FORTBILDUNG

NOTFALLCHECKLISTE

Akute Cholezystitis Eine 36-jährige Patientin stellt sich mit seit über acht Stunden bestehenden Schmerzen im rechten Oberbauch vor. Es handelt sich dabei um ein Erstereignis mit subfebrilen Temperaturen bis 38,2 °C und zunehmender Schmerzausstrahlung in die rechte Schulter. Die Patientin leidet zudem an Übelkeit und Erbrechen.

Sofortdiagnostik Differenzierte Anamnese, insbesondere hinsichtlich Beschwerdebeginn, -dauer, potenziellen Auslösern, Fragen nach vorangegangenen Gallenkoliken und bekannten Gallensteinen. Typischer Beschwerdebeginn: spätabends/nachts nach opulenter Mahlzeit am Abend; Beschwerdedauer > 6 h untypisch für blande Gallenkolik und weitere Diagnostik zwingend (akute Cholezystitis? Steinmigration mit Inkazeration in die Papille?); atypische Schmerzlokalisation im Epigastrium bzw. Ausstrahlung in Schulter (Head'sche Zone) nicht selten. Körperliche Untersuchung mit Auskultation, Inspektion und Palpation des Abdomens. Wichtig insbesondere das Murphy-Zeichen als einschießender Schmerz mit Inspirationsstopp bei Palpation der Gallenblasenloge. Labor: Blutbild, CRP, Transaminasen, γ-GT, alkalische Phosphatase, Bilirubin und Lipase bei Hinweisen auf biliäre Pankreatitis (gürtelförmiger Schmerz mit Ausstrahlung in Rücken? balloniertes Abdomen?) Abdomen-Sonografie: Nachweis einer Cholezystolithiasis (Sludge und/oder Konkremente) sowie direkte sonografische Zeichen einer akuten Cholezystitis wie Wandverdickung > 3 mm, Dreischichtung oder echoarmer Flüssigkeitssaum pericholezystisch. Ferner Beurteilung der Weite, Steinfreiheit des Ductus hepatocholedochus und soweit möglich des Pankreas. Wichtig: Bei kurzer Be-



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© V. Zimmer

V. Z I M M E R , F. L A M M E R T

Abb. 1 Abdomen-Sonografie eines 24-Jährigen mit akuter Hepatitis A, uncharakteristischen Oberbauchbeschwerden und AST von 1774 U/l mit diffuser Gallenblasen-Wandverdickung ohne Konkrement-Nachweis.

schwerdezeit fehlen oft typische sonografische Cholezystitiskriterien; postprandial kontrahierte Gallenblase beachten. Die zweifelsfreie Diagnose einer akuten Cholezystitis erfordert drei von vier positiven Kriterien aus rechtsseitigen Oberbauchschmerzen, positivem Murphy-Zeichen, Leukozytose und/oder Fieber sowie den sonografischen Nachweis einer Cholezystolithiasis oder -zystitis.



An was noch denken? Alle Ursachen eines akuten Abdomens im weiteren Sinne, insbesondere Ulkusperforation, Appendizitis, akute Pankreatitis oder akute Gastroenteritis. Urolithiasis und renale Perfusionsstörungen wie Niereninfarkt (hier meist prominente LDH-Erhöhung und Kreatininanstieg). Bei akuter Virushepatitis oft sonografisches Bild wie bei akuter, auch akalkulöser Cholezystitis mit inadäquat hohen AST-Werten (s. Abb. 1).





Stationäre Aufnahme in chirurgische Klinik zur frühen laparoskopischen Cholezystektomie innerhalb von 24 h. In der Vergangenheit wurde der optimale Op.-Zeitpunkt bei akuter Cholezystitis kontrovers diskutiert und variabel gehandhabt („frühe“ Op. vs. antibiotische Therapie mit Cholezystektomie im symptomfreien Intervall). Neuere Daten aus der ACDC-Studie belegen signifikante Vorteile für die „immediate cholecystectomy“ innerhalb von 24 h nach stationärer Aufnahme. Dies wird Eingang in die überarbeiteten interdisziplinären deutschen und europäischen Leitlinien finden, die 2015 erscheinen. Bei polymorbiden oder hochseptischen Patienten kann eine perkutane Gallenblasendrainage diskutiert werden.







Für die Verfasser:

Sofortmaßnahmen Flüssigkeitssubstitution. Analgesie nach WHO-Schema (initial N-Butylscopolamin + Metamizol oder nicht steroidale Antiphlogistika, z. B. Indomethacin; falls unzureichend, Eskalation auf Opioide, z. B. Pethidin). Antibiotische Therapie mit Aminopenicillin mit Betalactamasehemmer wie Piperacillin/Tazobactam oder Erst-/ Zweitgenerations-Cephalosporin, z. B. Ceftriaxon + Metronidazol.

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Dr. med. Vincent Zimmer Klinik für Innere Medizin II Universitätsklinikum des Saarlandes Kirrberger Straße 100, D-66421 Homburg E-Mail: [email protected]

Kasuistik

Wie ging es weiter? Nach Akutversorgung mittels spasmolytischer Analgesie mit 20 mg N-Butylscopolamin und Volumentherapie wurde die Patientin chirurgisch eingewiesen und am selben Tag nach Diagnosebestätigung komplikationslos laparoskopisch cholezystektomiert.

MMW-Fortschr. Med. 2015; 157 (7)

[Emergency checklist: acute cholecystitis].

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