Facharztwissen-HNO 867

Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung Differential Diagnosis of Nasal Obstruction

T. Schulz, N. Kohles, D. Eßer



Eine behinderte Nasenatmung kann eine Vielzahl unterschiedlicher Ursachen haben. Im folgenden Text werden wichtige Erkrankungen der Nase und der Nasennebenhöhlen, die im Zusammenhang mit dem Symptom Nasenatmungsbehinderung stehen, beschrieben und auf Besonderheiten der Diagnostik und Therapie eingegangen.

Allgemeines Dieser Beitrag aus der Serie „Facharztwissen HNO“ in der Laryngo-Rhino-Otologie widmet sich dem Thema „Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung“. Über das Jahr verteilt erscheinen in unserer Rubrik „Facharztwissen HNO“ alle 2 Monate didaktisch aufbereitete Übersichtsartikel. Diese greifen die Hauptthemen der Kursreihe „Facharztwissen HNO“ auf, die im Wechsel an den HNO-Kliniken in Dresden, Erfurt, Jena, Leipzig, Magdeburg und Halle stattfindet (jährliche Veranstaltung der Professoren Andreas Dietz, Orlando Guntinas-Lichius, Thomas Zahnert, Dirk Eßer, Christoph Arens und Stefan Plontke). Diese Kursreihe zielt erstrangig auf Assistenten in der Weiterbildung HNO-Heilkunde ab und soll in möglichst persönlichem Rahmen eine direkte Diskussion der Lehrinhalte im Rahmen eines interaktiven Workshops ermöglichen. Die Autoren haben sich zur Aufgabe gemacht, die Inhalte praxisgerecht mit Rücksicht auf aktuelle wissenschaftliche Entwicklungen anzubieten. Der Inhalt des HNO-Facharztwissens unterliegt einem ständigen Fluss, sodass durch das Konsensusverfahren der 6 genannten ausgewiesenen Fachvertreter die Aktualität und Belastbarkeit des angebotenen Wissens angestrebt wird. Weitere Informationen zum Kurs in 2015, inklusive einführendem Video-Podcast, finden Sie unter www.thieme.de/lro/.

Abstract



Nasal obstruction can have a variety of different causes. The following text describes important diseases of the nose and paranasal sinuses, which are associated with the symptom of nasal obstruction and discusses specifics of diagnosis and therapy.

Einleitung Eine Nasenatmungsbehinderung kann eine Vielzahl unterschiedlicher Ursachen haben. Beim Erwachsenen liegt am häufigsten eine Nasenmuschelhyperplasie, eine Septumdeviation oder eine Kombination aus diesen beiden Veränderungen zu Grunde. Seltenere Gründe für eine Nasenatmungsbehinderung sind Fremdkörper im Kindesalter, äußere Nasendeformitäten, adenoide Vegetationen, eine chronische Rhinosinusitis mit oder ohne Polypen, Tumoren und Verletzungen. Des Weiteren führen einige Medikamente zu einer Nasenatmungsbehinderung. Eine Nasenatmungsbehinderung führt – in Abhängigkeit von ihrer individuellen Ausprägung – in den meisten Fällen über kurz oder lang zu krankhaften Folgeerkrankungen. So treten bspw. ein Druckgefühl in den Ohren und Hörveränderungen durch eine Tubenventilationstörung auf. Außerdem kommt es durch die resultierende Mundatmung bei vielen der Betroffenen zu Mundtrockenheit, Rhonchopathie, gehäuften grippalen Infekten sowie Asthma bronchiale oder chronischer Bronchitis. Viele Patienten klagen außerdem über eine Reduzierung ihrer allgemeinen Leistungsfähigkeit und Abgeschlagenheit.

Schulz T et al. Differenzialdiagnosen bei … Laryngo-Rhino-Otol 2014; 93: 867–886 ∙ DOI 10.1055/s-0034-1335444 ∙ VNR: 2760512014144213138

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Zusammenfassung

Anatomie

Zur genaueren Klassifizierung teilt man das Nasenseptum in 5 unterschiedliche Regionen ein: ▶ I: kaudale Kante ▶ II: Nasenklappenregion ▶ III: Höhe der Muschelköpfe ▶ IV: Nasenmitte ▶ V: Vomer Die Nasenhaupthöhle steht mit den paarig angelegten Nasennebenhöhlen in Verbindung. Hierzu gehören Sinus frontalis, Sinus maxillaris, Sinus ethmoidalis und Sinus sphenoidalis. Die Nasennebenhöhlen sind mit einem dünnen Flimmerepithel ausgekleidet. Die Orientierung des Flimmerstroms ist in den einzelnen Höhlen zu den Ostien hin ausgerichtet und ermöglicht den Sektretabfluss. Die Stirnhöhle (Sinus frontalis) ist durch das Septum interfrontale in eine meist unterschiedlich große rechte und linke Seite unterteilt. Bei etwa 10 % der Menschheit besteht eine einseitige Aplasie. Der Boden der Stirnhöhle grenzt an die Orbita, die hintere Wand ist Teil der vorderen Schädelbasis und die Vorderwand wird supraorbital durch die Stirnpartien begrenzt. Der Ductus nasofrontalis (Ausführungsgang) mündet am häufigsten direkt in den Recessus frontalis oder oberhalb des Infundibulum ethmoidale. Die Kieferhöhle (Sinus maxillaris) ist über ein Ostium mit dem mittleren Nasengang verbunden. Er hat die Form einer 4-seitigen Pyramide und wird durch 5 Wände gebildet. Die mediale Wand ist zugleich die laterale Wand der Nasenhaupthöhle. Die kraniale Wand wird durch den Processus orbitalis des Oberkieferbeins mit dem Nervus infraorbitalis gebildet, die kaudale Wand durch den Processus palatinus der Maxilla. Die Vorderwand ist zugleich die faziale Wand und die Hinterwand wölbt sich als Tuber maxillae nach dorsal vor und bildet die anteriore Wand der Fossa pterygopalatina.

Die Nase setzt sich aus einem knöchernen und einem knorpeligen Anteil zusammen. Der knöcherne Teil besteht lateral aus dem Processus frontalis der Maxilla und medial aus dem Os nasale. Dazwischen befindet sich die Sutura nasomaxillaris. Der bewegliche, knorpelige Teil der Nase setzt sich auf jeder Seite aus dem Dreiecksknorpel (Cartilago nasi lateralis), Nasenspitzenknorpel (Cartilago alaris major) und dem Cartilago alaris minor, der sich seitlich an den Cartilago alaris major anschließt, zusammen. Der Cartilago alaris major bildet mit einem schmalen Crus mediale (Nasensteg) und einem unterschiedlich breiten Crus laterale (Nasenflügel) die Form des ▶ Abb. 1). Nasenlochs (● Weitere wichtige Landmarken der Nase sind: ▶ schwaches Dreieck oder supra-tip area: Nasenrücken knapp oberhalb der Nasenspitze nur durch das Septum geformt ▶ weiches Dreieck: knorpelfreie Zone, wo das Crus mediale in das Crus laterale umbiegt ▶ Keystone-Area: Überlappung des Seitenknorpels durch das Os nasale ▶ Kolumella: vorderer Abschnitt des Septums zwischen Nasenspitze und Philtrum Im Vestibulum nasi (Nasenvorhof) befindet sich im Bereich des Übergangs der Haut auf die Schleimhaut (Nasenklappe) die engste Stelle der Luftpassage. Das Septum nasi (Nasenscheidewand) trennt die ▶ Abb. 2). Nasenhaupthöhle in 2 Nasenhöhlen (● Es besteht im knöchernen Abschnitt aus dem dorsal gelegenen Vomer und der ventral angrenzenden Lamina perpendicularis des Os ethmoidale. Im vorderen Abschnitt befindet sich die knorpelige Lamina quadrangularis. Hinter der Nasenspitze liegt ein kleiner bindegewebiger Anteil der Nasenscheidewand (Pars membranacea).

Lamina perpendicularis Nasion Sutura nasofrontalis

Cartilago vomeronasalis

Nasenbein Keystone-Area

Sutura nasomaxillaris Keystone-Area Processus frontalis des Os maxillae Os nasale Cartilago nasi lateralis Septumoberkante schwaches Dreieck Cartilago alaris weiches Dreieck Crus laterale Sulcus alaris

Cartilago nasi lateralis 4

Lamina quadrangularis 2 Flügelknorpel

1

3

Spina nasalis anterior Ductus incisivus

Crus mediale

Abb. 1 Aufbau der äußeren Nase [1].

5

Vomer

Abb. 2 Aufbau der Nasenscheidewand [1].

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868 Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung

Facharztwissen-HNO 869

Klinische Untersuchung



Die klinische Untersuchung der Nase beginnt mit ▶ Abb. 3), geder Betrachtung der äußeren Nase (● folgt von der anterioren Rhinoskopie. Hierbei werden mittels Nasenspekulum die Naseneingänge aufgespreizt und die Nasenhaupthöhle inspiziert. Es ist vor allem zu achten auf: ▶ Stellung der Nasenscheidewand ▶ Form und Größe der Nasenmuscheln ▶ mögliche Blutungsquellen ▶ Schleimhautveränderungen ▶ Sekret ▶ Polypen Bei der posterioren Rhinoskopie werden der Nasopharynx mit Rosenmüller’scher Grube, die dorsale Septumkante, die hinteren Muschelenden und das Tubenostium beurteilt.

Linea frontomentalis

125°

Nasenwurzel

Nasenrücken, knöchern Nasenrücken, knorpelig 30°–40°

Nasenflügel Nasenspitze Kolumella

90°–115°

nasolabialer Winkel Sulcus alaris

nasolabiale Falte

Abb. 3 Terminologie der Nasenzonen [1].

Im Anschluss folgt nach Abschwellen der Nasenschleimhäute eine diagnostische Endoskopie der Nasenhaupthöhle sowie des Nasopharynx mit einer 30 °-Optik. Zunächst wird das Endoskop in den unteren Nasengang eingeführt, wobei das Ostium des Ductus lacrimalis im unteren Nasengang aufgesucht wird. Anschließend folgt das Endoskopieren des mittleren Nasengangs. Kann dieser nicht von anterior aufgesucht werden, muss das Endoskop von dorsal kommend unter die mittlere Muschel geleitet werden. Hierbei wird auf das Vorhandensein einer Concha bullosa oder von akzessorischen Ostien geachtet. Des Weiteren werden Processus uncinatus und Bulla ethmoidalis beurteilt. Abschließend wird die Untersuchung durch einen Blick auf die Keilbeinhöhlenvorderwand, die Inspektion des oberen Nasengangs, der Rima olfactoria und des Nasopharynx ergänzt. Bei der apparativen Diagnostik ist zunächst die Rhinomanometrie (dynamische Untersuchung) zu nennen. Die Rhinomanometrie ist eine objektive Messung der nasalen Durchgängigkeit, wobei der Atemstrom beider Nasenseiten separat in Abhängigkeit von der Druckdifferenz Nasenein▶ Tab. 1). gang/Choane in ml/s gemessen wird (● Die akustische Rhinometrie (statische Untersuchung) berechnet die minimale Querschnittsfläche des Nasenlumens in Abhängigkeit von der Tiefe anhand des Reflexionsmusters eines Schallimpulses, welcher sich in das Nasenlumen hinein ausdehnt. Im Gegensatz zur aktiven anterioren

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Bei den 8–15 Siebbeinzellen (Cellulae ethmoidales) unterscheidet man vordere und hintere Siebbeinzellen. Die Grundlamelle der mittleren Muschel unterteilt die Siebbeinzellen in einen vorderen und hinteren Anteil. Die vorderen Siebbeinzellen münden mit ihren Ostien in den mittleren Nasengang, die hinteren Siebbeinzellen in den oberen Nasengang. Die Siebbeinzellen grenzen kranial an die Stirnhöhle und die vordere Schädelgrube, lateral an die Orbita (Lamina papyracea), medial an die laterale Nasenwand und hinten an die Keilbeinhöhle und unten lateral an die Kieferhöhle. Die Keilbeinhöhle (Sinus sphenoidalis) ist ebenfalls paarig angelegt und wird vom Septum intersphenoidale in 2 unterschiedlich große Hälften geteilt. In unmittelbarer Nähe liegen wichtige anatomische Nachbarstrukturen, wie der Canalis caroticus und der Nervus opticus. Der Keilbeinhöhlenboden wird durch das Dach der Choane und des Nasopharynx gebildet. Die sehr dicke Hinterwand besteht aus dem Clivus und trennt die Keilbeinhöhle von der hinteren Schädelgrube. Das Keilbeinhöhlendach grenzt an die Sella turcica mit der Hypophyse. Die laterale Wand hat eine enge Beziehung zur A. carotis interna. In der Vorderwand befindet sich das Ostium, was hinter der oberen Muschel in die Nasenhaupthöhle mündet. Die Aufgabe der Nase umfasst das Anfeuchten, das Erwärmen und das Reinigen der Atemluft. Darüber hinaus dient sie als sensorisches Organ zum Riechen. Deshalb ist das Naseninnere durch 2 unterschiedliche Schleimhauttypen ausgekleidet, einer respiratorischen und einer sensorischen Schleimhaut. Die respiratorische Schleimhaut besteht aus einem mehrschichtigen Flimmerepithel mit Schleimdrüsen (Regio respiratoria) und die sensorische Schleimhaut aus einem Sinnesepithel aus Riechzellen und Stützzellen (Regio olfactoria).

870 Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung

Tab. 1 Kennzahlen der Rhinomanometrie [1].

Anstieg des Atemstroms bei 300 Pa Seitenverhältnis Abschwelltest

Auswertung > 900 ml/s: unbehinderte Nasenatmung < 500 ml/s: hochgradige Atembehinderung Normalwert: Zunahme zwischen 35 und 70 % Ventilstenose, Ansaugphänomen: Zunahme unter 25 % Verhältnis des Atemstroms rechts zu links bis 1,5 normal Normalwert: Zunahme unter 80–100 ml/s Pathologie der Schwellkörper: Zunahme über 100 ml/s

Rhinomanometrie erhält man keine Information über dynamische Änderungen, dafür aber über die Lokalisation einer Stenose. Bildgebende Verfahren zur Beurteilung der Nasenhöhlen und der Nasennebenhöhlen sind die Sonografie der Nasennebenhöhlen, die digitale Volumentomografie (DVT), die Computertomografie (CT) sowie die Magnetresonanztomografie (MRT). Die Bildgebung der Nasennebenhöhlen mittels konventioneller Röntgenuntersuchung dient einer raschen Orientierung, wird jedoch zunehmend weniger durchgeführt. Mittels einer sonografischen Untersuchung können Kieferhöhle, Stirnhöhle und vordere Siebbeinzellen mit der Verwendung von Schallköpfen mit 3,5–5 MHz beurteilt werden. Hierbei werden Schleimhautschwellungen, Sekretbildung und Zysten erfasst. Hauptindikationen für eine sonografische Untersuchung der Nasennebenhöhlen ist die akute und chronische Rhinosinusitis. Sie sollte vor allem bei Kindern und in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Die Sonografie ist schnell verfügbar und kostengünstig. DVT, CT oder MRT sind jedoch wesentlich aussagekräftiger. Die Methode der Wahl ist die Computertomografie, womit die knöchernen Begrenzungen am besten dargestellt werden können. Die digitale Volumentomografie weist eine ähnliche Bildqualität auf bei gleicher oder niedrigerer Strahlendosis [2]. Die Magnetresonanztomografie hingegen eignet sich zur optimalen Darstellung der Tumorausdehnung und der Infiltration von benachbarten Strukturen. Das Riechen ist eine wichtige Funktion der Nase. Das olfaktorische Epithel befindet sich im Bereich der Lamina cribrosa am oberen Nasenseptum und der oberen Nasenmuschel mit einer Fläche von etwa 1,5 cm². Der Mensch kann etwa 10 000 Duftstoffe unterscheiden und ca. 5 % der Bevölkerung haben eine Riechstörung. Für die Quantifizierung einer Riechstörung stehen qualitative und quantitative Verfahren zur Verfügung. Bei der subjektiven Olfaktometrie werden dem Patienten reine Geruchsstoffe (z. B. Vanille, Zimt, Lavendel, Terpentin, Teer, Pfefferminzöl) angeboten, wobei sich der Patient für eine Antwort aus einer vorgegebenen Auswahl entscheiden muss. Zur Unterscheidung einer Anosmie und einer Simulation werden dem Patienten Geruchsstoffe mit Trigeminusreizung (z. B. Essigsäure, Ammoniak) angeboten. Patienten mit Anosmie können diese Geruchsstoffe wahrnehmen.

Merke: Zur objektiven Bestimmung einer Riechstörung können olfaktorisch evozierte Potenziale abgeleitet werden. Hierbei werden reine Riechstoffe mit konstanter Reizdauer, Konzentration und Anstiegssteilheit der Reizflanke bei gleicher Flussgeschwindigkeit, Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit angeboten.

Im Folgenden werden wichtige Erkrankungen beschrieben, die differenzialdiagnostisch bei einer Nasenatmungsbehinderung in Frage kommen.

Krankheitsbilder Rhinosinusitis



Für ausführliche Informationen zum Thema Rhinosinusitis sei auf das europäische Positionspapier (EPOS-2012) verwiesen, welches EBMbasiert (evidence based medicine) zu fast allen aktuellen Aspekten der Rhinosinusitis Stellung nimmt [3]. In diesem Zusammenhang sind auch die beiden Publikationen von Riechelmann et al. zum Thema akute und chronische Rhinosinusitis [4, 5] sehr zu empfehlen, die die wesentlichen Inhalte dieses Positionspapiers übersichtlich wiedergeben und Grundlage der folgenden Ausführungen sind.

Begriff Der Begriff Rhinosinusitis (RS) ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Entzündungsformen der Schleimhaut von Nase und Nasennebenhöhlen, die praktisch immer gemeinsam erkranken. In Abhängigkeit von der Erkrankungsdauer lassen sich die Rhinosinusitiden in eine akute (Krankheitsdauer < 4 Wochen) und eine chronische Form (Krankheitsdauer > 4 Wochen) einteilen. Eine Rhinosinusitis beim Erwachsenen liegt vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: Entzündung von Nase und Nasennebenhöhlen, gekennzeichnet durch 2 oder mehr Symptome (Mittelgesichtsdruck/Schmerz, Hypersekretion, Obstruktion, Hyposmie und Husten) wovon 1 Symptom entweder Nasenatemungsbehinderung

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Kurvenkenngröße Atemstrom beidseits bei 150 Pa Druckdifferenz

Facharztwissen-HNO 871

Akute Rhinosinusitis (ARS) Allgemeines Die akute Rhinosinusitis ist durch eine Erkrankungsdauer von < 12 Wochen gekennzeichnet. Bei mindestens 4 rezidivierenden Episoden pro Jahr mit zwischenzeitlicher Symptomfreiheit wird von der rezidivierenden akuten Rhinosinusitis gesprochen. Es lassen sich folgende Subtypen unterschieden: ▶ akute virale Rhinosinusitis: Symptome < 10 Tage ▶ akute postvirale Rhinosinusitis: Symptome 10 Tage oder mehr oder wenn sich um den 5. Krankheitstag die Symptome sprunghaft verstärken (sog. double sickening) ▶ akute bakterielle Rhinosinusitis: 3 von 5 Kriterien erfüllt (eitriges Sekret, starke Schmerzen, insbesondere einseitig, Fieber > 38 °C, BSG/CRPErhöhung und/oder double sickening) Die akute Rhinosinusitis kommt mit einer Prävalenz von ca. 10 % vor. Prädisponierende Faktoren stellen die allergische Rhinitis, Zigarettenrauch und möglicherweise der extraösophageale Reflux dar. Als häufigste Ursache werden Infektionen mit Viren angesehen (insbesondere Rhinoviren und Coronaviren). Der Hauptinfektionsweg ist dabei nicht die Tröpfcheninfektion, sondern die Kontaktinfektion, weshalb Händewaschen die Übertragung reduziert. Bei 10 % der Patienten mit einer akuten viralen Rhinosinusitis entwickelt sich eine akute postvirale Rhinosinusitis und 1 % der Patienten entwickelt eine akute bakterielle Rhinosinusitis. Die Diagnose und Einordnung in die jeweilige Sinusitisform kann anhand der Klinik und der Frage nach der Symptomdauer und des Symptomverlaufs erfolgen und ist prinzipiell durch den Allgemeinmediziner möglich. Dieser führt auch häufig die Primärversorgung durch.

Merke: Der HNO-Arzt bekommt vorwiegend therapierefraktäre oder rezidivierende Fälle vorgestellt.

Diagnostik Folgende Diagnostik wird empfohlen. ▶ vordere Rhinoskopie (Schwellung? Rötung? Eiter?) ▶ Prüfung auf Druck- oder Klopfschmerz über den Nasennebenhöhlen ▶ Messung der Körpertemperatur Bei Erfüllung der Diagnosekriterien für eine akute bakterielle Rhinosinusitis sollte zusätzlich die Bestimmung der Blutsenkung und/oder des CRPSpiegels erfolgen. Bei der akuten Rhinosinusitis ohne Komplikationen ist in den meisten Fällen eine bildgebende Diagnostik zunächst nicht indiziert. Ggf. kann die bei HNO-Ärzten weit verbreitete Sonografie unterstützend eingesetzt werden. Wichtige Differenzialdiagnosen bei der akuten Rhinosinusitis stellen die allergische Rhinitis, dentogene Erkrankungen, neurologische Erkrankungen mit Schmerzsymptomen (Migräne, Trigeminusneuralgie usw.) dar. Bei folgenden Warnsymptomen sollte unbedingt eine HNO-fachärztliche Abklärung erfolgen: ▶ periorbitales Ödem ▶ Erythem ▶ Bulbusverlagerung ▶ Doppelbilder ▶ Visusabnahme ▶ Ophthalmoplegie ▶ schwerer ein- oder beidseitiger Stirnkopfschmerz ▶ Schwellung über der Stirn ▶ Meningismus-Zeichen ▶ neurologische Ausfälle ▶ Bewusstseinstrübung

Therapie ▶ akute virale Rhinosinusitis: symptomatische Therapie (u. a. Nasenspülung, Dekongestiva, NSAID, Phytopharmaka) ▶ akute postvirale Rhinosinusitis: zusätzlich nasales Steroid ▶ akute bakterielle Rhinosinusitis: zusätzlich Antibiotikum erwägen (z. B. Amoxicillin ggf. mit β-Lactamaseinhibitor, Cefuroxim, Levofloxacin/Moxifloxacin, Makrolide), allerdings kein explizites Muss, Vor- und Nachteile sollten abgewogen werden ▶ Abb. 4 gibt nochmals einen zusammenfassen● den Überblick über die Therapie der akuten Sinusitis in Abhängigkeit vom jeweiligen Krankheitsstadium. Da die Primärversorgung der akuten Rhinosinusitis häufig durch den Allgemeinmediziner erfolgt, befinden sich Patienten bei der Erstvorstellung beim HNO-Arzt meist in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium (also postvirale oder bakterielle RS). Eine Vorbehandlung ist hier in vielen Fällen schon erfolgt. Eventuell hat der Patient auf die Standardtherapie nicht angesprochen und es drohen mitunter sogar Komplikationen. Daher gelten für den HNO-Arzt teilweise andere Diagnose-

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und/oder pathologische anteriore oder posteriore nasale Sekretion sein sollte [4]: ▶ ± Gesichtsschmerzen/Druckgefühl ▶ ± Reduzierung oder Verlust des Geruchssinns ▶ und entweder endoskopische Zeichen von: – Nasenpolypen und/oder – mucopurulenter Sekretion vor allem im mittleren Nasengang und/oder – Ödeme/Schleimhautschwellung vor allem in mittleren Nasengang ▶ und/oder CT Veränderungen: ▶ Veränderungen der Schleimhaut im ostiomeatalen Komplex und/oder den Nebenhöhlen

872 Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung

sofort zu HNO: • periorbitalem Ödem • Verlagerung des Augapfels • Doppelbildern • Ophthalmoplegie • Visusminderung • schwere Stirnschmerzen • Schwellung über der Stirn • Meningismus • neurologische Ausfälle • Bewusstseinsstörungen

Behandlungsschema ARS Erwachsene für nicht-HNO-FA ≥2 Symptome einschl. nasale Obstruktion oder trübe Hypersekretion: ± Gesichtsschmerzen/Druck ± Hyposmie Anteriore Rhinoskopie; Röntgen/CT nicht empfohlen

Akut virale Rhinosinusitis (oberer Atemwegsinfekt)

Mehr als 10 Tage oder Verschlechterung

Akut postvirale Rhinosinusitis

Akut bakterielle Rhinosinusitis*

Nasenspülung, Dekongestiva, NSAID, Phytopharmaka

zusätzlich nasale Steroide

zusätzlich Antibiose erwägen

keine Besserung nach 10 Tagen

keine Besserung nach 14 Tagen

keine Besserung binnen 48 h

Facharztüberweisung erwägen

Facharztüberweisung erforderlich

* = mindestens 3 von: eitriges Sekret schwere Gesichtsschmerzen Fieber BSG/CRP erhöht ‘Double sickening’ Heruntergeladen von: Rutgers University. Urheberrechtlich geschützt.

Weniger als 5 Tage oder Besserung

Abb. 4 Behandlungsschema akute Rhinosinusitis bei Erwachsenen für Allgemeinmediziner [3].

Abb. 5 Behandlungsschema der akuten Rhinosinusitis bei Erwachsenen für HNOÄrzte [3].

Behandlungsschema ARS Erwachsene für HNO-FA

Überweisung vom Hausarzt oder Kinderarzt

mäßig ausgeprägte Symptome

starke Symptome

keine Besserung nach 14 Tagen Therapie

(keine Besserung nach 48 h Therapie)

Diagnose überprüfen Nasenendoskopie Bildgebung erwägen Mikrobiologie erwägen nasale Steroide orale Antibiose

Hospitaleinweisung erwägen Nasenendoskopie Mikrobiologie Bildgebung nasale Steroide i.v. Antibiose erwägen orale Steroide erwägen NNH-OP erwägen

▶ Abb. 5 dargeund Therapie-Schemata, die in ● stellt sind.

Chronische Rhinosinusitis (CRS) Allgemeines Die chronische Rhinosinusitis ist durch eine Erkrankungsdauer von > 12 Wochen gekennzeich-

Komplikation

Hospitaleinweisung Nasenendoskopie Mikrobiologie Bildgebung i.v. Antibiose erwägen und/oder NNH-OP

net. Besteht eine dauerhafte Rhinosinusitis mit wiederholten Exazerbationen und zwischenzeitlichen symptomarmen Abschnitten, ohne dass aber vollständige Symptomfreiheit besteht, wird von einer chronischen Rhinosinusitis mit rezidivierenden Exazerbationen gesprochen.

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wNP betroffen sind. Zusätzlich ist bei 30 % aller Patienten mit Asthma und CRSwNP eine Analgetikaintoleranz zu finden. Weitere mit einer chronischen Rhinosinusitis assoziierte Erkrankungen sind ziliäre Dyskinesien, zystische Fibrose, Morbus Wegener, ChurgStrauss-Syndrom oder Sarkoidose. Bei isolierter einseitiger Sinusitis maxillaris stellt die dentogene Sinusitis eine wichtige Differenzialdiagnose dar.

Abb. 6 Beispiel für eine chronische Rhinosinusitis mit Polypen (CRSwNP).

Die chronische Rhinosinusitis lässt sich in 2 Formen einteilen: ▶ chronische Rhinosinusitis ohne Nasenpolypen (CRSsNP) ▶ chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen (CRSwNP) Die Differenzierung erfolgt nach endoskopischer Untersuchung der Nasenhaupthöhle unter besonderer Berücksichtigung des mittleren Nasen▶ Abb. 6). gangs (● Eine weitere Unterteilung erfolgt anhand des Ausmaßes der Krankheitskontrolle in kontrolliert, teilweise kontrolliert und unkontrolliert. Die Unterteilung wird in Abhängigkeit vom Vorhandensein 5 typischer Symptome, eines pathologischen Endoskopiebefunds und einer sys▶ Abb. 7). temischen Medikation abgeleitet (● Die Prävalenz der chronischen Rhinosinusitis beträgt in Europa ca. 10 %. Das Verteilungsverhältnis von CRSsNP/CRSwNP beträgt 2:1. Merke: Bei der Pathogenese steht im Allgemeinen nicht die Infektion im Vordergrund, sondern die Entzündung. Erreger wie Viren, Bakterien oder Allergene stellen lediglich proinflammatorische Trigger dar. Einen prädisponierenden Faktor stellt die allergische Rhinitis dar. So finden sich in 60 % der Fälle Typ-I-Allergien bei der CRS mit und ohne Polypen. Eine besondere Relevanz kommt dabei der Hausstaubmilbenallergie zu. Weiterhin besteht eine positive Assoziation von CRS-Patienten mit Tabakkonsum. Zwischen feuchten Räumen und Schimmelpilzexposition besteht nach aktuellen Erkenntnissen eher kein Zusammenhang. Asthma bronchiale kommt bei 25 % aller CRS-Patienten vor, wobei besonders Patienten mit CRS-

Die Nasenendoskopie mit Beurteilung insbesondere des mittleren Nasengangs ist für die Einteilung in die jeweilige Sinusitisform ein wichtiges Untersuchungsverfahren. An bildgebender Diagnostik stellt die CT der Nasennebenhöhlen das Verfahren der Wahl dar. Alternativ steht mit der DVT-Untersuchung ein strahlenärmeres Verfahren zur Verfügung, das zunehmend Verbreitung findet. An zusätzlicher Diagnostik kommen Allergietests, Riechprüfungen, mikrobiologische Untersuchung (Abstrich), Labordiagnostik (z. B. zur Gesamt-IgE-Bestimmung) und spezialisierte Diagnostik bei Analgetikaintoleranz wie z. B. bei AERD (Aspirin-exacerbated respiratory disease) zum Einsatz.

Therapie Ziel der Therapie ist die Wiederherstellung einer suffizienten Drainage und Ventilation im NNHSystem. Bei leichteren Formen kann dies allein durch konservative Behandlungsmaßnahmen (u. a. topische Steroide, Nasenspülung usw.) erreicht werden. Bei schwereren Formen ist eine Intensivierung der Therapie (z. B. hohe Einlagen, zusätzliche systemische Steroidbehandlung, Langzeitantibiose usw.) oder auch eine operative Therapie erforderlich. In Abhängigkeit vom Vorhandensein von Polypen werden unterschiedliche Behandlungsschemata empfohlen, wie ▶ Tab. 2 und ● ▶ Abb. 8 dargestellt. in ●

Chronische Rhinosinusitis bei Kindern Eine Besonderheit stellt die chronische Rhinosinusitis bei Kindern dar. Merke: Die Diagnosestellung gestaltet sich hier schwierig, da es zu Symptomüberlappungen mit anderen im Kindesalter weit verbreiteten Erkrankungen kommt, wie z. B. Rachenmandelhyperplasie, rezidivierende Atemwegsinfekte, extraösophagealer Reflux. Auch die Röntgendiagnostik hilft nur wenig weiter, da bei 45 % der Kinder (auch ohne chronische Rhinosinusitis) pathologische Befunde gefunden werden können.

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Diagnostik

874 Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung

CRS fraglich/Komplikation bei: einseitiger Symptomatik/Blutungen/ Krustenbildung/Kakosmie

≥2 Symptome einschl. nasale Obstruktion oder trübes Sekret ≥12 Wochen: ± Stirnschmerzen, Kopfschmerzen ± Riechstörung HNO-Untersuchung einschl. Nasenendoskopie CT erwägen Allergietest Komorbiditäten beachten (z. B. Asthma)

starker Stirnkopfschmerz/ Stirnschwellung/Meningitiszeichen/ neurol. Symptomen

mittelgradig/schwer (VAS > 3–10)

keine Besserung nach 3 Monaten

Besserung Kontrollen Fortsetzung der Therapie evtl. Langzeitantibiose

nasale Steroide Nasenspülung Mikrobiologie evtl. Langzeitantibiose (bei normalen sIgE) CT, falls nicht vorh. keine Besserung NNH-OP erwägen

dringliche Untersuchung und Intervention CT OP erwägen Nachbehandlung nasale Steroide Nasenspülung Mikrobiologie evtl. Langzeitantibiose (bei normalen sIgE)

Abb. 7 Beurteilung der aktuellen klinischen Kontrolle der CRS (Stand Dezember 2012; nach [3]).

Tab. 2 Therapieschema der CRsNP [3]. Merkmal nasale Verstopfung

Kontrolliert nicht vorhanden oder nicht störend

Teilweise kontrolliert (mind. 1 positiv) an den meisten Tagen der Woche

Rhinorrhö/postnasale

keine oder nur mukoserös

Gesichtsschmerzen Geruch

nicht vorhanden oder nicht störend normal oder nur geringfügig beeinträchtigt nicht vorhanden oder nicht störend gesunde oder fast gesunde Schleimhaut

mukopurolent an den meisten Tagen der Woche vorhanden beeinträchtigt

Schlafstörungen oder Müdigkeit Nasenendoskopie (falls vorhanden)

systemische Medikation benötigt, um Krankheit zu kontrollieren

nicht erforderlich

vorhanden erkrankte Schleimhaut (Nasenpolypen, mukopurolentes Sekret, entzündete Schleimhaut) Antibiotika oder systemische Kortikosteroide in den letzten 3 Monaten

▶ Abb. 9) ist hervorzuheben, Bei der Therapie (● dass bei erfolgloser konservativer Therapie in erster Linie die Durchführung einer Adenotomie empfohlen wird, die bei 70 % der Kinder zum Ausheilen der Beschwerden führt. Ggf. kann zusätzlich eine Kieferhöhlenspülung erwogen werden.

Pilzsinusitis Allgemeines Zu den Pilzsinusitiden gehören eine Reihe sehr unterschiedlicher Erkrankungen, die von einfachen, fast symptomlosen Pilzbesiedlungen bis hin zu lebensbedrohlichen akuten Infektionen reichen. Für einen guten Überblick über dieses Themengebiet ist die Publikation von Riechelmann et al. zu empfehlen [6].

Unkontrolliert 3 oder mehr Merkmale der teilweise kontrollierten CRS

Antibiotika oder systemische Kortikosteroide im letzten Monat

Pilzsinusitiden werden häufig durch Schimmelpilze verursacht (z. B. Alternaria, Aspergillus, Cladosporium) oder kommen als opportunistische Infektionen bei immungeschwächten Patienten vor (z. B. Mucor, Rhinosporidien, Kryptokokken). Aber auch bei immunkompetenten Patienten können bestimmte pathogene Pilze (z. B. Histoplasma, Blastomyces, Parakokzidien und Kokzidien) Infektionen hervorrufen. Die Pilzsinusitiden lassen sich in folgende Klassi▶ Abb. 10): fikationen einteilen (● ▶ akut invasive Pilzsinusitis: Die akut invasive Pilzsinusitis ist eine Erkrankung bei immungeschwächten Patienten. Es kommt zu einer Invasion der Pilzhyphen in das umgebende Gewebe mit Gefäßinvasion und Gewebsnekrosen. Die Letalität beträgt 20–50 %.

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leichtgradig (VAS 0–3) keine schwerwiegende Schleimhauterkrankung nasale Steroide Nasenspülung

orbitale Symptome: periorbitales Ödem/Rötung/ Bulbusverlagerung/Doppelbilder/ Visusabnahme/Ophthalmoplegie

Facharztwissen-HNO 875

CRS fraglich/Komplikation bei: einseitiger Symptomatik/Blutungen/ Krustenbildung/Kakosmie

≥2 Symptome einschl. nasale Obstruktion oder trübes Sekret ≥12 Wochen: ±Stirnschmerzen, Kopfschmerzen/± Riechstörung HNO-Untersuchung einschl. Nasenendoskopie (Ausdehnung der Polypen) CT erwägen/Allergietest/Komorbiditäten beachten (z. B. Asthma)

leichtgradig (VAS 0–3) keine schwerwiegende Schleimhauterkrankung

mittelgradig (VAS>3–7) schwerwiegende Schleimhauterkrankung

schwer (VAS>3–7) schwerwiegende Schleimhauterkrankung

nasale Steroide

nasale Steroide Dosissteigerung erwägen Steroide in Tropfenform Doxycycline erwägen

nasale Steroide orale Steroide (Stoßtherapie)

Kontrolle 3 Monate

orbitale Symptome: periorbitales Ödem/Rötung/ Bulbusverlagerung/Doppelbilder/ Visusabnahme/Ophthalmoplegie starker Stirnkopfschmerz/ Stirnschwellung/Meningitiszeichen/ neurol. Symptomen dringliche Untersuchung und Intervention

Kontrolle nach 1 Monat keine Besserung

Besserung

Besserung

keine Besserung

Fortsetzung nasale Steroide Kontrolle alle 6 Monate

NNH-OP

Abb. 8 Therapieschema der CRwNP [3].

≥2 Symptome einschl. nasale Obstruktion oder trübes Sekret ≥12 Wochen: ±Stirnschmerzen, Kopfschmerzen ±Husten HNO-Untersuchung einschl. Nasenendoskopie CT erwägen/Allergietest/Komorbiditäten beachten (z. B. Asthma) mittelgradig/schwer (VAS >3–10)

leichtgradig (VAS0–3)

Nasenspülung nasale Steroide

CRS fraglich/Komplikation bei: einseitiger Symptomatik/Blutungen/ Krustenbildung/Kakosmie

Therapieversagen nach 3 Monaten

Mikrobiologie erwägen Langzeitantibiose erwägen CT

orbitale Symptome: periorbitales Ödem/Rötung/ Bulbusverlagerung/Doppelbilder/ Visusabnahme/Ophthalmoplegie starker Stirnkopfschmerz/ Stirnschwellung/Meningitiszeichen/ neurol. Symptomen dringliche Untersuchung und Intervention

Adenotomie und KH-Spülung Kontrollen Nasenspülung nasale Steroide

NNH-OP erwägen

Kontrollen +Nasenspülung nasale Steroide Langzeitantibiose erwägen

Abb. 9 Therapieschema der chronischen Rhinosinusitis bei Kindern [3].

▶ granulomatöse invasive Pilzsinusitis: Der häufigste Erreger dieser Erkrankung ist Aspergillus flavus. Histologisch zeigen sich nicht verkäsende Granulome. Diese Erkrankung ist besonders in Indien und Pakistan weit verbreitet. Die Letalität beträgt 15 %. ▶ chronisch invasive Pilzsinusitis: Die Erkrankung kennzeichnet sich durch einen nicht granulomatösen, langsam destruierenden Prozess, der bei leichten Immunstörungen (AIDS, Diabetes mellitus, Kortikosteroidtherapie)

vorkommt und eine Letalität von bis zu 40 % zeigt. ▶ saprophytäre Pilzbesiedlung: Diese Erkrankung kommt bei Patienten mit eingeschränkter mukoziliärer Clearance vor und führt vor allem zu einer vermehrten nasalen Krustenbildung. ▶ kompaktes Pilzmyzel: Hierbei handelt es sich um eine nicht invasive, dichte Ansammlung von Pilzhyphen, welche häufig in der Kieferhöhle zu finden sind. Zusätzlich kann eine mä-

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CT Kontrollen +Nasenspülung ± nasale, ± orale Steroide ± Langzeitantibiose (bei normalen sIgE)

876 Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung

Pilzsinusitis (Pilzelemente nachgewiesen)

Invasiv

Nicht-invasiv

(Pilznachweis in der Schleimhaut)

(Pilznachweis auf Schleimhautoberfläche)

Akut invasiv

Eosinophile Pilzsinusitis

Nicht-eosinophil

( Eosinophilic mucus” häufig) ”

Granulomatös invasiv

Saprophytäre Pilzbesiedlung

Nicht-allergisch

Chronisch invasiv

Komplexes Pilzmyzel (Fungus ball)

Allergisch (AFRS)

ßig ausgeprägte, nicht eosinophile Entzündungsreaktion der umgebenden Schleimhaut bestehen. ▶ eosinophile Pilzsinusitis: Die eosinophile Pilzsinusitis fällt durch sehr zähes, gummiartiges Sekret innerhalb der betroffenen Nasennebenhöhle auf. Es handelt sich um eine nicht invasive Entzündung mit eosinophilen Granulozyten und Zerfallsprodukten, die als „eosinophiler Mukus“ bezeichnet werden. Dieser eosinophiler Mukus ist allerdings nicht beweisend für die Erkrankung, da er auch bei NNH-Eingriffen ohne Pilznachweis angetroffen wird. Die eosinophile Pilzsinusitis wird nochmals unterteilt in: – allergische eosinophile Pilzsinusitis: positiver Nachweis einer IgE-vermittelten Allergie gegen den entsprechenden Pilz – nicht allergische eosinophile Pilzsinusitis: negativer Allergietest auf Schimmelpilze, aber Nachweis von eosinophilem Mukus Die Erkrankungsformen und Erreger der Pilzsinusitiden sind regional sehr unterschiedlich verteilt. In Europa kommen das kompakte Pilzmyzel und die eosinophile Pilzsinusitis am häufigsten vor.

Diagnostik Für die Diagnose einer Pilzsinusitis ist der Nachweis von Pilzelementen in Nase oder Nasennebenhöhlen notwendig und es muss zusätzlich mindestens ein klinisches Merkmal (Invasivität, komplexes Pilzmyzel oder eosinophiler Mukus) vorliegen. Im Rahmen der HNO-ärztlichen Untersuchung ist auf auffällige Pathologien wie Pilzmyzel oder eosinophilen Mukus, der aus den Nasennebenhöhlen herausreicht, intranasale Nekrosen oder Ulzerationen mit Blutkrusten zu achten. Letztere können Hinweise für eine invasive Pilzsinusitis sein. Weiterhin sollte auf Erkrankungen der Zäh-

ne und auf Zeichen für eine orbitale oder intrakranielle Beteiligung geachtet werden. Bereits in der Anamnese sollte nach früheren Operationen im Bereich der Zähne (insbesondere am Oberkiefer) und der Nasennebenöhlen, nach angeborenen oder erworbenen Immunschwächen sowie nach der Einnahme von immunsuppressiven Medikamenten gefragt werden. Der Pilznachweis kann durch nasale Lavage, Abstrich oder durch die histologische Untersuchung von intraoperativ gewonnenem Nebenhöhlensekret oder Schleimhaut erfolgen. An bildgebenden Verfahren kommen Nativ-CT und ggf. MRT zum Einsatz. Die Beurteilung von Homogenität des Sinusinhalts, Ballonierung, Knochenarrodierung, Verkalkungen, Hyper- bzw. Hypointensität der Schleimhaut bzw. Sinusinhalte kann bei der Differenzierung zwischen den ver▶ Tab. 3). schiedenen Pilzsinusitisformen helfen (● In der Allergie- und Labordiagnostik ist der HautPrick-Test die Methode der Wahl und sollte insbesondere bei Verdacht auf Vorliegen einer eosinophilen Pilzsinusitis durchgeführt werden. Falls der Haut-Prick-Test nicht durchführbar ist, kann alternativ die Testung auf spezifische IgE-Antikörper gegen Pilzallergene im Blut erfolgen. Eine weitere relevante Laboruntersuchung ist die Gesamt-IgE-Bestimmung im Serum. Bei einer allergischen Pilzsinusitis zeigen sich hier deutlich erhöhte Werte, die auch mit dem Schweregrad der Erkrankung korrelieren.

Therapie Die Therapie von Pilzsinusitiden ist häufig eine Kombination aus chirurgischer und medikamentöser Therapie: ▶ invasive Pilsinusitis: Bei invasiven Pilzsinusitiden sind häufig wiederholte operative Eingriffe zur Verbesserung der Ventilation und Debridement mit Nekrosenabtragung erforderlich.

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Abb. 10 Einteilung der Pilzsinusitiden [6].

Facharztwissen-HNO 877

Tab. 3 Differenzierung der Pilzsinusitisformen anhand verschiedener Merkmale der CT- und MRT-Bildgebung.

akut invasive Pilzsinusitis

chronisch invasive Pilzsinusitis

kompaktes Pilzmyzel

eosinophile Pilzsinusitis

MRT-Merkmale

Verschattung ein- oder beidseitig

Ballonierung nein

Knochenarrosion ja

T1-Wichtung inhomogener Sinusinhalt

T2-Wichtung Inhomogener Sinusinhalt, Schleimhaut zeigt hohe Intensität und Kontrastanreicherung

hyperdense, mehr oder weniger homogene Verschattungen, eine oder mehrere NNHs betroffen meist einseitige Masse im Sinuslumen, häufig Sinus maxillaris, hyperdens, häufig Verkalkungen häufig mehrere NNHs, etwas hyperdenser Sinusinhalt ohne KM-Aufnahme, serpiginöse Strukturen charakteristisch

nein

umschrieben mit Infiltration in umliegendes Gewebe

hypo- bis isointense Veränderungen

hypointens

ja

ausgedünnt, aber nicht arrodiert

Pilzmyzel hypointens

Signalauslöschung durch Einlagerung von Metallen

kann vorkommen

kann vorkommen

hyperintenser eosinophiler Mucus, hypointense Schleimhaut

Sinusinhalt hypotens, Schleimhaut hyperintens

Nach Identifikation des Pilzes mit Resistenzbestimmung sollte eine entsprechende antimykotische Therapie eingeleitet und ggf. eine bestehende Immunsuppression reduziert werden. ▶ komplexes Pilzmyzel: Es erfolgt eine weite chirurgische Eröffnung der betroffenen Nasennebenhöhle mit intensiver Spülung. Eine zusätzliche medikamentöse Therapie ist in der Regel nicht erforderlich. ▶ eosinophile Pilzsinusitis (mit oder ohne Pilzallergie): Neben der chirurgischen Sanierung wird die Durchführung einer postoperativen systemischen Steroidtherapie empfohlen. Topische Steroide sind nach Studienlage unterlegen bzw. unwirksam [7]. Auch für eine topische oder systemische antimykotische Therapie konnte in Studien kein ausreichend positiver Effekt nachgewiesen werden. Bei der allergischen Form der eosinophilen Pilzsinusitis wird die Durchführung einer postoperativen Immuntherapie diskutiert. So gibt es einige Studien, in denen über positive Effekte berichtet wird, allerdings ist die Datenlage insgesamt für eine abschließende Bewertung noch nicht ausreichend [6].

Choanalatresie



Allgemeines Bei der Choanalatresie handelt es sich um einen angeborenen membranösen oder knöchernen Verschluss der Choanen, der einseitig oder beidseitig auftreten kann. Ursache für die membranöse Choanalstenose oder Atresie ist ein ausbleibendes bzw. gestörtes Ein-

Sonstiges häufig Abszesse, Thrombosen, Blutungen oder Infarzierungen

GadolinumEnhancement im MRT

reißen der Membrana oronasalis in der 3.–7. Embryonalwoche. Ein knöcherner Verschluss entsteht durch versprengte Knochenbildung aus dem mittleren Keimblatt. Die Inzidenz unter den Neugeborenen beträgt 1:5 000–1:20 000. Das Verhältnis einseitig zu beidseitig beträgt etwa 5:1. Der einseitige Choanalverschluss ist meist nicht sofort symptomatisch. Im Verlauf kommt es zur Ausbildung von zähem, eitrigem Schleim aus der betroffenen Seite. Die Nasenmuscheln zeigen sich livide coloriert. Die beidseitge Choanalstenose wird meist nach der Geburt bereits symptomatisch. Da Neugeborene Nasenatmer sind, kommt es zu Atemnot beim Trinken und dadurch zu einer behinderten Nahrungsaufnahme. Ein weiteres auffälliges Merkmal ist die paradoxe Zynose, die sich unter Anstrengung, z. B. Schreien, abschwächt.

Diagnostik Ein einfacher Versuch bei Verdacht auf Vorliegen einer Choanalatresie ist die Spiegelprobe. Hierbei wird ein Spiegel unter die Nase des Patienten gehalten. Besteht eine entsprechende Pathologie fällt ein Ausbleiben des Atemniederschlags am Spiegel auf. Weitere Tests sind das Einblasen von Luft oder ein Sondierungsversuch mit einem flexiblen Schlauch. Die Nasenracheninspektion ist eine Untersuchung, die sich eher nur beim Erwachsenen durchführen lässt. Die endoskopische Untersuchung (flexibel oder starr) ist ein weiteres Untersuchungsverfahren in der Hand des HNO-Arztes. Auf dem Gebiet der bildgebenden Diagnostik kommen CT und/oder MRT zum Einsatz. Als weitere Möglichkeit wird die Röntgendarstellung des Kopfes im Liegen mit nasaler Applikation von Kontrastmittel beschrieben.

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CT-Merkmale

878 Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung Therapie

Langnase

Die beidseitige Choanalatresie gilt als Notfall und erfordert ein zeitnahes Handeln. Im Vordergrund stehen dabei das Offenhalten der Atemwege (z. B. durch Guedeltubus, ggf. Intubation). Säuglinge sollten wegen der bestehenden Aspirationsgefahr zunächst nicht gefüttert und ggf. über eine Magensonde ernährt werden. Das Perforieren der Atresieplatte und Einsetzen eines Platzhalters führt zwar selten zu einem dauerhaften Erfolg, kann aber als Überbrückung in den ersten Lebenstagen bis zur definitiven Operation dienen. Bei der endgültigen operativen Versorgung wird über einen transnasalen oder transnasopharyngealen Zugangsweg die Atresieplatte aufgebohrt und abgetragen. Anschließend erfolgt eine Schienung mit einem Kunststoffröhrchen. Durch eine ggf. durchzuführende Schleimhautplastik sollen erneute Verschlüsse durch Vernarbungsprozesse verhindert werden.

Bei einem nasolabialen Winkel > 90 ° spricht man von einer Langnase, die angeboren ist. Bei Patienten mit einer Langnase findet man häufig korrespondierend andere Formfehler. Bei Therapiewunsch des Patienten ist eine Septorhinoplastik indiziert. Differenzialdiagnostisch ist die Langnase von einer Pseudolangnase zu unterscheiden, die durch eine eingezogene Kolumella am Subnasale entsteht.

Die Breitnase bezeichnet eine weitere äußere Nasendeformität. Diese kann angeboren sein oder nach Traumata entstehen. Bei der angeborenen Form ist stets eine verbreiterte Nasenwurzel auffällig. Besteht ein Auseinanderweichen beider Ossa nasalia unterhalb der Nasenwurzel ist von einer erworbenen Breitnase auszugehen. Bei der operativen Therapie wird die Höhe der knöchernen Nase reduziert, bis ein open roof entsteht. Die anschließende Osteotomie mobilisiert beide Nasenflanken.



Schiefnase

Eine weitere Ursache für eine Nasenatmungsbehinderung kann eine Deformität der äußeren Nase sein. Hierbei sind folgende äußere Nasendeformitäten zu unterscheiden: ▶ Höckernase ▶ Spannungsnase ▶ Langnase ▶ Breitnase ▶ Schiefnase ▶ Sattelnase ▶ Ansaugphänomen der Nasenflügel

Bei einer meist posttraumatisch auftretenden Schiefnase weicht der Nasenrücken aus der Median-Sagittal-Ebene ab. Aufgrund der anatomischen Einheit von Septum und Nasenrücken ist die Schiefnase stets mit einer Septumdeviation verbunden, die in etwa 80 % der Fälle in die entgegengesetzte Richtung der Schiefnase zeigt [8]. Für den therapeutischen Erfolg ist die Kombination aus Septumchirurgie und Rhinoplastik entscheidend, da es ansonsten häufig zu einer fortbestehenden Nasenatmungsbehinderung kommt.

Höckernase

Sattelnase

Eine Höckernase ist definiert als eine Erhebung über die Verbindungslinie zwischen Nasion und Nasenspitze. Meist besteht hierbei eine Kombination aus knorpeligem und knöchernem Höcker, wobei kein funktionelles Defizit besteht. Die Höckernase ist von einem Pseudohöcker zu unterscheiden, bei dem ein Defizit im Bereich der knorpeligen Nase vorliegt. Bei Therapiewunsch des Patienten ist eine ästhetische Septorhinoplastik indiziert.

Eine Sattelnase ist gekennzeichnet durch runde Nasenlöcher in der Basisansicht, eine verminderte Projektion der Nase, einen verkleinerten nasofazialen Winkel, eine eingezogene Kolumella und eine eingesunkene Nasenwurzel. Durch eine abnorme Aufweitung der Nasenklappe sowie einer Formveränderung des Naseneingangs resultiert eine Ablenkung der Atemluftströmung mit ungleichmäßiger Durchströmung der Nasenhöhle und eingeschränkter Atemluftkonditionierung (Ballooning-Phänom). Ursache für eine Sattelnase ist der Verlust der Stützfunktion des knorpeligen Septums bspw. durch Trauma, Entzündungen, Abszesse oder iatrogene Ursachen. Die Stützfunktion wird im Rahmen einer Rhinoplastik durch eine Knorpeltransplantation (meist Ohr- oder Rippenknorpel) wiederhergestellt.

Spannungsnase Eine Spannungsnase resultiert aus einem zu stark ausgebildeten Längen- und Höhenwachstum der knorpeligen Nase. Des Weiteren weisen die knöchernen Nasenflanken eine zu große Höhe auf. Charakteristisch zeigt sich ein schlitzförmiger Naseneingang. Die Patienten berichten über eine chronische Nasenatmungsbehinderung und beklagen das äußere Erscheinungsbild. Therapeutisch ist eine funktionelle Septorhinoplastik indiziert.

Ansaugphänomen der Nasenflügel Ein weiteres Beispiel für eine äußere Nasendeformität ist das Ansaugphänomen der Nasenflügel. Hierbei kommt es bei der Inspiration zu einer Medianverlagerung des Nasenflügels. Ursachen

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Deformitäten der äußeren Nase

Breitnase

Facharztwissen-HNO 879

Tab. 4 Ursachen einer Nasenseptumperforation. Ursache iatrogen

Entzündungen

Septumdeviation



Bei bis zu 90 % der Menschen besteht eine Nasenseptumdeviation [9]. Die Nasenseptumdeviation ist definiert durch eine Abweichung der Nasenscheidewand aus der Median-Sagittal-Ebene. Der Grad der Nasenatmungsbehinderung ist abhängig von Lage und Ausprägung der Nasenseptumdeviation. Bereits geringe Abweichungen können im Bereich von Engstellen, bspw. im Bereich des Naseneingangs und der Nasenklappe, zu signifikanten Atmungsbehinderungen führen. Hierzu zählen insbesondere Abweichungen der kaudalen Septumkante (Luxation, Verbiegung, Fraktur), Bodenleisten, aufsteigende Septumleisten und ein Schrägstand des Septums (Septumknorpel und Lamina perpendicularis). Aktueller Goldstandard ist die Septumplastik nach Cottle. Komplikationen einer Septumplastik sind: ▶ Septumdefekte (5 %) ▶ Synechien (7 %) ▶ postoperative Deformitäten (6 %) ▶ postoperative Einsattelungen (1 %) ▶ Septumhämatom ▶ Septumabszess

Nasenseptumperforation



Eine der häufigsten Komplikationen der Septum▶ Tab. 4). plastik ist die Nasenseptumperforation (● Eine Septumperforation kann ebenfalls zu einer Nasenatmungsbehinderung führen. Eine Nasenseptumperforation entsteht durch eine oberflächliche Erosion und führt über einen Ulkus zu einer Perichondritis des Knorpels und einer Knorpelnekrose zu einer Perforation. Neben der chronischen Nasenatmungsbehinderung klagen Patienten gelegentlich über ein pfeifendes Atemgeräusch (v. a. bei Perforationen nahe der kaudalen Septumkante), rezidivierende Krustenbildung, Blutungen aus dem Perforationsrand sowie Kopfschmerzen. Therapeutisch kann zunächst eine konservative Therapie mit Salben und Salzwasserspülungen versucht werden. Ist diese erfolglos, können entweder Septumobturatoren aus Silikon individuell angefertigt oder eine operative Therapie durchgeführt werden. Laut Al Kadah et al. erreicht man mit Septumobturatoren aus Silikon eine hohe Zufriedenheit bei 65 % der Patienten. Dadurch werden vor allem Nasenatmungsbehinderung und Atemgeräusch verbessert [10]. Bei einer operativen Therapie, die nur bei relevanten Symptomen indiziert ist, gibt es eine Vielzahl an Opera-

Kollagenosen

Toxine

Tumoren

Spezifizierung – Septumkorrektur – nasotracheale Intubation – Koagulation – Manipulation – Septumabszess – Lues – Tuberkulose – Lepra – Morbus Wegener – Sarkoidose – Lupus – Sklerodermie – Kokain – Teer – Chromate – Arsen – Quecksilber – Karzinom – leukämische Infiltrate

tionstechniken, z. B. die Brückenlappentechnik nach Schultz-Coulon. Mit einer offenen Technik sind Verschlussraten von 83,3 % bei einer Ausdehnung von > 2,0 × 3,0 cm möglich [11].

Nasenseptumhämatom



Zu einer akuten progredienten Nasenatmungsbehinderung führt ein Nasenseptumhämatom. Hierbei löst sich das Perichondrium vom Septumknorpel ab und es blutet in den entstehenden Gewebespalt ein. Ursachen für ein Nasenseptumhämatom sind bspw. ein Nasentrauma oder iatrogen nach Eingriffen am Septum. In der klinischen Untersuchung fällt in der anterioren Rhinoskopie eine kissenartige Schwellung am Septum auf. Ein Nasenseptumhämatom ist eine dringliche Indikation zur operativen Versorgung aufgrund der Gefahr einer Knorpelschädigung. Ziel des operativen Eingriffs ist die Entlastung des Hämatoms. Im Anschluss sollten Stützfolien beidseits eingenäht werden und für 10 Tage belassen werden. Eine Antibiose, bspw. mit Cephalosporinen, sollte gegeben werden.

Nasenseptumabszess



Bei einem infizierten Septumhämatom spricht man von einem Nasenseptumabszess. Hierbei klagen die Patienten über lokale Schmerzen, Kopfschmerzen, Fieber, eine Schwellung sowie eine Rötung im Nasenbereich. Die häufigsten Erreger sind: ▶ Staphylococcus aureus (bis zu 70 %) ▶ β-hämolysierende Streptokokken ▶ Haemophilus ▶ Enterokokken ▶ Pneumokokken

Schulz T et al. Differenzialdiagnosen bei … Laryngo-Rhino-Otol 2014; 93: 867–886 ∙ DOI 10.1055/s-0034-1335444 ∙ VNR: 2760512014144213138

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sind ein weicher Knorpel und eine nach medial konvexe Deformierung des Crus laterale des Flügelknorpels. Therapeutisch sollte eine Verstärkung des Crus laterale durch ein Knorpeltransplantat erfolgen.

880 Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung

Bereich lokal

systemisch orbital kranial

Komplikation – Sattel- und Schrumpfnase – Septumperforation – Septumdeviation – Gesichtsabszess – Bakteriämie – Sepsis – subperiostaler Abszess – orbitaler Abszess – Sinusvenenthrombose – epiduraler Abszess – intrakranieller Abszess – Meningitis

Ein Nasenseptumabszess kann zu lokalen, systemischen, orbitalen und kranialen Komplika▶ Tab. 5) [12]. tionen führen (● Bei Vorliegen eines Nasenseptumabszess sollte aufgrund der multiplen Komplikationen schnellstmöglich eine systemische Antibiose (z. B. Cefuroxim, ggf. mit Metronidazol oder Gentamycin) begonnen werden und eine operative Therapie erfolgen. Hierbei muss der Abszess entlastet und nekrotischer Knorpel abgetragen werden. Des Weiteren sollte die Wundtasche gründlich desinfiziert werden und eine Drainageneinlage erfolgen.

Nasenmuschelhyperplasie



Einer der häufigsten Gründe für eine Nasenatmungsbehinderung stellt die Nasenmuschelhyperplasie dar. Beim Menschen gibt es einen physiologischen Nasenzyklus von 1–7 Stunden, wobei es bei 80 % der Patienten zu einer Zu- und Abnahme des Volumens der unteren Nasenmuscheln kommt. Zu beachten sind verschiedene Einflüsse, die auf das Nasenmuschelgewebe wirken: ▶ Toxine ▶ Medikamente ▶ hormonelle Faktoren ▶ Infekte ▶ hyperreflektorische Rhinopathie Bei der Nasenmuschelhyperplasie stehen mehrere Therapieoptionen zur Wahl. Einerseits kann die Nasenmuschelhyperplasie durch Veränderung der Stellung der unteren Nasenmuschel durch Lateralfrakturierung, durch Teilresektion oder durch Osteotomie therapiert werden, andererseits kann diese durch Volumenreduzierung mittels anteriorer Turbinoplastik (Entfernung lateraler Schleimhautüberschuss), submuköser Verfahren (z. B. Radiofrequenzablation, Shaver) oder transmuköser Verfahren (z. B. Lasermuschelkaustik, Kryotherapie) erfolgen. Im Hinblick auf die Volumenreduzierung liefern die unterschiedlichen Verfahren ähnliche Ergebnisse mit verschiedenen Vor- und Nachteilen.

Tab. 6 Benigne und maligne Tumoren der Nase und der Nasennebenhöhlen. Art benigne Tumore

maligne Tumore

Spezifizierung – Osteom (80 % in der Stirnhöhle, 20 % im Siebbein) – Gardner-Syndrom – invertiertes Papillom – Hämangiom – Plattenepithelkarzinom (ca. 60 %) – Adenokarzinom (ca. 10 %) – Sarkome (ca. 3 %) – Non-Hodgkin-Lymphom (ca. 2–3 %) – adenoidzystisches Karzinom (2 %) – Melanom (ca. 1 %) – Olfaktoriusneuroblastom ( < 1 %) – Rhabdomyosarkom – Metastasen (Niere, Bronchus, Brustdrüse, Pankreas) – andere

Tumoren der Nase und der Nasennebenhöhlen



Ebenso können Tumoren der Nase und der Nasennebenhöhlen zu einer behinderten Nasenatmung führen. In den USA treten Tumoren der Nase und der Nasennebenhöhle mit einer Inzidenz von 0,5/100 000 auf. Insgesamt stellen die Tumoren der Nase und der Nasennebenhöhlen 0,2 % aller Malignome und 3–5 % aller Malignome im oberen Aerodigestivtrakt dar. Sie treten gehäuft zwischen der 5. und 7. Lebensdekade auf. Männer sind 1,8-mal häufiger betroffen als Frauen. Maligne Tumore treten vor allem in der Kieferhöhle (39 %), der Nasenhaupthöhle (33 %) und den Siebbeinzellen (25 %) auf [13, 14]. Häufige Symptome von Tumoren der Nase und der Nasennebenhöhle sind: ▶ einseitig verstopfte Nase (Leitsymptom) ▶ unilaterale, oft fötide Rhinorrhö ▶ Epistaxis ▶ Kopf- oder Zahnschmerzen ▶ Kieferklemme ▶ Exophthalmus ▶ Tränenträufeln ▶ Diplopie ▶ Lidschwellung ▶ Gesichtsasymmetrie Der häufigste benigne Tumor der Nase und der Nasennebenhöhle ist das Osteom, welches zu 80 % in der Stirnhöhle und zu 20 % im Siebbein auftritt. Der häufigste maligne Tumor ist mit ca. 60 % das Plattenepithelkarzinom gefolgt vom ▶ Tab. 6). Adenokarzinom mit ca. 10 % (● Die Prognose ist abhängig von zervikalen Lymphknotenmetastasen, Tumorgröße, Entität, Therapieansprechen und Tumorstadium [14]. Im Allgemeinen wird eine 5-Jahres-Überlebensrate von ca. 45 % angegeben. Aufgrund der häufig spät diagnostizierten Krankheit (ca. 75 % in Stadium III/ IV) haben Patienten mit malignen Tumoren der Nase und der Nasennebenhöhlen ein schlechtes Outcome.

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Tab. 5 Mögliche Komplikationen eines Nasenseptumabszesses.

Facharztwissen-HNO 881

a

b

obere Etage

mittlere Etage

untere Etage Öhngren-Ebene

In der Literatur werden 2 anatomische Einteilungen aufgeführt, die prognostisch relevant sind. Zum einen die Öhngren-Ebene und zum anderen ▶ Abb. 11). Die Öhngdie Etagen nach Sébileau (● ren-Ebene verläuft durch den inneren Augenwinkel und den Kieferwinkel, wodurch ein kraniodorsaler und ein ventrokaudaler Anteil entstehen. Tumoren in den hinteren oberen Abschnitten haben eine ungünstige Prognose. Nach Sébileau gibt es 3 horizontale Ebenen, wobei Tumore der kaudalen Abschnitte mit besserer Prognose vergesellschaftet sind. Therapeutische Optionen sind operative Tumorresektionen und die postoperative Radiatio, ggf. mit Chemotherapie.

Abb. 12 Rhinophym [1].

Rhinophym

Rhinitis medicamentosa

Auch ein Rhinophym (Synonym: „Knollennase“) kann zu einer Nasenatmungsbehinderung führen ▶ Abb. 12). Das Rhinophym ist eine Form der (● Rosazea, einer entzündliche Dermatose im Mittelgesicht. Männer zwischen der 5. und 7. Lebensdekade sind am häufigsten betroffen. Zur Entstehung des Rhinophyms wird ein multifaktorielles Geschehen (z. B. Alkoholabusus) angenommen. In der histologischen Aufarbeitung der Präparate findet man eine Hypertrophie der Talgdrüsen sowie eine Fibrose des Bindegewebes. Die Erkrankung tritt stets im Bereich der knorpeligen Nase auf. In der klinischen Untersuchung zeigen sich multilokuläre, knollige Tumoren mit derber Konsistenz. Die Konturierung der Nase mittels Skalpell, hochtouriger Fräse oder CO2-Laser Therapie ist die Therapie der Wahl. Die unterschiedlichen Therapieverfahren liefern ähnliche Ergebnisse [15].

Durch die Einnahme von systemisch oder topisch wirksamen Substanzen kann es ebenfalls zu einer Nasenatmungsbehinderung kommen, was als Rhinitis medicamentosa definiert ist. Systemisch wirksame Substanzen sind bspw.: ▶ orale Kontrazeptiva ▶ Neuroleptika ▶ Antihypertensiva (z. B. Clonidin) ▶ Östrogene ▶ Phosphodiesterase-5-Hemmer (z. B. Sildenafil [Viagra]) ▶ NSAID Die aufgeführten Medikamente können zu einem Anschwellen der Nasenschleimhaut führen. Auch topisch wirksame Substanzen wie Decongestiva (Naphazolin) oder Xylometazolin (Otriven) können zu einer Nasenatmungsbehinderung führen. Dies wurde erstmals 1945 von Feinberg und Friedländer als „Privinismus“ beschrieben [16]. Es wurden bereits verschiedene Hypothesen aufgestellt. Der Rebound-Effekt beschreibt, dass durch die Stimulierung auch von β-Rezeptoren die Gefäß-





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Abb. 11 Etagen nach a Sebileau und b Öhngren-Ebene [1].

erweiterung ausgelöst wird. Zunächst kommt es zu einem stärkeren gefäßverengenden Effekt. Durch länger anhaltende Stimulation der β-Rezeptoren resultiert ein Rebound mit verstopfter Nase. Bei der Hypothese des Feedbacks kommt es zu einer Depletierung des präsynaptischen Noradrenalins. Die Toleranz meint, dass die Empfindlichkeit der α-Rezeptoren durch die anhaltende Stimulation vermindert wird.

Literatur 1 Strutz J, Mann WJ. Praxis der HNO-Heilkunde, Kopfund Halschirurgie. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme, 2009 2 Bitterwolf L, Lünzner K, Heinrichs J, Diogo I, Wiegand S, Teymoortash A, Güldner C. Imaging quality and dosage in ENT – what do we really need? Laryngorhinootologie 2013; 92: 332–337 3 Fokkens W, Lund VJ, Mullol J, Bachert C. EPOS 2012: European position paper on rhinosinusitis and nasal polyps 2012. A summary for otorhinolaryngologists. Rhinology 2012; 50: 1–12 4 Riechelmann H, Giotakis A, Kral F. Akute Rhinosinusitis bei Erwachsenen – EPOS 2012 Teil II. LaryngoRhino-Otologie 2013; 92: 763–776 5 Riechelmann H. Chronische Rhinosinusitis – EPOS 2012 Teil I. Laryngo-Rhino-Otologie 2013; 92: 193–204 6 Riechelmann H. Pilzsinusitis. Laryngo-Rhino-Otologie 2011; 90: 374–384 7 Rupa V, Jacob M, Mathews MS, Seshadri MS. A prospective, randomised, placebo-controlled trial of postoperative oral steroid in allergic fungal sinusitis. Eur Arch Oto-Rhino-Laryngol. Off J Eur Fed OtoRhino-Laryngol Soc EUFOS Affil. Ger Soc Oto-RhinoLaryngol Head Neck Surgery 2010; 267: 233–238

8 Saul B, Rettinger G, Scheithauer M, Veit J, Sommer F, Lindemann J. Radiological Findings of the Nasal Septum in CT Scan in Patients with Deviated Noses. Laryngo-Rhino-Otologie 2014; 93: 174–177 9 Mladina R, Cujic E, Subaric M, Vukovic K. Nasal septal deformities in ear, nose, and throat patients: an international study. Am J Otolaryngol 2008; 29: 75–82 10 Al Kadah B, Tengg S, Deimann J, Schneider M, Schick B. Experience with individual obturators to treat nasal septum perforation. Laryngo-Rhino-Otologie 2012; 91: 694–698 11 Weller P, Greve J, Heusgen L, Winterhoff S, Rothmeier N, Hoffmann TK, Mattheis S, Lehnerdt G, Lang S. Bipedicled flap technique according to Schultz-Coulon using open approach for septal defect repair. Laryngo-Rhino-Otologie 2013; 92: 732–736 12 Alshaikh N, Lo S. Nasal septal abscess in children: from diagnosis to management and prevention. Int J Pediatr Otorhinolaryngol 2011; 75: 737–744 13 Haerle SK, Gullane PJ, Witterick IJ, Zweifel C, Gentili F. Sinonasal carcinomas: epidemiology, pathology, and management. Neurosurg Clin N Am 2013; 24: 39–49 14 Khademi B, Moradi A, Hoseini S, Mohammadianpanah M. Malignant neoplasms of the sinonasal tract: report of 71 patients and literature review and analysis. Oral Maxillofac Surg 2009; 13: 191–199 15 Lazzeri D, Larcher L, Huemer GM, Riml S, Grassetti L, Pantaloni M, Li Q, Zhang YX, Spinelli G, Agostini T. Surgical correction of rhinophyma: comparison of two methods in a 15-year-long experience. J Craniomaxillofac Surg 2013; 41: 429–436 16 Feinberg SM, Friedlaender S. Relief of dermographism and other urticarias of histamine origin by a synthetic benzhydryl alkamine ether. J Allergy 1945; 16: 296–298

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882 Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung

Über die Autoren

Korrespondenzadresse

Thomas Schulz Dr. med., Facharzt für HalsNa s e n - O h re n h e i l k u n d e. 2000 − 2007 Medizinstudium an der Friedrich-SchillerUniversität Jena. 2007 Abschluss der Promotion. 2008 Beginn der Facharztausbildung in der HNO-Klinik des Städtischen Klinikums Brandenburg/Havel, seit 2010 Assistenzarzt in der HNO-Klinik des Helios-Klinikums Erfurt. 2013 Abschluss der Weiterbildung zum Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Interessenschwerpunkte: Diagnostik und Therapie von Schwindelerkrankungen.

Dr. Thomas Schulz Helios Klinikum Erfurt GmbH Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Plastische Operationen Nordhäuser Straße 74 99089 Erfurt [email protected]



Nikolaus Kohles Jahrgang 1982, Dr. med.; 2003-2010 Medizinstudium an der LMU München, 2013 Promotion am Institut für Klinische Chemie, Klinikum München-Großhadern, seit 2011 Assistenzarzt an der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Plastische Operationen am Helios Klinikum Erfurt. Dirk Eßer Prof. Dr. med., Jahrgang 1955. 1973–1979 Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Hochschule Magdeburg, danach Wehrdienst als Truppenarzt. 1981–1985 Facharztausbildung an der Klinik für HNOHeilkunde an der Medizinischen Hochschule Magdeburg, dort Abschluss der Dissertation (Dr. med.). Ab 1990 Oberarzt der Klinik für HNOHeilkunde an der Medizinischen Hochschule Magdeburg. 1993 Ernennung zum Privatdozenten und Abschluss der Habilitation (Thema: „Das Oround Hypopharynxkarzinom aus heutiger Sicht. Klinische und morphologische Charakteristika von Patienten mit einem Oro- oder Hypopharynxkarzinom zur Einschätzung der individuellen Prognose und zur Festlegung der Therapie“). Seit 1995 Chefarzt der Klinik für HNO-Heilkunde, plastische Operationen am Helios-Klinikum Erfurt und seit 2006 Ärztlicher Direktor. Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. und Mitglied des geschäftsführenden Präsidiums; Landesarzt für Hörgeschädigte, Thüringen.

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Facharztwissen-HNO 883

884 Facharztwissen Differenzialdiagnosen HNO bei Nasenatmungsbehinderung

CME-Fragen Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung

A B C D E

Wo befindet sich die engste Stelle der Luftpassage?

Nasenvorhof Nasenhaupthöhle Nasion Nasopharynx Choane

5 A B C D

2 A B C D E

3 A B

C

D

E

4 A

B

C D

E

Was ist die häufigste Ursache für eine chronische Nasenatmungsbehinderung? Sattelnase Septumdeviation adenoide Vegetationen chronische Rhinosinusitis Septumperforation Welche Aussage zur akuten Rhinosinusitis trifft nicht zu?

Der Begriff akute virale Rhinosinusitis wird verwendet, wenn die Symptome weniger als 10 Tage bestehen. Eine sprunghafte Verschlimmerung der Symptome (sog. double sickening) ist ein Merkmal der akuten postviralen Rhinosinusitis. Bei der bakteriellen Rhinosinusitis müssen 3 von 5 Kriterien erfüllt sein (eitriges Sekret, schwere Schmerzen, insbesondere einseitig, Fieber > 38 °C, BSG/CRP-Erhöhung und/oder double sickening). Der Begriff akute prolongierte Rhinosinusitis wird auch verwendet, wenn die Symptome länger als 12 Wochen dauern. Sind Kriterien für die akute bakterielle Rhinosinusitis nicht erfüllt, sind Antibiotika bei normalem CRP und/oder BSG < 10 (in der 1. Stunde) im Regelfall nicht indiziert. Welche Aussage zur Therapie der chronischen Rhinosinusitis trifft nicht zu? Bei Kindern, die die diagnostischen Kriterien einer Rhinosinusitis erfüllen, stellt die Adenotomie eine überlegenswerte Therapieoption dar. Bei der chronischen Rhinosinusitis ohne Polypen ist die Therapie durch orale Steroide ein wichtiger Bestandteil bei der Behandlung mittelschwerer Formen. Vor einer operativen Therapie sollte eine entsprechende Bildgebung mit CT oder DVT erfolgen. Bei normalem Serum-IgE kann eine Langzeitantibiose mit einem Makrolidantibiotikum insbesondere bei der mittelschweren chronischen Rhinosinusitis ohne Polypen erwogen werden. Die Anwendung nasaler Steroide ist ein zentraler Bestandteil bei der Therapie der chronischen Rhinosinusitis mit und ohne Polypen.

E

6 A B C D E

7 A B C D E

8 A B C D E

Welche Aussage zur Schiefnase trifft nicht zu?

Eine Abweichung des Nasenrückens aus der MedianSagittal-Ebene wird als Schiefnase bezeichnet. In der Anamnese liegt häufig ein Trauma vor. Die Schiefnase geht meist mit einer Septumdeviation einher. Die Septumdeviation zeigt zu etwa 80 % in dieselbe Richtung der Schiefnase. Entscheidend für den Therapieerfolg ist sowohl die Septumchirurgie als auch die Rhinoplastik. Wer ist der häufigste Erreger bei einem Septumabszess?

ß-hämolysierende Streptokokken Pneumokokken Staphylococcus aureus Enterokokken Haemophilus influenzae Welche Aussage zum Rhinophym trifft zu?

Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Bei der Erkrankung kommt es zu einer Atrophie der Talgdrüsen. Es ist stets der knorpelige Teil der Nase betroffen. Die Erkrankung trifft vor allem Personen ab dem 80. Lebensjahr. Alkoholkonsum hat keinen Einfluss auf die Entstehung des Rhinophyms. Die einseitig verstopfte Nase ist das Leitsymptom

der Nasenmuschelhyperplasie. von Tumoren der Nase und der Nasennebenhöhlen. der Septumdeviation. der Sattelnase. des Rhinophyms.

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1

Differenzialdiagnosen bei Nasenatmungsbehinderung Facharztwissen-HNO 885

A B C D E

Welche Aussage zum Septumhämatom ist falsch?

10

Welche Aussage zur Rhinitis medicamentosa ist falsch?

Häufigste Ursachen sind iatrogene Eingriffe und Traumata. Leitsymptom ist die progrediente Nasenatmungsbehinderung. Wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Antibiotikagabe. Klinisch fällt eine kissenartige Schwellung am Septum auf. Eine Komplikation des Septumhämatoms ist ein Septumabszess.

A

Die Rhinitis medicamentosa ist Folge eines längerfristigen Gebrauchs von abschwellenden Nasentropfen wie Xylometazolin, Oxymetazolin oder Naphazolin. Auch Östrogene, orale Kontrazeptiva oder Antihypertensiva können zu einer Nasenatmungsbehinderung führen. Der Rebound-Effekt beschreibt, dass neben den α-Rezeptoren, die zu einer Gefäßverengung führen, auch β-Rezeptoren stimuliert werden, die eine Gefäßerweiterung auslösen. Abschwellende Nasentropfen sollen zurückhaltend während maximal 5–7 Tagen eingesetzt werden, um einer Rhinitis medicamentosa vorzubeugen. Die Therapie der Wahl besteht in einem kontinuierlichen Ausschleichen der abschwellenden Nasentropfen.

B C

D

E

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886 Facharztwissen-HNO

CME-Fortbildung mit der Laryngo-Rhino-Otologie

Die Fortbildungseinheit In den einheitlichen Bewertungskriterien der Bundesärztekammer ist festgelegt: „Die Grundeinheit der Fortbildungsaktivitäten ist der Fortbildungspunkt. Dieser entspricht in der Regel einer abgeschlossenen Fortbildungsstunde (45 Minuten)“. Für die erworbenen Fortbildungspunkte muss ein Nachweis erbracht werden. Hat man die erforderliche Anzahl von 250 Punkten gesammelt, kann man das Fortbildungszertifikat bei seiner Ärztekammer beantragen, welches man wiederum bei der KV (niedergelassene Ärzte) oder bei seinem Klinikträger (Klinikärzte) vorlegen muss. Anerkennung der CME-Beiträge Die Fortbildung in der Laryngo-Rhino-Otologie wurde von der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung für das Fortbildungszertifikat anerkannt, das heißt, die Vergabe der Punkte kann direkt durch die Thieme Verlagsgruppe erfolgen. Die Fortbildung in der Laryngo-Rhino-Otologiegehört zur Kategorie „strukturierte interaktive Fortbildung“. Entsprechend einer Absprache der Ärztekammern werden die von der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung anerkannten Fortbildungs-

veranstaltungen auch von den anderen zertifizierenden Ärztekammern anerkannt.

Datenschutz Ihre Daten werden ausschließlich für die Bearbeitung dieser Fortbildungseinheit verwendet. Es erfolgt keine Speicherung der Ergebnisse über die für die Bearbeitung der Fortbildungseinheit notwendige Zeit hinaus. Die Daten werden nach Versand der Testate anonymisiert. Namens- und Adressangaben dienen nur dem Versand der Testate. Die Angaben zur Person dienen nur statistischen Zwecken und werden von den Adressangaben getrennt und anonymisiert verarbeitet. Teilnahme Jede Ärztin und jeder Arzt soll das Fortbildungszertifikat erlangen können. Deshalb ist die Teilnahme am CME-Programm der Laryngo-Rhino-Otologie nicht an ein Abonnement geknüpft! Die Teilnahme ist im Internet (http://cme.thieme.de) möglich. Im Internet muss man sich registrieren, wobei die Teilnahme an Fortbildungen abonnierter Zeitschriften ohne Zusatzkosten möglich ist. Teilnahmebedingungen Für eine Fortbildungseinheit erhalten Sie 3 Fortbildungspunkte im Rahmen des Fortbildungszertifikates. Hierfür müssen 70% der Fragen richtig beantwortet sein. CME-Wertmarke für Nicht-Abonnenten Teilnehmer, die nicht Abonnenten der Laryngo-Rhino-Otologie sind, können für die Internet-Teilnahme dort direkt ein Guthaben einrichten, von dem pro Teilnahme ein Unkostenbeitrag abgebucht wird. Teilnahme online möglich unter http://cme.thieme.de

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Zertifizierte Fortbildung Hinter der Abkürzung CME verbirgt sich „continuing medical education“, also kontinuierliche medizinische Fort- und Weiterbildung. Zur Dokumentation der kontinuierlichen Fortbildung der Ärzte wurde das Fortbildungszertifikat der Ärztekammern etabliert. Hauptzielgruppe für das Fortbildungszertifikat sind Ärzte mit abgeschlossener Facharztausbildung, die im 5-jährigen Turnus einen Fortbildungsnachweis erbringen müssen. Es ist jedoch auch für Ärzte in der Facharztweiterbildung gedacht.

[Differential diagnosis of nasal obstruction].

Nasal obstruction can have a variety of different causes. The following text describes important diseases of the nose and paranasal sinuses, which are...
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