NEUROCHIRURGIA A D V A N C E S



F O R T S C H R I T T E

S u p p l e m e n t u m ad Fortschritte der N e u r o l o g i e u n d Psychiatrie Stuttgart, im M a i 1976

Heft 3

Neurochirurgia 19 (1976), 95-103 © Georg Thieme Verlag Stuttgart

Zur Diagnose des chronischen subduralen Hämatoms im Computer-Tomogramm Th. Grumme, W. Lanksch, E. Kazner, A. Aulich, W. Méese, S. Lange, H. Steinhoff, S. Wende Neurochirurgische Klinik (Leiter: Prof. Dr. R. Wüllenweber) und Radiologische Klinik (Komm. Leiter: Prof. Dr. U. Haubold) der Freien Universität Berlin im Klinikum Westend. Neurochirurgische Klinik (Direktor: Prof. Dr. F. Marguth) und Radiologische Klinik (Direktor: Prof. Dr. J. Lissner) im Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München, Abteilung für Neuroradiologie (Leiter: Prof. Dr. S. Wende) der Neurochirurgischen Klinik im Klinikum der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

Zusammenfassung Es wird über 46 Fälle mit chronischem subduralen Hämatom berichtet, die computer-tomographisch untersucht und operativ bestätigt wurden. Die Analyse der CT-Befunde führte zu einer Einteilung in drei verschiedene Typen. Typ 1 ist gekennzeichnet durch erniedrigte Strahlenabsorption des Hämatominhalts, das als dunkler, linsenförmiger Bezirk zwischen Schädelkalotte und Hirnoberfläche erscheint. Beim Typ 2 finden sich neben Arealen verminderter Dichte solche mit erhöhter Strahlenabsorption, die durch frischere Blutungsanteile hervorgerufen werden. Vielfach kommt es durch Sedimentation zu einer Spiegelbildung innerhalb des Hämatoms. Beim Typ 3 weist das Hämatom die gleiche Dichte wie Hirngewebe auf und kann daher nicht direkt diagnostiziert werden. Der Nachweis einer Massenverschiebung in Verbindung mit Ventrikelkr mpression, fehlendem dichteverändernden Prozeß auch nach Kontrastmittelgabe erlaubt jedoch auch hier die Diagnose eines einseitigen chronischen sub-

duralen Hämatoms im Computer-Tomogramm. Doppelseitige chronische Subduralhämatome können erhebliche diagnostische Schwierigkeiten bereiten, wenn sich kein oder nur ein Hämatom direkt darstellen läßt. Hinweise auf eine zweite Blutung auf der Gegenseite ergeben sich oft aus dem relativ geringen Ausmaß der Massenverschiebung. Am häufigsten waren Hämatome vom Typ 1 (37%), Typ 2 und 3 kamen in 3 0 , 5 % bzw. 32,5 % der Fälle vor.

Summary CT Findings in Chronic Subdural Hematomas CT findings of 46 patients with operatively confirmed chronic subdural hematomas are reviewed. The analysis of the EMI scans resulted in three different types of CT findings. Type 1 is characterized by decreased attenuation of the hematoma contents compared to brain tissue. The hematoma is visualized as a lens-shaped low den-

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Vol 19

Th. Gramme u. a.

sity area between the skull and the surface of the brain. Type 2 apart from low density areas contains zones of increased attenuation due to recent bleeding into a watery chronic subdural hematoma. In many cases sedimentation causes a welldefined horizontal borderline between the thin fluid parts in the anterior portion and the blood debris in the posterior portion of the hematoma sac. Type 3 shows the same average absorption values as normal brain tissue, a direct visualization is not possible. However, the presence of a midline displacement in combination with ventricular compression and absence of a circumscript lesion even after contrast enhancement, allows the diagnosis of a unilateral chronic subdural hematoma in these cases too. Bilateral chronic subdural hematomas may cause considerable diagnostic difficulties if only one or none of the hematomas is visualized. A relatively small midline displacement points to a second bleeding on the opposite side. Most frequent were hematomas of type 1 (37 %), type 2 and 3 could be observed in 30,5 % resp. 32,5 % of cases respectively. Key-words: Computertomography - chronic subdural hematoma

Die klinische Diagnose eines chronischen subduralen Hämatoms bzw. der Pachymeningiosis haemorrhagica interna ist wegen der uncharakteristischen neurologischen und psychischen Ausfallserscheinungen außerordentlich schwierig; das Krankheitsbild wird deshalb nicht selten über längere Zeit verkannt. Am häufigsten findet man ein psycho-organisches Syndrom mit erschwerter Auffassung und allgemeiner Verlangsamung bis zur Eintrübung des Bewußtseins, bevor es zu einer zusätzlichen, auf den raumfordernden Prozeß hinweisenden Halbseitensymptomatik kommt. Dies trifft besonders auf diejenigen Patienten zu, bei denen in der Vorgeschichte Anhaltspunkte für ein Schädel-Hirntrauma fehlen. Schädelübersichtsaufnahmen und hirnelektrische Untersuchung geben nur in einzelnen Fällen Hinweise auf das vorliegende Krankheitsbild. Einen wesentlichen Fortschritt in der Diagnostik des chronischen Subduralhämatoms brachte die eindimensionale Echo-

encephalographie, mit der es gelingt, Massenverschiebungen bei nahezu allen einseitigen Blutungen nachzuweisen. Zusätzliche Informationen bieten vielfach Reflexionen an der inneren Membran der abgekapselten Hämatome, die sogenannten Hämatomechos (vgl. Schiefer und Kazner 1967). Eigene Erfahrungen haben gezeigt, daß sich solche Reflexionen beim chronischen Subduralhämatom in 75 bis 80 Prozent der Fälle darstellen lassen und so die Hämatomdiagnose ermöglichen (Grumme 1970; Kazner 1971). Die Hirnszintigraphie ist eine weitere wichtige Untersuchungsmethode zur Erkennung des chronischen Subduralhämatoms. Nach einer Sammelstatistik von Zeidlsr, Kottke und Hundeshagen (1975) war der positive Nachweis im Szintigramm bei 215 von 255 Fällen (84 °/o) möglich. Die definitive Diagnose blieb bisher der zerebralen Angiographie vorbehalten, obwohl in Notsituationen auch ein positiver Ausfall des Echoencephalogramms oder des Hirnszintigramms als ausreichend für die Indikation zur Operation angesehen werden kann. Dies um so mehr als die Hirngefäßdarstellung gerade bei älteren Menschen mit zerebrovaskulären Erkrankungen nicht völlig risikolos ist. Als nichtinvasiver Methode wurde daher der axialen Computer-Tomographie auch bei der Diagnose des chronischen subduralen Hämatoms großes Interesse entgegengebracht. Die ersten Beobachtungen von Ambrose (1973), der nur in einem von 7 Fällen das chronische Subduralhämatom im ComputerTomogramm direkt darstellen konnte, waren aber nicht sehr ermutigend. Auch von den ersten 8 eigenen Beobachtungen entgingen zwei dem direkten computer-tomographischen Nachweis (Kazner, Lanksch, Steinhoff, Wilske, 1975). Immerhin ergaben sich auch bei diesen beiden Patienten aber deutliche Hinweise auf einen raumfordernden intrakraniellen Prozeß. Inzwischen konnten an den Neurochirurgischen Universitätskliniken in Berlin, Mün-

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chen und Mainz Erfahrungen mit der Computer-Tomographie an 46 Patienten gesammelt werden, bei denen operativ gesicherte chronische Subduralhämatome vorlagen. Dabei ergaben sich einige neue diagnostische Gesichtspunkte, die den Wert der axialen Computer-Tomographie für die Erkennung dieses Krankheitsbildes unterstreichen.

Untersucbungstechnik

und Methodik

Alle 46 Patienten wurden mit einem EMIScanner mit hochauflösender Matrix 160 mal 160 unter Anwendung des PMC-Programms untersucht. Die Schnittführung entsprach den Standardschichten nach Ambrose (1973) mit der Orbito-Meatallinie als Ausgangsbasis. Das chronische subdurale Hämatom kommt entsprechend seiner typischen Lage vielfach schon in der Schicht 2 A zur Darstellung, der Hauptbefund wird in den Schichten 2 B bis 3 B sichtbar. Die Exploration höherer Schichten erscheint wegen der zunehmenden Krümmung des Schädeldachs nicht sinnvoll. Eine Untersuchung mit zur Seite des Hämatoms geneigtem Kopf, wie dies Levander, Stattin und Svendsen (1975) vorgeschlagen haben, um den obersten Anteil des Hämatoms eindeutig darzustellen, wurde von uns nicht durchgeführt. Bei 16 Patienten haben wir zusätzliche Schichten nach intravenöser Kontrastmittelapplikation angefertigt. Die Kontrastmittel-Dosis betrug 1 ml eines 60prozentigen wasserlöslichen Kontrastmittels pro kg Körpergewicht. Bei motorisch unruhigen Patienten erfolgte die Untersuchung in Allgemeinnarkose mit Intubation. Für die Auswertung von Computer-Tomogrammen lassen sich direkte und indirekte Zeichen eines raumfordernden intrakraniellen Prozesses unterscheiden. Bei der Darstellung einer subduralen Blutung wird stets die Dichte des Hirngewebes als Vergleichsmedium herangezogen. Üblicherweise erscheint Hirngewebe im Computer-Tomogramm in gering abgestuften Grauwerten, die sich deutlich 7 Neurochirurgia 19,3

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vom Dunkelgrau bis Schwarz des Liquors und dem Weiß von frisch koaguliertem Blut, Verkalkungen und Knochenstrukturen unterscheiden. Ältere verflüssigte Blutungen nehmen in vielen Fällen an Dichte langsam ab, so daß schließlich ein dunkleres Grau als das des Hirngewebes resultiert. Die wichtigsten indirekten Zeichen sind: Verlagerung der Mittellinienstrukturen und Kompression des Ventrikelsystems auf der Seite des Hämatoms.

Kasuistik Von den 46 Patienten mit chronischem Subduralhämatom waren 37 Männer und 9 Frauen. Das Alter der Kranken schwankte zwischen 18 und 82 Jahren mit einem deutlichen Überwiegen des 7. und 8. Lebensjahrzehnts. Ein gesichertes Schädel-Hirntrauma war bei 23 Patienten in der Anamnese vorhanden; meist handelte es sich um Sturzverletzungen, die primär nicht zu Bewußtlosigkeit oder andersartigen Ausfällen geführt hatten. Das Zeitintervall zwischen Trauma und Krankenhausaufnahme reichte von 2 bis 11 Wochen mit einem Häufigkeitsgipfel in der 6. Woche. Geordnet nach dem Erscheinungsbild im Computer-Tomogramm lassen sich die chronischen subduralen Hämatome in drei Gruppen einteilen: Hämatome mit einer geringeren Strahlenabsorption als Hirngewebe, Hämatome mit Anteilen unterschiedlicher Dichte (erniedrigt, gleich, erhöht) und Blutungen mit der gleichen Dichte wie Hirngewebe (s. Tab. 1). Entsprechend diesem uneinheitlichen Erscheinungsbild reichten die mittleren Absorptionswerte im Zahlenausdruck bei den chronischen subduralen Hämatomen unserer Untersuchungsserie von + 8 bis +28 EMI-Einheiten. Die Hämatomdicke schwankte zwischen 5 und 35 mm, wobei die Mehrzahl der Blutansammlungen einen Querdurchmesser von 15 bis 20 mm aufwies. Die meisten Hämatome reichten fast über eine ganze Großhirnhemisphäre mit Aussparung des Frontal- und Occipitalpols, es kamen aber auch rein frontale Hämatome vor. Bei 17 Patienten war die Dichte im Hämatom gegenüber Hirngewebe erniedrigt, das Subduralhämatom ließ sich als sichel- oder linsenförmige extrazerebrale Grauzone erkennen. Abb. la-c zeigt eine Tomogramm-Serie bei einem 63jährigen Patienten mit chronischen Subduralhämatom, das nahezu die gesamte rechte Großhirnhemi-

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Zur Diagnose des chronischen subduralen Hämatoms im Computer-7'omogramm

Th. Grumme u. a.

Tabelle 1: Computer-tomographische Befunde bei Hämatomen

Typl Hämatome

n

Dichte erniedrigt

einseitig doppelseitig Gesamt

38

14

8

3

46

17 37%

Patienten mit chronischen subduralen

CT-Befund Typ 2

Typ 3

Hämatomanteile verschiedener Dichte

gleiche Dichte wie Hirngewebe

10

14

4

1

14 30,5 %

15 32,5 %

Abb. 2: Chronisches subdurales Hämatom über der linken Hemisphäre bei einem 65jährigen Patienten. Anteile erniedrigter und erhöhter Dichte im Hämatom (Typ 2). Kompression des linken Seitenventrikels (CT-Nr. M-1870/75, Schicht 2B).

Abb. l a - c : Computer-Tomogramme eines 63jährigen Patienten mit chronischem subduralen Hämatom über der rechten Hemisphäre. Hämatom Typ 1 mit erniedrigter Dichte. In Abb. l a Kammerung der Flüssigkeitsansammlung und ausgeprägte Massenverschiebung nach links, Kompression des rechten Hinterhorns (CT-Nr. M-1776/ 75, Schicht 2A, 3A und 3B).

sphere überzieht. Nicht selten war das Hämatom gekammert. Bei weiteren 14 Patienten bestand der Inhalt des Hämatoms aus Anteilen unterschiedlicher Dichte. Die Kombination von erniedrigter und erhöhter Absorption herrschte vor. Meist war der vordere Teil des Hämatoms von

geringerer Dichte, der hintere wies dagegen höhere Absorptionswerte auf (s. Abb. 2 und 3). Wegen der Rückenlage der Patienten während der Untersuchung sammeln sich die spezifisch schwereren Hämatomanteile in den hinteren Abschnitten des Hämatomsackes an, wodurch eine Spiegelbildung im Hämatom entsteht. Dieser Sedimentationseffekt stellt offenbar einen recht typischen Befund bei chronischen Subduralhämatomen dar. Die Grenzlinie zwischen den verschiedenen Anteilen der Blutung ist oft ganz scharf gezogen (s. Abb. 3). 8 von 31 direkt nachgewiesenen Hämatomen zeigten dieses Phänomen. Bei koagulierten, der Hämatomkapsel fester anhaftenden Bestandteilen der Blutung konnte zusätzlich zum Sedimentationseffekt auch in den vorderen Abschnitten des Hämatoms eine Zone erhöhter Dichte beobachtet werden (s. Abb. 4). Eine gegenüber Hirngewebe erhöhte Strahlenab-

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Abb. 3: Chronisches subdurales Hämatom vom Typ 2 mit Spiegelbildung zwischen den dünnflüssigen und dichteren Anteilen der Blutung durch Sedimentierung. Ventrikelkompression links (CT-Nr. M-1222/75, Schicht 3A).

Abb. 4: Nachweis frischerer Blutkoagel in einem chronischen subduralen Hämatom über der linken Hemisphäre, die im vorderen Anteil des Hämatoms an der Kapsel fixiert sind. Sedimentationseffekt (CT-Nr. M-1222/75, Schicht 2B, gleicher Patient wie Abb. 3).

Sorption haben wir nur bei Hämatomen gesehen, in denen gleichzeitig Zonen verminderter Dichte vorkamen. Auf die Befunde bei 4 doppelseitigen chronischen Subduralhämatomen mit unterschiedlicher Dichte wird weiter unten noch näher eingegangen. Bei den restlichen 15 Patienten unterschied sich die Dichte des chronischen Subduralhämatoms vom Hirngewebe nicht eindeutig, diese Blutungen entzogen sich damit dem direkten Nachweis im Computer-Tomogramm (s. Abb. 5). Es lag die Vermutung nahe, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt nach dem Trauma das Hämatom

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Abb. 5: Chronisches subdurales Hämatom über der rechten Großhirnhemisphäre mit gleicher Dichte wie Hirngewebe (Typ 3). Indirekte Zeichen des raumfordernden Prozesses: Volumensvermehrung ohne Dichteveränderung, Massenverschiebung, Ventrikelkompression (CT-Nr. M2387/76, Schicht 2 A und 3A). durch Verflüssigung die gleichen Dichtewerte wie Hirngewebe aufweist. Eine feste Beziehung zwischen Hämatomdichte und Dauer der Vorgeschichte ließ sich jedoch nicht feststellen. Das Intervall zwischen Trauma und Zeitpunkt der computer-tomographischen Untersuchung zeigte in allen drei Befundgruppen eine ähnliche Schwankungsbreite von 2 Wochen bis zu 3 Monaten. Bei den 14 Patienten ohne direkten Hämatomnachweis gewinnen die Zeichen der Massenverschiebung und der Ventrikelkompression erhöhte Bedeutung für die Diagnostik (vgl. Tab. 2). Diese 14 Patienten wiesen ein einseitig entwickeltes, chronisches subdurales Hämatom auf, das in jedem Fall zu einer Verlagerung der Mittellinienstrukturen geführt hatte (s. Abb. 5). Die Befunde bei zwei doppelseitigen chronischen Subduralhämatomen mit einseitig nicht sichtbaren Hämatom werden an anderer Stelle ausführlich erörtert. Am stärksten war die Massenverschiebung stets im Bereich des Septum pellucidum ausgeprägt. Sie erreichte maximal 15 mm. Auch das Corpus pineale nahm an der Verlagerung teil, diese erreichte jedoch deutlich niedrigere Werte bis maximal 11 mm und entsprach damit den echoencephalographischen Meßwerten. Der bei zahlreichen Patienten im Computer-Tomogramm sichtbare verkalkte Plexus chorioideus des Seitenventrikels ist typischerweise nach medial und vorne verlagert (s. Abb. 6). Die einseitige Ventrikelkompression stellt ein charakteristisches Merkmal der raumfordernden Wirkung des chronischen subduralen Hämatoms dar. Am ausgeprägtesten ist dieses Zeichen im Cella-media-Bereich, der meist vollständig verschwindet (s. Abb. 3 und 5). Auch Trigonum

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Zur Diagnose des chronischen subduralen H ämatoms im Computer-Tomogramm

Th. Grumme u. a.

Abb. 6: Verlagerung des Plexus chorioideus des linken Seitenventrikels nach vorne und medial bei einem chronischen subduralen Hämatom über der linken Hemisphäre (Typ 2). Kompression des linken Hinterhorns (CT-Nr. M-1870/75, Schicht 2A). und Hinterhorn sind vielfach aufgebraucht. Dagegen läßt sich fast immer das verlagerte Vorderhorn bis zum Foramen Monroi erkennen. Der kontralaterale Seitenventrikel ist nur in Ausnahmefällen nicht in allen Abschnitten dargestellt, gelegentlich sogar erweitert (s. Abb. 2). Diese Erweiterung dürfte auf eine partielle Liquorblockade zurückzuführen sein, da eine Darstellung des 3. Ventrikels bei allen Patienten mit einer Mittellinienverlagerung um mehr als 5 mm vermißt wird. Ein letztes indirektes Zeichen eines einseitigen chronischen subduralen Hämatoms ist die fehlende Darstellung der Sylviischen Fissur und der Sulci über der erkrankten Hemisphäre, besonders bei älteren Menschen (s. Abb. 7). Auch bei Patienten mit direktem Hämatomnachweis im Computer-Tomogramm wurden die oben aufgeführten indirekten Zeichen fast regelmäßig beobachtet (s. Tab. 2). Ein computer-tomographisch erkennbares Hirnödem auf der Seite der Läsion bestand bei keinem Patienten der vorliegenden Untersuchungsserie. Die Dichtewerte in der Hämatomhemisphä-

Abb. 7: Chronisches subdurales Hämatom über der linken Hemisphäre. Fehlende Darstellung der Hirnrindenzeichnung auf der Seite des Hämatoms (CT-Nr. M-1349/75, Schicht 4A). re lagen vielfach sogar signifikant höher als in der kontralateralen Hirnhälfte. Das Marklager des Centrum semiovale ist durch das Hämatom kompirmiert und erscheint meist schmaler als auf der Gegenseite. Bei 16 Patienten wurde die Untersuchung nach intravenöser Kontrastmittelinjektion wiederholt. Eine Dichteveränderung im Hämatom selbst erfolgte in keinem Fall innerhalb des Kontrollzeitraums von 30 Minuten. Bei 4 Patienten kam es zu einer Darstellung des dem Cortex anliegenden inneren Blattes der Hämatomkapsel (s. Abb. 8). Das Hämatom selbst war bei 3 Kranken schon im Nativbild sichtbar, nur bei einem Patienten hatte die Blutung die gleiche Dichte wie Hirngewebe. Die Erfahrungen mit doppelseitigen chronischen subduralen Hämatomen beschränken sich auf 8 Fälle, bei denen mit einer Ausnahme zumindest jeweils ein Hämatom im Computer-Tomogramm sichtbar war. Bei drei Patienten wiesen die Flüssigkeitsansammlungen beiderseits verminderte Dichte auf und waren dadurch klar erkennbar, eine Massenverschiebung fehlte (s. Abb. 9).

Tabelle 2: Indirekte Zeichen chronischer subduraler Hämatome im Computer-Tomogramm (46 Beobachtungen)

Hämatome einseitig doppelseitig Gesamt

Massenverschiebung

Ventrikelkompression

+

0

+

0

38

38

-

32

6

8

4

4

4

4

n

46

42(91%)

4

36(78%)

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Abb. 8: Darstellung der inneren Membran der Hämatomkapsel eines chronischen subduralen Hämatoms über der linken Hemisphäre nach intravenöser Kontrastmittelinjektion (CT-Nr. M1581/75, Schicht 2A).

Abb. 9: Doppelseitiges subdurales Hämatom über beiden Stirnhirnen nach Schädelhirntrauma bei einem 18jährigen Patienten. Keine Massenverschiebung, mäßiggradiger Hydrocephalus (CT-Nr. MZ-330/75, Schicht 2B). Ein weiterer Kranker hatte sehr ausgedehnte bifrontale Hämatome, die größtenteils verminderte Dichte aufwiesen und nur in den hintersten Abschnitten ein geringes Sediment zeigten (s. Abb. 10). Eine Patientin hatte auf einer Seite verminderte und leicht erhöhte Absorptionswerte in der Blutansammlung, das kleinere kontralaterale Hämatom wies nur verminderte Dichte auf (s. Abb. 11). Bei weiteren zwei Patienten stellte sich jeweils eines der beiden Hämatome im ComputerTomogramm eindeutig aufgrund erniedrigter Dichte dar, während die Blutung auf der Gegenseite in beiden Fällen Absorptionswerte wie Hirngewebe aufwies und somit nicht sichtbar war.

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Abb. 10: Ausgedehnte bifrontale chronische Subduralhämatome bei einem 66jährigen Mann nach Antikoagulantienbehandlung. Kleines Sediment in den hintersten Abschnitten beider Hämatome. Verlagerung des Septum pellucidum um 5 mm von rechts nach links (Ct-Nr. M-2586/76, Schicht 2B).

Abb. 11: Doppelseitiges chronisches Subduralhämatom bei einer 73jährigen Patientin. Größere Blutung Typ 2 links und dünnes Hämatom Typ 1 rechts. Minimale Massenverschiebung (CT-Nr. M-1837/75, Schicht 2B). Eine Massenverschiebung bestand bei allen vier zuletzt aufgeführten Patienten mit Hämatomen unterschiedlicher Dichtewerte. Die Verlagerung der Mittellinienstrukturen ließ sich allerdings nur im Bereich des Septum pellucidum eindeutig nachweisen und erreichte hier ein Ausmaß von 2,4 und zweimal 5 mm. Die Zirbeldrüse war lediglich um 1-2 mm verlagert. In einem Fall lag ein doppelseitiger chronisch subdurales Hämatom vor, das im Computertomogramm zu keinerlei sicher verwertbaren Befunden geführt hatte; die Hämatome waren beiderseits gegenüber Gehirn

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Zur Diagnose des chronischen subduralen Hämatoms im Computer-Tomogramm

Tb. Grumme u. a.

isodens, am Ventrikel und den Mittellinienstrukturen fanden sich keine Auffälligkeiten.

Diskussion Bereits die ersten Mitteilungen über computer-tomographische Befunde beim chronischen subduralen Hämatom haben gezeigt, daß ein Teil dieser Blutungen sich dem direkten Nachweis mit dieser neuen Untersuchungsmethode entzieht (Ambrose 1973; Paxton und Ambrose 1974; Levander, Stattin und Svendsen 1975; Kazner, Lanksch, Steinhoff und Wilske 1975). Die an 46 Patienten mit chronischen subduralen Hämatomen gewonnenen Erfahrungen lassen erkennen, daß ein einheitliches Bild im Computer-Tomogramm fehlt. Es können aber drei charakteristische Befundtypen unterschieden werden:

Typi Chronische subdurale Hämytome, die im Computer-Tomogramm als Zone verminderter Dichte in Erscheinung treten. Bei der Operation erweist sich der Hämatominhalt als dünnflüssig von bernsteingelber bis bräunlicher Farbe, gelegentlich hygromartig. Der Anteil von festen Bestandteilen (Fibringerinnsel) ist relativ gering, oft fehlen diese ganz. Typ 2 Chronische subdurale Hämatome mit Anteilen unterschiedlicher Dichte. Im ComputerTomogramm findet sich meist eine Kombination von Arealen erniedrigter und erhöhter Strahlenabsorption. Bei der Operation stößt man neben dünnflüssigen Anteilen auf relativ feste Koagel und kaffeesatzartige Flüssigkeit, die für die Spiegelbildung im computer-tomographischen Bild verantwortlich sein dürften. Typ 3 Chronische subdurale Hämatome mit gleicher Dichte wie Hirngewebe, die sich nur

aufgrund von Zeichen der Massenverschiebung und Ventrikelkompression erkennen lassen. Bei der Operation finden sich teilweise Schwartenbildungen, teilweise grünlich-bräunliche oder rotbraune Hämatomflüssigkeiten, die bei der Kontrollmessung im Phantom die gleichen Absorptionswerte wie Hirngewebe aufweisen und sich auch im spezifischen Gewicht nicht von Hirngewebe unterscheiden. In der vorliegenden Studie war Typ 1 mit 37 % am häufigsten vertreten, die Typen 2 und 3 hatten einen Anteil von 30,5 % bzw. 32,5 %. Während Typ 1 oft fast hygromartig ist, muß beim Typ 2 angenommen werden, daß eine frische Blutung in ein bestehendes chronisches subdurales Hämytom stattgefunden hat, die vermutlich auch für die klinische Verschlechterung des Zustandsbildes ursächlich in Frage kommt. Diese computer-tomographischen Befunde beim Typ 2 bestätigen die pathologisch-anatomischen Untersuchungsergebnisse von Zülch (1956) und Krauland (1961), die festgestellt haben, daß es aus zahlreichen Kapillaren des Granulationsgewebes der Hämatommembran rezidivierend blutet, was zur Größenzunahme des chronischen subduralen Hämatoms führt. Beim Typ 3 mit gleichen Strahlenabsorptionswerten wie Hirngewebe kam es anfangs zu erheblichen diagnostischen Schwierigkeiten, da die direkte Darstellung des Hämatoms vermißt wurde. Eine genauere Analyse der indirekten Zeichen, die ein solches Hämatom hervorruft, hat aber gezeigt, daß diese Kriterien zur Diagnose eines einseitigen chronischen subduralen Hämatoms ausreichen. Die Kombination von Massenverschiebung, einseitiger Ventrikelkompression, fehlendem dichteverändernden Prozeß, Verschmälerung des Marklagers im Centrum semiovale und negativem Ausfall der Kontrastverstärkung in einem umschriebenen Bereich der volumensvermehrten Hemisphäre kommt nach Beobachtungen an 5500 computer-tomographisch untersuchten Patienten nur beim einseitigen chronischen subduralen Hämatom vor. Auf eine Karotisangiographie kann bei allen ein-

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seifigen Hämatomen der Typen 1 bis 3 verzichtet werden. Doppelseitige chronische subdurale Hämatome können im Computer-Tomogramm ohne Schwierigkeiten diagnostiziert werden, wenn sie dem Typ 1 oder 2 entsprechen. Problematischer ist zweifellos die Erkennung doppelseitiger Blutungen im Computer-Tomogramm, wenn eine der beiden Flüssigkeitsansammlungen die gleichen Absorptionswerte wie Hirngewebe aufweist. Eine fehlende oder geringe Massenverschiebung erweckt bei einseitig nachgewiesenem Hämatom den Verdacht auf das Vorliegen einer zweiten Blutung auf der Gegenseite. Für die Auswertung der Computer-Tomographie gelten also die gleichen Gesichtspunkte wie für die Karotisangiographie. Doppelseitige chronische Subduralhämatome mit beiderseits gleicher Dichte wie Hirngewebe dürften dem computertomographischen Nachweis entgehen, besonders wenn sich die beiden Hämatome größenmäßig nicht wesentlich unterscheiden, wie eine entsprechende Beobachtung im eigenen Material zeigt.

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Die Kontrastverstärkung, die beim Typ 3 zur sicheren Abgrenzung gegen einen andersartigen raumfordernden Prozeß von großer Wichtigkeit ist, vermag sonst zur Diagnose eines chronischen subduralen Hämatoms nur wenig beizutragen. Nur gelegentlich kommt es zu einer Dichteanhebung im viszeralen Blatt der Hämatomkapsel. Vielleicht lassen sich in der Zukunft, wenn Computer-Tomographie-Geräte mit noch höherer Auflösung zur Verfügung stehen, bessere diagnostische Ergebnisse erzielen. Die Dichtezunahme in den oberen Schichten der durch ein chronisches subdurales Hämatom komprimierten Hemisphäre dürfte auf die Volumenverminderung des Marklagers zurückzuführen sein. Diese ist Folge des durch chronische Druckwirkung reduzierten Flüssigkeitsgehaltes der betroffenen Hirnhälfte. Dementsprechend dehnt sich nach der Entleerung des Hämatoms das komprimierte Gehirn nur ganz langsam aus, wie die operative Erfahrung lehrt.

Literatur Ambrose, ].: Computerized transverse axial scanning (tomography): Part. 2. Clinical application. Brit. J. Radiol. 46 (1973) 1023-1947 Grumme, Th.: Der Wert der Echo-Encephalographie bei Schädelhirnverletzten. Zschr. Ärztl. Fortbild. 59 (1970) Kazner, E.: Erfahrungen mit der Echo-Encephalographie bei raumfordernden intrakraniellen Blutungen. In: Ultrasonographia Medica. Hrsg. von /. Bock und K. Ossoinig. Wien: Wiener Med. Akademie I (1971) 197-207 Kazner, E., W. Lankscb, H. Steinhoff, ]. Wilske: Die axiale Computer-Tomographie des Gehirnschädels - Anwendungsmöglichkeiten und klinische Ergebnisse. Fortschr. Neurol. Psychiat. 43 (197J) 487-574 Krauland, W.: Über die Quellen des akuten und chronischen subduralen Hämatoms (™ Zwanglose Abhandlun-

gen aus dem Gebiete der normalen und pathologischen Anatomie). Thieme, Stuttgart 1961 Levander, B., S. Stattin, P. Svendsen: Computer tomography of traumatic intra- and extracerebral lesions. In: Computer tomography of brain lesions. Ed. by £. Lindgren, Acta Radiol. (Stockh.) Suppl. 346 (1975) 107-118 Paxton, R., J. Ambrose: The EMI scanner. A brief review of the first 650 patients. Brit. J. Radiol. 47 (1974) 530565 Schiefer, W., E. Kazner: Klinische Echo-Encephalographie. Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1967 Zeidler, U., S. Kottke, H. Hundeshagen: Hirnszintigraphie Technik und Klinik, 2. Auflage. Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1975 Zülch, K. ].: Histologische Untersuchungen bei chronischem subduralem Hämatom. Hefte Unfallheilk. 53 (1956) 121

Prof. Dr. med. Th. Grumme, Dr. med. W. Meese, Neurochirurgische Klinik der freien Universität Berlin im Klinikum Westend, Spandauer Damm 130, 1000 Berlin 19 Dr. med. S. Lange, Radiologische Klinik der Freien Universität Berlin im Klinikum Westend, Spandauer Damm 130, 1000 Berlin 19 Dr. med. W. Lankscb, Priv.-Doz. Dr. med. E. Kazner, Neurochirurgische Klinik im Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München, Marchioninistr. 15, 8000 München 70 Dr. med. H. Steinboff, Radiologiscbe Klinik im Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München, Marchioninistr. IS, 8000 München 70 Dr. med. A. Aulicb, Prof. Dr. med. S. Wende, Abteilung für Neuroradiologie der Neurochirurgischen Klinik im Klinikum der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Langenbeckstr. 1, 6500 Mainz

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Zur Diagnose des chronischen subduralen Hämatoms im Computer-Tomogramm

[CT findings in chronic subdural hematomas (author's transl)].

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