A. Bauernfeind, Ch. Petermiitter, M. Dietzel

Zur aktuellen Chemotherapie von Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa Zusammenfassung: Fiir die Chemotherapie von Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa stehen nach dem Carbenicillin jetzt neuere Beta-Laktam-Anti,biotika wie Ticarcillin und Azlocillin zu Verfiigung. Ihre In vitro-Wirkung auf 233 Isolate aus klinischem Material wurde geprtift. Bei der Auswahl des Untersuchungsgutes legten wir besonderen Wert darauf, Kopien ein- und desselben Stammes auszuschlieBen. Dies gelang durch Kombination verschiedener epidemiologischer Typisiertmgsverfahren. Die GegeniJberstelIung yon Carbenicillin, Ticarcillin und Azlocillin nach den Konzentrationen, mit welchen die H~ilfte der 233 St~imme gehemmt wurden, ergab fiir Ticarcillin um den Faktor 2,1, ffir Carbenicillin um den Faktor 4,9, h6here Werte als fiir Azlocillin. Vereinzelt traten St~imme auf, bei denen die Hemmwerte fiir AzlocilIin h6her lagen als fiJr Carbenicillin (5 St~imme) oder Ticarcillin (11 St~imme). Bei 17 unter 233 Isolierungen war auch mit Hilfe dieser neueren Beta-Laktam-Antibiotika kein Therapieerfolg zu erwarten. Insgesamt erm6gticht der Einsatz yon Ticarcillin und Azlocitlin jedoch eine Erweiterung des Indikationsgebietes von Beta-Laktam-Antibiotika bei Infektionen mit P. aeruginosa von vorher 760/0 auf jetzt 92% der F~ille. SchlieBt man die Aminoglykoside Gentamicin, Tobramycin, Sisomicin und Amikacin als Therapiem/Sglichkeiten ein, so erh6ht sich im untersuchten Einsendematerial der Anteil in vitro sensitiver P. aeruginosa-Sfftmme unseres Einzugsgebietes auf 980/0.

Summary: Current Chemotherapy of Infections Caused by Pseudomonas aeruginosa. In addition to carbenicillin, the newer beta-lactam antibiotics such as ticarcillin and azlocillin are now available for the chemotherapy of Pseudomonas aeruginosa infections. We investigated the in vitro effect of these antibiotics on 233 isolates from clinical material. We were particularly careful, when choosing the experimental material, to exclude copies of the same individual strain, and we achieved this by combining various epidemiological typing procedures. A comparison of carbenicillin, ticarcillin and azlocillin according to the concentrations at which half of the 233 strains were inhibited showed the ticarcillin values to be higher than those of azlocillin by a factor of 2.1, and carbenicillin values to be higher than those of azlociIIin by a factor of 4.9. Individual strains also occured in which the inhibitory concentration for azlocillin was higher than that of carbenicillin (5 strains) or ticarcillin (11 strains). In 17 out of the 233 isolates no therapeutic success would have been within reach even with the newer beta-lactam antibiotics. The use of ticarcillin and azlocillin permits an extension of the indications for therapy with beta-lactam antibiotics in P. aeruginosa infections, from hitherto 76%, to 900/0 of the cases. If one includes the aminoglycosides gentamycin, tobramycin, sisomycin and amikacin in the therapeutic armoury, then the proportion of in vitro sensitive strains of P. aeruginosa in the material submitted for examination rises to 98%.

Einleitung

die Zahl der Keimausscheider auf etwa ein Drittel zu (2). Nach oraler Aufnahme wurde P. aeruginosa bei freiwilligen Versuchspersonen nur in Gegenwart setektiver Antibiotika im Darm angereichert (4). E r gilt dort -- ebenso wie anf der Haut oder in den oberen Atemwegen -- in niedriger Zahl als harmlos. Verbessern sich die Vermehrungsbedingungen, k o m m t es zu rapider Zunahme der Keimzahlen und schweren Infektionen. So treten massive, prim~ir yon P. aeruginosa unterhaltene Infektionen bevorzugt auf bei erwachsenen Patienten mit reduzierter Infektabwehr (5) sowie bei FriJh- oder Neugeborenen (6); weiterhin nach Vordringen dieses Erregers per Verletzung oder Instrumentieren in sonst sterile Bereiche (Auge, Haut nach Verbrennungen, Urin, Liquor). Insbesondere bei hospitalisierten Patienten wird ein Anstieg der Pseudomonas-Infektionen beobachtet (7). Dabei k o m m t -- neben der Zunahme des Anteils sfiirker anfiilliger Patienten -der breiten Chemotherapieresistenz von P. aeruginosa Bedeutung zu. Sie erm~Sglicht es, Zellen dieser Spezies in antibiotika-haltigen Bereichen zu iiberleben, in welchen die Mehrzahl der fibrigen, fakultativ oder obligat pathogenen Spezies, gehemmt oder abget/Stet wird. So lassen sich nach unseren Ergebnissen fiber 80O/o von 233 St~immen antibiotisch selektiv anreichern in Milieus mit einem der folgenden Chemotherapeutika: Ampicillin, Cephalothin, Bactrim, Chloramphenicol, Tetrazyklin, Nalidixins~iure, Rifampicin, Kanamycin und Streptomycin. Weitere, ebenfalls die (3berlebens- und Vermehrungschancen speziell von P. aeruginosa begfinstigende Faktoren (Feuchtigkeit, erh/Shte Widerst~indigkeit gegen kationaktive Desinfektionsmittel), tragen dazu bei, dab diese Spezies wesentlich mitverantwortlich ffir Probleminfektionen werden konnte. So lieB sich P. aeruginosa bei Sepsisf~illen im Dfisseldorfer Raum in 5,6%, im Frankfurter sogar in 17,70/0 der Blutproben (8) nachweisen. Wie ausgeffihrt, fallen ffir eine erfolgversprechende Chemotherapie von Pseudomonas-Infektionen yon vornherein bei anderen Erregern h~iufig wirksame, klinisch wesentliche Gruppen yon Chemotherapeutika aus (Ampicillin, Tetrazykline, bisherige Cephalosporine, Bactrim). Das Spektrum verengt sich -- von wenigen Ausnahmen abgesehen -- z. Z. auf neuere Aminoglykoside und BetaLaktam-Antibiotika. Das erste P. aeruginosa-wirksame darunter war das Carbenicillin (9). Zunehmende Resistenzh~iufigkeit schr~ink-

Pseudomonas aeruginosa l~iBt sich bei gesunden Erwachsenen ohne Klinikkontakt mit einer H~iufigkeit zwischen 6°/o und 12% in geringer Menge im Stuhl nachweisen (1--3). Im Verlauf eines Krankenhausaufenthaltes nimmt

Prof. A. Bauernfeind, Ch. Petermiiller, cand. med. H. Dietzel, Max von Pettenkofer-Institut, PettenkoferstraBe 9 a, 8000 MiJnchen 2.

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.4. Bauern/eind et al.: Zur Chemotherapie von Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa ten seine Verwendbarkeit ein und liegen einen dringenden Bedarf an Chemotherapeutika entstehen, die bei ~ihnlich guter Pharmakokinetik (10), geringerer Substanzbelastung und Nebenwirkungen (11) sowie breitem Wirkungsspektrum Carbenicillin-resistente P. aeruginosa-St~imme miterfassen. Mit Ticarcillin (12) sowie Aztocillin (13) stehen n u n halbsynthetische Penicilline zur Verfiigung, die, obwohl nicht vSllig Beta-Laktamase-fest (14), infolge h6herer molekularer Wirksamkeit auch bei Carbenicillin-resistentenStiimmen einen therapeutischen Effekt haben. Crber diese Antibiotika liegt eine Reihe mikrobiologischer (15--18) sowie klinischer Untersuchungen (19--22) und Berichte vor, welche die ~berlegenheit yon Ticarcillin und Azlocillin gegeniiber dem Carbenicillin feststellen. Der verallgemeinerungsf~ihige Gehalt dieser Studien wird jedoch beeintriichtigt durch die verh~iltnism~il3ig geringe Zahl der untersuchten Aeruginosastiimme sowie deren verwandte Herkunft aus hiiufig nur einer Klinik (18). Da P. aeruginosa nicht selten per Kreuzinfektion im Klinikmilieu verbreitet wird (23, 24), besteht grol3e Wahrscheinlichkeit, dab solche Kollektive von Testst~immen hohe Anteile von Kopien desselben Stammes enthalten. Auf diese Weise reduziert sich die Zahl der tats~ichlich untersuchten, nicht identischen Stgmme und damit die Allgemeingiiltigkeit des Ergebnisses. Wir haben deshalb besonderen Wert darauf gelegt, fiir die folgende Untersuchung Kopien ein und desselben Stammes weitgehendst auszuschliegen.

Material und Methoden Stiimme Die untersuchten 233. St/imme von P. aeruginosa wurden zwischen dem 3. 3. 75 und dem 17. 10. 77 aus bakteriologischen Materialien von 207 Klinikpatienten isoliert.* Sie waren ausschliel31ich oxidasepositiv (gepriift mit Cytochromoxidase Teststreifen von Pathotec), Pyocyanin (auf Bacto-Pseudomonas Agar P, Difco) oder bzw. trod Pyofluorescein (auf BactoPseudomonas Agar F, Difco) produzierend. Die Mehrzahl der Isolierungen (146/233 62,6°/0) stammt aus Sputen, 21,80/0 aus Urin, 3 , 4 ° aus Wundabstrichen, der Rest verteilte sich auf Gallensaft, Rachenabstriche, Trachealsekret, Ohrabstriche, Katheter u. a. Typisierung Bakteriozinotypie: Dazu benutzen wit die von Gillies und Govan eingefiihrten 13 Indikatorst~imme. Prinzip und Durchfiihrung des yon uns modifizierten und standardisierten Verfahrens wurden an anderer Stelle beschrieben (25, 26). Serotypie: K/iufliche Antiseren hatten sich a]s nur sehr begrenzt verwendungsf~ihig erwiesen. Wit stellten deshaIb eigene Seren durch Immunisieren von Kaninchen her. Die Typst~imme dafiir stammten yon Pasteur sowie von Dr. R. Ansorg (Hygiene-Institut der Universit~it G6ttingen, Lehrstuhl fiir Medizinische Mikrobiologie), der uns freundlicherweise die Typen 01 bis 012 (27) zur Verfiigung stellte. R esistenzbestimmung Ffir das Erstellen der Antibiogramme wurden auf eine 20 ml Grundschicht aus Mueller-Hinton-Agar (Difco) in Petri* Herrn Priv.-Doz. Dr. G. Ruckdeschel und Frau Dr. V. Preac-Mursic danken wir fiir die Isolate.

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Schalen 2,5 ml Weichagar (0,70/0) mit 3 x I05 KoIoniebitdnern gegossen. Als Testbt~ittchen verwendeten wir: Gentamicin 10/~g, Tobramycin 10/~g, Sisomicin 10 #g, Amikacin 10/~g. Bei Gentamicin und Tobramycin wurden St~imme mit HemmhSfen > 12 mm, bei Sisomicin und Amikacin > 11 mm als resistent eingestuft. Zur Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK) wurden Mueller-Hinton Agar Medien mit Antibiotika-Konzentrationen in geometrischem Abstand benutzt. Mit dem Multipoint-Inoculator yon Denley konnten gIeichzeitig 2i St~imme auf die N/ihrbodenoberflgche einer Schale gebracht werden. Die Irnpfsuspensionen waren so eingestellt, dab pro Stamm jeweils 108 Koloniebildner auf die N~ihrbodenoberfl/iche iibertragen wurden. Die Beurteilung erfolgte nach 16stiJndigem Bebriiten bei 37 °C.

Ergebnisse Durchschnittliches Resistenzverhalten Aus der prozentual-kumulativen Anordnung der St~imme und ihrer MHK-Werte (Abbildung 1) geht hervor, dab jeweils 50~/0 der untersuchten 233 St~imme mit folgenden Konzentrationen gehemmt werden: Carbenicillin 53,8 /zg/ml, Ticarcillin 23,4 /~g/ml und Azlocillin 10,9 /zg/ml. Dieses durchschnittliche Resistenzverhalten erlaubt innerhalb der Grenzen der Verallgemeinerungsf/ihigkeit zwar eine allgemeine Orientierung fiber die aktuelle Resistenzsituation in unserem Einzugsbereich, 1/ii3t jedoch die Charakterisierung einzelner St~imme in ihrem Verhalten gegenfiber Beta-laktam-Antibiotika nicht zu. Dieser ffir die individuelle Therapie aber entscheidende Gesichtspunkt kann erst dutch weitergehende Aufschliisselung des Materials deutlich gemacht werden.

%

100" 90"

A

~

80' 70" 60. 50' 40' 30' 20' 10' i

etl

potn~

Abbildung 1: Kumulative Hiiul~gkeitsverteilung der MHK, Werte (233 Stiimme). Erreger-individueltes Resistenzverhatten Beim Wirksamkeitsvergleich nach Einzelst/immen wird ersichtlich, dab sich mit Carbenicillin nur ffinf von 233 St/immen mit derselben Konzentration hemmen lassen

A. Bauern/eind et at.: Zur Chemotherapie von Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa wie mit Azlocillin (Abbildung 2, Diagonale). Fiir die meisten iibrigen St~imme sind in vitro ftir Carbenicillin h/Shere Hemmkonzentrationen n6tig, und zwar um eine Konzentrationsstufe bei 25/233 (10,7o/0), um zwei bei 82/233 (35,20/0), um drei bei 105/233 (45,00/0) und sogar um vier bei 11/233 (4,7°/o). Einige St~imme mit gegenlgufigem Verhalten zeigen allerdings die Grenzen der Verallgemeinerungsfiihigkeit dieser Tendenz auf: bei vier P. aeruginosa-Isolierungen lagen die M H K - W e r t e fiir Carbenicillin um eine, bei einem sogar um zwei Konzentrationsstufen niedriger als fiir Azlocillin.

TICARCILLIN (pg/ml)

CARSENiCILLII',~( pgtml) 4 8 16 32 64 128 256 512

2 4~

AZLOCILLIN

N,~

8 (pglml) 16

3

0

3

16 52

~

5

32

7

10 8

14

2 ",, 2 "2

,'

512 1024

32 1

2

1

7

64

2

256

\1

1

12\

1

CARBENICILLIN~.jugl~ )

32 64 128 256

512 1024 2048

\

5 16

1 \8\

12 11

1

2

7

3

1

1

)

512 1024

5

1

\,

'

2048

Die Gegeniiberstellung der Wirksamkeit von Carbenicillin und Ticarcillin nach M H K - W e r t e n ergibt ein weniger komplexes Bild (Abbildung 3): neben 29 St~immen mit identischer M H K far beide Antibiotika lagen die Werte

4

25

128 256 512 1024 2048

128

2048

TICARCILLIN 8 (pglml) 16

\ 4 \ 39

16

Abbildung 2: Beziehung zwischen den MHK-Werten [iir Carbenicillin und Azlocillin (233 Stiimme).

2

4 8 16 32 64 NNN 5 5 2

(pglml) 8

1 14

~

256

2 AZLOCILLIH4

46 15

128

2048

2

"2

64

aller iibrigen 204 isotierten P. aeruginosa-St'itmme fiir Ticarcittin giinstiger als far Carbenicillin, und zwar bei 130/233 (55,8o/o) u m eine, bei 71/233 (30,5o/o) um zwei und bei 3/233 (1,3o/0) um drei Konzentrationsstufen. Im Gegensatz zum Vergleich Carbenicillin--Azlocillin war hier in keinem Falle eine fiir Carbenicillin giinstigere M H K als fiir Ticarcillin festzustellen. Von besonderem Interesse mug der unmittelbare Vergleich der neueren Beta-Laktam-Antibiotika Ticarcillin und Azlocillin sein. Dabei ergab sich das folgende Bild (Abbildung 4): gleiche M H K - W e r t e ffir 34/233 (14,6o/o),

4

8

16

128 256 512 1024 2048

3

N

1,N 24 \3\

1

37

2

63

8

~)'11 17 12 N

"2.,, 10 10 \3 x 9

1

X7,,, 1

\, \2.,,

Abbildung 3: Beziehung zwischen den MHK-Werten /iir Carbenicillin und Ticarcillin (233 Stiimme).

Abbildung 4: Beziehung zwischen den MHK-Werten Jiir Ticarcillin und Azlocillin (233 Stiimme). h/Shere M H K - W e r t e ftir Ticarcillin, und zwar um eine Konzentrationsstufe bei 112/233 (48,00/0) Isolierungen, um zwei Stufen bei 66/233 (28,3%) und um drei Stufen bei 10/233 (4,3o/o). Demgegeniiber treten auch hier -- ~ihnlich wie beim Vergleich Carbenicillin-Azlocillin-StSxame auf, deren M H K - W e r t e fiir Azlocillin ungfinstiger liegen, und zwar um eine Stufe bei 10/233 (4,3o/0), bei einem Erreger (0,45o/o) sogar um drei Stufen. Bei Infektionen mit P. aeruginosa stehen ffir die Chemotherapie neben den Beta-Laktam-Antibiotika Aminoglykoside als Alternative oder Kombinationspartner im Vordergrund (28, 29). Es ist deshalb yon besonderem Interesse, zu analysieren, inwieweit im untersuchten Material beim Ausfall der TherapiemiSglichkeiten in einer Gruppe eine Chance bestand, auf die andere auszuweichen und umgekehrt. Im vorhandenen Stammaterial waren vier Isolierungen mit Aminoglykosid-Vierfach-Resistenz enthalten. Ihr Resistenzverhalten gegeniiber den drei Beta-Laktam-Antibiotika lieg sich in M H K - W e r t e n charaktersieren (Tabelle 1). In diesen vier F~illen konnten demnach auch Beta-LaktamAntibiotika als Therapie-Alternativen zu den Aminoglykosiden nicht weiterhelfen; inwieweit trotz hoher Einzelresistenz durch Kombination und Synergismus wirksame Spiegel zu erreichen wiiren, bleibt often.

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A. Bauern/eind et al.: Zur Chemotherapie yon Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa

Tabelle 1: Beta-Laktam-MHK-Werte Aminoglykosid-resistenter Stiimme von Pseudomonas aeruginosa. Stammtyp

523-1h 624-39 1459-67 1460--38

Antibiotikum Carbenicitlin

Ticarcillin

Azlocitlin

2048 512 1024 512

2048 256 256 256

1024 128 128 128

Dreifach-Aminoglykosid-Resistenz fand sich ausschlieglich in der Kombination Gentamicin-Tobramycin-Sisomicin, d.h., Amikacin blieb in all diesen Fallen (18/233 7,70/0) als TherapiemSglichkeit often. Unter diesen 18 Sfiimmen waren ffinf durch keines der drei Beta-LaktamAntibiotika noch erreichbar. Ftir zwei yon ihnen war lediglich eine Azlocillin-Therapie erfolgversprechend ( M H K - W e r t e 64/zg/ml), bei neun Stiimmen daneben der Einsatz von Ticarcillin ( M H K 5 X 64 /~g/ml, 4 X 128 /~g/ml). Zwei Isolierungen waren zus~itzlich gegenfiber Carbenicillin empfindlich ( M H K 64 btg/ml). Betrachtet man die Resistenzsituation umgekehrt von den Beta-Laktam-Antibiotika her, so fallen unter den 233 St~immen 17 als dreifach Beta-Laktam-resistent auf. Mit Ausnahme der vier vierfach Aminoglykosid-resistenten (vgl. oben) standen hier ein (5 Sfiimme), zwei (4 Stiimme) oder vier (4 St~imme) Aminoglykoside zur Auswahl.

Diskussion Der Wert yon 12bersichten fiber das Resistenzverhalten wird bestimmt durch die Grenzen ihrer VerallgemeinerungsmSglichkeit. Diese ergibt sich aus der GrSt3e der Stichprobe und der biologischen Variabilit~it des jeweiligen Merkmals. Bei Aussagen fiber das Merkmal Resistenz kann der tats~ichliche Stichprobenumfang nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden der Zahl der isolierten St~imme. Besondere Vorsicht ist dann angezeigt, wenn es sich bei der untersuchten Spezies um den Erreger von Infektionen handelt, die erfahrungsgem~iB unter den besonderen Bedingungen eines Krankenhausbereiches erworben werden kSnnen. Dann miissen notwendigerweise bei verschiedenen Patienten identische Erreger vorhanden sein. Die HShe der Wahrscheinlichkeit daffir wird -- abgesehen vom jeweiligen Stand der Hospitalhygiene -- beeinflugt von der Zahl der Patienten innerhalb eines bestimmten Bereiches. Deshalb ist, wie im vorliegenden Falle -- bei Material aus Universifiitskliniken --, besondere Sorgfalt bei der Auswahl yon Stiimmen fur eine Aussage fiber die Variabilifiit des Merkmales Resistenz erforderlich. Pro Patient sollte dabei zun~ichst nur ein Stamm in die Untersuchung einbezogen werden. In unserem Untersuchungsgut war bei wiederholtem Nachweis von P. aeruginosa beim selben Patienten zumeist derselbe Stamm zu finden. Typenwechsel konnte nur bei 23/207 (110/0) der Patienten beobachtet werden. Der weitere AusschluB yon Kopien aus einer Sammlung von Sfiimmen gewinnt an Zuver-

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l~issigkeit mit der Zahl der Kriterien, die eingesetzt werden. Dies gilt natiJrlich nur, wenn sie voneinander unabh~ingig sind. Im katabolen Stoffwechset bietet P. aeruginosa als nicht fermentierender K e i m wenig Ansatzpunkte ffir Typendifferenzierung. Demgegenfiber lassen sich Abweichungen in der Synthese von Farbstoffen als Unterscheidungsmerkmale verwenden. Giinstig ist bei dieser Spezies die Situation ffir Serotypie, Lysotypie und Bakteriozinotypie. Ftir alle drei Prinzipien stehen ausgearbeitete Verfahren zur Verffigung. Wir wiihlten darunter die Typisierung nach Bakteriozinsynthese und Antigenstruktur aus. Dabei tieBen sich durch Bakteriozinotypie allein 53 Stiimme oder Stammgruppen voneinander abgrenzen. Innerhalb eines Pyocintyps konnte durch Serotypisieren charakteristischer Unterschiede der Farbstoffsynthese sowie der Resistenzmuster die eingangs erhobene Forderung nach Crbereinstimmung des tatsiichlichen Stichprobenumfanges mit der Zahl der untersuchten St~imme weitgehend erfiillt werden. Vergleicht man das Resistenzverhalten der 233 analysierten Stiimme vonP. aeruginosa gegeniiber den drei getesteten Beta-Laktam-Antibiotika Carbenicillin, Ticarcillin und Azlocillin, so sind die Konzentrationswerte fiJr eine Hemmung der Hiilfte aller hier untersuchten Stiimme deutlich voneinander abgehoben. Setzt m a n den Wert fiir Azlocillin mit 10,9 #g/ml gleich 1, so liegen entsprechende Werte ffir Ticarcillin um den F a k t o r 2,1 fiir Carbenicillin den F a k t o r 4,9 hSher. Die 10berlegenheit von Azlocillin gegenfiber Ticarcillin und Carbenicillin, sowie von Ticarcillin gegeniiber Carbenicillin auf Gewichtsbasis ist damit bei unseren St~immen eindeutig. Die von anderen Autoren (14, 18, 30) ermittelten Vergleichswerte zeigen dieselbe Grundtendenz. Der Quotient zwischen den Medianwerten Azlocillin und Ticarcillin ist jedoch in allen drei Untersuchungen mit 3,8, 3,5 und 3,2 grSl3er als bei unseren St~immen (I, 2). In der Relation CarbeniciUin zu Azlocillin stimmen unsere Resultate im wesentlichen iiberein mit denen yon Ullrnann (Quotient 4,9) und Kgnig (Quotient 5,6) (14, 30). VSllig aus dem Rahmen fiillt hier jedoch die Beobachtung yon Stewart mit Medianwerten yon 59,7 #g/ml fiJr Carbenicillin und 5,5/~g/ml flit Azlocillin, d.h. einem Quotienten Carbenicillin zu Azlocillin yon 10,9 (18). Eine Erkl~irung hierfiir bietet mSglicherweise die Zusammensetzung des Stammkollektivs yon Stewart: Alle Isolierungen kamen aus Blutkulturen von Krebspatienten eines einzigen Bereiches. Nachdem keinerlei Typendifferenzierung durchgeftihrt wurde, ist die M6glichkeit nicht auszuschliegen, dab unter den 100 getesteten Sfiimmen eine grol3e Zahl yon Kopien eines Erregers mit hoher Carbenicillin- bei niedriger Azlocillin-MHK (derartige St~imme treten auch in unserem Untersuchungsmaterial auf) enthalten waren. Die von uns und anderen Autoren ermittelten M H K Werte tassen zusammen mit den pharmakokinetischen Daten eine ~berlegenheit der neueren Beta-Laktam-Anti-

A. Bauern/eind et al.: Zur Chemotherapie von Infektionen mlt Pseudomonas aeruglnosa biotika gegeniiber dem Carbenicillin erwarten. Tats~ichlich weisen erste klinische Erfahrungen in diese Richtung (vgl. Einleitung). Das kann jedoch aufgrund unserer Ergebnisse nicht ausnahmslos erwartet werden: Besondere Beachtung verdienen in diesem Zusammenhang diejenigen fiinf Stiimme, bei denen die Hemmwerte fiir Carbenicillin niedriger lagen als ffir Azlocillin. Fiir drei unter ihnen kam eine Therapie mit Azlocillin nicht (MHK 512--1024) und auch kaum noch mit CarbeniciIlin (MHK zweimal 256--512, einmal 128--256) in Frage. Fiir die zwei iibrigen wiiren die Therapieaussichten ftir Carbenicillin (MHK-Werte 32--64) etwas giJnstiger als ffir Azlocillin (MHK-Werte 64--128). Im Gegensatz dazu war bei keinem der untersuchten 233 St~imme das Carbenicillin dem Ticarciliin iiberlegen. Eine Carbenicillin-Resistenzbestimmung bei Ticarcillin-resistenten Erregern fiihrt demnach hier nicht weiter. Nicht ausnahmslos vorzuziehen ware aufgrund der MHKWerte das Azlocillin gegenfiber dem Ticarcillin. Insgesamt elfmal lagen die Ticarcillin-MHK-Werte unter denen des Azlocillin. Ohne Konsequenzen fiir die Therapie bleiben diese Werte lediglich fiir drei Stiimme darunter (MHK Ticarcillin 1 X 128--256, 2 )< 256--512; Azlocillin 1 X 256--512, 2 X 512--1024). Bei zwei St~immen hiitten sowohl Ticarcillin als auch Azlocillin eingesetzt werden k6nnen (bei einem Stamm M H K Ticarcillin 8--16, Azlocillin 16--32, I Stanam M H K Ticarcillin 16--32, Azlocillin 32--64). Demgegeniiber war in sechs F~illen dem Tiearcillin der Vorzug zu geben (MHK Ticarcillin 4 X 32---64, 2 X 64--128, bei M H K Azlocillin 4 X 64--128, i X 128--256, 1 X 512--1024). Diese Beobachtung l~il3t es nicht aussichtslos erscheinen, bei Azlocillin-Resistenz eine Resistenzpriifung mit Ticarcillin und (vgl. oben) mit Carbenicillin durchzufiihren. Bei unserem Erregerkollektiv hatte sic eine Erfolgschance yon 2,6% bzw. 0,86% . Insgesamt gesehen erweitern Ticarcillin und Azlocillin die therapeutischen Einsatzm/iglichkeiten yon Beta-LaktamAntibiotika bei Infektionen mit P. aeruginosa spiirbar. Ein -- noch -- kleiner Anteil von Erregern bleibt allerdings auch fiir sic unerreichbar. Hier stellt sich die Frage nach den derzeitigen chemotherapeutischen Alternativen. Unter den 17 (7,3'0/0) gleichzeitig Carbenicillin-TicarcillinAzlocillin-resistenten Isolaten waren vier zusiitzlich resistent gegeniiber Gentamicin--Tobramycin--Sisomicin-Amikacin, d.h. praktisch ohne Ausweichm/Sglichkeit (sieht m a n von Polymyxin ab). Fiir die restlichen St~imme kam jeweils mindestens eines der genannten Aminoglykoside als Therapiem6gtichkeit in Betracht. Die aktuelle Situation der Chemotherapie yon Infektionen mit P. aeruginosa liil3t aufgrund der vorliegenden Untersuchung in etwa 9 8 % der F~ille eine Therapie mit einem Beta-LaktamAntibiotika oder einem Aminoglykosid zu. Durch die Einfiihrung yon Ticarcillin und Azlocillin konnten die Einsatzm/Sglichkeiten ffir Beta-Laktam-Antibiotika erneut verbreitet werden. Sic umfafSt in unserem Einzugsgebiet derzeit etwa 90% aller isolierten Stiimme.

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[Current chemotherapy of infections caused by Pseudomonas aeruginosa (author's transl)].

A. Bauernfeind, Ch. Petermiitter, M. Dietzel Zur aktuellen Chemotherapie von Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa Zusammenfassung: Fiir die Chemoth...
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