halten.

Stenosen des D. hepatocholedochus Stenosen nach laparoskopischer Cholezystektomie können kurzstreckig und langstreckig sein [4]. Anastomosenstenosen nach Lebertransplantation sind meist wenige Millimeter lange, kurzstreckige Strikturen der Choledocho-Choledochostomie oder der Choledocho/Hepatiko-Jejunostomie. Sie entwickeln sich mit Inzidenzraten von 8 – 20 % meist im ersten Jahr (Median 2 – 3 Monate) nach LTx [16, 21 – 23] als ein Resultat einer lokalen Fibrose der ringförmigen Anastomose, einer postoperativen Leckage oder einer lokalen Ischämie. Die endoskopische Therapie besteht in einer biliären Sphinkterotomie, gefolgt von einer Ballondilatation (je nach Anatomie 6 – 8 mm) und der Einlage multipler Plas-

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Abb. 2 Narbige Stenose des D. hepaticus communis nach komplizierter Cholezystektomie (Bild oben links). Initialtherapie mit Ballondilatation (Bild oben Mitte) und multiplen 10F-Polyethylenstents (Bild oben rechts). Bild-

folge unten: Therapie der Rezidivstenose mit voll ummanteltem Metallstent mit Extraktionsschlinge (fcSEMS, fully covered self explanding metallic stent).

tikstents (8,5 – 10 F). Die Kombination von Ballondilatation und Stenteinlage ist effektiver als die Ballondilatation allein [24 – 27]. Die Ballondilatation sehr früher Strikturen (< 30 Tage) oder von Strikturen bei Anastomosenleckagen sollte allerdings wegen Rupturgefahr der Anastomose vermieden werden. Fibrotische Stenosen neigen auch nach Dilatation zur Retraktion und somit zur Rezidivstenose. Um ein „Re-Modelling“ der dilatierten Striktur über eine kontinuierliche Dehnung zu erreichen, sollten möglichst viele Plastikstents eingelegt werden (progressives Stenting, ●" Abb. 2). Die Prozedur wird alle 2 – 3 Monate wiederholt, um eine Stentokklusion und Cholangitis zu vermeiden. Im Mittel sind 3 – 5 solcher endoskopischen Interventionen erforderlich mit langfristigen Erfolgsraten von 70 – 100 % [1, 4, 16, 28]. Die Verkürzung der Interventionsperioden auf 2 Wochen in einer unkontrollierten Studie zeigte eine ähnliche Erfolgsrate (87 %) bei ähnlicher Anzahl an Interventionen und somit einer Verkürzung der Behandlungsperiode auf 3,6 Monate [29]. Rezidivstenosen treten in 18 – 34 % der Fälle auf [16, 30], v. a. bei initial ausgeprägten Strikturen und spät auftretenden Strikturen. Rezidivstenosen sollten erneut endoskopisch therapiert werden. Die langfristigen Erfolgsraten liegen bei etwa 95 % [16]. Das progressive Stenting bei Anastomosenstenosen verhindert bei den meisten Patienten ein chirurgisches Vorgehen, ist aber selbst auch komplikationsträchtig. In einer prospektiven Studie traten in 21 von 31 Patienten (68 %) Komplikationen auf, die den

Klinikaufenthalt verlängerten [31]. Bei 14 % der ERCP wurden höhergradige Komplikationen beschrieben: 8 % Cholangitis, 4 % Post-ERCP-Pankreatitis, 2 % ERCP-bedingte Schmerzen. Allerdings führen diese Komplikationen nicht zum Abbruch der endoskopischen Behandlung. Die hohe Rate postinterventioneller Cholangitiden unterstreicht die Notwendigkeit einer periinterventionellen Antibiotikatherapie und der Asservierung von Galle für die mikrobiologische Testung. Das Risiko der Post-ERCP-Pankreatitis besteht v. a. bei der ersten ERCP mit biliärer Sphinkterotomie und unterscheidet sich hier nicht von der allgemeinen Inzidenz der Pankreatitis nach Erst-ERCP. Unter adäquater Prophylaxe – frühzeitige Entscheidung zur Pankreasgangdrainage bei Pankreasgangdarstellung, Gabe von Indomethacin [32], intravenöse Volumentherapie mit Kristalloiden, adäquate postinterventionelle Nüchternphase – verlaufen diese Pankreatitiden in aller Regel milde. Eine Post-ERCP-Pankreatitis bei bereits suffizient sphinkterotomierten Patienten ist hingegen sehr selten. Selbstexpandierende Metallstents haben einen größeren Durchmesser (8 – 10 mm) mit einem niedrigeren Verschlussrisiko als Plastikstents und sind deshalb besser geeignet zur Therapie maligner Gallengangsstenosen. Die hohe und gleichmäßige radiäre Kraft dieser Stents macht sie zu Kandidaten für die Therapie auch benigner narbiger Choledochusstenosen. Dauerhaft einliegende Metallstents führen allerdings zu Komplikationen: Überwachsen und Einwachsen durch hyperplastisches Gewebe, Ob-

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struktion durch Sludge und Konkremente. Dies gilt insbesondere für nicht ummantelte oder teilummantelte Metallstents. Nicht ummantelte Stents sind deshalb kontraindiziert bei benignen Stenosen. Metallstents bei benignen Stenosen müssen grundsätzlich entfernbar sein und dürfen nur temporär einliegen. In den letzten Jahren wurden hierzu komplett ummantelte Metallstents entwickelt (fcSEMS: fully covered self expanding metal stent), deren äußere Ummantelung ein Einwachsen von Gewebe durch die Maschen des Metallnetzes verhindert. fcSEMS, die transpapillär einliegen, können direkt mit der Zange oder Schlinge entfernt werden, fcSEMS mit komplett intraduktaler Lage besitzen proximale und/oder distale Schlingen, anhand deren sie " Abb. 2). Ihre Implantation ist relativ entfernt werden können (● einfach und die Entfernung der Stents gelingt in 100 % der Fälle. In einer kleinen Anzahl von Studien bei therapierefraktären Gallengangsstenosen mit überwiegend kleinen Fallzahlen betrug die Liegedauer der fcSEMS etwa 3 Monate mit einer Erfolgsrate zwischen 70 und 95 % [33 – 35]. Re-Stenosen können erneut behandelt werden. Komplikationen sind Cholezystitis (4 %) und insbesondere die Stentmigration nach distal (4 – 31 %). Die Migration geht in der Regel einher mit gut behandelten Stenosen und kommt bei transpapillären Stents häufiger vor als bei intraduktalen Stents. Eine prospektiv randomisierte Studie an 20 Patienten mit Anastomosenstenosen nach LTx verglich die Therapie mit multiplen Plastikstents mit der mittels fcSEMS [36]: In der fcSEMS-Gruppe war die Anzahl notwendiger ERCPs geringer (2 vs. 4,5), die Effektivität größer (100 % vs. 80 %), die Komplikationsrate niedriger (10 % vs. 50 %) bei kürzerem Klinikaufenthalt (6 Tage vs. 56 Tage). Die Rezidivrate war ähnlich (30 %). Zusammengefasst ist Ballondilatation mit progressivem Stenting durch multiple Plastikstents derzeit die Standardtherapie benigner narbiger postoperativer Choledochusstenosen mit langfristig hoher Erfolgsrate. Die temporäre Implantation komplett ummantelter Metallstents ist vielversprechend, sollte aber derzeit noch therapierefraktären Fällen vorbehalten bleiben.

Stenosen der Hepatikusgabel und der intrahepatischen Gallengänge Nach laparoskopischer Cholezystektomie sind Stenosen der Hepatikusgabel oder des rechten Hauptgallengangs relativ selten, ihr Anteil an allen Post-Cholezystektomie-Stenosen wurde aber mit immerhin etwa 20 % angegeben [4]. Nicht anastomotische Läsionen der Gallenwege sind hingegen unverändert ein Problem der Lebertransplantation. Sie sind definiert durch fokale oder diffuse Läsionen der extra- und intrahepatischen Gallengänge des Spenderorgans. Die Läsionen präsentieren sich meist als Stenosen, seltener auch als nekrotische Areale, bevorzugt im Leberhi" Abb. 3). Die Stenosen sind typischerweise mehrere Zentilus (● meter lang, nahezu immer ist die Hepatikusgabel betroffen, sie können multifokal oder diffus auftreten und auch segmental die kleinen peripheren intrahepatischen Gallengänge involvieren. Die Inzidenz dieser ITBL (ischemic type biliary lesion) reicht von 5 bis zu 15 % nach LTx von hirntoten Spendern, bis 20 – 33 % nach LTx von Spendern nach Herztod [1, 37]. Die Ursache ist unklar. Pathogenetisch ähnlich ist die sekundär sklerosierende Cholangitis (SSC) mit diffusen Kaliberschwankungen und Stenosen der intrahepatischen Gallenwege nach Reanimation und längerfristigem Intensivaufenthalt mit Beatmung. Im Gegensatz zur SSC ist der Terminus ITBL den nicht anastomotischen Stenosen nach Lebertransplantation vorbehalten. Im Unterschied zur ITBL sind Stenosen bei SSC eher peripher intrahepatisch lokalisiert und betreffen seltener die Hepatikusgabel. Die Gallenwege repräsentie-

ren die ischämiesensibelsten Strukturen der Transplantate. Da durch Thrombosen der Leberarterie ähnliche Stenosen ausgelöst werden können, wird die Ischämie als Hauptursache angenommen. Risikofaktoren sind eine prolongierte Dauer der kalten oder warmen Ischämie, eine AB0-Inkompatibilität, eine chronisch duktopenische Abstoßung sowie insbesondere die LTx herztoter Spender. Die Hypothese ist, dass all diese Bedingungen zu einer direkten Schädigung der Cholangiozyten und/oder der peribiliären vaskulären Plexus führen, die letztlich in ischämischen Gallengangsläsionen resultiert. Die ITBL entwickelt sich im Median 3 Monate nach LTx, im ersten Monat nach LTx ist die Gallenwegsarchitektur meist völlig normal [38]. Das Management von Patienten mit ITBL ist schwieriger als das von Patienten mit Anastomosenstenosen. Die ITBL erfordert die Dilatation und Drainage multipler hilärer und intrahepatischer Stenosen und meist sind langfristig in Abständen von 2 – 3 Monaten wiederholte Eingriffe erforderlich. Hochgradige Stenosen erfordern häufig die dauerhafte Drainage mit multiplen 7 – 8,5 F Plastikstents, die regelmäßig gewechselt werden müssen. Der dünne Durchmesser der intrahepatischen Gallenwege und die Zahl der Stenosen limitieren Anzahl und Durchmesser der Plastikstents. Plastikstents wiederum können sekundäre Seitenäste okkludieren. Sowohl die Stenosen als auch die Plastikstents fördern die Bildung von Sludge und die mikrobielle Besiedlung. Dies resultiert in einer hohen Rate von Cholangitiden, häufigen Krankenhausaufenthalten, einem langfristigen Risiko einer sekundären biliären Zirrhose und einem reduzierten Überleben des Transplantats [1, 28, 37]. Im Gegensatz zu Anastomosenstenosen ist die Einlage multipler Plastikstents in dieselbe Stenose bei ITBL nicht möglich; ebensowenig ist die Einlage multipler entfernbarer ummantelter Metallstents möglich, da diese einmündende Seitenäse okkludieren würden. Somit ist das bei Anastomosenstenosen effektive Grundprinzip der nach akuter Dilatation auch längerfristigen Dehnung bei ITBL nicht umsetzbar. Stenosen bei ITBL werden je nach Kaliber der prästenotischen Gallenwege mit 4 – 6 mm großen Ballons dilatiert. Da einfache Plastikstents einerseits dünner sind und andererseits selbst Quelle von Sludge, Konkrementen und Cholangitis werden können, kann es nach persönlicher Erfahrung der Autoren vorteilhaft sein, nach Dilatation auf zusätzliche Plastikstents zu verzichten " Abb. 3). Dies ist möglich, wenn unter Therapie die Stenosen (● nicht mehr hochgradig sind und die mutmaßliche Dauer der Offenheit der Stenosen der Dauer der 2 – 3-monatigen ERCP-Intervalle entspricht. Das Vorgehen mit alleiniger Ballondilatation ist dann analog der Behandlung der primär sklerosierenden Cholangitis. So zeigte eine retrospektive Analyse in 48 Patienten mit ITBL nach LTx eine größere Effektivität und eine niedrigere Cholangitisrate mit alleiniger Ballondilatation im Vergleich zu einer zusätzlichen Drainage [39]. Nur etwa 50 – 75 % der Patienten mit ITBL sind endoskopisch langfristig befriedigend zu therapieren. Der Erfolg hängt vom Ausmaß, der Zahl und der Lokalisation der Läsionen ab. Ischämische zentrale Nekrosen mit Verlust der Hilusstrukturen sowie die duktopenische Abstoßung mit Verlust der kleinen peripheren Gallenwege (vanishing bile duct-Syndrom) sind endoskopisch intraktabel und zeigen die Notwendigkeit der sofortigen Re-Listung an. Im Gegensatz dazu ist die isolierte Hepatikusgabelstenose – die häufigste Manifestation der ITBL – endoskopisch oft gut zu therapieren. 30 – 50 % der Patienten erfordern eine Retransplantation oder sie sterben an den Folgen der ITBL [1, 28, 37, 40]. Aufgrund hoher Rezidivraten ist bei Patienten mit ITBL in

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Abb. 3 Bild oben links: ITBL (ischemic type biliary lesion) acht Monate nach orthotoper Lebertransplantation: Etwa 4 cm lange Stenose des D. hepaticus communis und sinister (weiße Pfeile). Bild oben rechts: Keine Darstellung der rechtsseitigen Gallenwege in der ERCP, Darstellung der

rechtsseitigen Gallenwege nur in der MRCP. Bilder unten: Keine Cholestase mehr nachweisbar unter Therapie mit wiederholter Ballondilatation. Jetzt auch Darstellung der rechtsseitigen Gallenwege in der ERCP.

der Regel eine lebenslange Überwachung erforderlich. Zur Überwachung geeignet sind laborchemische Cholestaseparameter.

mentalen Gallenwegen erlaubt. Im Gegensatz zu Gallengangssteinen bedeutet die Extraktion des cast jedoch oft nicht die Lösung des cholestatischen Problems. Da biliary casts Ausdruck einer Gallengangsischämie sind, bestimmen letztlich die ischämischen Veränderungen der intrahepatischen Gallenwege (Stenosen, Gallengangsverlust) die Prognose. Insofern ist das Vorhandensein von biliary casts mit einem Anstieg von Morbidität, Transplantatversagen, der Notwendigkeit zur Retransplantation und mit Mortalität assoziiert [1].

Biliary cast und Konkremente Biliary cast sind in das Lumen der Gallenwege sequestrierte pigmentierte ausgussartige Nekrosen der Gallenwegsendothelien, " Abb. 4). Sie beweisen eine Ischämie der vermischt mit Sludge (● Gallenwege, sind typische Befunde bei einer sekundär sklerosierenden Cholangitis, treten aber auch nach LTx in 2,5 bis 18 % der Fälle auf [24, 41]. Die endoskopische Extraktion von biliary cast erfolgt analog zur üblichen Steinextraktion nach biliärer Sphinkerotomie mit Körbchen und/oder Extraktionsballons. Häufig handelt es sich dabei um zähes zusammenhängendes Material, das oftmals in größeren zusammenhängenden Konglomeraten en bloc extrahiert werden kann. Mehrzeitige Eingriffe können sinnvoll sein, da die Cast-Extraktion aus den größeren Gallenwegen manchmal erst die Mobilisierung des cast aus kleineren seg-

ERCP bei Hepatiko- oder Choledocho-Jejunostomie mit Roux-Y-Rekonstruktion !

Die konventionelle ERCP mit Duodenoskopen ist aufgrund der Länge des Zugangswegs bei Patienten mit Roux-Y-Rekonstruktion und biliodigestiver Anastomose im Allgemeinen unmöglich.

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Übersicht

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Abb. 4 Bilder oben: Obturation der intrahepatischen Gallenwege durch „biliary cast“ bei sekundär sklerosierender Cholangitis (SSC) nach nekrotisierender Pankreatitis und langem Intensivaufenthalt mit Beatmung. Bilder unten: Endoskopische Enbloc-Entfernung eines cast.

Abb. 5 Oben: Single-Ballonenteroskopie: ischämische Ulzeration der biliodigestiven Anastomose nach erweiterter Hemihepatektomie. Unten: Bilaterale 7F-Drainage.

Therapeutische Eingriffe an den Gallenwegen waren deshalb bis zur Entwicklung der Ballonenteroskopie im Jahr 2003 eine Do-

mäne der perkutanen transhepatischen Cholangio-Drainage (PTCD). Die Doppel- und Single-Ballonenteroskopie erlauben ei-

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nen endoskopischen Zugang zu den Gallenwegen auch in der Roux-Y-Situation. Therapeutische Eingriffe an den Gallenwegen sind hingegen durch die orthograde Optik mit limitierter optischer Einstellung der biliodigestiven Anastomose, die oft instabile Lage des Endoskops, das Fehlen eines Albaran-Hebels und durch den dünnen Arbeitskanal eingeschränkt, gelingen aber immerhin in 53 – 85 % [42]. Eine neuere Multicenterstudie in 129 Patienten mit 180 Enteroskopie-ERCPs bezifferte die Rate erfolgreicher ERCPs auf 63 % [43]. Die Länge der Endoskope und der 2,8-mm-Arbeitskanal erfordern spezialisierte Arbeitsmaterialien. Verfügbar sind derzeit Sphinkterotome, 4 – 6-mm-Ballons, Injektionsnadeln, Bougies und Steinextraktionskörbchen. Maximal 7F-Plastikstents können durch den 2,8-mm-Arbeitskanal vorgeschoben werden. Inwiefern diese Limitationen durch neuere Enteroskope mit 3,2-mm-Arbeitskanal verbessert werden können, bleibt abzuwarten. Narbige Stenosen der biliodigestiven Anastomose oder intrahepatischer Gallenwege können in der Regel einfach ballondilatiert werden. Die Einlage von Plastikstents ist hingegen bei Enteroskopen mit 2,8-mm-Arbeitskanal auf 7F-Plastikstents limitiert " Abb. 5). Grundsätzlich ist auch der Wechsel von Plastikstents (● möglich, da der Overtube bei endoskopischer Stententfernung in situ bleibt und die Re-Endoskopie verhältnismäßig zügig erfolgen kann. Die Einlage von selbstexpandierenden Metallstents via Ballonenteroskopie ist hingegen nicht möglich. Sollte der endoskopische Zugang zu den Gallenwegen durch die Endoskopie allein nicht gelingen, so kann er durch ein PTCD-Enteroskopie-Rendezvous nahezu immer erzwungen werden. Aufgrund der relativ langen Untersuchungsdauer (60 – 120 min) und der eingeschränkten therapeutischen Effektivität ist die Enteroskopie nicht gut geeignet für häufig zu wiederholende ERCs. Im Fall absehbar häufiger endoskopischer Interventionen wie z. B. Dilatationen von Hepatikusgabelstenosen oder intrahepatischen Stenosen kann deshalb als interdisziplinäre Einzelfallentscheidung die Anlage eines Interventionsstomas sinnvoll sein. Es handelt sich dabei um ein Dünndarmstoma, das etwa 30 cm von der biliodigestiven Anastomose entfernt mündet und den zügigen Zugang mit jedwedem Endoskop ermöglicht. Um einen Gallensäureverlust zu minimieren, hat sich dabei bei uns die Anlage eines antiperistaltischen Kamin-Interventionsstomas bewährt. Dabei wird eine End-zu-End-kutane Jejunostomie der abführenden Roux-Schlinge kombiniert mit einer End-zu-Seit-Jejuno-Jejunostomie der zuführenden Roux-Schlinge. Da diese Interventionsstomata dennoch mit einem erheblichen Lebensqualitätsverlust einhergehen, sind sie v. a. als Bridging bis zur Retransplantation geeignet.

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[Endoscopic management of surgical biliary complications].

Endoscopic-retrograde cholangiopancreaticography (ERCP) is the method of choice for the treatment of surgical complications of the biliary system. Bil...
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