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Endonasale Nasennebenhöhlenchirurgie unter Lupenbrillenkontrolle P Tolsdorfj Bad Honnef

Das Keeler-Lupenbrillen-System erlaubt in Verbindung mit einer am Kopf frei zu tragenden, gut fokussierbaren Kaltlichtleuchte em binokulares, d. h. stereoskopiI

sches Operieren

Endonasal Sinus Surgery with Binocular Magnifier

____________

mit dreifacher VergröBerung auch in der Tiefe

des Nasennebenhöhlensystems. Das Operieren unter Lupenbrillenkontrolle ist zeitsparend und effizient. Es stelit eine Alternative zum Operieren unter dem Mikroskop dar.

The Keeler panoramic magnifiers can be worn in connection with a well-focussed head lamp system and permit stereoscopic surgery of the paranasal sinuses with 3 x 0 magnification. Operations under panoramic magnifier control are time-sparing and economical. Operations on the paranasal sinuses under binocular magnifiers are a useful alternative to microscopic surgery.

Schliisselwörter Endoskopische endonasale Nasennebenhöh-

Key words

lenchirurgie — Mikroskopische endonasale Nasennebenhöh-

Endoscopic endonasal surgery — Microscopic endonasal surgery — Stereoscopic endonasal surgery — Pano-

lenchirurgie Stereoskopische endonasale Nasennebenhöhlenchirurgie Lupenbrillenchirurgie der Nasennebenhöhlen

ramic magnifiers surgery

Die endonasale Nasennebenhohlenchirurgie ist in ihrer heutigen Indikationsbreite und technischen Durchfüh-

Die in der Chirurgie peripherer Nerven und der Parotis-Chirurgie bewährte Lupe hat bisher in der Nasenneben-

rung erst möglich geworden durch die Entwicklung und Anwen-

höhlenchirurgie noch keine breitere Verwendung gefunden.

dung vergröl3ernder Medien. H. Heermann (2) berichtete beden Einsatz des binokularen Mikroskops in der reits 1958 endonasalen Chirurgie, I Heermann 1974 (3) die mikrochirurgische endonasale Chirurgie des sinus maxillaris, 1982 (4) Uber die endonasale mikrochirurgische Siebbeinausräu-

Dies dUrfte damit zusammenhangen, daB eine geeignete Kombination zwischen Lupe und Lichtquelle bisher nicht gefunden

mung. Messerk/inger berichtete 1972 (6) erstmals iiber Technik

und Lichtquellc gibt es verschiedene Moglichkeiten:

war.

Für die Kombination zwischen Brille, Lupe

und Möglichkeiten der Nasenendoskopie mittels starrer Optiken, Wigand und Steiner 1977 (11) Uber die endonasale Kieferhöhlenoperation unter endoskopischer Kontrolle; Wigand, Steiner und Jaurnann 1978 (12) die endonasale Sinus-Chirurgie unter endoskopischer Kontrolle. 1981 legte Wigand erstmals

scm Konzept der transnasalen endoskopischen Chirurgie der Nasennebenhdhlen vor (13), 1989 seine zusammenfassende Monographie der ,,endoskopischen Chirurgie der Nasennebenhöhlen und der vorderen Schddelbasis" (14). Stannnberger gab 1985 (8) und 1986 (9) sein aufder Messerk/inger-Schule beruhendes Konzept der endoskopischen Operationstechnik der lateralen Nasenwand an, Rudert 1988 (7) die kombinierte mikroskop- und endoskopgestützte Chirurgie der entzündlichen Nasennebenhöhlenerkrankungen, wie sic auch Drafpropagiert, der seine Langzeitergebnisse gemeinsam mit Weber 1990 (10) publizierte.

Laryngo-Rhino-Otol. 71(1992) 552 555 Georg Thieme Verlag Stuttgart New York

So können z. B. Lupe und Lichtquelle in einer Einheit zusammengefal3t und an einem Kopfreif montiert vor dern Auge bzw. der Brille getragen werden. Dieses z. B. heute in der Feinmechanik gebrduchliche System als Stirnlampe mit schwenkbarer Binokular-Lupe nach Kasche bereits 1953 von Denecke (1) vorgestellt — wurde in letzter Zeit auch von ver-

schiedenen medizinischen Instrumentenherstellern auf den Markt gebracht. Der Nachteil dieser Anordnung liegt darin, daB bei geringster Verschiebung des Kopfreifs und damit der Lupen Sehachse und Lupenachse nicht mehr zusammenfallen, das Bild somit vor dem Auge verschwindet. Dies geschieht nach unserer

Erfahrung z.B. durch Zug am Lichtkabel, Bewegungen der Kopthaut wie z. B. bei leichtem Stirnrunzeln etc. Gerade bei der diffizilen endonasalen Nasennebenhohlenoperation, bei der der Operateur mit nach vorne gebeugtem Kopf operieren mull, liegt

hier eine Störquelle, die dieses System fur den tdglichen Gebrauch nicht praktikabel erscheinen lallt, zumal, wenn vom Operateur noch zusdtzlich Korrekturglaser getragen werden müssen.

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Zusammenfassung

Laiyngo-Rhino-Otol. 71 (1992) 553

Endonasale iVasennebenhohlenchirurgie unler Lupenbrillenkontrolle

nach unserer Erfahrung sind jedoch Arbeitsabstand, GesichtsfeldgröBe, Schärfentiefe sowie Gewicht und GröJ3e der Lupen bei der 3 >< 0-Lupe für die endonasale Chirurgie am besten abgestimmt. Das die Lupe tragende Brillengestell wird hinter dem Kopf mit einem einfachen Klipp-Verschlul3 fixiert (Abb. 2). Dies bedingt einen festen und angenehmen Sitz des Brillengestells am Kopf. Die Lupen sind mit variabel einstellbarer Pupillendistanz (PD) auf dem nasal gut aufsitzenden Brillengestell montiert, das die zusätzliche Verwendung von Korrekturgläsern gestattet (Abb. 2). FaIls der Operateur keine Korrekturglaser (Kurzsichtigkeit, [Alters-]Weitsichtigkeit) benötigt, wird das die Lupe tragende Brillengestell mit nichtbrechendern entspiegeltem Glas oder ohne jedes Glas ausgestattet. Die Lupen sind nach oben abklappbar, so daB jederzeit auch die Moglichkeit zum Operieren ohne Lupeneinsatz besteht (Abb. 4).

Abb. 1 Fokussierbare Kaltlicht-Kopfleuchte (Fa. Storz, Tuttlingen, Nr. 0940) mit gut sitzendem Kopfreif. Kalttchtkabel austauschbar.

Die Lichtquelle ist exakt zwischen den Lupen positioniert (Abb. 3). Die beiden Lupenstrahien konvergieren in der Mittc mit dem Lichtstrahl. Der Konvergenzpunkt der beiden Lupenstrahien, d.h. der Brennpunkt, liegt bei einer Pupillendi-

stanz PD von z.B. 62mm bei 3facher LupenvergroBerung in einer Entfernung von 300mm von der Lupenausgangsebene oder 340mm von der Brillengläserebene entfernt (Abb. 5).

Dieser Brennweitenpunkt ist der Punkt des

) Abb. 2 Kee/er Lupenbrille (Fa. Fischer, Freiburg), VergrOl3erung 3 x 0, Lupenabstand getrennt einstellbar, Lupen hochklappbar.

Methode

_____________

Wir haben uns deshalb nach eingehenden Versuchen für eine andere Anordnung entschieden: Lupe und Bril-

Ic werden an einem Brillengestell montiert, die Lichtquelle wird getrennt von diesem System an einem Kopfreif getragen. Dazu haben wir eine Kaltlicht-Kopfleuchte mit Fokussiermöglichkeit (Abb. 1) mit einer sog. Keeler Lupenbrille, Vergröl3erung 3 x (Abb. 2) kombiniert. Das Keeler-Lupensystem kann von 2,Sfacher bis 6,Ofacher VergroBerung geliefert werden,

scharfen Sehens. Berücksichtigt man, daB mit dem Spekulum die Apertura nasi auf einen Durchmesser von Ca. 20mm beim Erwaehsenen im Sehnitt aufgedehnt werden kann (eigene Untersuchung, deckt sich mit den Angaben von Lang [5], daB das Crus mediale des Flügelknorpels beim Erwachsenen fin Schnitt 18,92mm lang ist) und daB die Distanz vom Naseneingang (spina nasalis anterior) zur Keilbeinhöhlenvorderwand beim Erwachsenen durchschnittlich 61mm (43—69 mm), die Keilbeinhöhlentiefe irn Mittelbezirk 24,8mm (9—36 mm) betrdgt (Lang [51), so wird deutlich, daB selbst im Bereich der Keilbeinhöhlenhinterwand in der Regel noch binokular und damit räumlieh gesehen werden kann. Die LupenvergroBerung gestattet somit em exaktes Operieren auch in der Tiefe des Schädels. Diskussion Vergleicht man Mikroskop, Endoskop und Lupe miteinander, komnit man zu folgenden Ergebnissen (Tab. 1): Gegenuber dern Mikroskop hat die Lupenbrille den Vorteil, daB Licht und vergrol3erndes Medium direkt mit dem Auge gekoppelt sind und Licht und Sehstrahl mittels Kopfbewegung somit stets kombiniert bewegt werden. Dieses bedeutet einen erheblichen Zeitgewinn beim Operieren gegenüber Mikroskop und Endoskop. Beide Hände sind frei zum Operieren. Heerrnann (4) trägt dieser Forderung bei der Operation unter dem Mikroskop bedingt Rechnung, in dem er den Mikroskopkorper kardanisch authängt und ihn bei der Operation am sitzenden Patienten mit dem Kopf in die gewunschte Position dirigiert.

Gegenuber dern Endoskop erlaubt die Lupenbrille das beidaugige, d.h. stereoskope Sehen. Wie das Mikroskop hat die Lupe gegenüber dem Endoskop den weiteren Vorteil, daB das vergroBernde Medium nicht direkt mit dem Situs, d.h. insbesonders mit Blut in Kontakt kommt und somit das haufige zeitraubende Säubern wie beim Endoskop entfállt. Em weiterer Vorteil der Lupe ist die Möglichkeit, sirnultane Eingriffe an den Nasenmuscheln (z. B. subperio-

stale Conchektomie, d.h. submuköse Muschelverkleinerung)

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'it

P Tolsdoiff

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Abb. 3 Lupe und Kopfleuchte in Funktion, Aufnahrne von vorne.

Abb. 5 DemonstratiOn des konvergierenden Seh- und L chtstrahls rn Vethäftnis zur Topographie und GrOBenordnung des pneumatisierten rnenschichen Schädels (schernatischer Sagittalschnitt).

Abb. 4 Lupen hochgeklappt. Aufnahrne von vorne.

sowie am Septum (Septumplastik) und dern Ubrigen knöchernknorpeligen Nasengerust (Rhinoplastik) unter optimaler VergröBerung durchfGhren zu können. Man ist als Operateur erstaunt, weiche Feinheiten z.B. auch iatrogene Läsionen am Knorpel! mit dieser Technik zu beobachten sind.

Die Lupe hat wie das Mikroskop gegenuber dem Endoskop den Nachteil. daf3 nicht wie bei einer 30-. 70-, 90- oder I 20-Grad-Optik von der Sehachse abgelenkt beobach-

tet werden kann. Der zusätzliche Einsatz der abgewinkelten starren Optik im Bereich des Rezessus frontalis sowie bei Manipulationen innerhaib der Kieferhöhle ist somit ebenso erforderlich wie bei der Verwendung des Mikroskops. Als weilerer Nachteil gegenilber Endoskop und Mikroskop ware z. Zt. noch zu nennen, dal3 diese beiden vergröI3ernden Medien auch die Verwendung eirier dokumentierenden

N ASEN 0 F F N V N C.

-20

SPINA NASAL S RULER OR (NASEN ELNOANG

VORDERWANO

bzw. dernonstrierenden Kamera gestatten. Eine Kombination von Lichtquelle und ultraleichter Chip-Videokamera am Kopfreif in Verbindung mit der Lupenbrille zur Videodemonstration und -dokumentation befindet sich z.Zt. in der Entwicklung und wird von uns demnächst vorgestelit werden.

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Endonasale I'Iasennebenhohlenchirurgie unler Lupenbrillenkontrolle Tab. 1 Vergleich Mikroskop/Endoskop/Lupe. binokulares stereoskopisches Sehen

beidhandiges Arbeiten

keine Kontami-

abgewinkelte Betrachtung

Seh-+ Lichtachse

nierung mit Blut!

moglich (Rezessus frontalis, KieferhOhle)

folgen fixiert den Kopfbewegungen

Demonstration + Dokumentation z. B. Video moglich

0 0 0

0 0

+ +

+

0

Sekret moglich

+

+

+

Endoskop

0

0

0

Lupe

+

+

+

Mikroskop

(in Entwicklung)

Literatur

__________

Die guten Erfahrungen bei mehr als 1500 endonasalen Nasennebenhöhlenoperationen in einer konibinierten Wigand-Staminberger-Messerklinger-Technik unter Lupenbrillenkontrolle lassen den routinemal3igen Einsatz der Lupe in der hier vorgesteliten Kombination mit einer getrennt zu tragenden Kopfspiegelleuchte bei der endonasalen NNH-Operation geeignet erscheinen. Auf den zusätzlichen Einsatz von Winkeloptiken bei Manipulationen abgewinkelt von der Sehachse (KieferFiöhle, Rezessus frontalis) kann wie bei der mikroskopischen Technik nicht verzichtet werden.

Die Lupe steilt in der endonasalen Nasen- und Nasennebenhöhlenchirurgie eine zeitsparende, effiziente und praktikable Alternative zum Mikroskop dar.

H-i.: Die oto-rhino-laryngologischen Operationen. In Kirschner M. (Hrsg.): Ailgemeine und spezielle Operationslehre, Bd. V Springer, Berlin (1953) 2 I-Ieermann, H.: T.Jber endonasale Chirurgie unter Verwendung des binokularen Mikroskops. Arch. Ohren-Nasen-Kehlkopflieilkunde 1 Denecke,

171 (1958) 295—297

' 6

8

Heer,nann, J: Endonasale mikrochirurgische Resektion der Mukosa des Sinus Maxillaris. Z. Laryng. Rhinol. 53 (1974) 938 Heermann, .1 jun.: Endonasale mikrochirurgische Siebbeinausräumung bei Blutdrucksenkung am halbsitzenden Patienten. HNO 30 (1982) 180—185 Lang, .1: Klinische Anatomic der Nase, Nasenhöhle und Nebenhdhlen. In: Aktuelle Rhino-Laryngologie Bd. 11. Thieme Verlag, Stuttgart (1988) Messerklingei; WI: Technik und Moglichkeiten der Nasenendoskopie. HNO 20(1972)133—135

Rudert, H.: Mikroskop- und endoskopgestDtzte Chirurgie der entzUndlichen Nasennebenhohlenerkrankungen (der Stellenwert der Infundibulotomie nach Messerklinger). HNO 36 (1988) 475 —482 Stamrnberger, H.: Unsere endoskopische Operationstechnik der lateralen Nasenwand — em endoskopisch-chirurgisches Konzept zur Behandlung entzündlicher Nasennebenhbhlenerkrankungen. Laryngol. Rhinol. Otol. 64 (1985) 559 Staneinberger H.: Endoscopic endonasal surgery — concepts in treatment of recurring sinusitis. Otolaryngo. Head Neck Surg. 94 (1986) 143— 156

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Dr. med. I? Tolsdorjj Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Plastische Operationen Hauptstr. 20 5340 Bad Honnef

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Zusammeilfassung

[Endonasal paranasal sinus surgery with the binocular magnifier].

The Keeler panoramic magnifiers can be worn in connection with a well-focussed head lamp system and permit stereoscopic surgery of the paranasal sinus...
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