Übersicht

Fortschritte des Künstlichen Akkommodationssystems Current Progress of the Artificial Accommodation System

Autoren

G. Bretthauer 1, U. Gengenbach 1, J. A. Nagel 1, C. Beck 1, J. Fliedner 1, L. Koker 1, M. Krug 1, T. Martin 1, O. Stachs 2, R. F. Guthoff 3

Institute

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Schlüsselwörter " refraktive Chirurgie l " künstliches Akkommol dationssystem " intelligentes Implantat l Key words " refractive surgery l " artificial accommodation l system " intelligent implant l

eingereicht 9. 9. 2014 akzeptiert 6. 10. 2014 Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1383267 Klin Monatsbl Augenheilkd 2014; 231: 1174–1182 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0023-2165 Korrespondenzadresse Prof. Georg Bretthauer Institut für Angewandte Informatik Karlsruher Institut für Technologie Hermann-von-HelmholtzPlatz 1 76344 Eggenstein-Leopoldshafen Tel.: + 49/(0)72 47/82 57 00 Fax: + 49/(0)72 47/82 57 02 [email protected]

Institut für Angewandte Informatik, Karlsruher Institut für Technologie, Eggenstein-Leopoldshafen Augenklinik, Universitätsmedizin, Universität Rostock Institut für Biomedizinische Technik, Universität Rostock

Zusammenfassung

Abstract

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Das Künstliche Akkommodationssystem stellt eine Möglichkeit dar, zukünftig die Akkommodation bei Presbyopie oder nach Kataraktoperationen dauerhaft wiederherzustellen. Die vorliegende Arbeit beschreibt die aktuellen Fortschritte bei der Entwicklung des Künstlichen Akkommodationssystems. Es konnten maßgebliche Fortschritte auf den Gebieten der Aktorik für die aktiven Optiken, der Pupillennahreflexsensorik, des Kommunikationssystems, des Energieversorgungssystems sowie der Systemintegration erzielt werden. Neben diesen technischen Fortschritten wurden erste Implantationsversuche im Tiermodell durchgeführt. Die Versuche haben gezeigt, dass die neue linsenähnliche Form und die C-Haptiken erhebliche Vorteile bei der Implantation und der sicheren Fixierung des Implantats im Kapselsack bringen.

In case of presbyopia or cataract the “artificial accommodation system” represents one future possibility to durably restore the ability to accommodate. The work presented describes recent progress in the development of the artificial accommodation system. Major advances were achieved in the fields of the actuator system for the active optics, the pupil near reflex sensor, the communication system, the power supply system as well as in system integration. Beside the technical advances, first trials were performed to implant the artificial accommodation system into animals. These trials showed that the new lens shaped design and the C-shaped haptics are beneficial for implantation and secure fixation of the implant inside the capsular bag.

Einleitung

loren. Begrenzt Abhilfe schaffen Hilfen wie Gleitsichtbrillen oder multifokale Kontaktlinsen. Eine vollständige Wiederherstellung der Akkommodationsfähigkeit kann jedoch auf diese Weise nicht erreicht werden. Aufgrund der großen Bedeutung der Akkommodationsfähigkeit für den Menschen wurden neben verschiedenen hornhautbasierten Verfahren in den vergangenen Jahren eine Reihe von implantierbaren Linsensystemen bzw. Verfahren zur Presbyopiekorrektur entwickelt, die sich grob in 4 Gruppen einteilen lassen [1]: 1. Intraokularlinsen (akkommodierend, multifokal) [2], 2. Femtosekundenlasertherapie [3], 3. Lens Refilling [4], 4. mechatronische Systeme [5]. Zu den mechatronischen Systemen zählt das Künstliche Akkommodationssystem, das seit 2004 im Rahmen der Programmorientierten Forschung der Helmholtz-Gemeinschaft am Institut

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Die großen Fortschritte auf den naturwissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Fachgebieten ermöglichen die Entwicklung neuer Systeme. Das gilt sowohl für die Neu- und Weiterentwicklung technischer Produkte und Systeme als auch für medizinische Anwendungen. Die Lebenserwartung der Menschen in den industrialisierten Ländern nimmt u. a. dank der rasanten Fortschritte auf dem Gebiet der Medizin ständig zu. Sie stellt eine große Herausforderung dar, weil mit ihr fast regelhaft das Nachlassen der Leistungsfähigkeit der menschlichen Sinnesorgane verbunden ist. Dabei ist vor allem auch das Sehen betroffen. An einer Katarakt leiden in Deutschland etwa 90 % aller Menschen im Alter zwischen 65 und 75 Jahren. In Fällen der Presbyopie und des Linsentauschs im Rahmen der Kataraktchirurgie, geht die Akkommodationsfähigkeit ver-

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Abb. 1 Veranschaulichung des Künstlichen Akkommodationssystems an seinem späteren Implantationsort.

für Angewandte Informatik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) in enger Zusammenarbeit mit der Augenklinik der Universität Rostock und mit Unterstützung des BMBF (Verbundprojekte KueAkk und Optimi II) entwickelt wird. Im Artikel von Bretthauer et al. [6] wurden bereits die bis 2010 erhaltenen Ergebnisse dargestellt. In dieser Arbeit werden nun die in den letzten 4 Jahren erzielten Fortschritte näher beschrieben.

Aktorsystemlösungen zur dynamischen Anpassung der Brechkraft des Linsensystems, " die Nutzung des Pupillennahreflexes für die Ermittlung des Akkommodationsbedarfs, " das Kommunikationssystem, " die Energiemanagementeinheit und " die Beiträge zur Systemintegration. Das optische System bestehend aus einer Tripeloptik bzw. einer Alvarez-Optik sowie die Vergenzwinkelsensorik erfüllen bereits die medizinisch-technischen Anforderungen und entsprechen dem in [6] beschriebenen Stand. Das Steuerungssystem wird entsprechend den Anforderungen der vorgestellten neuen Komponenten kontinuierlich angepasst.

Ergebnisse !

Aktorsystem Künstliches Akkommodationssystem !

Das Konzept des Künstlichen Akkommodationssystems basiert darauf, alle für die Wiederherstellung der Akkommodation benötigten Teilsysteme in Form eines intelligenten Implantats in den Kapselsack zu integrieren. Ein Modell des Implantats ist in " Abb. 1 schematisch dargestellt. l Die wichtigsten medizinischen und technischen Anforderungen an das Künstliche Akkommodationssystem sind in [6] zusammengestellt. Sie stellen große technologische Herausforderungen an die Entwicklung eines hochintegrierten Implantats dar. Als Vorbild für das Künstliche Akkommodationssystem dient das menschliche Akkommodationssystem. Ausgehend von diesem " Abb. 2 das neue technische Gesamtsystem schematisch ist in l dargestellt. Es besteht aus den folgenden Komponenten: " aktive Optik zur dynamischen Anpassung der Brechkraft (Optik, Aktorsystem) " Sensorsystem (Bestimmung des Akkommodationsbedarfs) " Steuerungs-/Regelungssystem " Kommunikationssystem " Energiemanagementsystem " Systemintegrationskomponenten. Im Folgenden werden die gegenüber [6] erhaltenen Fortschritte bei der Umsetzung der einzelnen Teilsysteme des Künstlichen Akkommodationssystems detailliert erörtert. Dabei handelt es sich um:

Bereits in der Anfangsphase des Forschungsprojekts wurden existierende optische Wirkprinzipien zur dynamischen Veränderung der Brechkraft umfassend auf ihre Eignung für ein implantierbares Akkommodationssystem untersucht [7]. Dazu zählen Optiken mit starren Linsenkörpern, die entweder parallel oder lateral zur optischen Achse verschoben werden, elastische Linsen, Electrowetting-Linsen, Fluidlinsen und Flüssigkristalllinsen [8]. Als besonders geeignet wurden ein 3-Linsen-System – Tripeloptik genannt – mit Verschiebung einer mittleren Sammellinse entlang der optischen Achse und eine sogenannte Alvarez-Optik mit synchroner Lateralverschiebung zweier Linsenkörper mit konjugierten kubischen Oberflächenprofilen bewertet. Beide Optiken benötigen einen mechanischen Antrieb, der hier als Aktorsystem bezeichnet wird. Sowohl für eine Tripeloptik als auch für eine Alvarez-Optik wurden daher Aktorsystemlösungen entwickelt. Ihnen liegt ein gemeinsames Konzept zugrunde, welches einen quasistatisch betriebenen piezoelektrischen Wandler, ein planares Übersetzungsgetriebe und einen optischen Positionssensor beinhaltet. Quasistatisch betriebene piezoelektrische Wandler bieten als Aktorprinzip den Vorteil einer sehr hohen Dynamik, eines geringen Energieverbrauchs – insbesondere auch in statischen Zuständen – und einer auf industriellem Niveau erprobten, sehr hohen Langzeitbeständigkeit. Aufgrund ihrer geringen Auslenkungen ist jedoch ein zusätzlicher Übersetzungsmechanismus erforderlich, dessen Entwicklung unter den gegebenen Randbedingungen, insbesondere dem geringen Bauraum von nur 70 mm3 und der hohen geforderten Lebensdauer von

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Abb. 2 Computergrafik zur Visualisierung der Teilsysteme des Künstlichen Akkommodationssystems.

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Abb. 3 Labormuster (Maßstab 1,5 : 1) eines Aktors zur Verschiebung einer Linse entlang der optischen Achse als Teil einer Tripeloptik.

mindestens 30 Jahren, eine besondere Herausforderung darstellte. Mit einem monolithischen, planaren Übersetzungsgetriebe aus einkristallinem Silizium auf Basis einer elastischen Struktur konnte eine geeignete Lösung gefunden werden. Auch eine präzise Führung der direkt am Getriebe befestigten Linsen wird durch die elastische Struktur sichergestellt. Zur Kompensation der Hysterese des Piezowandlers ebenso wie des blickrichtungsabhängigen Schwerkrafteinflusses auf die Linsenposition wurde ein optischer Positionssensor in den Antrieb integriert [9]. " Abb. 3 und 4 zeigen je einen im Maßstab 1,5 : 1 bzw. 1,2 : 1 real lisierten Antrieb für eine Tripeloptik bzw. für eine Alvarez-Optik. Die Skalierung ermöglichte eine Reduktion des Fertigungsaufwands für die Labormuster. Durch die Verwendung von Standardbauteilen als Piezowandler mussten die Bauraumvorgaben zwar an je einer Stelle verletzt werden, ohne jedoch die Übertragbarkeit der Antriebe auf die Implantgröße zu beeinträchtigen. Beide Antriebe kommen ohne Reibkontakte aus – eine wichtige Voraussetzung für eine hohe Betriebslebensdauer. Die elastischen Getriebe wurden durch reaktives Ionentiefenätzen hergestellt, einem maskenbasierten, serientauglichen Fertigungsprozess. Beide Labormuster wurden erfolgreich in Betrieb genommen und erzielten die notwendige Linsenverschiebung von 360 µm bei der Tripeloptik bzw. von 335 µm relativer Verschiebung der Linsenkörper bei der Alvarez-Optik [9], was im Betrieb einem Brechkrafthub von 4,6 dpt entspricht (inklusive postoperativer Möglichkeit zum Refraktionsausgleich).

Nutzung des Pupillennahreflexes Eine entscheidende Komponente für die Funktion des Implantats ist ein Sensorsystem, welches den Akkommodationsbedarf, also die Entfernung zum betrachteten Objekt, ermittelt. Der Bauraum des Implantats ist zu klein, um herkömmliche Autofokussysteme, wie sie beispielsweise in Digitalkameras oder Smartphones zum Einsatz kommen, einzusetzen. Deshalb wurden im Rahmen des Forschungsprojekts alternative Sensorprinzipien bezüglich ihrer Eignung anhand medizinischer und technischer Bewertungskriterien beurteilt [10]. Danach wurden 2 Verfahren favorisiert, und zwar:

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Abb. 4 Labormuster (Maßstab1,2 : 1) eines Aktors zum synchronisierten Antrieb einer Alvarez-Optik; der optische Positionssensor ist jeweils nicht montiert.

1. Messung der Augapfelrotation und 2. Messung der Pupillenkontraktion. Im Folgenden werden lediglich die neuen Ergebnisse für die Nutzung des Pupillennahreflexes vorgestellt. Ein Konzept ist dabei, den Pupillennahreflex als Indikator für die Betrachtungsentfernung zu verwenden. Der Pupillennahreflex bezeichnet eine nahsichtbegleitende Pupillenkonstriktion, die als Kobewegung zusammen mit der Konvergenzreaktion der Augen und dem Akkommodieren stattfindet [11].

Pupillenweitensensor " Abb. 5 ist ein Sensorsystem dargestellt, das dazu geeignet ist, In l die Pupillenweite aus dem Implantat heraus zu messen. Es handelt sich um ein Kreuz aus Photodiodenzeilen, welches im Implantat direkt hinter der vorderen Gehäusewand angeordnet ist. Nach der Implantation liegt der Sensor im Kapselsack direkt hinter der Pupille. Die Photodiodenzeilen wurden in Kooperation mit dem Forschungsinstitut für Mikrosensorik und Photovoltaik CiS in Erfurt entwickelt. Der Irisschatten wird durch das Umgebungslicht diffus auf dem Sensorkreuz abgebildet. Durch den Grad der Abschattung der Sensoren können die Pupillenweite und die Umgebungsleuchtdichte selbst bei diffuser Abbildung der Pupille hinreichend gut bestimmt werden.

Nutzung des Pupillennahreflexes zur Steuerung einer aktiven Optik Das Konzept sah vor, dass über die Kenntnis des Zusammenhangs von Objektentfernung und Pupillenweite auf den Akkommodationsbedarf rückgeschlossen werden kann. Im Folgenden werden einige Beispiele aus Untersuchungen beschrieben, bei denen sich zeigte, dass dieser Zusammenhang nicht zuverlässig und wiederholbar besteht.

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Eine gängige Annahme ist, dass der Pupillennahreflex auch dem Verbessern der Abbildungsqualität dient [11]. Um diese Funktion angemessen zu erfüllen, ist die Pupillenreaktion für gewöhnlich zu gering, wie eigene optische Modellrechnungen zeigen. Häufig reagiert die Pupille überhaupt nicht [12–14] oder erst ab einer großen Defokussierung [15]. Darüber hinaus reagiert die Pupille nicht selten in die falsche Richtung und damit sogar kontraproduktiv für die Abbildungsqualität. Außerdem wird die Pupillomotorik über das vegetative Nervensystem durch körperliche Einflüsse wie Müdigkeit, Stress und Erregung beeinflusst [11]. Die Pupille ist permanent in Bewegung und der mittlere Pupillendurchmesser driftet. Diese Störgrößen mussten für den Entwurf einer Steuerung, welche die Kontrolle einer künstlichen Linse durch die Pupille erlaubt, berücksichtigt werden. Dazu wurde gemeinsam vom KIT und der Universitätsaugenklinik Tübingen ein Versuchsaufbau entwickelt, in dem die Pupillenweite von Probanden mittels Bildverarbeitung gemessen und zur Ansteuerung einer verstellbaren Linse verwendet wird. Die Herausforderung für die Steuerung liegt darin, dass der Einfluss der permanenten Pupillenfluktuationen auf die Brechkraft in einem Bereich liegen muss, wie die natürlichen Akkommodationsfluktuationen, um nicht störend für den Betrachter zu wirken. Gezielte Änderungen der Pupillenweite müssen jedoch im Signal erkannt werden und die Brechkraft sehr viel stärker verändern, um den gesamten Brechkraftbereich abdecken zu können.

Ergebnisse von Probandenuntersuchungen In den Probandenuntersuchungen zeigte sich, dass das Gehirn die Pupille sehr viel zielgerichteter steuert, wenn die Brechkraft einer künstlichen Linse vor dem Auge abhängig von der Pupillenweite verändert wird. Mit der entwickelten Steuerung waren 13 von 14 Probanden nachweislich in der Lage, die künstliche Linse mit der Pupille zu kontrollieren [14]. Obwohl die Steuerung für die Probanden unbekannt war, sich deren Empfindlichkeit während der Versuche veränderte und wenig mit dem Einfluss gemein hatte, den die Pupille natürlicherweise auf die Abbildungsqualität hat, besaß ein Großteil der Probanden die Fähigkeit, instinktiv eine Bildverbesserung herbeizuführen. Die Untersuchungsergebnisse zeigen außerdem, dass die Pupillenfluktuationen bei diesem Prozess eine wichtige Rolle spielen. Das ist leicht erklärlich, da nur durch Veränderung der Optik erkannt werden kann, in welche Richtung sich der Muskel bewegen muss, um das Bild schärfer zu stellen. Das ist vergleichbar mit dem Scharfstellen der Optik eines Mikroskops, einer Kamera oder eines Projektors von Hand. Darin liegt aber ein entscheidendes Problem für die Steuerung. Um die Linse für jeden Patienten indi-

Abb. 6 Visualisierung der für den Betrieb des Künstlichen Akkommodationssystems benötigten Kommunikationsstrecken.

viduell anpassen zu können, besteht noch weiterer Forschungsbedarf. Die Untersuchungen zeigen allerdings schon jetzt, dass die Pupillennahreaktion vielversprechende Anlagen besitzt, um als Signalquelle für die Ermittlung des Akkommodationsbedarfs zu dienen.

Kommunikationssystem Die Informationsübertragung im Künstlichen Akkommodationssystem kann in die 2 Teilbereiche externe Kommunikation und interokulare Kommunikation untergliedert werden, dargestellt " Abb. 6. Durch erstere wird eine drahtlose Telemetrieschnittin l stelle für eine Datenübertragung zwischen einem externen Basisgerät und dem Implantat bereitgestellt. Sie ermöglicht eine postoperative Refraktionsanpassung durch den Ophthalmologen sowie eine potenzielle Optimierung von Betriebsparametern während der gesamten Lebensdauer des Implantats. Die interokulare Kommunikation hingegen stellt eine drahtlose Verbindung zum Austausch von betriebsrelevanten Sensorinformationen zwischen 2 Implantaten – ähnlich der drahtlosen Kommunikation von drahtlos gekoppelten Hörgeräten – bereit. Insbesondere im Falle einer Akkommodationsbedarfsbestimmung auf Basis des Vergenzwinkels muss ein quasikontinuierlicher, äußerst energieeffizienter Austausch von Sensorinformationen zwischen beiden Augen bereitgestellt werden. Die drahtlose Informationsübertragung erfolgt durch eine induktive Nahfeldkommunikation im sogenannten MICS-Band (engl. Medical Implant Communication Service) bei 400 MHz, d. h. die Daten werden auf primär magnetischer Basis zwischen den Kommunikationsteilnehmern übertragen. Der Frequenzbereich um 400 MHz ermöglicht einen Kompromiss zwischen günstigen Signalausbreitungseigenschaften im Körpergewebe, einem guten Miniaturisierungspotenzial und hohen Datenraten. Zudem handelt es sich beim MICS-Band um ein international harmonisiertes Frequenzband für medizinische Implantate mit einem äußerst geringen Störpotenzial durch andere Nutzer des Frequenzspektrums.

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Abb. 5 Bild eines Sensorikfunktionsmusters mit Photosensor und elektronischer Auswertung.

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Abb. 7 Charakterisierung der interokularen Übertragungsstrecke in einem Kopfphantom.

Funktionsmuster von miniaturisierten Nahfeldantennen wurden entwickelt, optimiert und charakterisiert. Zur Evaluierung der interokularen Übertragungsstrecke wurde ein mehrteiliges Kopfphantom entwickelt, welches die dielektrischen Materialeigenschaften des menschlichen Körpergewebes gut annähert und somit eine realitätsnahe Versuchsumgebung zur Verfügung stellt " Abb. 7. l Praktische Versuche in der simulierten Körperumgebung haben die Eignung der entwickelten Antennen im besagten Frequenzband für eine zuverlässige und energieeffiziente Informationsübertragung zwischen beiden Augen bestätigt. Auf Basis der messtechnisch gewonnenen Streckendämpfung kann eine erforderliche Sendeleistung von ca. 0,1 mW abgeschätzt werden [16].

Gewebeverträglichkeit Die Gewebeverträglichkeit der drahtlosen Kommunikation wurde mithilfe von elektromagnetischen Feldsimulationen bestätigt. " Abb. 8 zeigt hierzu die absorbierte Leistung im angrenzenden l Körpergewebe. Dank einer Datenrate von 250 kbit/s und sehr geringen Paketgrößen kann die Datenübertragung in äußerst kurzen Zeitschlitzen von weniger als 1 ms Länge erfolgen [17]. Daraus resultiert eine maximale spezifische Absorptionsrate (SAR) von 3,62 mW/kg, gemittelt über 10 g Körpermasse. Die in Europa maximal zulässige SAR beträgt im Vergleich dazu 2 W/kg, woraus ein Sicherheitsfaktor von > 50 000 resultiert.

Abb. 8 Simulation der spezifischen Absorptionsrate im Körpergewebe.

und stellt somit sicher, dass die Privatsphäre des Implantatträgers gewahrt bleibt.

Energiemanagementeinheit Die Energieversorgung für das Künstliche Akkommodationssystem wird über eine integrierte, aufladbare Batterie kombiniert mit einer drahtlosen Ladefunktion realisiert. Das Hauptaugenmerk der aktuellen Weiterentwicklung im Rahmen der Energieversorgung liegt derzeit darauf, den Energiebedarf des Künstlichen Akkommodationssystems zu reduzieren. Bereits in [21, 21] wurden erste Maßnahmen beschrieben, um durch optimierte Algorithmen die benötigte Energiemenge für die Akkommodationsbedarfsberechnung in der Steuerung zu reduzieren. Das derzeitige Ziel besteht darin, den Energiebedarf der restlichen Teilsysteme weiter zu optimieren. Zu diesem Zweck wird eine Energiemanagementeinheit entwickelt, die neben der Reduktion der Leistungsaufnahme der Teilsysteme den Ladezustand erfasst und verschiedene Energiesparmodi bereitstellt. Um eine hohe Flexibilität und (Re-)Konfigurierbarkeit zu erzielen und um weitestgehend unempfindlich gegenüber Störeinflüssen wie Temperaturschwankungen oder elektromagnetischen Störungen zu sein, werden weite Teile der Energiemanagementeinheit digital realisiert. Die neue Energiemanagementeinheit liefert neben den benötigten Versorgungsspannungen diverse Informationen, die zur effizienten Steuerung des Systems verwendet werden. " Abb. 9 zeigt eine Übersicht der Energiemanagementeinheit. l

Datensicherheit Des Weiteren wurde ein ressourceneffizientes Verfahren zur Wahrung der Datensicherheit entwickelt, welches einer Fehlfunktion des Künstlichen Akkommodationssystems im Falle von temporären Übertragungsstörungen vorbeugt sowie mutwillige Angriffe auf das Implantat abwehrt [18]. Die Implementierung des Advanced Encryption Standards (AES) [19] sorgt zudem im Falle der externen Kommunikation für eine Verschlüsselung der zwischen Ophthalmologen und Implantat übertragenen Daten

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Neuer, intelligenter Spannungswandler In der Energiemanagementeinheit trägt der Einsatz von intelligenten Spannungswandlern wesentlich zur Reduktion der Leistungsaufnahme im Normalbetrieb bei. Dabei wird die Batteriespannung effizient in eine niedrigere Versorgungsspannung für die Teilsysteme gewandelt. Die Versorgung der Elektronik mit einer möglichst niedrigen Spannung ist vorteilhaft, da eine Reduktion der Versorgungsspannung zu einer quadratischen Abnahme der Verlustleistung von digitalen Schaltkreisen führt. Die

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minimale Versorgungsspannung hängt vom jeweiligen Betriebsmodus ab. Daher wird eine dynamische Anpassung der Versorgungsspannung in Abhängigkeit des momentan aktiven Subsystems vorgenommen. Hierzu wurde ein neuartiger, digital geregelter Schaltwandler entwickelt, der im niedrigen Leistungsbereich bis 100 mW einen hohen Wirkungsgrad aufweist. Durch eine Lastkorrektur, in die das Vorwissen über die Stromaufnahme des Implantats einfließt, und durch einen modellbasierten Regelalgorithmus kann die Abtastrate der Spannungsmessung stark reduziert werden, was sich wiederum positiv auf die Wandlungseffizienz auswirkt. Eine detaillierte Analyse des Schaltwandlers und des Regelalgorithmus wird in [22] durchgeführt. Gegenüber bestehenden Lösungen ist neben der erhöhten Effizienz die Berücksichtigung der Leistungsdichte der eingesetzten Mikrobatterie ein weiterer Vorteil der neuen Architektur. Sowohl bei Änderung der Spannungsvorgabe als auch beim Ausregeln von Lastsprüngen wird durch den modellbasierten Regelalgorithmus der maximal zulässige Entladestrom der Batterie nicht überschritten, obwohl der Laststrom nicht zusätzlich messtechnisch erfasst wird. Dies führt zu erhöhter Betriebssicherheit und einer längeren Lebensdauer des in das Implantat integrierten Akkus.

Optimierte Stromverteilung Nicht nur im aktiven Modus wird die Leistungsaufnahme optimiert. Auch inaktive Teilsysteme, wie z. B. das Aktorsystem, die nur eine sehr geringe Leistungsaufnahme aufweisen, werden vom Energiemanagement optimal mittels eines linear geregelten Spannungswandlers versorgt. Die Zuweisung der Teilsysteme an einen der beiden Spannungswandler, digital geregelt oder linear geregelt, erfolgt über eine Verteilermatrix bestehend aus Schalttransistoren. In [23] konnte gezeigt werden, dass durch den Einsatz der intelligenten Spannungsversorgung eine Reduktion der Leistungsaufnahme um bis zu 40 % möglich ist. Durch den Einsatz von lediglich 2 Spannungswandlern mit dynamischer Ausgangsspannung und dynamischer Zuweisung der Subsysteme konnte ein optimales Verhältnis zwischen Bauraum, Wirkungsgrad der Spannungswandlung und Effizienz der Teilsysteme erzielt werden.

Detektion des Benutzerverhaltens Weiterhin kann Energie in Phasen eingespart werden, in denen keine Änderung der Akkommodation benötigt wird. Beispielsweise kann mithilfe einer Fotodiode des Pupillennahreflexsensors festgestellt werden, ob der Implantatträger schläft [24]. Über die Fotodiode wird die Umgebungsleuchtdichte erfasst. Die Aus-

wertung erfolgt wiederum vollständig digital, indem über einen Komparator der gewandelte Wert mit einem Schwellwert verglichen wird. Um ein unerwünschtes Herunterfahren des Implantats aufgrund von Fehlmessung oder Blinzeln zu vermeiden, wird eine Historie der letzten Ergebnisse ausgewertet. Bei Auftreten einer Schlafphase, wird das Implantat in einen sehr energiesparenden Ruhezustand versetzt. Je nach Schlafdauer kann durch die Schlafdetektion eine Energieersparnis von bis zu 35 % gegenüber einem System ohne Schlaferkennung erreicht werden.

Berücksichtigung des Ladezustands der Batterie Neben Funktionen, die direkt den Energiebedarf senken, ist es zudem wichtig, den aktuellen Ladezustand der Batterie zu kennen, um somit Rückschlüsse auf die noch verbleibende Betriebsdauer des Implantats ziehen zu können [24]. Dazu wird die aktuelle Batteriespannung erfasst und zusammen mit dem aktuellen Laststrom über ein Batteriemodell der Ladezustand bestimmt. Der Laststrom muss hierbei nicht zusätzlich gemessen werden, sondern kann direkt aus dem Beobachtermodell des digitalen Reglers des Schaltwandlers ausgelesen werden. Durch ein intelligentes Energiemanagement kann der Energiebedarf des Künstlichen Akkommodationssystems wesentlich reduziert werden. Die Effizienzsteigerung wird dabei hauptsächlich unter Nutzung neuer Algorithmen und einer minimalen Anzahl zusätzlicher Komponenten erreicht. Im Durchschnitt wird eine Senkung der Energieaufnahme des Gesamtsystems um 50 % erzielt, was zu einer Verdopplung der autonomen Laufzeit führt. Die bereits jetzt erzielte Effizienzsteigerung verspricht langfristig, dass die in [21] untersuchten Konzepte zum Micro Energy Harvesting zukünftig auch im Künstlichen Akkommodationssystem angewendet werden können.

Systemintegration Durch die Systemintegration werden alle Subsysteme des Künstlichen Akkommodationssystems zu einem funktionalen Gesamtsystem zusammengeführt [25]. Die Komponenten der Systemintegration sind dabei " Schaltungsträger für die elektrisch leitende Verbindung der Komponenten sowie die Ausrichtung und Fixierung der elektronischen Bauteile, " Kapselung für den Schutz der internen Komponenten vor eindringendem Kammerwasser sowie zum Schutz des Organismus vor dem Kontakt mit internen Substanzen, " Haptiken zur Ausrichtung und Fixierung im Kapselsack.

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Abb. 9 Signalflussdiagramm der Energiemanagementeinheit mit Verteiler, Schaltwandler, digitalem Regler, Schlafdetektion, Ladezustandserfassung und Analog-Digital-Wandler (ADC).

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Abb. 10 Schematischer Aufbau einer flexiblen Leiterkarte mit den montierten elektronischen Bauteilen sowie einer integrierten Antenne.

Als Schaltungsträger sollen flexible Leiterkarten eingesetzt werden. Diese sind etwa halb so dünn wie ein menschliches Haar und dadurch sehr biegsam und beanspruchen selbst wenig Volumen. Die elektronischen Bauteile werden in Form von ungehäusten Siliziumchips auf den Schaltungsträger montiert. Der Vorteil der ungehäusten Chips sind Kantenlängen von wenigen Millimetern; sie erfordern jedoch eine aufwendigere Aufbau- und Verbindungstechnik als in gehäuster Form. Der Aufbau der flexiblen Leiterkarte für den Einsatz im Künstlichen Akkommodationssystem " Abb. 10 schematisch dargestellt. Das Konzept floss in die ist in l praktische Umsetzung des Pupillennahreflexsensors ein. Die Kapselung kann durch ein Gehäuse oder durch Polymerverguss erfolgen. Die Vorteile des Gehäuses sind die hohe Dichtigkeit zum Schutz der internen Komponenten vor Korrosion und damit als Grundlage für deren Langlebigkeit sowie die Möglichkeit zur Aufrechterhaltung eines gasgefüllten Hohlraums im Implantatinneren, der die Auslegung von Optik und Aktorik begünstigt. Ein Verguss wiederum bietet potenziell die Option der Faltbarkeit des Systems. Zum Schutz der Komponenten ist eine zusätzliche Beschichtung erforderlich. Getestet wurden bisher verschiedene Möglichkeiten der Fertigung sowie der Fügeprozesse von Glasgehäusen mit vielversprechenden Ergebnissen [26]. Künftig sollen zudem die Vergussmöglichkeiten untersucht werden.

Erste Implantationsversuche Begleitend zur Entwicklung des technischen Systems wurden an der Universitätsaugenklinik Rostock erste Schritte unternommen, Implantationsverfahren und Verfahren zur patientenspezifischen, postoperativen Positionsbestimmung des Implantats zu konzipieren und zu evaluieren. Für erste Implantationsversuche wurden spezielle Testimplantate entwickelt, welche die spätere Implantatgeometrie nachbilden. Zur Charakterisierung der postoperativen Lage der Testimplantate im Auge konnte ein Markensystem entwickelt werden, welches auf Vorder- und Rückseite des Testimplantats mit Laser strukturiert wurde. Damit lässt sich postoperativ mittels konventioneller Mikroskopie entlang der optischen Achse und Auswertung der Markenpositionen quantitativ die Verkippung des Implantats in alle Raumrichtungen bestimmen. Die erhaltenen Verkippungen konnten mittels hoch-

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Abb. 11 Testimplantat mit C-Haptiken der 2. Generation.

auflösender 7,1-T-Magnetresonanztomografie am Auge in Zusammenarbeit mit der Universität Greifswald weiter präzisiert werden. Zur Untersuchung des Implantationsverfahrens wurden 2 Generationen von Testimplantaten entwickelt. Da das Volumen der Implantationstestkörper deutlich größer ist als das heute üblicher IOLs, wurden die Testimplantate zunächst ohne zusätzlich raumfordernde Haptiken konzipiert [27]. Die Implantationsversuche dieser 1. Generation zeigten, dass häufig der Druck des Glaskörpers für eine Vorverlagerung der Testimplantate in Richtung vordere Augenkammer sorgte [27]. Die Testimplantate der 2. Generation wurden durch eine an die Linsenkrümmung angepasste Abrundung der Kanten an die natürliche Linsengeometrie angenähert. Außerdem wurden die Testimplantate in Zusammenarbeit mit der Carl Zeiss Meditec AG zur besseren Handhabung und sicheren Fixierung im Kapsel" Abb. 11 stellt ein Testimplantat sack mit C-Haptiken versehen. l der 2. Generation dar. Sowohl bei der Implantation in Schweineaugen als auch in Kaninchenaugen erwies sich diese Generation der Testimplantate als deutlich geeigneter. Bei einer Implantation ins Kaninchenauge verlief das Einbringen der Haptiken suboptimal. Die Haptiken waren teilweise nicht vollständig im Kapselsack positioniert. Dies resultierte in einer Verkippung des Implantats im Kapselsack, die anhand der Marken präzise bestimmt werden konnte. Diese Verkippungen nahmen im 14-tägigen Beobachtungszeitraum weiter zu. Trotzdem wurde die Implantation gut toleriert, weder Hornhauttrübungen durch Endothelzellschäden noch Blutungen oder Entzündungen traten auf [27]. Die Ergebnisse der Testimplantation im Kaninchenauge unmit" Abb. 12 dartelbar postoperativ und 14 Tage später sind in l gestellt. Eine nahezu optimale Positionierung in der optischen Achse, deutlich erkennbar an der geringeren Abweichung der Marken auf der Vorder- und Rückseite des Testimplantats, konnte im Schweineauge erreicht werden [27].

Diskussion !

Im Rahmen der Entwicklung des Künstlichen Akkommodationssystems konnten maßgebliche Fortschritte auf den Gebieten der

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aktiven Optiken, der Pupillennahreflexsensorik, der Kommunikation, der Energieversorgung sowie der Systemintegration erreicht werden. Dabei wurden u. a. die Aktorsysteme für die Alvarez-Optik sowie die Tripeloptik entworfen, gefertigt, aufgebaut und erfolgreich getestet. Im Rahmen der Weiterentwicklung der Sensorik konnten neue, innovative Algorithmen entwickelt werden, die eine Steuerung der Brechkraft, trotz starker Fluktuationen des Pupillendurchmessers, erlernen lassen. Durch die Entwicklung miniaturisierter Antennen konnte das Kommunikationssystem soweit verkleinert werden, dass es in das Künstliche Akkommodationssystem integrierbar wird. Hierbei wurde, neben der technischen Machbarkeit, die biologische Gewebeverträglichkeit nachgewiesen sowie Konzepte entwickelt, die stets eine sichere Kommunikation ermöglichen. Der Energieverbrauch des Gesamtsystems konnte durch Einführung eines neuen, bedarfsgerechten Energiemanagements erheblich gesenkt werden, was unmittelbar in einer erhöhten autarken Betriebszeit des Implantats resultiert. Auf dem Weg zu einer optimalen Implantationstechnik konnten erfolgreich Testimplantationen durchgeführt werden. Diese zeigen, dass mit einer Anpassung auf eine linsenähnliche Form und mithilfe zusätzlicher C-Haptiken eine dauerhafte und sichere Fixierung des Implantats im Kapselsack möglich ist.

rungen noch strenger und neue Anforderungen, wie z. B. Sauerstoffdurchlässigkeit, kommen hinzu. Jedoch reduzieren sich einige Anforderungen, wie z. B. dauerhafte Hermetizität oder verschwinden völlig wie z. B. MRT-Kompatibilität. Aus diesen Gründen wird seit 2 Jahren untersucht, wie sich die Teilsysteme des Künstlichen Akkommodationssystems in eine intelligente Kontaktlinse integrieren lassen [28].

Acknowledgements !

Die Arbeiten wurden durch das Programm Schlüsseltechnologien der Helmholtz-Gemeinschaft und zum Teil durch das BMBF (Projektträger VDIVDE‑IT) durch die Projekte „Grundlagen für ein Künstliches Akkommodationssystem – KueAkk“ (Fkz. 16SV3940) und „OptiMi II, Teilprojekt B“ (Fkz. 16SV5472K) gefördert. Ferner danken wir unseren Projektpartnern Universität Jena, Institut für Angewandte Physik, Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik, Jena, Ingeneric GmbH, CiS Forschungsinstitut für Mikrosensorik und Photovoltaik GmbH und Universität Tübingen, Institut für Augenheilkunde. Die Testimplantate wurden durch die Carl Zeiss Meditec AG gefertigt und durch die Karlsruhe Nano Micro Facility Laser strukturiert. Ihre Lage im Auge wurde an der Universität Greifswald am 7,1-T‑MRT vermessen.

Schlussfolgerung !

Interessenkonflikt

Zum jetzigen Zeitpunkt liegen für alle Teilsysteme des intelligenten Künstlichen Akkommodationssystems optimierte Lösungen vor. Aktuelles Ziel des Projekts ist die Integration aller Teilsysteme in ein Gesamtsystem. Ende 2014 wird ein erstes, miniaturisiertes Funktionsmuster im Maßstab 2 : 1 vorliegen, welches die gesamte Funktionalität des angestrebten Implantats enthält. Dennoch bestehen weiterhin große Herausforderungen. Zum einen müssen zur Skalierung auf Zielgröße weitere Höchstintegrations- und Miniaturisierungstechniken eingesetzt werden. Gleichzeitig ist es das Ziel, das Implantat für den heutigen Stand der Operationstechnik faltbar zu gestalten. Dies ist jedoch eine Anforderung, die auch in Konkurrenz steht zu einer transparenten, langfristig hermetisch dichten Häusung. Eine zusätzliche Herausforderung ist die Sicherung der MRT-Kompatibilität des Implantats. Aus diesen Gründen wird der Ansatz untersucht, die Funktionen des Künstlichen Akkommodationssystems von einer Intraokularlinse in ein extraokulares System, eine intelligente Kontaktlinse, zu verlegen. Hier sind zwar die Bauraumanforde-

!

Nein.

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Bretthauer G et al. Fortschritte des Künstlichen … Klin Monatsbl Augenheilkd 2014; 231: 1174–1182

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Abb. 12 Testimplantate mit C-Haptiken der 2. Generation im Kaninchenauge unmittelbar postoperativ (links) und 14 Tage später (rechts).

Übersicht

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[Current progress of the artificial accommodation system].

In case of presbyopia or cataract the "artificial accommodation system" represents one future possibility to durably restore the ability to accommodat...
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