NOTFALLCHECKLISTE

Hochdruckkrise Eine 72-jährige Patientin, bei der seit einigen Jahren eine medikamentös (ACE-Hemmer plus Thiazid) gut eingestellte essentielle arterielle Hypertonie bekannt ist, verspürt plötzlich einen Druck im Kopf und eine thorakale Enge. Von der Patientin selbst wird ein Blutdruck von 230/130 mmHg gemessen.

Hypertensiver Notfall oder hypertensive Krise? Von einer hypertensiven Entgleisung spricht man, wenn der Blutdruck auf > 230/120 mmHg ansteigt. Zunächst muss differenziert werden, ob es sich um einen hypertensiven Notfall oder um eine hypertensive Krise handelt. Tritt eines der folgenden Symptome auf, handelt es sich um einen lebensbedrohlichen hypertensiven Notfall, der eine sofortige stationäre Einweisung zwingend erforderlich macht: Atemnot als Hinweis auf eine Lungenstauung bzw. ein Lungenödem, Angina pectoris als Hinweis auf eine Myokardischämie oder Kopfschmerzen bzw. Nausea als Hinweis auf eine zerebrale Beteiligung (hypertensive Enzephalopathie, Hirnödem, ischämischer Insult, zerebrale Blutungen). Fehlen solche Alarmsymptome, spricht man von einer hypertensiven Krise, die evtl. auch ambulant behandelt werden kann. Sie kann aber jederzeit in einen hypertensiven Notfall übergehen.

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Welche Ursache liegt vor? Bei einer hypertensiven Entgleisung sollte immer nach einer Ursache gefahndet werden. Auslöser können eine NonCompliance, eine Medikamenten-Interaktion (NSAR, Steroide) oder sekundäre Hypertonieform (Phäochromozytom, primärer Hyperaldosteronismus, renale Erkrankungen) sein. Insbesondere bei jüngeren Patienten sollte an eine Intoxikation (Amphetamin, Kokain) gedacht werden. Auch psychische Belastungen

MMW-Fortschr. Med. 2015; 157 (5)

bzw. Aufregung können eine Hochdruckkrise induzieren. Nicht selten findet sich aber keine auslösende Ursache. Vorsichtige Blutdrucksenkung Bei einer hypertensiven Krise genügt meist eine orale Therapie mit dem Ziel einer langsamen Blutdrucksenkung innerhalb von 24 Stunden, wobei eine zusätzliche Dosis der bisher eingesetzten Antihypertensiva ausreichend sein kann. Dagegen muss bei einem hypertensiven Notfall unverzüglich eine Blutdrucksenkung angestrebt werden, allerdings kontrolliert und vorsichtig, um Organschäden zu verhindern. Der mittlere arterielle Druck sollte in den ersten zwei Stunden um ca. 25% des Ausgangswertes gesenkt werden, in den anschließenden zwei bis sechs Stunden auf 160/100 mmHg. Eine i. v. Therapie sollte unter intensivmedizinischer Überwachung erfolgen. Die Wahl des Medikaments orientiert sich an den Beschwerden. Wann welche Substanz geben? Das Mittel der Wahl bei zerebralen Komplikationen ist Urapidil i. v. Eine Wirkung tritt bereits nach zehn MinuKasuistik

Wie ging es weiter? In der Klinik konnte der Blutdruck mit Urapidil i. v. in wenigen Stunden auf 160/95 mmHg gesenkt werden. Auch die Symptomatik bildete sich rasch zurück. Bei der weiterführenden Diagnostik ergab sich kein Hinweis für eine sekundäre Hypertonie. Vielleicht war die Psyche der Auslöser.

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P. S T I E F E L H AG E N

ten ein. Die Substanz macht keine Reflextachykardie, keine zerebrale Vasodilatation, keinen erhöhten Hirndruck und hat keine sedierende Wirkung. Initial sollte ein Bolus von 12,5–25 mg i.v. gegeben werden gefolgt von einer Infusion mit 5–30 mg/h. Eine Alternative ist Clonidin (Bolus 0,075 mg i. v. oder s. c.), das auch sedierend wirkt. Bei zerebralen Komplikationen sollten keine vasodilatierenden Substanzen wie Nitroglycerin eingesetzt werden, da die Gefahr der Hirndrucksteigerung besteht. Bei kardialen Komplikationen (z. B. akute Linksherzinsuffizienz oder akutes Koronarsyndrom) ist Nitroglycerin als Kapsel (0,8 mg) oder Spray (0,4 mg pro Hub) Mittel der Wahl. Die Wirkung setzt nach fünf bis zehn Minuten ein. Nitroglycerin senkt die Vor- und Nachlast und verbessert die Myokardperfusion. Zusätzlich empfiehlt sich bei Lungenstauung 40 mg Furosemid i. v., das nicht nur diuretisch wirkt, sondern auch die Vorlast senkt. Auch die zusätzliche Morphin-Gabe ist sinnvoll, da Morphin sediert sowie den pulmonalen Widerstand senkt. Bei akutem Koronarsyndrom kann zusätzlich ein Betablocker (5–10 mg Metoprolol i. v.) verabreicht werden. Dagegen sind Kalziumantagonisten vom Dihydropyridintyp, z. B. Nifedipin, kontraindiziert, weil diese Substanzen eine Reflextachykardie oder intrakoronare Steel-Phänomene auslösen können. Anschrift des Verfassers: Dr. med. Peter Stiefelhagen Chefarzt der internistischen Abteilung DRK-Krankenhaus, D-57627 Hachenburg E-Mail: [email protected]

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