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Arch. Toxicol. 37, 295--305 (1977)

TOXICOLOGY 9 by Springer-Verlag 1977

Retentionsindices zur gaschromatographisehen Identifizierung von Arzneimitteln* H. Berninger 1 und M. R. MSller 2 ** i USAREUR Med. Lab., D-6730 Landstuhl 2 Institut ffir Rechtsmedizin der Universit~it des Saarlandes, D-6650 Homburg, Bundesrepublik Deutschland

Retention Indices for Gas Chromatographic Identification of Drugs Abstract. The use of the Kovats retention indices for standardization in gas chromatography enables the compilation of gaschromatographic data and the exchange of those data between different laboratories. Factors important for reliable determination of the retention indices, in particular the temperature dependence, are discussed. The gain in information due to the application of the retention indices and their differences on two stationary phases is demonstrated by means of tables with indication of their efficiency in searching for unknown compounds from such files. In the supplement retention indices on OV-1, OV-17 and their differences for 72 compounds frequently encountered in toxicological analyses are given. Key words: Retention indices - Drugs -- Gas chromatography - Identification - Drug files - Toxicology.

Zusammenfassung. Die Benutzung der Kovatsschen Retentionsindices zur Standardisierung in der Gaschromatograpbie erm/Sglicht die Aufstellung von gaschromatographischen Dateien und den Datenaustausch zwischen verschiedenen Labors. - Die Faktoren, die zur genauen Erfassung der Retentionsindices notwendig sind, besonders die Temperaturabh~ingigkeit, werden besprochen. Der Informationsgewinn, tier durch die Verwendung der Retentionsindices auf zwei station/iren Phasen (OV-1 und OV-17), sowie der Berficksichtigung ihrer Differenzen entsteht, wird anhand von Tabellen dargelegt. Die Effizienz dieser Daten bei der Identifizierung unbekannter Verbindungen wird demonstriert. - Im Anhang sind die Retentionsindices von 72 bei toxikologischen Untersuchungen h/iufig auftretenden Verbindungen auf den station~iren Phasen OV-1 und OV-17 sowie deren Differenzen tabelliert.

* Herrn Prof. Dr. med. W. Krauland zum 65. Geburtstag gewidmet ** Sonderdruckadressat

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H. Berninger und M. R. M611er

Die Gaschromatographie hat sich wegen der Schnelligkeit der Auftrennung, der Empfindlichkeit des Nachweises und der vielf'~iltigen Anwendungsm6glichkeiten zu einem der wichtigsten Analysenverfahren in der chemisch-toxikologischen Analytik entwickelt. Bei der stetig steigenden Zahl der bei toxikologischen Analysen zu erwartenden Verbindungen, ist es f'tir ein einzelnes Labor nicht mehr m6glich, die notwendigen Daten f/Jr alle diese Stoffe selbst zu erarbeiten. Es mul3 daher ein Weg gefunden werden, solche Daten austauschbar zu erstellen. Dazu ist eine Standardisierung erforderlich. Die beste M6glichkeit dazu stellen in der Gaschromatographie die von Kovats (1958) vorgeschlagenen Retentionsindices (RI) dar (Kaiser, 1970). Als Bezug dienen die Retentionszeiten der n-Alkane, womit der gesamte Bereich der gaschromatographisch flfichtigen Substanzen erfaBt wird. Durch Einsetzen der Logarithmen dieser Retentionszeiten erhhlt man eine lineare Skala, auf der die Bezugspunkte jeweils gleichen Abstand voneinander haben. Jedem n-Alkan wird eine Mal3zahl zugeordnet, die der Anzahl seiner C-Atome multipliziert mit 100 entspricht. Diese Zahl ist als Retentionsindex definiert. Den Retentionsindex einer beliebigen Verbindung erh~ilt man durch tineare Interpolation zwischen den n/ichstliegenden n-Alkanen, zwischen denen diese Verbindung im Gaschromatogramm erscheint. Die Berechnung erfolgt nach der einfachen Formel" log (tx/tl) RIx= ( I 2 - I 1 ) x - - + 1 1 log (t2/t 0 RIx = Retentionsindex der interessierenden Substanz (x); I1 = Retentionsindex des ersten Standards; I2 = Retentionsindex des zweiten Standards; tl = Retentionszeit des ersten Standards; t2 = Retentionszeit des zweiten Standards; tx = Retentionszeit der Substanz (x) Die Retentionsindices sind daher in einem System der n-Alkane normalisierte gaschromatographische Laufzeiten, die fiir isotherme Verh~iltnisse definiert sind. Sie sind weitgehend unabh~ingig von der Geschwindigkeit des Tr/igergases, der S/iulenl~inge und der Dichte der S~iulenbelegung; es besteht jedoch eine Abh/ingigkeit v o n d e r Temperatur (Kovats, 1958). Die Retentionsindices sind spezifisch f/Jr das verwendete S/iulenmaterial. Im Verlauf ausgedehnter Untersuchungen ergab sich, dab in einfachen chemischen Verbindungen enge Beziehungen zwischen dem RI und der chemischen Struktur bestehen (Schomburg, 1973). In homologen Reihen steigt der RI linear mit der C-Zahl an. Substitution durch Hydroxyl-, Carbonyl-, Amino- oder sonstige Gruppen ergibt charakteristische RI-Differenzen zwischen dem Derivat und der Ausgangssubstanz (Takacs, 1976). Die Differenzen der RI's einer Substanz zwischen 2 oder mehreren verschiedenen station~iren Phasen sind substanzspezifisch; innerhalb homologer Reihen sind diese Differenzen konstant. Diese Verh/iltnisse gestatten es, den Retentionsindex f/Jr einfache Verbindungen theoretisch zu berechnen (Guiochon, 1973). Die Bestimmung der RI's im Laboratorium ist eine physikalische Messung, die mit gebotener Genauigkeit durchgeffihrt werden muB. Mfgliche Fehlerquellen legte Kaiser (1970) dar. Besonders zu beachten ist: 1. Genaue Zeitmessung, m6glichst elektronisch. Bei manueller Auswertung der Chromatogramme darf der Papiervorschub nicht zu langsam sein; so dab die Zeiten auf 1 s genau bestimmt werden k6nnen.

Retentionsindices zur gaschromatographischenIdentifizierungyon Arzneimitteln

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2. W/ihrend der Messung dfirfen sich die apparativen Parameter (Tr~igergasgeschwindigkeit, S~iulentemperatur) nicht ver~indern. 3. Die Einspritzmenge ist so zu dosieren, dab die S/iule nicht fiberladen wird. 4. Registrierung der Arbeitstemperatur [die am Ger/it eingestellte, bzw. angezeigte Temperatur kann u. U. vonder wirklichen Ofentemperatur abweichen (Riedmann, 1973)]. Arzneimittel und andere toxikologisch-relevante Substanzen sind, bedingt durch mehrfache Substitution und ein komplexes Kohlenstoffgerfist, kompliziert gebaut. Eine Einteilung in chemiseh definierte Gruppen ist nur in wenigen F/illen m6glich (z. B. Barbiturate, Benzodiazepine, Phenothiazine und Phenylalkylamine). Dadurch unterscheiden sich diese Stoffe weitgehend voneinander in ihrem gaschromatographischen Verhalten, wie Temperaturabh/ingigkeit und RI-Differenzen zwischen verschiedenen station/iren Phasen. Selbst die Absch/itzung eines Indexwertes aufgrund der Molekfilstruktur ist nicht m6glich. Zur Identifizierung dieser Substanzen mfissen daher die analytischen Daten individuell fiir jeden Stoff ermittelt werden. Als erste ver/Sffentlichten Kazyak u. Permisohn (1970) eine Datei der RI's von Arzneimitteln. Inzwischen sind noeh mehrere Arbeiten dieser Art ersehienen (Caddy et al., 1973; Post, 1976). Die umfangreichste Darstellung gab Moffat (1975), der die RI's von 480 fiir die toxikologische Analyse relevanten Substanzen auf einer S/iule (SE-30) angegeben hat. Die Auswertung dieser Dateien ist jedoch eingeschrfinkt, da - Caddy et al. und Post ausgenommen - keine Arbeitstemperaturen angegeben sind. Bei der Bestimmung der RI's in der toxikologisehen Routineanalyse hat sich folgendes Vorgehen bew~ihrt: Eine unbekannte Substanz wird zuerst nach einem festgelegten Temperaturprogramm chromatographiert. Die Retentionszeiten der nAlkane in diesem Temperaturprogramm sind bereits von friiheren Urltersuchungen bekannt, so daf3 abgesch/itzt werden kann, zwischen welchen Standards die unbekannte Verbindung liegt. Damit ist gleichzeitig die optimale Temperatur gegeben, bei der - jetzt isotherm - d e r Retentionsindex der fragliehen Verbindung bestimmt wird. Die beste Gew~ihr f/Jr eine exakte Bestimmung ist gegeben, wenn Standards und Probe gemeinsam als Mischspritze injiziert werden. Jedoch kann man im Falle eines sehr peakreichen Gasehrornatogrammes, in dem die Standards als zus/itzliehe Peaks st/Sren, die n-Alkane kurz vor oder nach der Analysenprobe injizieren. Dazwischen dfirfen sich die apparativen Parameter und die Technik der Zeitnahme nicht ver/indert haben. Ein Vergleich yon RI-Werten, die in verschiedenen Laboratorien ermittelt wurden, ergab eine durchschnittliche Abweichung von 16 (4-34) RI-Einheiten, die Standardabweichung innerhalb eines Labors lag im Bereieh von 4 RI-Einheiten (Berninger et al., 1974). Zu gleichen Ergebnissen gelangte auch Moffat (1975). Da die RI's temperaturabh/ingig sind (bis zu 1,2 RI/~ C), mu6 zur ausreicbenden Dokumentation zusammen mit dem RI-Wert die Arbeitstemperatur angegeben werden. Dies ist leider in vielen Ver6ffentlichungen nicht der Fall. Die Benutzung individueller Temperaturen f'tir jede Substanz erschwert sowohl die praktische Arbeit als auch die Dokumentation. Man legt daher besser abgestufte Normtemperaturen f/ir bestimmte RI-Bereiche fest. Die praktische Erfahrung in unseren Labors zeigte, daB Abstufungen von 50~ C im allgerneinen ausreichen, so dab sich eine Arbeitstempera-

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tur von 200 ~ C, for Substanzen mit RI's zwischen 1500 und 2400 ergibt, solche mit gr6Beren RI's werden bei 250 ~ bzw. 280 ~ C gemessen. Entsprechendes gilt fiir die station/ire Phase OV-17, bei der die Mehrzahl der hier tabellierten Indices um ca. 300 Einheiten h6her liegt, so dab die Grenzwerte fiir die Arbeitstemperaturen von 200~ mit 1800, bzw. 2700 angesetzt wurden, wodurch erreicht werden konnte, dab bei beiden S/iulen jeweils dieselbe Arbeitstemperatur vorlag. Bei der Vielzahl der in Frage kommenden Substanzen, sowie einer gewissen H~iufung der RI-Werte f/Jr die S/iule OV-1 im Bereich von 1800-2200 ist eine einzige RI-Angabe f'tir eine sichere Identifizierung nicht ausreichend, da der gefundene Wert h/iufig mehreren Substanzen in der Tabelle zugeordnet werden kann. Deshalb bestimmt man die RI's der einzelnen Substanzen auf verschiedenen station/iren Phasen mit unterschiedlichen Trenneigenschaften. Ffir Arzneimittel findet man beim Lrbergang vom S/iulenmaterial OV-1 zu OV-17 RI-Differenzen im Bereich von 100-800 (OV-1-QF-1; 160--1200). Durch geeignete Auswahl mehrerer S/iulen kann daher die Aussagekraft der gaschromatographischen Analyse wesentlieh gesteigert werden (Tab. la-c). Moffat et al. (1974) haben 28 verschiedene S/iulenkombinationen auf ihr Unterscheidungsverm6gen analysiert und f'tir spezielle Probleme optimale ZusammensteUungen angegeben. Bereits Kazyak u. Permisohn (1970) tabeUierten die RI's ihrer Substanzen auf den 3 station/iren Phasen OV-1, OV-17, QF-1. Die Auswahl der in Betracht zu ziehenden Trennmaterialien erfolgt nieht rein empirisch. L. Rohrschneider (1969) hat in Umkehrung des Prinzips von Kovats die RI's einfacher Substanzen aus typischen Stoffgruppen dazu benutzt, die Trenneigenschaften der verschiedenen S/iulenmaterialien zu charakterisieren. Dieser Gedanke wurde von McReynold (1970) weitergeffihrt, der die vorzugsweise benutzten Materialien tabellarisch erfaBte. Mittels diesen McReynoldsehen Konstanten, sofern sie von den Herstellern angegeben sind, ist es m6glich, bei einem S/iulenmaterial vorauszusagen, inwieweit es sich yon einem anderen unterscheidet und ob es ffir spezielle Trennprobleme geeignet ist. F/Jr die Mehrzahl der Arzneimittel hat sich die OV-1 als universelle Standards/iule durchgesetzt. Es ist jedoch fraglich, ob es zu dieser eine einzige weitere S/iule gibt, die diese in jedem Fall optimal erg/inzt; dazu w/ire erforderlich, dab sich f'dr die in Frage kommenden Substanzen die Trenneigenschaften der beiden S/iulen geniigend voneinander unterscheiden, ohne dab sich auf einer stark polaren station/iren Phase zu lange Retentionszeiten ergeben. Darfiber hinaus besteht die Gefahr, dab bei hoher Polarit/it des S/iulenmaterials stark polare Substanzen so stark zurfiekgehalten werden, dab eine Auswertung des Chromatogrammes nicht mehr m6glieh ist. Da bei den meisten Gaschromatographen nieht mehr als zwei Sfiulen eingesetzt werden k6nnen und ein S/iulenwechsel in der Praxis problematisch ist, wurden die Index-Werte nur auf einer weiteren station/iren Phase bestimmt. Hierzu wurde OV17 verwendet, eine stationfire Phase, die polarer ist als OV-1, bzw. SE-30 und daher in vielen Ffillen weitere Informationen liefert (Knights, 1975). Dar/Jber hinaus ist sie in einer Reihe von Arbeiten als einzige Siiule (Foltz, 1974; Nau u. Biemann, 1974) oder neben OV-1 verwendet worden (Caddy, 1973; Knights, 1975). Diese Daten k6nnen zusammen mit den oben zitierten ausgewertet und so f'tir eine groBe Anzahl von Arzneimitteln Indexwerte auf OV-1 und OV-17 ersteUt wer-

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den. Nach unserer Meinung ist es wichtiger, yon einer groBen Zahl von Substanzen Indexwerte auf wenigen Standards~iulen zu erstellen, als ffir eine beschr~inkte Anzahl von Stoffen Indexwerte auf vielen (ungebr~iuchlichen) station/iren Phasen zu ermitteln. Die RI's der in der Tabelle aufgeftihrten Verbindungen sind in den hier vorgeschlagenen Temperaturbereichen ermittelt worden. Abweichungen ergaben sich lediglich, wenn die Indices auf der station~iren Phase OV-17 wesentlich fiber der durchschnittlichen ErhShung von ca. 300 Einheiten lagen. Dann wurde die n/ichst hfhere Temperaturstufe ftir beide S~iulen gew~ihlt, obwohl sich dann ffir die station~ire Phase OV-1 eine gegenfiber dem Schema zu hohe Temperatur ergab. Damit wurde erreicht, dab ftir beide S~iulen die gleiche Arbeitstemperatur vorlag. Bei der Identifizierung unbekannter Substanzen mit Hilfe unserer Tabelle werden mit hoher Wahrscheinlichkeit s~imtliche in Frage kommenden, dort aufgeffihrten Verbindungen erfagt, wenn ffir die Absolutwerte der Indices eine Suchbreite von + 40 Einheiten eingesetzt wird. Eine Standardisierung der Arbeitsbedingungen in bezug auf das S/iulenmaterial (Tr~igermaterial, prozentuale Belegung) und der Temperatur ergibt eine weitere Verringerung der Streubreite und damit noch bessere Vergleichsm/Sglichkeiten mit Tabellenwerten, wie die wesentlich grSBere Pdizision innerhalb der Labors beweist. Die Standardisierung der Temperatur ist erforderlich, weil im Gegensatz zu den meist einfacher gebauten Stoffen (Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Fetts/iuren, Ester und Amine) Arzneimittel relativ groBe Temperaturabh~ingigkeiten aufweisen, die zudem von Stoff zu Stoff sehr verschieden sind (MS1ler, 1976). Dies bedeutet, dab diese Temperaturabh~ingigkeit als Identifizierungshilfe genfitzt werden kann. Indexdifferenzen zwischen zwei verschiedenen Temperaturen auf einer station~iren Phase sind durchaus brauchbar, um weitere Informationen tiber unbekannte Substanzen zu gewinnen. So sind beispielsweise Phenacetin und Paracetamol bei 190~ auf OV-1 nicht zu trennen (RI = 1664 bzw. 1666). Bei Temperaturerh6hung auf 230 ~ steigt der Index von Paracetamol um 14 Einheiten auf 1678, der von Phenacetin jedoch um 54 Einheiten auf 1720, so dab jetzt eine sichere Trennung mSglich ist (Mall, 1975). Nicht nur die Indexdifferenzen auf einer S~iule bei zwei verschiedenen Temperaturen sind von Bedeutung, sondern auch die zwischen verschiedenen station~iren Phasen. Die statistische Auswertung des uns vorliegenden Datenmaterials ergab, dab die Differenzen der RI's zwischen zwei S/iulen ebenso konstant sind wie deren Absolutwerte. Damit steUen diese Differenzen eine dritte unabh~ingige GrSBe dar, die zusammen mit den Absolutwerten bei der Suche unbekannter Verbindungen einsetzbar sind, wobei die gleiehe Suchbreite gew~ihlt werden kann. So konnten die Vorschl~ige von Guiochon (1973) und Caddy et al. (1973) auch ffir die stark polaren Arzneimittel best~itigt werden. Die Bedeutung, die sich durch die Benutzung mehrerer Trennphasen und der Einbeziehung der Indexdifferenzen ffir die Ermittlung unbekannter Substanzen ergibt, wird durch die nachfolgenden Tabellen l a - c ersichtlich. Aus einer Reihe von 127 RI-Werten, die alle im gleichen Labor (Institut ftir Rechtsmedizin, Homburg) ermittelt wurden, wurde die Anzahl der Substanzen in einem Suchtest herausgefunden, die unter den vorgegebenen Bedingungen von jeder einzelnen Substanz einen Abstand von weniger als + 40 Einheiten hatten. Werden die Daten einer einzigen S/iule (OV-1) in Betracht gezogen (Tab. la), so ergibt sich, dab im Mittel jeweils 8 verschiedene Substanzen in Frage kommen; eine

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Tabelle l a - c . Statistische Auswertung der Suchtests mit + 40 Einheiten (Erl~iuterungen s. Text) Bereich

Anzahl

Summen %

a) OV-1 (Anzahl der Verbindungen 127, Anzahl der Gruppen 17) 1- 2 2- 3 3- 4 4- 5 5- 6 6- 7 7- 8 8- 9 9-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18

1 5 12 13 8 14 18 11 9 14 3 4 4 5 4 0 2

0,79 4,72 14,17 24,41 30,71 41,73 55,91 64,57 71,65 82,68 85,04 88,19 91,34 95,28 98,43 98,43 100

Mittelwert = 8,0 b) OV-1 und OV-17 (Anzahl der Verbindungen 127, Anzahl der Gruppen 8) 1-2 2-3 3-4 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9

38 28 31 9 7 6 7 1

29,92 51,97 76,38 83,46 88,98 93,7 99,21 100

Mittelwert = 3,3 c) OV-1 und OV-17 und Diff. (Anzahl der Verbindungen 127, Anzahl der Gruppen 8) 1-2 2-3 3-4 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 Mittelwert = 3,0

44 33 23 11 3 7 5 1

34,65 60,63 78,74 87,4 89,76 95,28 99,21 100

Retentionsindiceszur gaschromatographischenIdentifizierungvon Arzneimitteln

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einzige Substanz (eindeutige Aussage) tritt nur einmal auf. In zwei F~illen liegen sogar 17 verschiedene Verbindungen in diesem Bereich. Legt man die Daten zweier S~iulen (OV-1 und OV-17) zugrunde, wobei die Retentionsindices auf beiden S~iulen nicht mehr als + 40 Einheiten Abstand voneinander haben dfirfen (Tab. lb), so/indert sich das Bild wesentlich. Jetzt ergeben sich im Mittel nur etwas mehr als 3 verschiedene Substanzen, die in Betracht kommen; eine eindeutige Aussage wird in 38 F~illen (30%) erhalten, die maximale Anzahl der unter diesen Bedingungen anfallenden M6glichkeit betr~igt 8; sie tritt nur einmal auf. Die weitere Einengung durch Hinzunahme der Indexdifferenzen, wobei auch der Abstand der Indexdifferenzen unter + 40 Einheiten liegen mu6, ist aus Tabelle lc ersichtlich. Die Zahl der eindeutigen Anzeigen ist auf 44 (35%) gestiegen; die M6glichkeiten mit mehr als 3 verschiedenen Stoffen sind entsprechend vermindert. Die Aufstellung zeigt jedoch auch, dal3 mit gaschromatographischen Methoden allein eine eindeutige Erkennung einer bestimmten Substanz dann nicht m/Sglich ist, wenn die Anzahl der in Frage kommenden Verbindungen zu gro6 ist. Zur forensisch relevanten Identifizierung sind daher weitere analytische Methoden, vorzugsweise mit spezifischer Anzeige, erforderlich. Als Erg~inzung zur Gaschromatographie eignet sich am besten die Massenspektrometrie, die technisch mit der Gaschromatographic verbunden werden kann und damit aus einer Probe ein Maximum an Information zu liefern imstande ist. Erfahrungen mit der Kombination G C - M S zeigen, dal3 auch in diesem Fall die Anwendung der RI's von Vorteil ist. Bei Vorgabe eines ,,Retentionsindex-Fensters" wird die Auswahl der Substanzen mit ~ihnlichen Massenspektren wesentlich eingeschr~inkt (Nau u. Biemann, 1974). Die Kenntnis des Retentionsindexes gestattet es, gezielt den mit GC--MS zu bestimmenden Peak in der Retentionszeitskala einzuordnen, selbst wenn die Probe vorher auf einem anderen Gaschromatographen untersucht wurde, wie das wohl im allgemeinen der Fall sein wird. Zur Identifizierung unbekannter Stoffe mit Hilfe der Retentionsindices sollten jedoch nicht nur die Indexwerte der unver/inderten Substanzen, sondern auch diejenigen der Metaboliten bekannt sein; denn es ergibt sich dadurch ein fiir eine bestimmte Substanz typisches ,,Index-Muster". Die Sicherheit der Identifizierung wird im Sinne einer Muster-Erkennung (Fingerprint-Analyse) wesentlich erh6ht (M6ller u. Birke, 1977, in Vorbereitung). Da viele Arzneimittel bei therapeutischer Dosierung nach wenigen Stunden nicht mehr unver~indert vorliegen, kann dieses Metabolitenmuster noch zum Nachweis einer Substanz f'tihren, selbst wenn der Ausgangsstoff nicht mehr in Erscheinung tritt. Die Erkennung eines im Gaschromatogramm auftretenden Peaks als Metabolit eines bereits identifizierten Arzneimittels erspart dariiber hinaus oft zeitraubende Anstrengungen, die Identit~it dieses Peaks zu bestimmen. Frau M. L. Schneiderund Frl. R. Gr/innageldankenwir fiir die sorgf'~iltigetechnischeDurchf'tihrung der gaschromatographischenAnalysen.

Anhang In den folgenden Tabellen werden die Retentionsindices von 72 Arzneimitteln, die im Institut f'tir Rechtsmedizin in Homburg bestimmt wurden, alphabetisch (Tab. 2) und nach steigenden Indexwerten auf der station~iren PhaSe OV-1 (Tab. 3) aufgefiihrt. Die Indexwerte sind auf 5 Einheiten der letzten Stelle gerundet.

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Tabelle 2. Retentionsindiees von 72 in der toxikologisehen Analytik h~iufig auftretenden Verbindungen, in deren alphabetischen Reihenfolge

Allobarbitone Allylbarbituric acid Amidopyrine Amitriptyline Amobarbitone Amphetamine Aprobarbitone Aspirin Barbitone Brallobarbitone Bromazepam Butabarbitone Butallylonal Butobarbitone Caffeine Carbromal Chlordiazepoxide Chlormethiazole Chlorphentermine Chlorpromazine Cholesterol Cocaine Codeine Cyclobarbitone Diamorphine Diazepam Diphenhydramine Doxepine Ephedrine Ethinamate Fenethylline Fluphenazine Glutethimide Heptabarbitone Hexobarbitone Imipramine Isoniazid Lignocaine Meprobamate Mescaline Methadone Methapyrilene Methaqualone Methylamphetamine Methylphenobarbitone Methyprylone Morphine Nalorphine Nicotine Nitrazepam Oxazepam

[~

OV- 1

OV- 17

Diff.

200 200 200 200 200 150 200 150 200 200 250 200 200 200 200 200 250 150 150 250 280 200 250 200 250 250 200 200 150 150 250 280 200 200 200 200 200 200 200 200 200 200 200 150 200 200 250 250 150 280 250

1610 1660 1890 2185 1715 1150 1620 1315 1480 1865 2640 1660 1980 1655 1800 1525 2520 1235 1355 2525 3115 2180 2410 1970 2630 2460 1870 2215 1370 1365 2820 3085 1845 2045 1860 2210 1685 1885 1800 1685 2140 1985 2130 1190 1890 1550 2460 2590 1345 2775 2430

1915 1955 2300 2490 1985 1300 1935 1495 1795 2245 3280 1975 2350 1970 2260 1810 3065 1480 1560 2915 3400 2575 2860 2350 3140 2940 2140 2540 1580 1650 3340 3520 2200 2445 2210 2525 1920 2180 2190 2030 2420 2300 2570 1345 2250 1870 2965 3050 1550 3450 2805

305 295 410 305 270 150 315 180 315 380 640 315 370 315 460 285 545 245 205 390 285 395 450 380 510 480 270 325 210 285 520 435 355 400 350 315 235 295 390 345 280 315 440 155 360 320 505 460 205 675 375

303

Retentionsindices zur gaschromatographischen Identifizierung yon Arzneimitteln Tabelle 2 (Fortsetzung)

Pentazocine Pentobarbitone Pethidine Phenacetine Phenazone Phenmetrazine Phenobarbitone Phenytoin Prazepam Primidone Propallylonal Propoxyphene Quinalbarbitone Quinine Salicylamide Salicylic-acid Strychnine Tetrahydrocannabinol Thiopentone Tilidine Vinylbarbitone

[~

OV- 1

OV- 17

Diff.

200 200 200 200 200 150 200 250 250 250 200 200 200 280 200 200 280 250 200 200 200

2270 1730 1760 1680 1830 1440 1955 2340 2655 2275 1890 2180 1790 2820 1450 1305 3120 2490 1855 1840 1725

2585 2020 2015 2050 2310 1680 2405 2950 3145 2875 2285 2455 2070 3385 1805 1515 3810 2840 2140 2105 2030

315 290 255 370 480 240 450 610 490 600 395 275 280 565 355 210 690 350 285 265 305

[~ = Arbeitstemperatur OV-1 bzw. OV-17 = Retentionsindex auf der entsprechenden station~iren Phase Diff. = Differenz der Retentionsindices

Tabelle 3. Retentionsindices von 72 in der toxikologischen Analytik h~iufig auftretenden Verbindungen, geordnet nach steigenden Werten auf der station~iren Phase OV- 1 OV-1 l 150 119(I 1235 13(/5 1315 1345 1355 1365 1370 1440 1450 1480 1525 155(/ 1610 1620 1655 1660 1660 1680

Amphetamine Methylamphetamine Chlormethiazole Salicylic-acid Aspirin Nicotine Chlorphentermine Ethinamate Ephedrine Phenmetrazine Salicylamide Barbitone Carbromal Methyprylone A llobarbitone Aprobarbitone Butobarbitone Allylbarbituric acid Butabarbitone Phenacetine

OV-17

Diff.

1300 1345 1480 1515 1495 1550 1560 1650 1580 1680 1805 1795 181 (1 1870 1915 1935 1970 1955 1975 2050

150 155 245 210 180 205 2(15 285 210 240 355 315 285 320 3(/5 315 315 295 315 370

Tabelle 3 (Fortsetzung)

OV-1 1685 1685 1715 1725 1730 1760 1790 1800 1800 1830 1840 1845 1855 1860 1865 1870 1885 1890 1890 1890 1955 1970 1980 1985 2045 2130 2140 2180 2180 2185 2210 2215 2270 2275 2340 2410 2430 2460 2460 2490 2520 2525 2590 2630 2640 2655 2775 2820 2820 3085 3115 3120

Isoniazid Mescaline Amobarbitone Vinylbarbitone Pentobarbitone Pethidine Quinalbarbitone Meprobamate Caffeine Phenazone Tilidine Glutethimide Thiopentone Hexobarbitone Brallobarbitone Diphenhydramine Lignocaine Amidopyrine Methylphenobarbitone Propallylonal Phenobarbitone Cyclobarbitone Butallylonal Methapyrilene Heptabarbitone Methaqualone Methadone Cocaine Propoxyphene Amitriptyline Imipramine Doxepine Pentazocine Primidone Phenytoin Codeine Oxazepam Diazepam Morphine Tetrahydrocannabinol Chlordiazepoxide Chlorpromazine Nalorphine Diamorphine Bromazepam Prazepam Nitrazepam Fenethylline Quinine Fluphenazine Cholesterol Strychnine

OV-17

Diff.

1920 2030 1985 2030 2020 2015 2070 2190 2260 2310 2105 2200 2140 2210 2245 2140 2180 2300 2250 2285 2405 2350 2350 2300 2445 2570 2420 2575 2455 2490 2525 2540 2585 2875 2950 2860 2805 2940 2965 2840 3065 2915 3050 3140 3280 3145 3450 3340 3385 3520 3400 3810

235 345 270 305 290 255 280 390 460 480 265 355 285 350 380 270 295 410 360 395 450 380 370 315 400 440 280 395 275 305 315 325 315 600 610 450 375 480 505 350 545 390 460 510 640 490 675 520 565 435 285 690

OV- 1 bzw. OV- 17 = Retentionsindex auf der entsprechenden station~iren Phase Diff. = Differenz der Retentionsindices

Retentionsindices zur gaschromatographischen Identifizierung von Arzneimitteln

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[Retention indices for gas chromatographic identification of drugs (authors transl)].

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