Leitthema Hautarzt 2014 · 65:424–429 DOI 10.1007/s00105-013-2697-8 Online publiziert: 13. April 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

N. Magnolo1 · T. Schwarz2 · S. Ständer1 1 Klinik für Hautkrankheiten, Universitätsklinikum Münster 2 Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie,

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

Dermatosen-imitierende   kutane Arzneimittel­-  reaktionen Kutane Arzneimittelreaktionen (AMR) betreffen ca. 10–15% aller behandelten Patienten [4]. AMR, die klinisch eine Dermatose imitieren, sind häufig und werden zunehmend in Fallberichten beschrieben. In einem dermatologischen Patientenkollektiv zeigten 5,3% der Betroffenen eine lichenoide AMR und 2,1% eine psoriasiforme AMR [26]. Genauere Daten zur Prävalenz der Dermatosen-imitierenden AMR existieren nicht. Klinisch können verschiedene Verlaufsformen unterschieden werden. Zum einen kann die Einnahme eines Medikaments eine präexistente Dermatose verschlechtern („Triggern, Köbnern“) oder eine authentische Dermatose neu induzieren. Zum anderen können Arzneimittelreaktionen entstehen, die eine Dermatosen-ähnliche Klinik aufweisen und von echten Dermatosen klinisch nicht unterscheidbar sind. Die Pathomechanismen, die zu einer Entwicklung einer Dermatosenähnlichen AMR führen sind häufig unbekannt [24]. Die Abgrenzung einer Dermatosen-ähnlichen AMR von den echten Dermatosen ist schwierig und stellt für den Kliniker eine große Herausforderung dar.

Arzneimittelreaktionen mit Dermatosen-ähnlicher Klinik Arzneimittelinduzierte psoriasiforme, pityriasiforme oder lichenoide Exantheme sind häufig. Die Abgrenzung zur ech-

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ten Dermatose ist schwierig, da beispielsweise psoriasiforme Exantheme neben den typischen erythrosquamösen Plaques auch Nagel- und Kopfhautbeteiligung zeigen können. Bezüglich bestimmter klinischer und histologischer Kriterien unterscheiden sich die Dermatosen-ähnlichen AMR von den Dermatosen. Eine histologische Untersuchung ist in solchen Fällen unerlässlich. Aufgrund der teilweise gemeinsamen auslösenden Medikamente (. Tab. 1) liegt der Verdacht jedoch nah, dass die Abgrenzung in Einzelfällen unmöglich und eher willkürlich ist. Bei anderen Dermatosen ist die Abgrenzung zu einer AMR besser definiert. Zum Beispiel ist die Pseudoporphyrie durch Fehlen sowohl der pathologischen Porphyrinwerte als auch der Wangenhypertrichose, Hyperpigmentierung und sklerodermiformen Veränderungen definiert und kann so von der Porphyria cutanea tarda abgegrenzt werden, auch wenn gleiche Medikamente beide Entitäten auslösen können (. Tab. 2).

Pityriasiforme Exantheme Die Pityriasis rosea ist eine vermutlich durch HHV-6, HHV-7 oder HHV-8 induzierte kutane Entzündung, die mit einem Primärmedaillon beginnt und disseminiert das gesamte Integument, jedoch vorwiegend den Rumpf mit kleinen schuppenden, selbstlimitierten Plaques befällt. Arzneimittel können pityriasiforme Exantheme auslösen und laut einer aktuellen Analyse bis zu 2% der AMR in einem

untersuchten Kollektiv ausmachen [1]. Durch folgende Kriterien soll ein pityriasiformes Exanthem von der „echten“ Pityriasis rosea abzugrenzen sein: F Abwesenheit des Primärmedaillons, F gelegentlich ausgedehnter Befall mit Ausbreitung auf die Extremitäten, F hell-lividrote Erytheme, F starker Pruritus, Nichtansprechen auf Antihistaminika, F Eosinophilie im peripheren Blut. Des Weiteren können die pityriasiformen Exantheme im Verlauf ein Lichen-planusartiges Aussehen annehmen und unter Hypopigmentierung abheilen. Hilfreich zur differenzialdiagnostischen Beurteilung sind die Histologie und der Verlauf der Symptomatik. Arzneimittelvermittelte pityriasiforme Exantheme können histologisch eine eosinophilenreiche Pityriasis rosea oder Kriterien der Psoriasis aufweisen und bei Absetzen des Medikaments abheilen bzw. nach Reexposition rezidivieren. Dies verdeutlicht auch eine aktuelle Kasuistik [16], die eine 74-jährige Patientin mit einer chronisch myeloischen Leukämie (CML) beschreibt. Sie erhielt den Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib 400 mg/Tag (zugelassen u. a. für die Therapie von Leukämien, hypereosinophiles Syndrom, Dermatofibrosarcoma protuberans). Zwei Monate nach Beginn der Therapie entwickelte sie am Rumpf und an

Der Beitrag wurde bei dem Derma Update 2012 präsentiert.

Tab. 1  Medikamente, die sowohl eine Dermatose als auch eine Arzneimittelreaktion

auslösen können. (Nach [20]) Medikament Efalizumab Interferon-α-2b TNF-α-Inhibitoren Imatinib Infliximab

Dermatose Psoriasis vulgaris

Arzneimittelreaktionen Psoriasiforme Exantheme

Pityriasis rosea Lichen planus

Pityriasiforme Exantheme Lichenoide Exantheme

Tab. 2  Medikamente, die eine Porphyrie

oder eine Pseudoporphyrie auslösen   können. (Nach [24]) Klinische Variante Porphyrie

Pseudo-  porphyrie

Medikament (Beispiele) Imatinib Olmesartan Tamoxifen Voriconazol Amiodaron Antibiotika (z. B. Tetracyclin, Ampicillin) Cyclosporin Diuretika (z. B. Furosemid, Torasemid, Hydrochlorothiazid) Imatinib Kontrazeptiva Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR; z. B. Naproxen) Vitamin-A-Derivate Voriconazol

Tab. 3  Auslösende Medikamente der pi-

tyriasiformen Exantheme. (Nach [1, 4, 21]) Klinische Variante Pityriasiforme Exantheme

Medikament (Beispiele) Acetylsalicylsäure Allopurinol Captopril Clozapine Enalapril Ergotamin Hydrochlorothiazid Imatinib Impfungen (z. B. Hepatitis B) Lamotrigin Lisinopril Nichtsteroidale   Antirheumatika (NSAR) Omeprazol

den Extremitäten nicht juckende, kleine schuppende Plaques. Im Labor fand sich eine Panzytopenie; eine Syphilis wurde ausgeschlossen. Die histologische Untersuchung brachte Klarheit, da ein Pityriasis-rosea-ähnliches Bild gefunden wurde.

Beigemengt im inflammatorischen Infiltrat waren eosinophile Granulozyten, die auf eine AMR hinweisend sein sollen [11]. Nach Absetzen von Imatinib, Gabe von Antihistaminika und topischen Steroiden heilte das Exanthem innerhalb von 2 Wochen ab. Nach Wiedereinleitung von Imatinib entstanden innerhalb von 7 Tagen wieder gleiche Hautveränderungen. Daraufhin wurde die Medikation auf Nilotinib (Tasigna®) umgestellt, was gut vertragen wurde. Nicht in jedem Fall kann Imatinib, wie hier beschrieben, auf ein anders Präparat umgestellt werden. Die Autoren schlagen in solchen Fällen vor, Imatinib in niedrigen (100 mg/Tag) aufsteigenden Konzentrationen unter Kortisonschutz einzuleiten und die Therapie unter engmaschigen klinischen Kontrolluntersuchungen fortzuführen. Die pityriasiformen Exantheme können durch unterschiedliche Arzneimittel ausgelöst werden (. Tab. 3). Pathogenetisch wird eine AMR vom pharmakologischen Typ, d. h., es werden pharmakotoxische Effekte, als Ursache der Reaktion vermutet, eine immunologische Reaktion scheint ausgeschlossen. Interessanterweise wurden in der Literatur andere Fälle berichtet, bei denen Medikamente wie Imatinib zu einer echten Pityriasis rosea geführt haben sollen. Dies scheint fraglich; insbesondere da in diesen Fällen die Diagnose weder durch klinische Bilder noch durch eine histologische Untersuchung belegt wurde, was auch die Möglichkeit einer Pityriasis-rosea-artigen AMR eröffnet. Arzneimittelvermittelte pityriasiforme Exantheme sind meist harmlos, ohne Übergang in eine schwere AMR und können klinisch-histologisch abgegrenzt werden.

Grenzfall der Einteilung: psoriasiforme Arzneimittelreaktion oder arzneimittelinduzierte Psoriasis? Die psoriasiformen Arzneimittelexantheme bezeichnen eine Gruppe von heterogenen AMR, die entweder histologisch oder klinisch Ähnlichkeit zur Psoriasis vulgaris und ihren Varianten haben [4]. Insbesondere die TNF-Antagonisten sind häufig als Auslöser der psoriasiformen Exantheme beschrieben worden [20]. Bei den psoriasiformen Exanthemen ist eine Abgrenzung zur Entwicklung einer Psoriasis vulgaris gelegentlich schwierig [4, 12], weil sich z. B. ein initial makulöses oder papulöses Arzneimittelexanthem bei Patienten mit genetischem Hintergrund für Psoriasis sehr langsam in eine Plaquepsoriasis weiterentwickeln kann. Hierbei handelt es sich dann um eine geköbnerte Psoriasis durch eine vorherige AMR [29]. Die medikamentös verursachte Psoriasis wird daher mittlerweile in 2 Untergruppen eingeteilt [12]: F arzneimittelinduzierte Psoriasis: Neuentstehung einer nicht präexistenten Psoriasis, durch Absetzen des Medikaments stoppt der Progress; F arzneimittelgetriggerte Psoriasis: Verschlechterung einer präexistenten Psoriasis; Progress trotz Absetzen des Medikaments. In den dazu relevanten Publikationen werden die Begriffe psoriasiformes Exanthem und arzneimittelinduzierte/getriggerte Psoriasis zum Teil synonym verwandt, da sich scheinbar keine eindeutige klinische und histologische Trennung durchführen lässt. Der Verlauf liefert auch keine zuverlässigen Hinweise: Beide Krankheitsbilder (psoriasiformes Exanthem bzw. arzneimittelinduzierte/getriggerte Psoriasis) manifestieren sich zwischen 1 und 3 Monaten nach Beginn der Medikamenteneinnahme [24]. Klinisch können die psoriasiformen Exantheme nicht nur das klassische Bild der Psoriasis vulgaris (inklusive Nagel und Kopfhautbefall), sondern auch die palmoplantare Pustulose oder Erythrodermie imitieren. Schleimhautbefall fehlt immer. In der histologischen Untersuchung kann eine Zusammensetzung und Verteilung des InDer Hautarzt 5 · 2014 

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Zusammenfassung · Abstract filtrats, die nicht typisch für die Psoriasis ist, auf die psoriasiforme AMR hinweisen [11]. So soll das Vorliegen von eosinophilen Granulozyten und nekrotischen Keratinozyten bzw. Vorhandensein eines lichenoid verteilten entzündlichen Infiltrats auf eine AMR anstatt auf eine Psoriasis hinweisen. Alle anderen histologischen Kriterien sind identisch [11]. Die gesamte Literatur beschränkt sich hierbei auf Fallberichte; Studien hierzu existieren nicht (. Tab. 4). Gelegentlich werden eindeutige Fälle publiziert wie ein aktueller japanischer Fall mit klarem zeitlichem Zusammenhang, Abheilung nach Absetzen des Medikaments (Interferon-α-2b) und klinischen Veränderungen, die nicht typisch für eine Psoriasis sind (neben typischen Läsionen großflächige, lividrote Erytheme [15]).

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D Klare diagnostische Kriterien für die

Cutaneous drug reactions imitating dermatoses

Abgrenzung einer psoriasiformen Arzneimittelreaktion von einer Psoriasis wurden nie definiert. Daher sollte der klinische Verlauf bei entsprechender antipsoriatischer Therapie abgewartet werden.

Lichenoide Exantheme Bei den lichenoiden AMR und dem Lichen planus (LP) verhält es sich ebenso wie bei der Psoriasis: Klinisch sind beide Entitäten schwer zu unterscheiden, da auch die lichenoide AMR neben den kutanen Plaques Schleimhautbeteiligung zeigen kann [24]. In der Literatur ist darüber hinaus eine Reaktivierung des LP durch Medikamente beschrieben (. Tab. 5). Allerdings kann die histologische und immunhistochemische Untersuchung hierbei wichtige Hinweise liefern [17]. So findet sich bei dem LP typischerweise keine Parakeratose. In einer aktuellen immunhistochemischen Studie wurde herausgefunden, dass eine relativ höhere Anzahl nekrotischer Keratinozyten, Plasmazellen und eosinophiler Granulozyten im entzündlichen Infiltrat für eine lichenoide AMR sprechen. Nur bei der lichenoiden AMR fand sich eine Korrelation zwischen der Anzahl der Zellen, die eine Apoptose der Epidermis einleiten können (CD8-positive T-Zellen, Granzym-B-positive Zel-

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Dermatosen-imitierende kutane Arzneimittelreaktionen Zusammenfassung Hintergrund.  Kutane unerwünschte Arzneimittelreaktionen (AMR) sind häufig und klinisch heterogen. Methoden und Ergebnisse.  AMR, die Dermatosen ähneln, werden zunehmend in Fallberichten beschrieben; genaue Daten zur Prävalenz liegen jedoch nicht vor. Häufig sind psoriasiforme, lichenoide und pityriasiforme Exantheme. Die Abgrenzung dieser Varianten von einer authentischen Dermatose ist schwierig und nur anhand einiger weniger klinischer und histologischer Kriterien möglich. Bei anderen Dermatosen wie dem Lupus erythematodes oder bullösen Dermatosen (Pemphigus vulgaris, bullöses Pemphigoid) sind arzneimittelinduzierte Varianten

Abstract Background.  Cutaneous adverse drug reactions are frequent and present with hetero-  genous clinical manifestations. Methods and results.  Increasingly, case reports describe drug reactions which mimic dermatoses, although exact data on prevalence are missing. Psoriasiform, lichenoid and pityriasiform exanthems are most frequent. The differentiation of these variants from the respective authentic dermatoses is difficult and only a few clinical and histological criteria are helpful. Other dermatoses like lupus erythematosus or bullous autoimmune dermatoses (pemphigus vulgaris, bullous pemphigoid) can be induced by drugs as well.

als Subentität der jeweiligen Krankheitsbilder bekannt. Schlussfolgerung.  Die genaue Erhebung der Anamnese und Bewertung des Verlaufs ist bei allen Dermatosen-ähnlichen AMR wesentlich und stellt den Kliniker vor eine echte Herausforderung. Eine sichere Differenzierung zwischen Dermatose und AMR ist jedoch nicht immer möglich. Schlüsselwörter Dermatose · Unerwünschte Arzneimittelreaktionen · Exantheme · Lupus erythematodes · Bullöse Autoimmundermatosen

These drug-triggered variations are classified as distinct subclasses of the respective dermatosis. Conclusions.  Exact history and evaluation of the clinical course are essential for the   diagnosis of drug reactions mimicking dermatoses and present an important challenge for the clinician. A clear-cut differentiation between the genuine dermatosis and its drug-driven simulator is not always possible. Keywords Dermatosis · Drug reaction · Exanthem · Lupus erythematosus · Bullous autoimmune dermatoses

len) und der Anzahl der apoptotischen Keratinozyten [17].

Arzneimittelinduzierte Varianten der Dermatose

Lichenoide Arzneimittelreaktionen lassen sich anhand histologischer Kriterien gut gegen einen echten Lichen planus abgrenzen

Bei anderen Dermatosen sind arzneimittelinduzierte Varianten der Dermatose beschrieben, die rein formell zu der Dermatose gezählt werden. Dazu zählen der arzneimittelinduzierte Lupus erythematodes („drug-induced LE“), der arzneimittelinduzierte Pemphigus vulgaris („druginduced pemphigus“, DIP) und das arzneimittelinduzierte bullöse Pemphigoid („drug-induced bullous pemphigoid“, DIBP).

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Klinisch sind interessante Varianten der lichenoiden AMR (in der amerikanischen Literatur als „Lichen planus-like drug reaction“ bezeichnet) beschrieben: F Verlauf in Blaschko-Linien, F Entwicklung von palmoplantaren Hyperkeratosen, F unilaterale, zosteriforme Varianten.

Tab. 4  Auslösende Medikamente der

Tab. 6  Auslösende Medikamente des subakut-kutanen Lupus erythematodes (SCLE) und

psoriasiformen Exantheme bzw. der   Psoriasis vulgaris. (Nach [4, 12, 20, 24]

des systemischen Lupus erythematodes (SLE). (Nach [5, 6, 8, 18, 22, 24])

Klinische Variante Psoriasi-  forme   Exantheme

Psoriasis vulgaris

Medikament (Beispiele) Efalizumab Interferon-α-2b Lithium Sitagliptin Sorafenib TNF-α-Inhibitoren (Adalimumab, Infliximab, Etanercept) Häufig Antimalariamittel (z. B. Chloroquin, Hydroxychloroquin) β-Blocker (z. B. Atenolol,   Metoprolol) Lithium Weitere ACE-Hemmer Antibiotika (z. B. Tetrazykline, Doxycyclin, Penicillin,   Amoxicillin, Ampicillin), Antimykotika   (z. B. Terbinafin) Benzodiazepine Efalizumab Interferone NSAID (z. B. Indomethazin) TNF-α-Inhibitoren Selten Kardiovaskuläre Medikamente (Digoxin, Clonidin, Amiodaron), Gold, Tyrosinkinaseinhibitoren, Imiquimod, Fluoxetin, Cimetidin

Tab. 5  Auslösende Medikamente der

lichenoiden Exantheme bzw. des Lichen planus. (Nach [9, 27]) Klinische Variante Lichen   planus

Lichenoide Exantheme

Medikament (Beispiele) Adalimumab Imiquimod Infliximab   (Lichen planopilaris) Interferon (Lichen planus am Injektionsareal) Acetylsalicylsäure Adalimumab β-Blocker Enalapril Etanercept Imatinib Infliximab

Substanzklasse ACE-Hemmer Antiarrhythmika Antibiotika Antiepileptika H2-Antihistaminika Antihypertensiva Antimykotika Antirheumatika β-Blocker Biologika Chemotherapeutika

Diuretika Kalziumkanalblocker Nichtsteroidale   Antirheumatika (NSAR) Protonenpumpenhemmer Statine Varia

Medikament (Beispiele) Captopril, Enalapril, Lisinopril Procainamid (hohes Risiko), Propafenon Isoniazid, Minocyclin, Nitrofurantoin Carbamazepin, Lamotrigen, Phenytoin, Primidon Ranitidin Clonidin, Hydralazin (hohes Risiko), Methyldopa, Minoxidil, Prazosin Griseofulvin, Terbinafin Leflunomid, Lithiumcarbonat, D-Penicillamin, Phenylbutazon, Sulfasalazin Acebutolol Etanercept, Infliximab, Interferon-α Anastrozol, Bortezomib, Cyclophosphamid, Docetaxel, Doxorubicin, Fluorouracil, Paclitaxel, Tamoxifen, Taxane Hydrochlorothiazid Diltiazem, Nifedipin, Nitrendipin, Verapamil Piroxicam, Naproxen

SLE x x x x   x

SCLE x     x x  

  x

x x

x x x

x x x

x   x

x x x

Lansoprazol, Omeprazol, Pantoprazol Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Simvastatin Chlorprothixene (bei Erregungszuständen),   Propylthiouracil (bei Hyperthyreose)

x x

x x



x

Lupus erythematodes Es ist seit Langem bekannt, dass Medikamente einen präexistenten Lupus erythematodes (LE) verschlechtern oder ihn bei entsprechender Prädisposition des Patienten induzieren können (. Tab. 6). Der medikamentös induzierte LE macht ca. 6% des Kollektivs der LE-Patienten aus [3]. Die Latenz bis zur Entstehung des medikamentösen LE kann lang sein, von 1 Monat bis zu 6 Jahre. Bei Verdacht auf einen medikamentösen LE hat sich die Bestimmung der Anti-Histon-Antikörper als richtungsweisend erwiesen. Die Anti-Histon-Antikörper sind jedoch nur bei 33–67% der Patienten positiv [8], d. h., negative Anti-Histon-Antikörper schließen den medikamentösen LE nicht aus. Umgekehrt kann z. B. der Anti-Histon2B-Autoantikörper auch bei nicht medikamentös induzierten Formen auftreten [8]. Die histologische Untersuchung kann einen LE bestätigen, aber nicht zwischen idiopathischem und medikamentös induziertem LE differenzieren. Die Therapie des arzneimittelinduzierten LE erfolgt

analog zum idiopathischen LE; die Prognose ist vermutlich besser. Beispiele für eine medikamentöse Induktion unterschiedlicher Formen des LE wie systemischer (SLE), subakut kutaner (SCLE) oder kutaner LE sind bekannt; die häufigste Form ist der SCLE. Der medikamentös induzierte SCLE hat die gleichen klinischen und serologischen Veränderungen wie der idiopathische SCLE, außer dass regelmäßig die Beine mitbetroffen sind. Bullöse und vaskulitische Läsionen sind ebenfalls typisch für den medikamentösen SCLE. Der medikamentöse SLE manifestiert sich als „milde“ Variante des SLE [24]. Typische Veränderungen des SLE wie Schmetterlingserythem, Schleimhaut- und Skalpbeteiligung sowie Raynaud-Syndrom fehlen. Typisch sind stattdessen purpuriforme Läsionen, Erythema nodosum und Photosensitivität [24]. Eine seltene Sonderform des medikamentös ausgelösten LE stellt das sog. TNF-Inhibitor-induzierte Lupus-likeSyndrom (TAILDS) dar. Bei Patienten mit verschiedenen rheumatischen oder immunologischen Erkrankungen wurDer Hautarzt 5 · 2014 

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Leitthema Tab. 7  Medikamente, die bullöse Auto-

Tab. 7  Medikamente, die bullöse Auto-

immundermatosen induzieren können. (Nach [23, 24, 25])

immundermatosen induzieren können. (Nach [23, 24, 25]) (Fortsetzung)

Diagnose Pemphigus vulgaris

Diagnose

Medikament

Bullöses Pemphigoid

Amoxicillin Ampicillin β-Blocker Captopril Cephalexin Chloroquin Cirofloxacin Enalapril Etanercept Furosemid Ibuprofen Interferon-β, Interleukin-2 Levodopa Levofloxacin Nifedipin Penicillamin Penicillin Phenacetin Phenobarbital PUVA-Therapie Radiotherapie, PUVA,   UVB-Phototherapie Photodynamische Therapie Sitagliptin/Metformin Sulfasalazin Terbinafin Vildagliptin/Metformin

Medikament Aminophenazon Aminopyrin Amoxicillin Amoxicillin/Clavulan Captopril Carbamazepin Carbimazole Cephalosporine Enalapril Ethambutol Hydantoin Imiquimod Immunmodulatoren (Interleukin-2, Interferon-α-2, Interferon-β) Isoniazid Isosorbidtrinitrat Isotretinoin Levodopa Metamizol Penicillamin Penicillin Phenobarbital Phenylbutazon Phenytoin Piroxicam Progesteron Propranolol

de das TAILDS nach der Einnahme von Adalimumab, Cerrolizumab, Pegaol, Etanercept und Infliximab beschrieben und verschwindet nach Absetzen des Medikaments [28]. Ein LE, der eine untypische Lokalisation der Hautveränderungen erkennen lässt (z. B. Beine), sollte an den medikamenteninduzierten LE denken lassen.

Bullöse Autoimmundermatosen Wie beim LE zählt man auch bei den bullösen Autoimmundermatosen, d. h. bei dem Pemphigus vulgaris, dem bullösen Pemphigoid und auch der linearen IgA-Dermatose, die medikamentös induzierten Formen als ätiologische Variante zu der eigentlichen Entität. Durch umfangreiche Erfahrungen konnten Kriterien definiert werden, die die medikamentös ausgelösten Fälle erkennen lassen.

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Dies ist wichtig, da die Medikation umgestellt werden muss, weil das Medikament so lange, wie es eingenommen wird, zu einem Weiterbestehen der Dermatose beiträgt.

Pemphigus vulgaris Auch nach Jahren der guten Verträglichkeit können bestimmte Medikamente schwere Dermatosen wie Pemphigus vulgaris induzieren. Der arzneimittelinduzierte Pemphigus vulgaris (PV) manifestiert sich mit Schuppung und Krusten und ähnelt eher dem Pemphigus foliaceus als dem PV [23, 24]. Prodromi für den arzneimittelinduzierten PV können morbiliforme oder urtikarielle Exantheme sein [24]. Im Gegensatz zu dem authentischen PV beklagen Patienten mit arzneimittelinduziertem PV fast immer Pruritus. Eine Mundschleimhaut-

beteiligung ist selten. Die Hautveränderungen beginnen innerhalb von Wochen bis Monaten nach Medikamenteneinnahme (. Tab. 7). In der direkten und indirekten Immunfluoreszenz und im Desmoglein-ELISA finden sich die gleichen Veränderungen wie beim klassischen PV. Die Mechanismen, durch die Arzneimittel mit bestimmten Charakteristika (z. B. mit Sulfhydryl- oder Phenolgruppen) bestimmte Hautreaktionen auslösen können, sind zum Teil bekannt. So können Medikamente mit Sulfhydrylgruppen (z. B. Captopril, Penicillamin) die physiologische, enzymatische Aggregation von Keratinozyten inhibieren und so zu Akantholyse führen. Durch diese Reaktion entstehen Neoantigene, die dann zur Induktion entsprechender Antikörper führen [7]. Die immunhistochemische Färbung mit einem monoklonalen Antikörper (32-2B) gegen das desmosomale Glykoprotein Desmoglein 1 an Paraffinschnitten soll ein typisches Färbemuster bei dem arzneimittelinduziertem PV zeigen und somit eine zuverlässige Abgrenzung zum PV erlauben [19]. In 56 Fällen eines idiopathischen Pemphigus zeigten 84% ein lückenhaftes Muster (sog. „patchy pattern“), wobei in nur 30% von 37 Fällen beim arzneimittelinduzierten PV dieses Muster gezeigt wurde (p

[Cutaneous drug reactions imitating dermatoses].

Cutaneous adverse drug reactions are frequent and present with heterogenous clinical manifestations...
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