Facharztwissen-HNO 263

Differenzialdiagnostik der Heiserkeit Differential Diagnosis of Hoarseness

Zusammenfassung

Abstract

Eine Heiserkeit kann das Leitsymptom einer Dysphonie sein. Zusammen mit einer möglichen Verschlechterung der stimmlichen Leistungsfähigkeit und subjektiven Missempfindungen kann sie ein individuell unterschiedlich starkes Handicap für die Patienten darstellen und eine Einschränkung der Teilhabe am sozialen und beruflichen Leben bedeuten. Da die Ursachen nicht nur funktioneller sondern auch organischer Natur mit schlechter Prognose sein können, müssen Heiserkeiten differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Neben dem Wissen über mögliche Pathogenesen und Therapiemöglichkeiten von Dysphonien, verlangt das differenzialdiagnostische Vorgehen profunde Kenntnisse hinsichtlich der verschiedenen diagnostischen Verfahren und im Besonderen bei der Interpretation der Ergebnisse. Da die Ursachen für Dysphonien sehr vielfältig und nur selten monokausal sind, empfiehlt sich unseres Erachtens ein interdisziplinäres differenzialdiagnostisches Vorgehen im Team.

Hoarseness can be the leading symptom of dysphonia. In combination with impaired vocal performance and subjective voice-related discomfort, it can represent an individually different handicap for patients and lead to limited participation in social and professional life. Since the reasons for dysphonia may be not only functional but also organic with a potentially poor prognosis, hoarseness must be clarified using differential diagnosis. In addition to the knowledge of possible diseases, pathogenesis, and treatment options for dysphonia, the differential diagnostic approach requires profound knowledge of the various diagnostic methods, and of the interpretation of the results in particular. The etiology of dysphonia is very diverse and rarely monocausal. Therefore, a team-based and interdisciplinary differential diagnostic approach is recommended.

Einleitung

Bei der Darstellung differenzialdiagnostischer Schritte im Falle einer Heiserkeit sind grundsätzliche Aspekte zu beachten. Denn die Heiserkeit ist einerseits ein Oberbegriff für jegliche Verschlechterung des Stimmklanges. Anderseits ist sie als Symptom auch Ausdruck einer Erkrankung der Stimme. Heiserkeit, vom Sprecher durch gepresstes oder unterspanntes Sprechen künstlich erzeugt, kann aber auch ein künstlerisches Ausdrucksmittel der Stimme, etwa für Schauspieler, sein. Abweichend von diesem gezielt auf Wirkung angelegten Sprechen stellt die Heiserkeit als Symptom einer Dysphonie ein durch den Sprecher schwer bis gar nicht zu beeinflussendes stimmliches Merkmal dar. Ziel des vorliegenden Beitrags ist die Darstellung der Heiserkeit als Symptom einer krankhaften Stimmbildungsweise bzw. eines erkrankten Stimmbildungsorgans sowie die interdisziplinäre differenzialdiagnostische Vorgehensweise bei Patienten, die sich mit Heiserkeit vorstellen.



Heiserkeiten unterscheiden sich qualitativ und quantitativ sowie hinsichtlich der Auswirkungen auf das berufliche und soziale Leben der Betroffenen. Da Heiserkeit sogar das Leitsymptom einer Stimmlippenerkrankung darstellen kann, muss einerseits ihren Ursachen und andererseits auch ihren Implikationen auf den Grund gegangen werden. Sowohl bei funktionellen als auch organischen Dysphonien sind dabei differenzialdiagnostische Aspekte zu beachten. Große technologische und verfahrenstechnische Fortschritte in der Larynxendoskopie, der Stimmdiagnostik, der Messung der subjektiven Betroffenheit sowie der Standardisierung der Befunderhebung eröffnen vergleichbare und hochqualitative differenzialdiagnostische Vorgehensweisen. Das verlangt eine interdisziplinäre Diagnostik im Team.



Voigt-Zimmermann S et al. Differenzialdiagnostik … Laryngo-Rhino-Otol 2014; 93: 263–286 ∙ DOI 10.1055/s-0034-1370937 ∙ VNR: 2760512014144211850

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S. Voigt-Zimmermann, K. Lampe, C. Arens

Definition Der Begriff „Heiserkeit“ umfasst jede Verschlechterung des Stimmklanges, die entweder durch unmodulierte Ausatemluft und/oder Irregularitäten der Stimmlippenschwingung hervorgerufen werden [1]. Sie ist nicht zu verwechseln mit Klangveränderungen beim Sprechen, die im supraglottischen Ansatzraum (von den Taschenfalten bis zum anterioren Teil von Mund- und Nasenhöhle) etwa durch zusätzliche Klanganteile der Nasenräume oder eine verwaschene Sprechweise bzw. fehlerhafte Artikulation entstehen. Pathologische Heiserkeit ist ein (Leit-)Symptom einer Stimmerkrankung (Dysphonie). Ein weiteres Symptom kann die Verschlechterung bzw. Abnahme der stimmlichen Leistungsfähigkeit sein. So berichten die Patienten bspw. über eine Verringerung der Tonhaltedauer, des Tonhöhenumfangs, der Dynamikbreite, der stimmlichen Belastbarkeit über die Zeit, über eine ständig oder situationsabhängig veränderte Sprechstimmhöhe oder Sprechlautstärke bzw. über eine verringerte oder fehlende Modulationsfähigkeit der Stimme. Das dritte Symptom ist eine Verschlechterung des subjektiven Wohlbefindens. Dazu zählen die Zunahme an Missempfindungen oder Schmerzen wie Globusgefühl, Kratzen, Trockenheitsgefühl, Räusperzwang, aber auch das Gefühl des Handicaps, die Angst vor dem Stimmversagen oder der Ablehnung durch das soziale und berufliche Umfeld, sowie der kommunikative Rückzug usw. Beachtet werden sollte der Umstand, dass die genannten Symptome je nach Ursache abrupt auftreten oder sukzessive zunehmen können, zudem konstant vorliegen oder schwankend sein können. Sie können bei funktionellen und organischen Dysphonien in jeweils unterschiedlicher Ausprägung registriert werden. Erkrankungen speziell der Singstimme werden Dysodien genannt und können mit ähnlichen Symptomen auftreten. Nicht immer betreffen sie die Sprechstimme.

Merke: Heiserkeit ist neben der Verschlechterung der stimmlichen Leistungsfähigkeit sowie der Zunahme der persönlichen Missempfindungen eines der 3 möglichen Hauptsymptome einer Dysphonie.

Prävalenz Mehr als zwei Drittel der arbeitenden Bevölkerung benötigen das Sprechen als wesentlichen Bestandteil des Arbeitsprozesses. Eine Heiserkeit hindert dabei einerseits bei der Ausübung des Berufes und andererseits verringert sie die Effektivität der beruflichen Tätigkeit, weil sie den

Kommunikationsprozess in der stark auf Mündlichkeit ausgerichteten Gesellschaft nachhaltig stört. Die längeren Ausfall- und Behandlungszeiten der Arbeitnehmer können zudem zu einem beträchtlichen volkswirtschaftlichen Schaden führen. Dabei ist eine stetige Zunahme an Stimmerkrankungen zu registrieren, vor allem wegen der konstant ansteigenden Belastung in den sprechintensiven Berufen, z. B. für Lehrer, Kindergärtner, Call-Center-Agents, Verkäufer oder Bühnenschauspieler [2]. Lehrer haben dabei die größte Inzidenz für Stimmstörungen [3], weil sie ihre Stimme durch sehr langes lautes Sprechen ohne wesentliche Unterbrechungen mit höchster Aufmerksamkeit in oftmals wechselnden Sprechsituationen einsetzen müssen. Grundsätzlich kann eine Heiserkeit angeborene Ursachen haben (kongenitale Zyste, Diaphragma laryngis, Laryngomalazie usw.). Sie kann weiterhin in jedem Alter auftreten. Bei Kindern und in geringerem Grad auch bei den meisten jungen Frauen liegt im physiologischen Zustand ein unvollständiger posteriorer Glottisschluss vor, der eine in diesen Fällen als normal zu bewertende leicht behauchte Stimme bedingt. Ab einem gewissen, deutlich pathologischen Grad muss jedoch auch diese Behauchtheit auf mögliche Ursachen hin untersucht werden, um pathologische Prozesse organischer Art auszuschließen (z. B. viral bedingte Stimmlippenlähmungen) oder konstitutionelle Ursachen für mögliche funktionelle Dysphonien zu detektieren. Auch bei Kindern sind Heiserkeiten, insbesondere Rauigkeiten, mögliche Indikatoren für eine erkrankte Stimme, sog. infantile oder juvenile Dysphonien. Die Prävalenz liegt bei mind. 6 %. Jungen (7,4 %) sind signifikant häufiger betroffen als Mädchen (4,6 %) [4]. Oftmals sind es organische Veränderungen der Stimmlippen, meist weiche oder später harte Stimmlippenknötchen, die die rauen Klanganteile begründen. Pathophysiologisch handelt es sich dabei um Folgen von hyperfunktionellen Kompensationsversuchen des kindlichen Stimmklangs. Die Ursachen für die Hyperfunktion sind vielfältig. Meist ist die Hyperfunktion jedoch Ausdruck eines emotionell-psychischen Konflikts des Kindes [5]. Stimmstörungen bei Kindern sollten therapiert werden, da die Dysfunktionen bei der Stimmbildung und Artikulation bis in das Erwachsenenalter bestehen bleiben können, infolgedessen die weitere stimmliche und Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und damit auch ihre Chancen in der Zukunft einschränkt sind, gleichberechtigt am gesellschaftlichen und beruflichen Leben teilzunehmen. Merke: Stimmstörungen bei Kindern sollten behandelt werden, da sie die Entwicklung des Kindes hemmen können.

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264 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

Facharztwissen-HNO 265

Ätiologie Heiserkeiten, die länger als 3 Wochen andauern, sind diagnostisch abzuklären. Denn pathologische Heiserkeiten sind (Leit-)Symptome von Stimmerkrankungen, deren Ursachen ermittelt ▶ Tab. 2). Grundsätzlich begrünwerden müssen (● den Glottisschlussinsuffizienzen eine Behauchtheit und gewisse Kraftlosigkeit der Stimme. Raue Klanganteile der Stimme sind spannungsbedingt (z. B. durch Narben) oder durch ein irgendwie geartetes Gewebsplus hervorgerufen (z. B. Zyste). Unter derzeitigen diagnostischen, d. h. vor allem endoskopischen Möglichkeiten, wird nach wie vor die Trennung in funktionell bedingte Dysphonien und in organisch bedingte Dysphonien vorgenommen. Dabei gilt, dass von einer funktionellen Dysphonie gesprochen wird, wenn keine organischen Ursachen für die Stimmerkrankung verantwortlich gemacht werden können, weder strukturelle noch neurogene. Dass diese Einteilung nur hypothetischen Charakter mit hauptsächlich therapeutischer Implikation hat, soll mit dem Hinweis auf mögliche Parästhesien, die sicherlich mit geeigneten Messinstrumenten nachgewiesen und auf organische Prozesse reflektiert werden könnten, beispielhaft angedeutet werden. Auch bei den sog. zervikogen bedingten Dysphonien könnte streng genommen von einer „organischen“ Dysphonie gesprochen werden.

Funktionell bedingte Heiserkeit



Die Heiserkeit kann Symptom einer funktionellen Dysphonie (engl.: nonorganic voice disor-

ders/functional dysphonia) sein. Nawka und Wirth [7] teilen grob in Phonoponosen und Phononeurosen, weiterhin in Dysodien, spasmodische Dysphonien sowie die Taschenfaltenstimme (habituelle und Ersatzphonation) ein. Wendler, Seidner und Eysholdt [1] benennen sowohl schwingungsmechanische als auch psychologische Faktoren, die funktionelle Dysphonien hervorrufen. Die Autoren betonen zudem das „Zusammenwirken von morphologisch-mechanischen und nerval-psychologischen Faktoren“, wobei „zu dem intrapersonellen Geschehen … interpersonelle Wechselbeziehungen“ hinzukommen (S. 151). Merke: Eine chronische bzw. persistierende Heiserkeit kann Ausdruck rein funktioneller Fehlleistungen bei der Stimmbildung sein (falsche Stimmtechnik). Anhand des äußeren (ganzkörperlich oder partiell) und inneren (durch Videolaryngostroboskopie) Erscheinungsbildes lassen sich funktionelle Dysphonien grob in überwiegend hyperfunktionell (Überspannung bei der Respiration, Phonation, Artikulation und resonatorischen Überformung) oder hypofunktionell (entsprechende Unterspannung) einteilen. Die eine Form kann zudem „sekundäres“ Resultat einer De-/ Kompensation der jeweils anderen sein. Hier muss anhand der Dysphonieanamnese, die die Entstehung und den Verlauf der Stimmprobleme erfasst, nach der auslösenden bzw. primären Pathogenese gesucht werden. Für die Prognose ist der zugrunde liegende Pathomechanismus wichtig. Bei der hyperfunktionellen Dysphonie kann im Extremfall eine sog. unerwünschte Taschenfaltenstimme auftreten. Differenzialdiagnostisch muss hier eine ursächliche Taschenfaltenhyperplasie (zystisch bzw. tumorös) ausgeschlossen werden. Folgende Einteilung von ätiologischen Hauptfaktoren hat sich bewährt [1]: ▶ konstitutionell (aufgrund angeborenen körperlichen Merkmalen) ▶ habituell (infolge gewohnheitsmäßiger Stimmbenutzung, Stimmtechnik) ▶ ponogen (durch stimmliche Überbelastung = ponogene bzw. Berufsdysphonien) ▶ psychogen (durch ungelöste psychische Konflikte = psychogene Dys- oder Aphonie) ▶ symptomatisch (wegen allgemeiner schwerer Erkrankungen) Auch zervikogene Ursachen lassen sich bei funktionellen Dysphonien ausmachen und imponieren durch ein seitendifferentes Schwingungsbild der Stimmlippen sowie seitlich unterschiedlich ausgeprägte Missempfindungen an Hals, Rachen und Kehlkopf.

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Insbesondere bei Frauen können die ungünstigen physiologischen Voraussetzungen (kleiner Kehlkopf, zarte Stimmlippen usw.) dann zu Stimmproblemen im stimmintensiven Beruf führen. Die Prävalenz für eine sog. ponogene Dysphonie bei Lehrerinnen ist mit 46 % tatsächlich sehr hoch [6]. Darum ist eine Stimmkonditionierung vor dem Berufsbeginn sehr wichtig, z. B. im Rahmen einer obligatorischen Sprecherziehung/Stimmbildung, oder in entsprechenden berufsbegleitenden Kursen zur Stimmbildung und Stimmhygiene. Mit höherem Lebensalter kann es durch biologische Altersinvolution des Stimmapparates (Presbylarynx mit Presbyphonie) zu einer als krankhaft empfundenen Änderung der stimmlichen Leistungsfähigkeit (Presbydysphonie) kommen. Da sich die Lebensarbeitszeit immer weiter verlängert und die Teilhabe älterer Menschen am gesellschaftlichen Leben erhöht, werden altersbedingte Stimmprobleme künftig eine größere Rolle spielen.

266 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

Die teils verhältnismäßig starke mechanische Beanspruchung der Stimmlippen, die mediale Kompression und die Scherkräfte führen zu gereizten und geröteten Stimmlippen, die differenzialdiagnostisch von allergisch oder infektiös bedingten Entzündungen zu unterscheiden sind. Deshalb müssen funktionelle Dysphonien auch konservativ stimmtherapeutisch behandelt werden, weil sie sonst zu sog. sekundär organischen Dysphonien führen können. Phonationsverdickungen, wie die sog. Stimmlippenknötchen bei Frauen, die sich meist durch „Schleim an typischer Stelle“ ankündigen, oder ödematöse Verdickungen bei Sängern sowie Gefäßveränderungen, wie Stimmlippenvarizen oder teleangiektatische Stimmlippenpolypen, können Resultate ständigen mechanischen Stresses an den Stimmlippen sein, insbesondere an der Schleimhaut, den Gefäßen, der Lamina propria oder am Reinke-Raum. Cave: Unbehandelte funktionelle Dysphonien können sekundär organische Veränderungen an den Stimmlippen nach sich ziehen. Zudem werden die Heiserkeit, die Stimmleistungseinbußen und das subjektive Missempfinden von den Patienten als massives Handicap empfunden, weil durch sie die Teilhabe und Aktivität am beruflichen und sozialen Leben stark eingeschränkt sein kann. Das ist u. a. davon abhängig, welche Rolle die eigene Stimme für die Betroffenen spielt. So können Heiserkeit und stimmliche Leistungseinschränkungen bei der Ausübung des Berufs oder der Hobbys hinderlich sein. Auch können mögliche Missempfindungen, wie Globusgefühl oder Räusperzwang bis hin zu Schmerzen eine erhebliche Verringerung der Lebensqualität darstellen. Folgen sind oftmals Kommunikationsverzicht, Rückzug und Frustration. Merke: Die psychosozialen Auswirkungen von chronischen Heiserkeiten können umfassend sein und die Lebensqualität der betroffenen Patienten sowie deren Aktivität und Teilhabe am Leben stark einschränken. Die starke Heiserkeit bzw. der typisch gepresste Stimmklang sowie die Art und Weise der hochgradig angestrengten Stimmbildung mit Stimmabbrüchen stellen die Leitsymptome einer Spasmodischen Dysphonie dar, welche fokalen Dystonien zugeordnet werden muss. Sie können willentlich nicht vom Betroffenen verändert werden.

Organisch bedingte Heiserkeit



Organische Dysphonien (engl.: organic/structural voice disorders) werden durch morphologische Veränderungen des Stimmapparates unterschiedlicher Ätiologie und Pathogenese hervorgerufen.

Entzündungen des Kehlkopfes und der Stimmlippen Zu den häufigsten Ursachen der Heiserkeit zählen entzündliche Veränderungen des Kehlkopfes. Unterschieden werden sie von der Dauer her in akute oder chronische Entzündungen, anatomisch betrachtet in supraglottische, glottische und subglottische Entzündungen und ätiologisch in viral, allergisch, selten bakteriell, mechanisch (Langzeitintubation), noxen-, medikamentensowie funktionell bedingte Entzündungen.

Akute Entzündungen. Akute Entzündungen (Laryngitis acuta) sind meist viral und treten fast immer im Rahmen oder im Verlauf von Infekten der oberen Luftwege auf (Rhinitis, Rhinosinusitis, Pharyngitis, Tracheobronchitis). Symptome sind: ▶ stark heisere, raue und belegt klingende, teilweise aphone Stimme ▶ Reizhusten ▶ Kratzen im Hals ▶ Schluckbeschwerden Der Reizhusten führt in vielen Fällen durch die mechanische Beanspruchung der Stimmlippen zu einer deutlichen Zunahme der Heiserkeit. Ein Stridor im Rahmen einer Laryngitis tritt fast ausschließlich im Kindesalter durch eine mehr subglottisch gelegene Schwellung auf. Laryngoskopisch sieht man einen geröteten Endolarynx mit beidseits geröteten und verdickten Stimmlippen mit trockener Schleimhautoberfläche bis hin zu Fibrinausschwitzungen und Ulze▶ Abb. 1, 2), die vor allem bei starkem rationen (● Husten auftreten. Akute Entzündungen sind differenzialdiagnostisch von Stimmlippenveränderungen (Rötung ein- oder beidseitig) bei stimmlicher Überlastung, allergischer oder tumoröser Genese abzugrenzen [7].

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Merke: Meist sind funktionelle Stimmstörungen multifaktoriell bedingt und der auslösende bzw. wesentlichste Faktor ist oft schwer bestimmbar.

Differenzialdiagnostisch müssen sie von psychogenen Dysphonien sowie zentral bzw. neurogen bedingten Stimmstörungen (z. B. bei Pseudobulbärparalyse) unterschieden werden. Bei der Differenzialdiagnose von hyper- oder hypofunktionellen psychogenen Aphonien leitet den Untersucher entweder die angestrengt-gepresste oder ungespannte, völlig tonlose Art des Sprechens. Typisch für psychogene Dysphonien sind die Grobbeweglichkeit und Unversehrtheit der Stimmlippen sowie tonale Sequenzen in den Randbereichen der Stimme, beim Lachen und Husten etwa.

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Abb. 1 Akute Laryngitis. a Weißlichtendoskopie (WL). b Narrow-Band-Imaging (NBI).

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Abb. 2 Ulzerierende Laryngitis mit hyperplastischem Randwall und Fibrinbelägen. a WL. b NBI.

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Abb. 3 Chronisch hyperplastische Laryngitis bei fortgesetztem Nikotinabusus mit Metaplasien der Taschenfalten und hyperkeratotischen Epithelveränderungen im Sinne einer SIN 1. a WL. b NBI.

Chronische Entzündungen. Chronische Ent▶ Abb. 3) entwickeln sich häufig zündungen (● aufgrund inhalativer (Tabak, Stäube, Gase) oder thermischer (Dämpfe) Noxen, seltener sind allergische und endokrinologische (Diabetes mellitus) Ursachen Auslöser der permanenten Entzündungszustände des Kehlkopfes und im Speziellen der Stimmlippen. Gerötete Stimmlippen während der Mutation sind davon zu differenzieren. Sehr wohl kann jedoch eine unbehandelte akute Entzündung in ein chronisches Geschehen umschlagen. Differenzialdiagnostisch müssen die chronischen Laryngitiden von dysplastischen Veränderungen des Epithels der Stimmlippen abgegrenzt werden. Typisch für die chronischen Laryngitiden sind beidseitige Stimmlippenrötungen mit keratotischen Verdickungen, die als höhergradig dys-

plastische Veränderungen fehlgedeutet werden können. Die in der Regel als Leukoplakie oder Erythroplakie auftretenden Stimmlippendysplasien sind jedoch meist einseitig. In Abhängigkeit von der Art der morphologischen Veränderung des Kehlkopfes unterscheidet man unterschiedliche Formen chronischer Laryngitiden (katarrhalisch, hyperplastisch, atroph, sicca). Eine Laryngitis posterior beruht meist ursächlich auf einem laryngopharyngealen Reflux (LPR). Dabei kommt es zu entzündlichen Irritationen der Larynxschleimhaut (z. B. gräulich gefaltete Schleimhautverdickung in der Interaryregion, posteriore Kommissurenhypertrophie, subglottische Ödeme, Hyperämien) mit klinisch beklagtem brennenden Globusgefühl, oft in Kombination mit einem Räusperzwang und teilweise auffälliger Heiserkeit. Ein permanenter Reflux kann

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268 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

Merke: Bei chronischen und akuten Laryngitiden muss anamnestisch und endoskopisch abgeklärt werden, ob stimmfunktionelle Fehlleistungen, laryngopharyngealer Reflux oder Phonotraumen ursächlich bzw. unterhaltend für den Entzündungsprozess sind.

Seltene Differenzialdiagnosen stellen granulomatöse Entzündungen dar, etwa bei Tuberkulose, welche in der Regel nur im Bereich einer Stimmlippe zu Rötungen und Schwellungen führt und eine beispielhafte Monochorditis darstellt. Diese Stimmlippenläsion ist unbedingt mikrobiolo▶ Abb. 5). Die gisch und histologisch abzuklären (● Abb. 4 a Kontaktgranulom am linken Proc. vocalis. b Bilaterale Intubationsgranulome.

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Abb. 5 Monochorditis a Tuberkulose der rechten Stimmlippe. b Carcinoma in situ der rechten Stimmlippe.

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Wegener-Granulomatose ist eine Vaskulitis, die selten den Kehlkopf befällt. Prädilektionsstellen sind der subglottische Raum und die Trachea. Im weiteren Krankheitsverlauf kann es zu Stenosierungen kommen. Cave: Es handelt sich beim Nachweis einer Tuberkulose des Kehlkopfes immer um eine offene Tuberkulose!

Merke: Bei einseitigen, unklaren Stimmlippenveränderungen sollte mittels Biopsie ein Malignom ausgeschlossen werden.

Pseudotumoren der Stimmlippen Bei Stimmlippenpolypen, Stimmlippenknötchen, Stimmlippenzysten und Reinke-Ödemen handelt es sich um sog. Pseudotumoren, die durch Erkrankungen der vaskulären Strukturen oder der Lamina propria der Stimmlippe hervorgerufen werden.

Phonationsverdickungen. Phonationsverdickungen (Stimmlippenknötchen) sind meist symmetrische beidseitige Verdickungen des Stimmlippenrandes. Markant sind eine subepib

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die Entstehung von Präkanzerosen oder Malignomen des Larynx begünstigen. Refluxassoziierte, überwiegend hyperfunktionell bedingte Kon▶ Abb. 4a) bei Männern müssen taktgranulome (● ebenfalls als korrespondierende Ätiologie ausgeschlossen werden. Diese wiederum sind differenzialdiagnostisch von Intubationsgranulomen ▶ Abb. 4b) zu unterscheiden, welche aufgrund (● der anatomischen Enge der Glottis meist bei Frauen nach Langzeitintubationen oder bei Verwendung von zu großen Beatmungstuben auftreten.

Facharztwissen-HNO 269

Stimmlippenzysten. Stimmlippenzysten führen häufig frühzeitig zu einer Heiserkeit und gegebenenfalls Diplophonie, die typisch für die Zyste ist. Beim Platzen einer Stimmlippenzyste bei Phonation kann es durch Austritt des Zysteninhalts und sofortiger Optimierung des Glottisschlusses schlagartig zu einer Verbesserung der Stimmqualität kommen. Durch die erneute langsame Füllung des Zystensacks kommt es in der Folgezeit wiederkehrend zu einer Verschlechte-

▶ Abb. 7). Es werden Epiderrung der Stimme (● moidzysten, die eher auf der Stimmlippe liegen und durch versprengtes Epithelgewebe in den Reinke-Raum entstehen sowie durch keratinhaltigen Zysteninhalt während der Endoskopie sehr weiß erscheinen, von eher subglottisch liegen▶ Abb. 13) unterschieden, den Retentionszysten (● die durch Verlegen der Drüsenausführungsgänge entstehen und eher gelblich erscheinen. Auch Taschenfaltenzysten können bei gewisser Ausprägung durch unmittelbaren Kontakt zur Stimmlippe die Stimmlippenschwingungsfähigkeit einschränken und eine Heiserkeit bedingen. Bei postmenopausalen Frauen kann Rauchen in der Pathogenese von Taschenfaltenzysten ursächlich sein.

Reinke-Ödeme. Bei Reinke-Ödemen kommt es zur Ansammlung eines Transsudates im ReinkeRaum, welches sich in Intervallen verfestigt (or▶ Abb. 8). Als Hauptganisierte Reinke-Ödeme; ● auslöser gelten Tabakabusus und stimmliche Überbelastung. Endolaryngoskopisch sieht man ödematös gelappte, glasig aufgepolsterte Stimmlippen mit glatter Oberfläche. Reinke-Ödeme können ein- und beidseits auftreten. Die Stimme ist dadurch meist tief und rau. Ödematöse Veränderungen, die sich in unterschiedlicher Ausprägung und Lokalisation manifestieren können, müssen anamnestisch auf funktionelle, allergische, toxische oder strahlungsbedingte Pathogenesen hin untersucht werden. b

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Abb. 6 Stimmlippenknötchen. a Respiration. b Typische „Sanduhrglottis“ bei Phonation (gering- bis mittelgradige Heiserkeit).

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Abb. 7 Unterschiedliche Füllungszustände einer Stimmlippenzyste der rechten Stimmlippe. a Bei Erstvorstellung. b 2 Monate später. c 5 Monate später.

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theliale Schwellung und Ödembildung in der Lamina propria sowie die dadurch bedingte sog. ▶ Abb. 6). Sanduhrglottis bei der Phonation (● Stimmüberlastung oder -fehlbelastung sind meist ursächlich. Man findet sie bei Kindern oder im Erwachsenenalter häufig bei Frauen, da im stimmintensiven Beruf aufgrund der höheren Sprechstimmlage (gespanntere Stimmlippen) und der Notwendigkeit der Lautstärkeforcierung die Stimmlippen (verstärkte mediale Kompression) häufiger und stärker aneinander schlagen als bei nicht stimmintensiv arbeitenden Frauen. Hierbei befindet sich der „Hotspot“ zwischen dem vorderen und mittleren Stimmlippendrittel. Bei Sängerinnen befinden sie sich mittig bis posterior. Selten können Stimmlippenpolypen optisch den Stimmlippenknötchen ähneln, sie treten jedoch meist einseitig bzw. in seitendifferenter Ausprägung auf. Bei Kindern müssen Zysten differenzialdiagnostisch durch die Fremdanamnese ausgeschlossen werden.

Stimmlippenpolypen. Stimmlippenpolypen entstehen durch phonotraumatische Mikroverletzungen bei regelmäßigem Stimmabusus, meist am Übergang vom vorderen zum mittleren Stimmlippendrittel. Chronischer Tabakgebrauch und chronische Entzündungen fungieren als Prädiktoren. Es kommt aufgrund der mechanischen

Abb. 8 Beidseitiges Reinke-Ödem (mittel- bis hochgradige Heiserkeit).

Abb. 9 a Teleangiektatischer Stimmlippenpolyp der rechte Stimmlippe. b Myxoider Stimmlippenpolyp linke Stimmlippe (mittelgradige Heiserkeit).

Abb. 10 a Karzinosarkom der linken Stimmlippe. b Teleangiektatischer Stimmlippenpolyp.

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Scherkräfte zu einer Verletzung der subepithelialen Kapillaren, zu Gefäßektasien, einem meanderförmigen Gefäßverlauf Konvoluten, krampfaderartigen Deformationen der Gefäße und je nach Exsudat zu teleangiektatischen Stimmlippenpo▶ Abb. 9a, 10b) bzw. myxoiden Stimmliplypen (● ▶ Abb. 9b), teilweise auch zur Auspenpolypen (● bildung eines subepithelialen Ödems. Die glasige oder rötlich-vaskuläre Beschaffenheit leitet bei der Entscheidung, ob ein myxoider oder teleangiektatischer Stimmlippenpolyp vorliegt. Myxoide Stimmlippenpolypen können histologisch oftmals nicht von Reinke-Ödemen unterschieden werden. Differenzialdiagnostisch muss auch an ein Karzi▶ Abb. 10) der Stimmlippen gedacht nosarkom (● werden, das ebenfalls einseitig und kugelig am freien Rand der Stimmlippe lokalisiert sein kann. Hierbei ist jedoch die Verdickung des ipsilateralen Epithels zu beachten, die zielführend bei der Diagnosefindung sein kann. Beidseits vorhandene, üblicherweise symmetrisch und transversal zur Stimmlippenachse angelegte bindegewebige, subepitheliale hellgelbe b

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270 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

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anmutenden Gefäßschleifen (IPCL = intraepi▶ Abb. 14). Die thelial papillary capillary loops; ● am häufigsten auftretenden, den Kehlkopf betreffenden HPV-Subtypen sind 6, 11, 16 und 18. Daher ist ein möglicher therapeutischer Ansatz die Vakzinierung mit einem tetravalenten Impfstoff (z. B. mit Gardasil). Die papillomtypischen IPCL-Muster treten aber nicht nur hier, sondern anfangs auch bei präkanzerösen oder kanzerösen Läsionen auf und legen eine mögliche infektiöse Pathogenese nah.

Leukoplakien der Stimmlippen ▶ Abb. 13) könLeukoplakien der Stimmlippen (● nen unterschiedlichen Charakters sein. Sie kommen sowohl bei Entzündungen als auch präkanzerösen und kanzerösen Läsionen vor. Daher handelt es sich um einen unscharfen klinischen Begriff für eine endoskopisch sichtbare Verände-

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Abb. 11 Bamboo Nodes beidseits mittig und anterior. a WL. b NBI (mittel- bis hochgradige Heiserkeit).

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Abb. 12 Stimmlippenpapillom der linken Stimmlippe, direkte Laryngoskopie. a WL. b NBI (mittel- bis hochgradige Heiserkeit).

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Abb. 13 Leukoplakie der linken Stimmlippe. a Respiration. b Phonation.

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Verdickungen im mittleren Drittel der Stimmlippen weisen im Zusammenhang mit anamnestisch berichteten Autoimmunerkrankungen, im Besonderen mit rheumatischen Grunderkran▶ Abb. 11) kungen, auf sog. „Bamboo Nodes“ (● hin. Sie sind wiederum leicht mit Zysten ▶ Abb. 7) zu verwechseln, da bei beiden Erkran(● kungen die Gefäße oberhalb der Läsion unverändert weiterverlaufen. Zysten sind jedoch meist einseitig und ragen prominenter in die Glottis hinein. Exophytisch wachsend, HPV-induziert, rezidi▶ Abb. 12) vierende respiratorische Papillome (● können sich im gesamten Larynx ausbreiten und in ca. 5 % der Fälle maligne transformieren. Besonders bei der NBI-gestützten Laryngoskopie erkennt man das typische himbeerartige Aussehen mit den an der Oberfläche punktförmig

272 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

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rung, die unbedingt diagnostisch differenziert werden muss. Zur weiteren Klärung („optische Biopsie“) werden verschiedene endoskopisch bildgebende Verfahren herangezogen: im Rahmen der indirekten Untersuchung zählen dazu z. B. NBI und Autofluoreszenz. Abzuklären sind dabei Art und Form der Leukoplakie (z. B. Ackerman-Tumoren), Gefäßatypien und Einschränkungen der phonatorischen Beweglichkeit. Leukoplakien oder Erythroplakien der Stimmlippen können zu Heiserkeit führen. Hierbei sind nicht alle Epithelveränderungen präkanzerös oder kanzerös. Oftmals entstehen epitheliale Verdickungen im Zusammenhang mit Entzündungen oder mechanischen Belastungen, ohne dass hieraus automatisch eine Präkanzerose entstehen muss. Nach Kleinsasser [8] werden dysplastische Veränderungen in 3 Grade eingeteilt; hierbei werden höhergradige Dysplasien und das ▶ Abb. 5b, 14) zusammengeCarcinoma in situ (● fasst, da sie sich biologisch gleich verhalten. Diese 3-gradige Einteilung wird durch die aktuelle Klassifikation der WHO [9] übernommen. Dabei entspricht SIN 3 einem Carcinoma in situ. Niedriggradige und mittelgradige intraepitheliale Neoplasien (SIN 1 + 2) besitzen jeweils ein Karzinomrisiko von 11 % und bedürfen einer engmaschigen Kontrolle. Hochgradige intraepitheliale Neoplasien (SIN 3) müssen wegen des Karzinomrisikos von 90 % operativ entfernt werden [10]. Bei leukoplakischen Veränderungen, die eine ungestörte phonatorische Beweglichkeit aufweisen, liegt keine Infiltration durch ein mikroinvasives Karzinom vor. Besteht jedoch eine Einschränkung oder Aufhebung der phonatorischen Beweglichkeit, kann nicht automatisch auf eine Infiltration durch ein Karzinom rückgeschlossen werden. Zum differenzialdiagnostischen Ausschluss einer malignen Entartung sollte deshalb eine engmaschige endoskopische Kontrolle und ggf. eine Exzisionsbiopsie an der betroffenen Stimmlippen im Sinne einer Chordektomie erfolgen.

Cave: Ausprägung der Heiserkeit und Dysplasiestadium korrelieren nicht.

Stimmlippentumoren Tumoren des Kehlkopfes werden nach ihrer Dignität in benigne und maligne unterschieden. Benigne Neubildungen des Larynx sind u. a. Myome, Neurinome und Chondrome. Maligne Tumoren des Kehlkopfes können in unterschiedlichem Maße die Stimme in Mitleidenschaft ziehen, je nachdem wo sich der Tumor primär manifestiert. Die Entstehung maligner Tumoren des Kehlkopfes ist häufig assoziiert mit einem chronischen Tabak- und Alkoholabusus. Auch der Zusammenhang beruflicher Exposition mit Kanzerogenen (Asbest, Nickel, Chrom, Holzstäube, Zementstäube, Formaldehyde, Teer) ist nachgewiesen. Das asbestassoziierte Larynxkarzinom stellt dabei eine anerkannte Berufskrankheit dar (Nr. 4104). Eine virusgenetische Entstehung (Humane Papillomaviren) von Larynxkarzinomen ist in den letzten Jahren Gegenstand intensiver klinischer Forschung. ▶ Abb. 15) wird durch Das glottische Karzinom (● Heiserkeit frühzeitig erkennbar. Histologisch findet man bei über 90 % der betroffenen Patienten Plattenepithelkarzinome und nur bei ca. 1 % Sar▶ Abb. 16), kome. Hierbei ist das Chondrosarkom (● das in der Regel von der Ringknorpelplatte entspringt, der häufigste Tumor. Diese Tumorentität wird trotz der zunehmenden Heiserkeit und im späteren Stadium auftretenden Luftnot oftmals verzögert diagnostiziert. Hierbei ist vor allem die Verplumpung im Bereich der Postkrikoidregion oder eine Vorwölbung im Bereich der Kehlkopfhinterwand ggf. in Kombination mit einer Bewegungseinschränkung der Aryknorpel richtungweisend. Hier spielt die bildgebende Diagnostik eine wesentliche Rolle. Andere Entitäten, wie verruköse Karzinome ▶ Abb. 17), adenoidzysti(Ackerman-Tumoren; ● sche Karzinome, Non-Hodgkin-Lymphome oder Plasmozytome sind sehr selten. Eine spezielle Läsion, die differenzialdiagnostisch von einem Plattenepithelkarzinom abgegrenzt werden muss, sind Ackerman-Tumoren, die eine hellweiße und ausgeprägte zottige leukoplakische Veränderung darstellen und durch ihr zipfliges Erscheinungsbild an einen Flokatiteppich erinnern. Diese

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Abb. 14 Beidseitiges Carcinoma in situ in direkter Laryngoskopie. a WL. b NBI (hochgradige Heiserkeit).

Facharztwissen-HNO 273

a

b

c

Abb. 15 Stimmlippenkarzinom der rechten Stimmlippe mit dysplastischen Ausläufern bis zum Proc. vocalis und der vorderen Kommissur. a Respiration. b NBI. c Phonation (hochgradige Heiserkeit).

Merke: Bei eingeschränkter oder aufgehobener Stimmlippenschwingung (phonatorischer Stillstand) muss an eine Infiltration des ReinkeRaumes durch einen malignen Tumor gedacht werden.

Abb. 16 Chondrosarkom mit Sitz an der Kehlkopfhinterwand (Krikoidplatte).

Die seltenen Erkrankungen autoimmunologischer Genese können ebenfalls zu laryngealen Manifestationen führen. Beispielhaft können beim Pemphigus Erytheme und gräuliche Ulzerationen der laryngealen Schleimhaut auftreten, die neben der Heiserkeit auch eine Dysphagie bedingen. Bei der Sklerodermie, einer Kollagenose, können durch das vermehrte Wachstum des kollagenen Bindegewebes Verdickungen mit zuckergussartiger Oberfläche entstehen [7].

Kongenitale Dysphonien

Abb. 17 Ackerman-Tumor der linken Stimmlippe.

Erkrankung wächst rasenartig und weist eine hohe Rezidivneigung auf. Merke: Glottische Tumoren weisen als Frühsymptom Heiserkeit auf. Eine phonatorische Bewegungseinschränkung bzw. ein kompletter Stillstand bei einseitiger Monochorditis ist richtungweisend; Mikrolaryngoskopie und Biopsie sind indiziert. Das Vorhandensein der phonatorischen Beweglichkeit schließt eine Infiltration des Reinke-Raumes aus. Zur differenzialdiagnostischen Abklärung zwischen Carcinoma in situ und einer kanzerösen Infiltration tiefer liegender Schichten der Stimmlippe ist

Zu kongenitalen Stimmstörungen zählen, um nur einige zu nennen: ▶ Diaphragmen ▶ Aryknorpelfehlstellungen ▶ Sulcus glottidis (Rinne parallel zum freien Stimmlippenrand) ▶ kongenitale Kehlkopfzysten ▶ Laryngozelen bzw. Kehlkopfasymmetrien Vor allem Zysten stören den Stimmklang erheblich. Sie können bei kleinem Umfang fälschlicherweise auch für Stimmlippenknötchen oder Stimmlippenpolypen gehalten werden. Hier ist differenzialdiagnostische Aufmerksamkeit vor allem anamnestisch geboten.

Cave: Eine Heiserkeit, die länger als 3 Wochen besteht, muss vom Facharzt untersucht werden, weil auch maligne Prozesse Ursache für Heiserkeiten sein können.

Erworbene dysplastische Dysphonien Iatrogen bedingte Verwachsungen, Narben ▶ Abb. 18), Substanzdefekte, etwa nach Chord(●

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eine Hydrodissektion hilfreich. Zudem unterscheiden sich beide durch den Grad der Heiserkeit.

ektomien, sind bleibende Veränderungen, die eine Heiserkeit bedingen. Sie führen zu einer Einschränkung oder gar Aufhebung der phonatorischen Beweglichkeit der Stimmlippen, damit zu einem inkompletten Glottisschluss und immer zu mittelgradigen bis hochgradigen Heiserkeiten.

die unnormale Sprechtonhöhe bzw. der teilweise ungewöhnliche Stimmklang haben, muss dem erfahrenen Untersucher bzw. Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie überlassen werden. Denn auch rein funktionelle Dysphonien können mit veränderten Sprechstimmlagen einhergehen und als Mutationsstimmstörung verkannt werden und umgekehrt. Zyklusbedingte, schwangerschafts- oder durch Klimakterium und Menopause bedingte Hormonschwankungen/-veränderungen führen meist lediglich im qualitativ anspruchsvollen Stimmhochleistungsbereich zu Problemen mit der Singstimme, oder zu einer Vertiefung der Sprechstimme sowie zunehmender Rauigkeit durch meist ödematöse und vaskuläre Stimmlippenveränderungen. Endokrin bedingte Dysphonien sind sehr selten und treten vorwiegend bei hypophysenassoziierten, die Neben-/Schilddrüsen, die Keimdrüsen bzw. die Nebennierenrinden betreffenden Grunderkrankungen auf und verlangen eine interdisziplinäre Differenzialdiagnostik.

Mutationsstimmstörungen und hormonell bedingte Dysphonien Sollten Jugendliche nach der Pubertät immer noch in der kindlichen Sprechstimmlage (z. B. persistierende Kinderstimme) sprechen bzw. die Stimme nicht vollständig abgesenkt haben (unvollständige Mutation) oder sogar deutlich höher als vor dem Stimmbruch (Mutationsfistelstimme) bzw. viel zu tief (perverse Mutation/Mutationsbass) sprechen, kann von funktionellen Mutationsstimmstörungen, die größtenteils psychogen sind (Kehlkopf und Stimmlippen sind normal entwickelt), oder von organischen Mutationsstimmstörungen, meist hormonell bedingt, ausgegangen werden. Als Faustregel für die Absenkung der mittleren Sprechstimmlage während des Stimmbruchs kann gelten: die Sprechstimmlage liegt vor dem Stimmbruch etwa bei h bzw. c1 und danach bei Mädchen eine Terz, bei Jungen 1 Oktave tiefer. Typisch sind auch in der Tiefe eingeschränkte Sprechmelodien bzw. fehlende physiologische Lösungstiefen am Ende von Aussagen. Die Stimmklänge können sowohl leicht behaucht als auch rau mit knarrenden Anteilen sein. Die Abklärung und differenzialdiagnostische Entscheidung, welche Form und vor allem Ursachen

Abb. 18 Iatrogen bedingte Narbe der linken Stimmlippe nach Chordektomie Typ 1. a Weißlicht. b Autofluoreszenz (geringgradige Heiserkeit). Die narbige linke Stimmlippe zeigt einen Autofluoreszenzverlust (violett) durch Fehlen der elastischen Fasern, normales Epithel der rechten Stimmlippe ist grün.

a

Abb. 19 Periphere Stimmlippenlähmung durch Recurrensparese rechts in Paramedianstellung (Stimme mittelgradig behaucht). a Respiration. b Phonation.

a

Stimmlippenlähmungen Einschränkungen der Grobbeweglichkeit einer oder beider Stimmlippen bis hin zum völligen Stillstand erzeugen abhängig von der Position der gelähmten Stimmlippe teilweise stark behauchte, kraftlose Stimmklänge (in paramedianer oder intermediärer Position) und sind meist Symptom für eine Erkrankung, die eine Beeinträchtigung der Innervation des Larynx verurb

b

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274 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

Facharztwissen-HNO 275

Tab. 1 Ursachen für Kehlkopflähmungen.

traumatisch tumorös infektiös-toxisch idiopathisch neurologisch (supranukleäre, nukleäre Lähmungen)

Strumektomie, Verschluss Ductus Botalli, Tracheotomie, Mediastinoskopie, Oesophagusresektion, pulmonale Lobektomie, HWS-Operation von ventral, Plexusblockade, Intubation, Karotisoperation, ZVK-Anlage u. a. Schussverletzung, Strangulation, Unfälle bronchiales Karzinom, proximales Oesophaguskarzinom, Schilddrüsen-Karzinom, Halsmetastasen, Pancoast-Tumor, mediastinale Lymphknotenschwellungen, Schwannom Neuritis, meist viral (Influenza, VZV, HSV, Poliomyelitis), Lungen-TBC, Streptomycin, Chinin, Arsen, Blei Lähmung ohne bekannte Ursache Schädelhirntrauma, apoplektischer Insult, intrakranielle Blutung, Meningitis, Multiple Sklerose, Amyotrophe Lateralsklerose, Bulbärparalyse, Pseudo-Bulbärparalyse, Morbus Parkinson, Myasthenia gravis, Hirntumore, Hypoxien

sacht. Dabei kann es sich um periphere (nukleäre und infranukleäre) oder zentrale (supranukleäre) Störungen handeln. Die Strumektomie stellt eine häufige Ursache für eine Parese des N. laryn▶ Abb. 19). Aber auch als Frühgeus inferior dar (● symptom einer malignen Erkrankung, wie bspw. bei einem zentralen Bronchialkarzinom, kann die Stimmlippenparese auftreten. Bei Hinweis auf eine entsprechende Lähmung muss eine Topodiagnostik zum Ausschluss peripherer oder zentraler Ursachen erfolgen, denn von der Position der gelähmten Stimmlippe kann nicht auf die zugrundeliegende Schädigung geschlossen werden [7]. Dennoch sind die Spannung der Stimmlippe, mögliche Niveauunterschiede und die Position der gelähmten Stimmlippe wichtige Indizien zur Unterscheidung zwischen einer Lähmung des N. ▶ Tab. 1 sind vagus oder N. laryngeus inferior. In ● die wichtigsten Ursachen zusammengefasst. Die Atemnot ist das Leitsymptom der bilateralen Stimmlippenparese; die unilaterale unterscheidet sich akustisch zudem durch eine zumeist höhergradige Behauchtheit. Differenzialdiagnostisch ist die isolierte Stimmlippenparese u. a. von der Parese des N. vagus zu unterscheiden. Letztere imponiert u. a. durch Medialkippung des Aryknorpels, Medialverlagerung der aryepiglottischen Falte, einen Speichelsee im Hypopharynx und eine Hyposensibilität der endolaryngealen Schleimhaut. Weiterhin ist eine ausgeprägte Spannungs- und Niveaudifferenz bei der Vagusparese zu beobachten. Eine eingeschränkte Beweglichkeit der Stimmlippe kann jedoch auch von einer Arthritis oder Ankylose des Aryknorpelgelenkes herrühren. Geht eine Kehlkopflähmung mit anderen Symptomen wie einer Sprechstörung (Dysarthrie) oder einer Schluckstörung (Dysphagie) einher, kann sich eine degenerative oder chronisch-entzündliche ZNS-Erkrankung dahinter verbergen (Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Bulbärparalyse u. a.). Die Diagnostik sollte hierbei interdisziplinär erfolgen.

Differenzialdiagnostisches Vorgehen bei Heiserkeit Es liegt in der Natur der Sache, dass die Larynxendoskopie maßgeblich für die Diagnosestellung (gemäß ICD-10) bei einer Heiserkeit ist, entscheidend etwa für den Ausschluss einer organi▶ Tab. 2). schen oder funktionellen Erkrankung (● Der Paradigmenwechsel in der Medizin von einer Diagnoseklassifikation hin zu einer systematischen Erfassung des funktionalen Gesundheitszustands, der Behinderung, der sozialen Beeinträchtigung und der relevanten Umgebungsfaktoren eines Menschen mittels der von der WHO erstmals 2001 herausgegebenen „Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit“ (ICF) ist aber auch oder besser gesagt besonders für die Untersuchung und Dokumentation einer Heiserkeit begrüßenswert [11]. Somit ist das Ziel einer verantwortungsvollen Differenzialdiagnostik auch die umfassende Untersuchung des Patienten, die sich nicht zuletzt an der Definition und den 3 Hauptsymptomen von Dysphonien orientiert. Bereits die Anamnese spielt bei der Untersuchung der Heiserkeit eine bedeutende Rolle, insbesondere bei funktionellen Dysphonien, denen der Definition nach die organische Ursache ja fehlt, denn „richtig geführt, trägt das Anamnesegespräch gleichzeitig zur Diagnostik und Therapie bei“ [1]. Dabei ist es wichtig, einer „inneren Systematik der Patientenbefragung“ [7] zu folgen. Neben der aktuellen Anamnese und der Symptomerfassung sind eine allgemeine und die Stimme betreffende Entwicklungs- und Gesundheitsanamnese sowie eine spezielle Stimmanamnese über Beginn und Verlauf der Stimmprobleme von Bedeutung, außerdem eine Eigen- und Fremdanamnese, eine Erfassung der Noxen sowie der beruflichen und sozialen Situation. Die Anamnese hat zur Aufgabe, ein umfassendes Bild vom Patienten zu erhalten, von der Art und Weise der Bewältigung seines Handicaps bspw. aber auch von den Reaktionen seiner Umwelt auf das Stimmproblem. Nur so lässt sich die Bedeutung des Stimmproblems für den Patienten umfassend einschätzen.

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iatrogen

276 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

funktionelle Dysphonien

psychogene Dysphonien entwicklungsbedingte Dysphonien organische Dysphonien

neurogene Dysphonien

medikamenteninduzierte Dysphonien

– konstitutionell bedingt – ponogen – habituell bedingt – psychogen – Taschenfaltenstimme – zervikogen – psychogene Dysphonie – psychogene Aphonie – mögliche Stimmstörungen während oder nach der Mutation, z. B. Mutationsfistelstimme – Mutationsstimmstörungen – hormonelle Dysphonien – Presbydysphonie – kongenitale Veränderungen: Zysten, Spalten, Laryngomalazie, Diaphragma laryngis, Mucosal Bridge, Sulcus und Vergeture, Kehlkopfasymmetrien – entzündungsbedingte Dysphonien: akute und chronische Entzündungen (auch TBC und Sarkoidose), sowie refluxbedingte Dysphonien – vaskuläre Erkrankungen der Stimmlippen: Gefäßektasien und -konvolute, Varizen der Stimmlippen, teleangiektatische Polypen, Hämangiome – Erkrankungen der Lamina propria: Reinke-Ödem, myxoider Stimmlippenpolyp, Knötchen – laryngeale Zysten: Taschenfaltenzysten, Stimmlippenzysten – erworbene dysplastische Dysphonien: Exkavation der Stimmlippen, Atrophie des M. vocalis, Substanzdefekte nach Chordektomien, Narben, Verwachsungen, Bridge zwischen den Aryknorpeln, Synechien, Sulcus und Vergeture, Amyloidose – epitheliale Erkrankungen der Stimmlippen: Larynxpapillome, Pachydermie und Leukoplakie, Epitheldysplasien nach Kleinsasser: Grad I, II und III = Carcinoma in situ – Tumoren des Kehlkopfes; benigne: z. B. Fibrome, Lipome; maligne: Larynxkarzinome – traumatisch bedingte Dysphonien (scharf, stumpf; geschlossen, offen; von vorn, von seitlich): Ödeme, Larynxfrakturen, Aryknorpelluxation, Intubationsgranulome – rheumatisch bedingte Dysphonien: Ankylose, Bamboo Nodes – autoimmunologische Veränderungen: Pemphigus, Morbus Wegener, Sklerodermie – hormonell bedingte Dysphonien: prä-, menstruelle Dysodien, Laryngopathia gravidarum, Klimakterium, Hypophysen-, Schilddrüsen-, Nebennierenerkrankungen – kongenitale Stimmlippenlähmung – spasmodische Dysphonie (Adduktor- oder seltener Abduktortyp) – Dysarthrophonie (nach zerebrovaskulären Insulten, Bulbär- und Pseudobulbärparalyse o. ä.) – Myasthenia gravis – immunologisch (Guillain-Barré-Syndrom) – Stimmstörung bei M. Parkinson – einseitige oder beidseitige infranukleäre Stimmlippenlähmungen (Lähmung des N. recurrens nach Strumektomie, idiopathische Stimmlippenlähmung, Intoxikationen) Asthmasprays, Antidepressiva, Blutdrucksenker, Kontrazeptiva, Diuretika, PPI, Antikoagulanzien u. a.

Der erfahrene Untersucher kann nach der Anamnese, der Einschätzung der gesamtkörperlichen Spannungszustände sowie der Stimmklangbeurteilung hypothesengeleitet an die weitere Diagnostik herangehen. Die gesamte Untersuchung der Heiserkeit, die Feststellung der Ursachen und die Registrierung der akustischen, funktionellen und persönlichen Auswirkungen für den Betroffenen sollten sich grundsätzlich am Basisprotokoll der European Laryngological Society (ELS) zur Stimmdiagnostik [12] orientieren. Es umfasst die Perzeption, die Videostroboskopie, aerodynamische Messungen, Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Stimme, akustische Analysen und die subjektive Bewertung durch den Patienten.

Untersuchung des Kehlkopfs und der Stimmlippen



Neben der Erhebung des HNO-Status (zum Ausschluss einer hörstörungsbedingten Stimmprob-

lematik oder Rhinophonie etwa) stellen die Laryngoskopie mittels starrer (transoral) und flexibler (transnasal) Endoskope sowie die Laryngovideostroboskopie die maßgeblichen organischen Untersuchungen bei einer Heiserkeit dar. Unseres Erachtens ist es praktisch möglich und von großem Nutzen, sowohl die Otoskopie und Rhinoskopie (posterior und anterior) als auch die gesamte Untersuchung des Mundraums, des Pharynx und Larynx flexibel endoskopisch in einem Durchgang lediglich mit kurzer Zwischenreinigung der Optik vorzunehmen. Der Hauptvorteil der flexiblen transnasalen Endoskopie ist die wesentlich natürlichere Stimmbildung durch den Patienten als beim transoralen Zugang mit anterior gerichtetem Zug der Zunge durch den Untersucher. Unserer Erfahrung nach tolerieren auch Kinder eine flexible transnasale Larynxendoskopie besser als eine transorale Untersuchung. Hierzu stehen Endoskope mit geringem Durchmesser zur Verfügung (Chip-on-the-tip-Endoskop = 2,8 mm, Lichtfaserendoskop 2,2 mm).

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Tab. 2 Klinik der Stimmerkrankungen nach Ursachen.

Facharztwissen-HNO 277

Tab. 3 Differenzialdiagnostische Merkmale bei der Larynxendoskopie und Laryngostroboskopie.

Bei guter Compliance durch den Patienten hat im Rahmen der Heiserkeitsdiagnostik wegen der guten Einschätzbarkeit der Stimmlippenschwingung auch die starre Endoskopie mit der 70 °oder 90 °-Optik in Full-HD-Auflösung nach wie vor ihre Berechtigung. Es muss auf die immense Bedeutung der Befunddokumentation hingewiesen werden, die die Speicherung der larynxendoskopischen Bilder (Respirations- und Phonationsstellung) sowie der videolaryngostroboskopischen Aufnahmen umfasst. Sie erlaubt die spätere Befund- sowie Therapieverlaufskontrolle. Zudem können Stimmtherapeuten und weitere hinzugezogene Fachdisziplinen den akustischen Eindruck von der Stimme mit dem optischen zeitversetzt abgleichen.

Larynxendoskopie Endolaryngeal inspiziert werden dabei: ▶ Interaryregion (z. B. auffällig gerötet bzw. gefaltet bei Refluxsymptomatik) ▶ Taschenfalten (z. B. deren Einspringen bei hyperfunktionellen Dysphonien bzw. Klangquelle bei gewünschter und unerwünschter Taschenfaltenstimme) ▶ Stimmlippen (Grobmotilität, Schleimhautbeschaffenheit sowie Gefäßzeichnung) ▶ Aryknorpel (z. B. bei Luxation, Kontaktgranulomen, Überkreuzung) ▶ subglottischer Raum (z. B. Zysten, Papillome oder Ödeme) Die Ab- und Adduktion der Stimmlippen beschreibt grob die respiratorische Beweglichkeit der Stimmlippen. Eine aufgehobene Schwin-

Laryngostroboskopie Videolaryngostroboskopisch: – Stimmlippenschluss – Form und Position/Stelle/Sitz der evtl. Glottisinsuffizienz – phonatorische Beweglichkeit – Randkantenverschieblichkeit – Amplituden – Seitendifferenz im Schwingungsbild (Symmetrie) – Regularität der Stimmlippenschwingung

gungsfähigkeit mit epithelialen Veränderungen ist kein zwingendes Indiz für den Nachweis einer Infiltration des Reinke-Raumes durch einen mali▶ Tab. 3). gnen Prozess (● Zusätzliche endoskopisch bildgebende Verfahren erlauben spezifische, für die Differenzialdiagnostik äußerst wichtige Aussagen zum Epithel und der vaskulären Struktur der Stimmlippen. Beispielhaft sei hier die Autofluoreszenz genannt, bei der die gewebeeigene Fluoreszenz (Autofluoreszenz) der Schleimhaut zu diagnostischen Zwecken genutzt wird, um die flächenhafte Ausdehnung der präkanzerösen oder kanzerösen Läsion besser einschätzen zu können (horizontale endoskopische Bildgebung). Auch das Narrow-Band-Imaging (NBI) stellt durch spezifische schmalbandige Wellenlängen des Lichtspektrums die Gefäßstruktur und epitheliale Veränderungen verbessert dar. Gerade diese für das normale Auge kaum ersichtlichen Gefäßveränderungen, wie etwa Ektasien oder Konvolute der Stimmlippengefäße, erzeugen bereits Masseveränderungen, die sich in einem veränderten Schwingungsverhalten und damit in Stimmklangveränderungen niederschlagen können und deshalb detektiert werden sollten. Differenzialdiagnostisch lassen sich hier Ektasien, Gefäßkonvolute, Varizen der Stimmlippen und beginnende hämorrhagische Stimmlippenpolypen feststellen. Zur Differenzialdiagnostik der Stimmlippenparesen ist das Larynx-EMG ein wichtiges Verfahren, welches nicht nur eine prognostische Aussage, sondern auch eine Abgrenzung zu einer Aryknorpelluxation bzw. -subluxation erlaubt. Denn

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Larynxendoskopie Flexible bzw. starre Larynxendoskopie: – Grobmotilität/respiratorische Beweglichkeit – Aryknorpelposition und -beweglichkeit – Niveauunterschiede der Stimmlippen – Spannungsgrad der Stimmlippen – Vocalfold Bowing/Exkavation der Stimmlippe – subepitheliale Veränderung – ödematöse Veränderung – myxoides oder hämorrhagisches Transsudat – einseitige oder beidseitige Veränderung – seitendifferente Ausprägung der Veränderung – Gefäßzeichnung (ektatisch, meanderförmig, konvolutartig oder varikös) – Einblutungen – Epithelveränderung – Stimmlippenfarbe (gerötet, gräulich, weiß) – Beläge und Schleim auf den Stimmlippen – Farbe bzw. Transluzenz der Stimmlippenveränderung – Position/Lage der Stimmlippenveränderung (vorderes, mittleres oder hinteres Drittel) – parallele oder quer zum freien Stimmlippenrand gelegene Stimmlippenveränderung – Oberflächengestalt und Größe der Stimmlippenveränderung – evtl. entzündliche Umgebung der Stimmlippenveränderung – Taschenfaltenaktivität – subglottische, glottische oder supraglottische Veränderungen – beid- oder einseitige Aryknorpelveränderung – Form der Aryknorpelveränderung (Hammer-Amboss-Form)

278 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

Merke: Die Untersuchung des oberen Aerodigestivtrakts unter Einsatz flexibler Endoskope ermöglicht die Videodokumentation eines kompletten Untersuchungsgangs und führt hierdurch zu einer Zeitersparnis in Vergleich zu anderen Untersuchungsverfahren (starr im Wechsel mit flexiblen Endoskopen, herkömmlicher Kehlkopfspiegel, Ohrtrichter usw.).

Videolaryngostroboskopie Eine Heiserkeit allein larynxendoskopisch zu erfassen macht allerdings keinen Sinn, denn das menschliche Auge kann solch hochfrequente Schwingungen, wie die der Stimmlippen bei der Phonation, optisch nicht detailliert erfassen. Eine heiserkeitsrelevante larynxendoskopische Einschätzung gelingt erst durch die laryngostroboskopische Untersuchung. Das Prinzip der Laryngostroboskopie beruht auf einer periodischen Beleuchtung (Lichtblitze) der Stimmlippen in regelmäßigen Abständen. Entweder phasensynchron zur Frequenz der Stimmlippenschwingung, wobei ein stehendes Bild der Stimmlippen erzeugt wird und die einzelnen Phasen der Stimmlippenschwingungen (Schluss-, Öffnungsund Schließungsphasen) beurteilt werden können. Oder die „Beblitzung“ der schwingenden Stimmlippen erfolgt zeitlich versetzt, wodurch der Eindruck einer Zeitlupenschwingung der Stimmlippen entsteht und der gesamte Schwingungsverlauf betrachtet werden kann. Die Schwingungsanalyse der Stimmlippen eines vom Patienten auf mindestens 3 verschiedenen Tonhöhen und in verschiedenen Lautstärken phonierten Lautes ([i:]) erfolgt anhand der Parameter: ▶ Glottisschluss ▶ Amplitude ▶ Randkantenverschiebung ▶ Symmetrie ▶ Periodizität ▶ Regularität Für die Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen schlösse sich eine digitale Hochgeschwindigkeitsglottografie an. Hierbei wird durch die verlangsamte, zeitlupenartige Wiedergabe der mehrere tausend Einzelbilder pro Sekunde umfassenden Aufnahme von den schwingenden Stimmlippen die Betrachtung des gesamten Schwingungsverlaufs möglich [13]. Die Videokymografie macht irreguläre Schwingungen an einer ausgewählten Position der Glottis sichtbar und erlaubt eine separate quantitative Analyse der linken und rechten Stimmlippenschwingung, was mit der Stroboskopie nicht möglich ist [14]. Die Phonovibrografie hilft bei der Interpretation der zugrunde liegenden laryngealen Prozesse [15].

Palpation und Sichtbefund Bei Verdacht auf maligne Veränderungen oder Frakturen des Larynx sollte sich an die endoskopische Diagnostik eine Inspektion und Palpation des Larynx und der Halsweichteile anschließen, gefolgt von einer sonografischen Untersuchung dieser Regionen. Palpatorisch können dabei der Schildknorpel und der Ringknorpel auf Asymmetrien und Frakturspalten sowie der gesamte Larynx hinsichtlich seiner vertikalen und sagittalen Beweglichkeit beurteilt werden, sofern die Compliance des Patienten dies erlaubt. Bei Hinweis auf eine zervikogene Dysphonie wird nach einer ausführlichen Anamnese (etwa bzgl. zurückliegender Unfälle oder Zahnbehandlungen) mittels ganzkörperlichem Sichtbefund von sagittal und frontal (z. B. horizontale Abweichungen der Schultern) und per anteriorem und posteriorem Tastbefund (z. B. M. sternocleidomastoideus, M. trapezius, Verschieblichkeit des Larynx) nach ganzkörperlichen und kehlkopfassoziierten seitendifferenten Muskelspannungen und Fehlhaltungen (Gliedmaßen, Wirbelsäule) gefahndet. Zudem wird im Rahmen der posterioren Palpation der HWS das Augenmerk vornehmlich auf die Segmente von C2/C3 und C3/C4 gelenkt, um dort nach segmentalen Hypomobilitäten in Kombination mit schmerzhaften Druckpunkten zu suchen.

Messung der Heiserkeit



Vereinfacht formuliert, lassen sich Heiserkeiten 2 unterschiedlichen akustischen Eindrücken zuordnen, zum einen einer Behauchtheit, bestimmt durch die Qualität und Quantität des Stimmlippenschlusses, zum anderen einem Rauigkeitseindruck, der durch irreguläre Stimmlippenschwingungen bspw. Aperiodizitäten der Grundfrequenz entsteht und meist mit der Beschaffenheit der Stimmlippen (Veränderungen des Schleimhautepithels, der Blutgefäße der Stimmlippen, des Reinke-Raumes oder am M. vocalis) korreliert.

Auditiv-perzeptive Bewertung der Heiserkeit Nessel hat in den 1960er Jahren einen Katalog für Beschreibungen von Heiserkeitsformen zusammengetragen, der anhand so verwirrender Begriffe wie „muffig“, „fädig“, „stumpf“ oder „abgeschnürt“ die Schwierigkeiten bei der verbalen Beschreibung von Heiserkeiten aufzeigte. Deshalb setzte sich für die auditiv-perzeptive Stimmklangbeurteilung eine graduelle Klassifikation der Heiserkeit durch. Im deutschsprachigen Raum ist das RBH-System nach Wendler et al. [16] üblich. Heiserkeit = H besteht entweder aus R = die Rauigkeit (Irregularitäten der Stimmlippenschwingung) oder B = die Behauchtheit (unmodulierte Ausatmenluft) bzw. aus beiden Heiserkeitskomponenten. Die graduelle Ausprägung

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in beiden Fällen kann die Stellung des Aryknorpels als auch der Stimmlippe zu einer möglichen Fehldiagnose führen.

Facharztwissen-HNO 279

Tab. 4 Beispiel für Heiserkeiten und ihre möglichen Ursachen.

Stimme gut, leichte Behauchtheit, aber Atemnot mittel- bis hochgradig raue und behauchte tiefe Stimme Stimmklang- und Stimmleistungsveränderungen der Singstimme

Mögliche morphologische Korrelate verkürzte Amplituden bzw. Randkantenverschieblichkeit (RKV) erweiterte Amplituden bzw. RKV seitendifferentes Schwingungsbild

Mögliche Ursache an den Stimmlippen hyperfunktionelle Dysphonie

vaskuläre Veränderungen der Stimmlippengefäße phonatorischer Stillstand

Varizen oder Konvolute der Stimmlippen infiltrierende Präkanzerose

gerötete Stimmlippen, Fibrinbeläge

akute Laryngitis

posteriore Glottisschlussinsuffizienz (physiologisch) ovalärer Glottisspalt (Vocal Fold Bowing)

kindlicher Kehlkopf/junge Frauen Presbylarynx

Niveauunterschiede der SL durchgehender Glottisspalt bei eingeschränkter SL-Beweglichkeit, keine RKV durch desynchronisierte anterior-posteriore Schwingungsbewegungen, oder durch asymmetrische Links-rechtsStimmlippenbewegung durchgehender Glottisspalt bei Stimmlippenstillstand

Stimmlippenlähmungen Stimmlippennarben nach bds. subepithelialer Chordektomie Stimmlippenlähmungen, iatrogene Glottisschlussinsuffizienz, Asymmetrien der Stimmlippen beidseitige Rekurrensparese in Paramedianstellung Reinke-Ödem

ein- oder beidseits dicke ödematöse, glasige, dicke Polster unregelmäßiges Schwingungsbild, veränderte Amplituden und RKV, aufgehobene Stimmlippenschwingung in den Randbereichen

reicht von 0 = das Merkmal ist nicht vorhanden (gesund), 1 = das Merkmal ist gering ausgeprägt, 2 = das Merkmal ist mittelgradig ausgeprägt bis zu Grad 3 = das Merkmal ist hochgradig ausgeprägt. Eine weitere Möglichkeit ist die Bewertung der Heiserkeiten auf einer visuellen Analogskala (10 cm lange Linie mit Skala von 0–100). Die Beurteilung erfolgt anhand eines vom Patienten gelesenen Standardtextes „Der Nordwind und die Sonne“. Prinzipiell bedarf die auditiv-perzeptive Stimmklangbeurteilung umfangreicher Erfah▶ Tab. 4). Sie sollte dem im funktionellen rung (● Hören geübten Untersucher (Fachärzten für Phoniatrie und Pädaudiologie sowie erfahrenen Stimmtherapeuten, wie Logopäden, Klinischen Sprechwissenschaftlern usw.) überlassen werden, denn sowohl alters- als auch geschlechtsspezifische Normvarianten müssen bei der Bewertung und Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden. Dies gilt ebenso für die nächsten Untersuchungsschritte.

Merke: Die auditiv-perzeptive Diagnostik von Heiserkeiten sollte durch fachlich ausgebildete und erfahrene Untersucher durchgeführt werden.

Akustische Analyse der Heiserkeit Anhand der spektralanalytisch erhobenen Maße für die Irregularität (Jitter in % = Frequenzmodulationsgeräusche und Shimmer in % = Amplitudenmodulationsgeräusche, Periodenkorrelationen)

hypofunktionelle Dysphonie zervikogene Dysphonie

Dysodie

und das Rauschen sowie mittels Glottal-to-Noise-Excitation-Ratio (GNE) eines auf einem Ton gehaltenen Vokals kann die Heiserkeit selbst bei hochgradiger Ausprägung auch objektiv quantifiziert werden. Die genannten Werte sind im sog. Göttinger Heiserkeitsdiagramm [17] 2-dimensional dargestellt und können u. a. zur Veranschaulichung des Therapieverlaufs genutzt werden. Im „Voice Diagnostic Center“ von lingWAVES werden die akustischen Parameter adäquat zur RBH-Beurteilung als 3 Säulen, aber auch im Singstimmfeld anhand des Rauigkeits-, Behauchtheits- und Gesamtheiserkeitsfeldes grafisch dargestellt. Korrekt erhoben und richtig interpretiert sind sie für den erfahrenen Untersucher und Stimmtherapeuten hilfreich bei der Diagnosefindung, der Therapieentscheidung und der Dokumentation des Therapieverlaufs.

Heiserkeits-Index Es gibt ein mittlerweile etabliertes Gesamtmaß für die Stimmqualität, den sog. Dysphonie-Severity-Index (DSI) [18]. Der DSI setzt sich aus gewichteten Messwerten zusammen, die mit dem Leidensdruck der Patienten korrelieren: (maximale Tonhaltedauer (in s) × 0,13) + (höchstmögliche Frequenz (in Hz) × 0,0053) – (niedrigste Intensität (in dB) × 0,26) – (Jitter (in %) × 1.18) + 12.4 Ein normaler Index ist höher bzw. gleich 4,2. Von 4,2 bis 1,8 spiegelt der DSI eine geringgradige Dysphonie wieder. Ein DSI von 1,8 bis − 1,2 zeigt eine mittelgradige Dysphonie an und ab einem DSI von − 1,2 liegt eine hochgradige Dysphonie vor [7].

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Heiserkeit keine Heiserkeit, aber rasche Stimmermüdung leichte Behauchtheit, leichte Asthenie alterierend leicht behaucht und leicht rau, Stimmunsicherheit geringgradige Rauigkeit persistierende mittel- bis hochgradige Rauigkeit plötzliche hochgradige Heiserkeit mit Stimmabbrüchen kaum bis gering behaucht leicht bis mittelgradig behaucht, zunehmende Asthenie mittelgradige bis hochgradige Behauchtheit hochgradige Rauigkeit und mittelgradige Behauchtheit Biphonation/Diplophonie (subharmonische Teilklänge)

280 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit



Die Untersuchung der Atmung dient zum einen der Bestimmung des Atemtyps in Ruhe beim Sprechen, Rufen und ggf. Singen (kombinierte Kosto-Abdominal-Atmung bzw. Beteiligung oder Überwiegen der Thorakal-, Kostal- oder der Klavikularatmung). Zum anderen dient sie der Registrierung aerodynamischer Parameter (z. B. Vitalkapazität, Atemzugvolumen oder Peak flow), etwa bei der Lungenfunktionsdiagnostik (Spirometrie, Pneumotachografie usw.). Einen relativ groben Wert stellt die Messung der maximalen Tonhaltedauer (s) dar. Hyperfunktionelle Dysphonien mit verlängerten Glottisschlussphasen zeigen dabei meist erhöhte Werte, hypofunktionelle Dysphonien eher verkürzte Zeiten. Je größer die Glottisschlussinsuffizienz, umso kürzer die Tonhaltedauer (THD) bei stimmhaften Lauten. Deshalb empfiehlt sich stets die Messung (jeweils 3 Versuche) eines langen a [a:], eines stimmhaften s [z] (wie in Standarddeutsch gesprochenem „Susi“) sowie des stimmlosen s [s] (wie in „Kuss“). Die beiden letztgenannten Phonemvarianten von /s/-lassen sich zudem bei der Berechnung der s/z-Ratio [19] ins Verhältnis setzen. Bei ungestörter Respirationsfähigkeit, also normal langem [s], kann eine abweichende THD von [z] auf eine pathologische Glottisschlussproblematik hinweisen. Die Vitalkapazität (in ml) ins Verhältnis gesetzt zur THD von [a:] (in s) ergibt den sog. Phonationsquotienten [20], welcher eine Aussage über die Fähigkeit erlaubt, die zur Verfügung stehende Luft effektiv in einen stimmhaften Laut umzuwandeln. Der Blick auf die Atembewegungen sollte einhergehen mit einer ganzkörperlichen Betrachtung der Spannung, Beweglichkeit und Haltung.

Stimmbefund/Stimmstatus



Einige weitere, hier exemplarisch aufgeführte Stimmparameter sind wegen ihrer diagnostischen Aussagekraft von Bedeutung. Dazu zählt die mittlere Sprechstimmlage (mSSL), angegeben als Notenwert oder exakt gemessen in Hz. Im Normbereich ist sie gleichzusetzen mit der (individuellen) Indifferenzlage, d. h. jenem physiologischen Sprechtonhöhenbereich, um den sich die Stimme auch bei längerem Sprechen ökonomisch und ohne Ermüdung bewegen kann. Auch die Sprechlautstärke, gemessen in dB (A) gibt Auskunft über den alltäglichen Gebrauch der Stimme. Da beide Werte von der Sprechsituation abhängen, werden sie unter verschiedenen Anforderungen gemessen (entspanntes Reihenzählen, raumfüllendes Sprechen, stimmhaftes Flüstern und Rufen). Normalerweise ergibt sich eine regelhafte Zunahme der Werte. Abweichung davon kann der erfahrende Untersucher interpretieren und zur möglichen Ätiologie ins Verhältnis

setzen. Auch die Art und Weise des Stimmeinund -absatzes (weich bzw. physiologisch fest bzw. pathologisch hart, knarrend oder verhaucht) zeigt die eine oder andere Stimmerkrankung an, insbesondere bei funktionellen Dysphonien. Die Einschätzung der Klangfülle der Stimme, d. h. des Grades der wahrgenommenen Resonanz sowie deren Ursprunges im Körper, sowie des sog. Stimmsitzes, sind weitere wichtige Merkmale und Indikatoren für das therapeutische Vorgehen.

Stimmleistungsmessung



Die Leistungsfähigkeit der Stimme kann in vielfacher Hinsicht erfasst werden. So können der physiologische und der musikalische (nur ästhetisch akzeptable Töne) Tonhöhenumfang registriert werden. Auch die Dynamikbreite, d. h. die Dimension zwischen leisest und lautest möglichem Ton, kann gemessen werden. Misst man die Dynamikbreite (im Stehen, Raumakustik und mit 30 cm Mikrofonabstand) auf jedem möglichen Ton des gesamten Tonhöhenumfangs und trägt die Werte in einer Grafik (x-Achse = Tonhöhenumfang, y-Achse = Dynamikbreite) ein, erhält man nicht nur 2 Kurven (jeweils verbunden werden alle leisesten und alle lautest möglichen Werte), sondern auch eine Fläche dazwischen. Sie gibt das gesamte Leistungsspektrum der Stimme wieder und wird Stimmfeld genannt. Man unterscheidet zudem ein Sprech-/Rufstimmfeld von einem Singstimmfeld. Beim Sprechstimmfeld werden die unter 6,2 gemessenen Werte beim leisen stimmhaften, normal lauten und raumfüllenden Reihenzählen sowie beim Rufen im Stimmfeldformular eingetragen. Moderne Softwaresysteme absolvieren das automatisch und quasi synchron. Der Sprechstimmfeldanstieg wird dabei als Winkelfunktion berechnet und mit Referenzwerten abgeglichen. Beim Singstimmfeld handelt es sich um eine frequenzbezogene Dynamikmessung gesungener Töne mit Vokal [a:] über den gesamten, meist physiologischen Tonhöhenumfang. Die Flächenwerte lassen sich zu Normstimmfeldern optisch und prozentual in Beziehung setzen. Merke: Der diagnostische Wert der Stimmfeldmessung liegt in der Interpretation der Ergebnisse durch einen erfahrenen Untersucher. Eine vor allem hinsichtlich der Einschätzung der stimmlichen Eignung für einen stimmintensiven Beruf sehr wichtige Untersuchung ist der Stimmbelastungstest. Er kann in einem Vokalmodus = [a:/e:]-Modus (Dauer 15 min) oder Textmodus (Dauer 30 min) bei einer abwechselnd auf 70 und 75 dB von Probanden einzuhaltenden Sprechlautstärke durchgeführt werden. Beobachtet wird dabei zum einen die Fähigkeit, die

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Untersuchung der Stimmatmung

Facharztwissen-HNO 281

Abb. 20 Differenzialdiagnostische Schritte bei Heiserkeit (türkis: obligatorisch, rosé: fakultativ).

Stimmdiagnostik bei Heiserkeit

Endoskop. bildgebende Verfahren, z.B. NBI

Heiserkeitsbewertung (RBH)

LarynxEMG

Stimmfeld (Sprechund Singstimme)

Aerodynamische Messung (z.B. s/zRatio)

Akustische Stimmanalyse (Jitter, GNE)

StimmBelastungs -test

Stimmstatus (z.B. Schwell- und Gleittöne

Subjektive Selbsteinschätzung (VHI, VHI12)

Tast- und Sichtbefund

VAS, VrQoL

Ultraschall

Diagnostische Tools bei Heiserkeit

geforderte Lautstärke konsequent einzuhalten, zum anderen werden Klangveränderungen bzw. Stimmabbrüche registriert. Zudem werden die o. g. Stimmparameter vor und nach dem Belastungstest verglichen und deren Veränderung hinsichtlich der sich ähnlich verhaltenden Sprechweise im Berufsalltag antizipiert.

bensqualität nachgewiesen werden konnte, führt eine größere Funktionsstörung nicht automatisch auch zu einem größeren Leiden [24]. Die verschiedenen obligatorischen und fakultativen differenzialdiagnostischen Untersuchungs▶ Abb. 20 zusammengefasst. tools sind in ●

Normwerte Erfassung der subjektiven Betroffenheit der Patienten



Neben der Erfassung der Missempfindungen, der Einschränkungen an der Aktivität und Teilhabe am Leben müssen die funktionellen, emotionalen und psychischen Auswirkungen vom Patienten selbst beurteilt werden. In den deutschsprachigen Ländern steht dafür u. a. der für das Deutsche validierte Voice-Handicap-Index zur Verfügung [21, 22]. 30 Aussagen werden hinsichtlich des Zutreffens und des Grades auf einer Skala von 0 (nie), 1 (selten), 2 (manchmal), 3 (oft) bis 4 (immer) eingeschätzt. Der so errechnete Index kann Handicap-Stufen zugeordnet werden: ▶ VHI von 0–14 = kein Handicap ▶ VHI von 15–28 = geringes Handicap ▶ VHI von 29–50 = mittelgradiges Handicap ▶ VHI von 51–120 = hochgradiges Handicap Üblich in der Praxis ist die verkürzte Variante, der VHI 12 bzw. VDI, der nur die am stärksten ladenden Items abfragt [7]. Ein weiteres Messinstrument stellt der 10 Items umfassende Fragebogen zur stimmbezogenen Lebensqualität (VROQL) [23] dar, der im deutschsprachigen Raum vor allem im Rahmen wissenschaftlicher Studien zur Anwendung gekommen ist. Wie beim Vergleich von DSI und stimmbezogener Le-



Entsprechende Normwerte der einzelnen Para▶ Tab. 5. meter der Stimmdiagnostik zeigt ●

Zusammenfassung und Ausblick Als ein mögliches Leitsymptom von Dysphonien kann eine Heiserkeit zusammen mit weiteren stimmlichen Problemen und subjektiven Missempfindungen unterschiedliche Auswirkungen auf das soziale und berufliche Leben der Patienten haben. Deshalb müssen Heiserkeiten differentialdiagnostisch abgeklärt werden. Sonst könnten kleine Gewebeplus verkannt oder psychogene Aspekte auf die Stimmfunktion missachtet werden. Technologische und verfahrenstechnische Fortschritte in der Larynxendoskopie (geringe Durchmesser, Chip-on-the-tip-Objektive, Full-HD, Lichtfrequenzbänder usw.), der Stimmdiagnostik (computergestützte Stimmfeldmessung und Stimmklanganalyse), Messung der subjektiven Betroffenheit (für das Deutsche validierter VHI und VHI 12 und Klassifizierung des Handicaps) sowie der Standardisierung der Befunderhebung (konsentiertes ELS-Basis-Protokoll zur Stimm-

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VideoLaryngostroboskopie

282 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

normal

pathologisch

0

1

2

3

nicht vorhanden nicht vorhanden nicht vorhanden

geringgradig geringgradig geringgradig

mittelgradig mittelgradig mittelgradig

hochgradig hochgradig hochgradig

+ 1: gering erweitert − 1: gering verkürzt/vermindert gering vermindert

+ 2: mittelgradig erweitert − 2: deutlich verkürzt

+ 3: hochgradig erweitert − 3: aufgehoben

mittelgradig vermindert

Symmetrie

normal weit (ca. ⅓ der sichtbaren Stimmlippenbreite) normal (mind. ½ der sichtbaren Stimmlippenbreite) normal nach Ort und Phase

Regularität

regulär

Glottisschluss supraglottische Kontraktion bei Phonation* aerodynamische Messungen Tonhaltedauer Phonationsquotient s/z-Quotient akustische Messungen Jitter*

vollständiger Glottisschluss 0: keine supraglottischen Kontraktionen

geringe Insuffizienz 1: geringe supraglottische Kontraktionen

mittelgradig asymmetrisches Schwingungsmuster gehäufte Irregularitäten/ mittelgradig irregulärer Schwingungsablauf mittelgradige Insuffizienz 2: ausgeprägte supraglottische Kontraktionen

hochgradig vermindert/ aufgehoben hochgradig asymmetrisches Schwingungsmuster permanente Irregularitäten/hochgradig irregulärer Schwingungsablauf hochgradige Insuffizienz 3: supraglottische(r) Verschluss bzw. Phonation

> 15 s < 0,2 l/s < 1,4

15–11 s > 0,2 l/s > 1,4

10–7 s

1,0 %

über 5 % nicht sinnvoll

> 4,0 %

über 25 % nicht sinnvoll

< 55 dB (A) > 90 dB (A) > 40 dB (A) m: D (73 Hz) w: e (165 Hz)** m: d1 (294 Hz) w: e2 (659 Hz)** > 24 m: 98,5–131 Hz (G − c) w: 196–262 Hz (g − c1)

> 55 dB < 90 dB 40–35 dB

34–25 dB

< 25 dB

24–18

17–12

< 12

Stimme als ungestört empfunden keine

Stimme als geringgradig gestört empfunden geringe Beeinträchtigung bei verstärkter Stimmbelastung; keine Beeinträchtigung in der alltäglichen, sozialen Kommunikation

Stimme als mittelgradig gestört empfunden starke Beeinträchtigung bei verstärkter Stimmbelastung; geringe Beeinträchtigung auch in der alltäglichen, sozialen Kommunikation

Stimme als hochgradig gestört empfunden starke Einschränkung auch in der alltäglichen Kommunikation; Sozialkontakte beeinträchtigt

Perzeption Rauigkeit Behauchtheit Heiserkeit Videolaryngostroboskopie Amplitude*

Randkantenverschiebung

Shimmer* Stimmfeldmessung leiseste Intensität lauteste Intensität* Stimmdynamik tiefste F0 höchste F0 Stimmumfang indifferente Sprechstimmlage subjektive Selbstevaluation Stimmqualität kommunikative Beeinträchtigung

gering asymmetrisches Schwingungsmuster gering irregulärer Schwingungsablauf

*CSL bzw. MDVP (Kay Elemetrics); **unabhängig von Stimmlage

diagnostik) eröffnen vergleichbare und hochqualitative differenzialdiagnostische Vorgehensweisen. Das verlangt auch eine interdisziplinäre Diagnostik im Team (HNO-Ärzte, Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie, Stimmtherapeuten, Psychologen usw.). Unserer Meinung nach muss das zukünftige Bestreben darin bestehen, Patienten mit Stimmstörungen frühzeitiger zu detektieren als bisher, um sekundär organische Veränderungen und Tumorentstehungen möglichst zu verhindern. Warum nicht bspw. über stimmanalytische Minisoftwaretools (z. B. als App) für eine smartphoneba-

sierte Heiserkeitserkennung, die dem Nutzer anzeigt, dass ein Besuch beim HNO-Arzt bzw. Phoniater angezeigt wäre? Wichtig ist zudem die verstärkte Aufklärung der Bevölkerung über auslösende Faktoren und die Sensibilisierung für Stimmklangveränderungen (z. B. über den World-Voice-Day). Und letztendlich muss auch die stimmtechnische Vorbereitung für zukünftige stimmintensive Berufe in der Ausbildung bzw. Studium durch obligatorische Stimmbildungsoder Sprecherziehungskurse angeboten bzw. intensiviert werden.

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Tab. 5 Normwerte verschiedener Stimmparameter nach Schneider und Bigenzahn ([25] nach [26] und [27].

Anmerkung



Mit freundlicher Genehmigung wurden uns ▶ Abb. 5, 10a und ● ▶ Abb. 17 von Prof. Dr. H. ●

Glanz zur Verfügung gestellt.

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13 Eysholdt U, Tigges M, Wittenberg T, Pröschel U. Direct evaluation of high-speed recordings of vocal fold vibration. Folia Phoniatr Logop 1996; 48: 163–170 14 Svec JG, Schutte HK. Kymographic imaging of laryngeal vibrations. Curr Opin Otolaryngol Head Neck Surg 2012; 20: 458–465 15 Lohscheller J, Eysholdt U, Toy H, Dollinger M. Phonovibrography: mapping high-speed movies of vocal fold vibrations into 2-D diagrams for visualizing and analyzing the underlying laryngeal dynamics. IEEE Trans Med Imaging 2008; 27: 300–309 16 Wendler J, Rauhut A, Krüger H. Classifcation of voice qualities. J Phonetics 1986; 14: 483–488 17 Michaelis D, Strube HW, Kruse E. Reliabilität und Validität des Heiserkeits-Diagramms. In: Gross M, Eysholdt U, Hrsg. Aktuelle phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte. 1996; Heidelberg: Median, 1997; 25–26 18 Wuyts FL, De Bodt M, Molenberghs G, Remacle M, Heylen L, Millet B, Van Lierde K, Raes J, Van de Heyning PH. The Dysphonia Severity Index: An objective measure of vocal quality based on a multiparameter approach. J Speech Lang Hear Res 2000; 43: 796–809 19 Eckel FC, Boone DR. The S/Z ratio as an indicator of laryngeal pathology. J Speech Hear Disord 1981; 46: 147–149 20 Iwata S, von Leden H. Phonation quotient in patients with laryngeal diseases. Folia phoniat 1970; 22: 117–128 21 Jacobson BH, Johnson A, Grywalski C, Silbergleit A, Jacobson G, Benninger MS, Newman CW. The Voice Handicap Index (VHI): Development and Validation. Am J Speech Lang Pathol 1997; 6: 66–70 22 Nawka T, Wiesmann U, Gonnermann U. Validierung des Voice Handicap Index (VHI) in der deutschen Fassung. HNO 2003; 51: 9219–9230 23 Hogikyan ND, Sethuraman G. Validation of an instrument to measure voice-related quality of life (VRQOL). J Voice 1999; 13: 557–569 24 Hummel C, Scharf M, Schuetzenberger A, Graessel E, Rosanowski F. Objective voice parameters and selfperceived handicap in dysphonia. Folia Phoniatr Logop 2010; 62: 303–307 25 Schneider B, Bigenzahn W. Stimmdiagnostik. Wien: Springer, 2007 26 Böhme G. Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen. 4. Aufl. München, Jena: Fischer, 2003 27 Friedrich G, Dejonckere PH. Das StimmdiagnostikProtokoll der European Laryngological Society (ELS). Laryngo-Rhino-Otol 2005; 84: 744–752

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Facharztwissen-HNO 283

Über die Autoren



Susanne VoigtZimmermann

Jahrgang 1967, Dr. phil.; Klinische Sprechwissenschaftlerin. 1986–1990 Studium der Sprechwissenschaft und Phonetik an der Martin-Luther-Universität in Halle/ Saale. Promotion 1998 über „Quantitative Stimmmerkmale bei schwerhörigen und gehörlosen Kindern im Vergleich zu normal hörenden Kindern“. 1990–2001 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Phoniatrie und Pädaudiologie der Universitäts-HNO-Klinik der Friedrich-Schiller-Universität Jena. 2001–2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Sprechwissenschaft und Sprecherziehung der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Seit 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Experimentellen HNO-Laryngologischen Forschung an der Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Klinische Schwerpunkte: Diagnostik und Therapie von Dysphonien, Evaluation bildgebender larynxendoskopischer Verfahren.

Karen Lampe Jahrgang 1973, Dr. med.; Fachärztin für Hals-, Nasenund Ohrenheilkunde. 1992– 1998 Studium der Humanmedizin an der Otto-vonGuericke-Universität Magdeburg. 2002 Promotion über „Optimale Elektrodenposition bei der Registrierung der Frühen auditorisch evozierten Potenziale bei Kindern“. 2004 Facharzt. Seit 1998 ärztliche Mitarbeiterin der Universitätsklinik für Hals-NasenOhrenheilkunde der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

tätsklinikums Gießen. 1997 Facharzt. 1999 Anerkennung der Zusatzbezeichnung Chirotherapie und Ernennung zum Oberarzt der Universitätsklinik für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie Gießen. Weitere Zusatzbezeichnungen: plastische und ästhetische Operationen, medikamentöse Tumortherapie sowie die fakultative Weiterbildung für spezielle Hals-Nasen-OhrenChirurgie. 2006–2009 leitender Oberarzt an der HNO-Klinik des Universitätsklinikums Gießen und Marburg am Standort Gießen. April 2009 Ernennung zum Außerplanmäßigen Professor an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seit Oktober 2009 W3-Professur für HNO-Heilkunde und Klinikdirektor der Universitätsklinik für HalsNasen-Ohrenheilkunde der Otto-von-GuerickeUniversität Magdeburg. Klinische bzw. Forschungsschwerpunkte: Erkrankungen des Kehlkopfs sowie die Entwicklung und Einsatz endoskopisch bildgebender Verfahren.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Christoph Arens Universitätsklinikum Magdeburg AöR Universitätsklinik für Hals-NasenOhrenheilkunde Leipziger Straße 44 39120 Magdeburg [email protected]

Christoph Arens Jahrgang 1966, Prof. Dr. med.; Direktor der Universitätsklinik für Hals-, Nasenund Ohrenheilkunde. 1987– 1993 Studium der Humanmedizin an der Justus-Liebig-Universität Gießen, 1996 Promotion. 2005 Habilitation über „Die Bedeutung der Autofluoreszenz in der Frühdiagnose des Larynxkarzinoms“. 1993–2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Hals-Nasen-OhrenHeilkunde, Kopf- und Halschirurgie des Universi-

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284 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

Facharztwissen-HNO 285

CME-Fragen Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

A B C D E

2 A B C D E

3 A B C D E

4 A B C D E

5 A B C D E

Was zählt nicht zu den Hauptsymptomen einer Dysphonie? Heiserkeit Rhinitis Verschlechterung der stimmlichen Leistungsfähigkeit Zunahme der persönlichen Missempfindungen Rauheit der Stimme Bei einem seitendifferenten Schwingungsbild der Stimmlippen sowie seitlich unterschiedlich ausgeprägten Missempfindungen an Hals, Rachen und Kehlkopf denkt man an ein glottisches Larynxkarzinom. Morbus Parkinson. eine spasmodische Dysphonie. eine zervikogene Ursache. Intubationsgranulom

6 A B C D E

7 A B C D E

8

Was zählt nicht zu den gutartigen Larynxtumoren? Plasmozytome Myome Neurinome Chondrome Fibrome Wie entwickelt sich bei Jungen die Sprechstimmlage nach dem Stimmbruch? Sie liegt bei h bzw. c1. Sie liegt eine Terz tiefer. Sie liegt eine Oktave tiefer. Sie liegt eine Terz höher Sie liegt bei c1. Wie viele Grade lassen sich mit dem RBH-System unterscheiden? 2 3 4 5 6

Was zählt zu den kongenitalen Ursachen organischer Dysphonien? Bamboo Nodes Diaphragma laryngis Kontaktgranulom Stimmlippenknötchen Reinke-Ödem

A B C D E

In wie viele Grade werden die Epitheldysplasien nach Kleinsasser eingeteilt? 2 3 4 5 6

A B C D E

hypernasale Anteile beim Sprechen stimmhaftes Lachen normal bewegliche Stimmlippen stimmhaftes Husten Heiserkeit

10

Was ist ein Ackerman-Tumor?

A B C D E

Keine pathogenetischen Vorläufer von Stimmlippenpolypen sind Gefäßkonvolute. Varizen der Stimmlippen. fibrine Beläge der Stimmlippen. Gefäßektasien. meanderförmiger Gefäßverlauf

Autoimmunerkrankung Kehlkopfsarkoidose verruköses Karzinom der Stimmlippe Stimmlippenpolyp Sarkom

9

Kein typisches Merkmal einer psychogenen Aphonie ist?

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286 Differenzialdiagnostik der Heiserkeit

CME-Fortbildung mit der Laryngo-Rhino-Otologie

Die Fortbildungseinheit In den einheitlichen Bewertungskriterien der Bundesärztekammer ist festgelegt: „Die Grundeinheit der Fortbildungsaktivitäten ist der Fortbildungspunkt. Dieser entspricht in der Regel einer abgeschlossenen Fortbildungsstunde (45 Minuten)“. Für die erworbenen Fortbildungspunkte muss ein Nachweis erbracht werden. Hat man die erforderliche Anzahl von 250 Punkten gesammelt, kann man das Fortbildungszertifikat bei seiner Ärztekammer beantragen, welches man wiederum bei der KV (niedergelassene Ärzte) oder bei seinem Klinikträger (Klinikärzte) vorlegen muss. Anerkennung der CME-Beiträge Die Fortbildung in der Laryngo-Rhino-Otologie wurde von der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung für das Fortbildungszertifikat anerkannt, das heißt, die Vergabe der Punkte kann direkt durch die Thieme Verlagsgruppe erfolgen. Die Fortbildung in der Laryngo-Rhino-Otologie gehört zur Kategorie „strukturierte interaktive Fortbildung“. Entsprechend einer Absprache der Ärztekammern werden die von der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung anerkannten Fortbildungs-

veranstaltungen auch von den anderen zertifizierenden Ärztekammern anerkannt.

Datenschutz Ihre Daten werden ausschließlich für die Bearbeitung dieser Fortbildungseinheit verwendet. Es erfolgt keine Speicherung der Ergebnisse über die für die Bearbeitung der Fortbildungseinheit notwendige Zeit hinaus. Die Daten werden nach Versand der Testate anonymisiert. Namens- und Adressangaben dienen nur dem Versand der Testate. Die Angaben zur Person dienen nur statistischen Zwecken und werden von den Adressangaben getrennt und anonymisiert verarbeitet. Teilnahme Jede Ärztin und jeder Arzt soll das Fortbildungszertifikat erlangen können. Deshalb ist die Teilnahme am CME-Programm der Laryngo-Rhino-Otologie nicht an ein Abonnement geknüpft! Die Teilnahme ist im Internet (http://cme.thieme.de) möglich. Im Internet ist eine Registrierung erforderlich, wobei die Teilnahme an Fortbildungen abonnierter Zeitschriften ohne Zusatzkosten möglich ist. Teilnahmebedingungen Für eine Fortbildungseinheit erhalten Sie 3 Fortbildungspunkte im Rahmen des Fortbildungszertifikates. Hierfür müssen 70% der Fragen richtig beantwortet sein. CME-Wertmarke für Nicht-Abonnenten Teilnehmer, die nicht Abonnenten der Laryngo-Rhino-Otologie sind, können für die Internet-Teilnahme dort direkt ein Guthaben einrichten, von dem pro Teilnahme ein Unkostenbeitrag abgebucht wird. Teilnahme online möglich unter http://cme.thieme.de

Voigt-Zimmermann S et al. Differenzialdiagnostik … Laryngo-Rhino-Otol 2014; 93: 263–286 ∙ DOI 10.1055/s-0034-1370937 ∙ VNR: 2760512014144211850

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Zertifizierte Fortbildung Hinter der Abkürzung CME verbirgt sich „continuing medical education“, also kontinuierliche medizinische Fort- und Weiterbildung. Zur Dokumentation der kontinuierlichen Fortbildung der Ärzte wurde das Fortbildungszertifikat der Ärztekammern etabliert. Hauptzielgruppe für das Fortbildungszertifikat sind Ärzte mit abgeschlossener Facharztausbildung, die im 5-jährigen Turnus einen Fortbildungsnachweis erbringen müssen. Es ist jedoch auch für Ärzte in der Facharztweiterbildung gedacht.

[Differential diagnosis of hoarseness].

Hoarseness can be the leading symptom of dysphonia. In combination with impaired vocal performance and subjective voice-related discomfort, it can rep...
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