Schwerpunkt Herz 2014 · 39:320–324 DOI 10.1007/s00059-014-4085-2 Online publiziert: 5. April 2014 © Urban & Vogel 2014

T. Meinertz1 · K. Sydow2 1 Deutsche Herzstiftung, Frankfurt am Main 2 Universitäres Herzzentrum Hamburg, Hamburg

Diabetes mellitus –   Risikofaktor für Vorhofflimmern Potenzielle therapeutische Implikationen

Verständnis der Risikoindikatoreqn bzw. Risikofaktoren Bei der Mehrzahl der Patienten mit Vorhofflimmern bestehen multiple Risikofaktoren (synonym mit Risikoindikatoren). Meist gelingt es nicht, den entscheidenden Risikofaktor zu identifizieren bzw. die Risikofaktoren nach deren Bedeutung beim einzelnen Patienten zu reihen. Ein besonderes Problem stellt die Tatsache dar, dass Risikofaktoren für Vorhofflimmern voneinander abhängig sind bzw. sich gegenseitig bedingen. Das folgende Beispiel mag dies veranschaulichen: Ein junger Mann hat zugleich eine Hypertonie, ein metabolisches Syndrom, deutliches Übergewicht und seit einigen Monaten auch einen Diabetes mellitus Typ 2. Außerdem trinkt er Alkohol und ist körperlich inaktiv. Wie lässt sich bei einem solchen Patienten festlegen, welcher der genannten Risikofaktoren am ursächlichsten mit Vorhofhofflimmern assoziiert ist bzw. dieses bedingt?

Gibt es eindeutige Zusammenhänge zwischen Vorhofflimmern und Risikofaktoren? In der Beziehung zwischen Risikofaktoren und Vorhofflimmern sind 4 der Faktoren quasi gesetzt, d. h. sie bestehen unabhängig von allen anderen:

320 | 

Herz 3 · 2014

F Mit Abstand wichtigster und durchschlagendster Faktor für das Neuauftreten von Vorhofflimmern ist zweifellos das Lebensalter. Die Häufigkeit von Vorhofflimmern nimmt mit steigendem Lebensalter zu; nach der 6. Lebensdekade verdoppelt sich dieses Risiko etwa alle 10 Jahre von 0,5% im Alter zwischen 50 und 59 Jahren auf nahezu 9% im Alter zwischen 80 und 89 Jahren [1]. F Eindeutig, aber weniger eindrucksvoll ist die Tatsache, dass in jedem Lebensalter Männer häufiger betroffen sind als Frauen; dem Geschlecht kommt daher ebenfalls eine prädiktive Kraft zu [2, 3]. F Auch das Körpergewicht, z. B. der Body-Mass-Index, scheint unabhängig von dessen Ursache ein bestimmender Faktor für das Auftreten von Vorhofflimmern zu sein. So haben Studien der letzten Jahre gezeigt, dass das Risiko, Vorhofflimmern zu entwickeln, mit steigendem Körpergewicht zunimmt [4, 5]. F Über viele Jahre und Jahrzehnte hat man einen weiteren Risikofaktor übersehen bzw. ignoriert, nämlich die genetische Disposition.

Genetische Disposition Bei bis zu 30% der Patienten mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern findet sich keine Ursache bzw. kein eindeutiger Risiko-

faktor [6]. Man bezeichnet diesen Typ von Vorhofflimmern als sog. „lone atrial fibrillation“. Naturgemäß ist diese Konstellation insbesondere bei jüngeren Patienten (z. B. 5–10 Jahre

0

> 10 Jahre

kein Diabetes in der Vorgeschichte

Abb. 1 8 Risiko von neu aufgetretenem Vorhofflimmern nach Zeitdauer eines behandelten Diabetes [Raute adjustierte Odds-Ratio (OR), vertikale Linie 95%-Konfidenzintervall; OR-Werte sind adjustiert für Alter, Geschlecht, Kalenderjahr, behandelte Hypertonie und Body-Mass-Index; Patienten ohne Diabetes bilden die Referenzgruppe]. (Nach [12], © U.S. Government 2010) 20

alle Todesfälle

16

Kumulative Inzidenz (%)

Kumulative Inzidenz (%)

20

p 8–9

>9

Abb. 2 8 Risiko von neu aufgetretenem Vorhofflimmern nach der mittleren Höhe der HbA1c-Konzentration [Raute adjustierte Odds-Ratio (OR), vertikale Linie 95%-Konfidenzintervall; OR-Werte sind adjustiert für Alter, Geschlecht, Kalenderjahr, behandelte Hypertonie und Body-Mass-Index; Patienten ohne Diabetes bilden die Referenzgruppe]. (Nach [12], © U.S. Government 2010)

kardiovaskulärer Tod

16

p

[Diabetes mellitus--risk factor for atrial fibrillation. Potential therapeutic implications].

The relationship between atrial fibrillation and diabetes mellitus type 2 is controversial, and various studies have demonstrated conflicting results...
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