Nephrologie | Commentary

Dialyse und Nierentransplantation Update 2014 Dialysis and renal transplantation: update 2014 W. Riegel1 B. Krüger2 Nephrologie Nephrologie | Commentary

Schlüsselwörter Hämodialyse Peritonealdialyse Nierentransplantation donorspezifische Antikörper Belatacept

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Keywords hemodialysis peritoneal dialysis renal transplantation donor specific antibodies belatacept

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Institut 1Medizinische Klinik III, Klinikum Darmstadt GmbH 2V. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1370087 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 : 1228–1230 · © Georg 0 Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. Werner Riegel Direktor der Medizinischen Klinik III, Klinikum Darmstadt GmbH Grafenstr. 9 64283 Darmstadt eMail werner.riegel@ klinikum-darmstadt.de Prof. Dr. Bernd Krüger Leiter Geschäftsbereich Transplantation und Labor, V. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim Theodor-Kutzer-Ufer 1-3 68167 Mannheim eMail [email protected]

Was ist neu? 3Kalium und Phosphat: Eine Hypokaliämie unter Peritonealdialyse war mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert. Eine Phosphatsenkertherapie beeinflusste bei Dialysepatienten das Überleben unabhängig von den erreichten Phosphatspiegeln. 3Betablocker für Dialysepatienten: Eine Studie bei 200 Dialysepatienten ergab für die Betablockade mit Atenolol günstigere Ergebnisse im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse und Krankenhausaufnahmen als mit dem ACE-Hemmer Lisinopril. 3Peritonealdialyse: Dialyselösungen, die weniger Glukoseabbauprodukte enthielten, waren in einer kleineren Studie von Vorteil. Adipositas per se spricht nicht gegen eine Peritonealdialyse. 3Hämodiafiltration: Die Hämodiafiltration erzielt in bestimmten Untergruppen möglicherweise bessere Ergebnisse als die Hämodialyse. 3Donorspezifische Antikörper: In einer größeren Studie haben sich donorspezifische Antikörper mit C1q-Spezifität als wichtiger Prognosefaktor für die Transplantatfunktion erwiesen. 3Calcineurin-freie Immunsuppression: Die 5-Jahres-Daten der BENEFIT-Studie zeigen weiterhin eine signifikant bessere Transplantatfunktion unter Belatacept im Vergleich zu einer Cyclosporin-basierten Therapie. Ein Modell zur Abschätzung des kardiovaskulären Risikos von Nierentransplantierten ergab eine Reduktion des Auftretens kardiovaskulärer Ereignisse um 18–20 % im Verlauf von 7 Jahren unter Belatacept.

Kalium und Phosphat ▼ 60 % der Dialysepatienten erliegen einem plötzlichen Herztod. Verantwortlich dafür ist in der Hämodialyse wohl das lange dialysefreie Intervall und seine Auswirkung auf das Myokard („Stunning“). In der Peritonealdialyse ist die Rate zwar gleich hoch, die Ursache muss jedoch unterschiedlich sein. Nach einer Studie mit 143 502 Patienten (12 058 mit Peritonealdialyse und 131 444 mit Hämodialyse) ist dabei Kalium offensichtlich ein wichtiger Parameter [16]. Die Messung und Auswertung der Kaliumwerte erfolgte monatlich. Hypokaliämie fand sich gehäuft in der Gruppe der Peritonealdialyse, Hyperkaliämie hingegen gehäuft bei Hämodialyse. Die Hypokaliämie-assoziierte Mortalität bei Peritonealdialyse gilt sowohl für die kardiovaskuläre als auch die infektassoziierte. Die Phosphatsenkertherapie hat bei Dialysepatienten einen positiven Effekt auf das Überleben, unabhängig von den erreichten Serum-Phosphatspiegeln.

Die eindrucksvollen Zahlen von 25 % Mortalitätsreduktion bestehen auch nach Adjustierung hinsichtlich Komponenten der Ernährung (12 %). Bemerkenswert ist die Fallzahl (n=2389 in einer DOPPSKohorte [10]. Auch in der ArMORR- (n=8610) und COSMOS-Studie (n=6231) wurden durch Phosphatsenker geringere Mortalitäten von jeweils 42 % und 30 % erzielt [5]. Allerdings handelt es sich hierbei um Beobachtungsstudien. Die Therapieentscheidungen waren nicht stratifiziert, sondern lagen in der individuellen Entscheidung des behandelnden Arztes. Die Frage nach dem idealen Phosphatbinder ist spannend. Erwünscht sind hohe Effizienz in der Phosphatsenkung, Wirkung in einem breiten pHBereich des Magen-Darm-Trakts, geringe intestinale Adsorption, wenig Nebenwirkungen, geringe Anzahl an Tabletten und ein hoher Kosten-Nutzen-Effekt. Die Renaissance der Magnesium-haltigen Phosphatbinder ist bedeutsam, weil Magnesium eine direkte inhibitorische Wirkung auf die Kalzifikation besitzt. Colestilan ist seit 2013 erhältlich und wirkt wie Sevelamer. Eine neue Option im Jahre 2014 könnte das eisenhaltige Präparat PA21 sein. Eine Eisensubstitution und eine geringere Tablettenzahl sind zu erwarten. Die Kombination mit Nicotinamid ist insofern interessant, weil generell die Behandlung mit Phosphatsenkern den enteralen Transporter für eine gesteigerte Resorption an Phosphat hochreguliert. Nicotinamid wirkt jedoch dieser Hochregulierung entgegen [7]. Im Stadium CKD 5 D ist die Therapie mit Phosphatsenkern von Nutzen hinsichtlich der Mortalität. Offensichtlich spielt dabei jedoch der Phosphatwert selbst nur eine untergeordnete Rolle. Ähnlich wie in der Immunsuppression nach Transplantation scheint auch hier eine Kombinationstherapie einer Monotherapie überlegen. Spezielle Komponenten wie die direkte Wirkung von Magnesium auf die Kalzifikation, die Hemmung der intestinalen Phosphattransporter durch Nicotinamid und die eisenbasierte Phosphatsenkung sollten künftig Beachtung finden. Vielleicht besteht die Phosphatsenkertherapie der Zukunft aus einer stärker ausgeklügelten Kombination verschiedener Substanzen. Die Phosphatsenkung in den CKD-Stadien vor Dialyse ist in der Literatur noch widersprüchlich.

Klinische Relevanz Die Hypokaliämie muss ebenso beachtet werden wie es die Hyperkaliämie bislang schon wird. Insbesondere Patienten mit Peritonealdialyse benötigen Ernährungsberatung oder sogar Substitution von Kalium.

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Der breite Einsatz von ACE-Inhibitoren und Angiotensinrezeptorblockern (ARB) auch in fortgeschrittenen Stadien der chronischen Nierenerkrankungen (CKD-Stadium 3b-5) hat die Therapie mit Betablocker in den Hintergrund gedrängt. Agarwall et al. [1] verglichen jeweils 100 Dialysepatienten unter Therapie mit dem ACE-Hemmer Lisinopril (40 mg) und dem Betablocker Atenolol (100 mg) über 12 Monate. Sowohl die Langzeit-Blutdruckeinstellung als auch die Menge der zusätzlich erforderlichen Antihypertensiva war in der Atenololgruppe signifikant niedriger, und auch die Nebenwirkungsrate bzw. schwerwiegenden Ereignisse waren geringer. Offensichtlich sind angesichts der Vorerkrankungen von Dialysepatienten Betablocker ein unverzichtbares Element der medikamentösen Therapie [1].

doch zwei Aspekte wichtig: Einerseits scheint viszerales Fett ungünstiger zu sein als subkutanes [3]. Andererseits scheint sich bei jüngeren Patienten Adipositas negativ auszuwirken [4]. Abgesehen von diesen beiden speziellen Aspekten ist die Adipositas keine Kontraindikation für die Behandlung einer terminalen Niereninsuffizienz mit der Peritonealdialyse.

Klinische Relevanz Klinische Studien mit den Lösungen, die geringe Glukoseabbauprodukte enthalten, sind notwendig, um den Zusammenhang zwischen Neovaskularisation des Peritoneums und den Transporteigenschaften der peritonealen Membran besser zu verstehen. Adipositas ist keine Kontraindikation für die Peritonealdialyse. Vorsicht geboten ist bei jüngeren Menschen und solchen mit erheblichem Bauchfett.

Klinische Relevanz Betablocker sollten in die medikamentöse Therapie von Dialysepatienten integriert werden, weil sie sowohl hinsichtlich Blutdruck als auch vorgeschädigtem Herzen günstig wirken.

Peritonealdialyse ▼ Bislang bestand die Vorstellung, dass Peritonealdialyselösungen die Einsprossung von Gefäßen in das Peritoneum fördern. Dadurch soll es zu einem gesteigerten Transportverhalten kommen, ausgedrückt durch einen Anstieg der D/P-Ratio (Konzentration von Harnstoff oder Kreatinin im Dialysat D bzw. Plasma P), wie sie im peritonealen Equilibrationstest gemessen wird. Kawanishi et al. [6] untersuchten bei einer allerdings geringen Fallzahl (n = 12 pro Gruppe) den Effekt von Peritonealdialyselösungen mit niedrigen Konzentrationen an Glukoseabbauprodukten (GDP) auf das Peritoneum. Erwartungsgemäß waren im Peritoneum der Gruppe mit niedrigen GDPs weniger „Advanced glycated endproducts“ (AGE) zu finden. Dagegen überraschte, dass in der gleichen Gruppe die Gefäßdichte erhöht, trotzdem aber die Transportrate niedriger war. Mit der geringeren Transportrate war auch eine bessere Ultrafiltration verbunden. Einige neuere Studien zeigen, dass die Peritonealdialyse auch bei Patienten mit hohem Body-Mass-Index (> 30 kg/m2) durchführbar ist. Offensichtlich sind je-

Hämodiafiltration ▼ Die Überlegenheit der Hämodiafiltration gegenüber der Hämodialyse ist umstritten. Mittlerweile liegen die ersten prospektiven randomisierten Studien sowie eine Meta-Analyse vor. Eine Studie aus Spanien zeigte eine geringere Mortalität in der mit Hämodiafiltration behandelten Gruppe [12]. In zwei anderen Studien (aus den Niederlanden und der Türkei) bestand keine Überlegenheit [13, 19]. Dennoch zeigte eine Post-hoc-Analyse, dass die Patienten in den Gruppen mit sehr hohen Substitutionsvolumina profitierten. Interessanterweise lagen die Volumina der „Hochdosisgruppe“ dieser beiden Studien im Bereich der „normalen“ Volumina der spanischen Arbeit. Vielleicht werden diese Volumina aber auch nur bei gesünderen Patienten erreicht. Die Meta-Analyse [19] unterstützt den potenziellen Vorteil der Hämodiafiltration nicht.

Klinische Relevanz Zur Klärung, wann und bei welchen Substitutionsvolumina die Hämodiafiltration tatsächlich von Vorteil ist, sind weitere Studien nötig.

Donorspezifische Antikörper ▼ HLA- und Nicht-HLA-Antikörper werden verantwortlich gemacht für eine Schädigung der transplantierten Niere bis hin

zum Organverlust. Das regelmäßige Screening auf (Nicht-) HLA-Antikörper (donorspezifische Antikörper) bei Patienten vor und insbesondere nach Nierentransplantation gehört in etlichen Zentren mittlerweile zur Routine. Bereits seit einigen Jahren wächst die Erkenntnis, dass solche HLAAntikörper den Transplantationserfolg nachhaltig negativ beeinflussen [8, 9]. Hierbei spielt die Aktivierung des Komplementsystems eine wichtige Rolle. Loupy et al. [11] haben die Frage einer verbesserten Risikostratifizierung durch Messung von Antikörpern gegen C1q bei 1016 Patienten untersucht (Transplantation zwischen 2005 und 2011 in Paris). Die Untersuchung auf donorspezifische Antikörper erfolgte vor Transplantation sowie nach 12 Monaten (zeitgleich mit einer Protokollbiopsie in 845 Patienten) und im Falle einer akuten Rejektion. Als Endpunkt wurde das Organüberleben gewählt bei einer mittleren Beobachtungszeit von 4,8 Jahren. Insgesamt fanden sich im Verlauf bei 700 Patienten (68,9 %) keinerlei zirkulierende donorspezifische Antikörper. Von den restlichen 316 Patienten hatten 239 (23,5 %) donorspezifische Antikörper ohne und 77 (7,6 %) mit einer C1q-Spezifität. Vor Transplantation konnten die Autoren 45 Patienten identifizieren, die bereits einen C1qbindenden HLA-Antikörper aufwiesen. Bei den weiteren 196 Patienten, die donorspezifische Antikörper ohne Spezifität gegen C1q aufwiesen, entwickelten sich C1q-bindende HLA-Antikörper in 58 Fällen. Der Nachweis donorspezifischer Antikörpern vor Transplantation ging mit einem etwa 3-fach höheren Risiko für einen Organverlust einher als bei Patienten ohne solche Antikörper; der Nachweis von C1q erbrachte kein zusätzliches Risiko. Eine Antikörper-vermittelte Rejektion trat signifikant häufiger bei Patienten mit C1q-donorspezifischen Antikörper auf (C1q-positiv 48 %, HLA-Antikörper positiv 16 %, p 

[Dialysis and renal transplantation: update 2014].

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