Originalarbeit

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Konservatives Therapiekonzept bei MetatarsaleV-Basisfrakturen – Retrospektive und prospektive Analyse

Autoren

S. Schmoz, A. L. Voelcker, H. Burchhardt, M. Tezval, A. Schleikis, K. M. Stürmer, S. Sehmisch

Institut

Klinik für Unfall-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsmedizin Göttingen

Schlüsselwörter

Zusammenfassung

Abstract

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Hintergrund: Ca. 30 % aller knöchernen Verletzungen des Fußes sind Mittelfußfrakturen. Mittelfußknochen V-Basisfrakturen treten dabei am häufigsten auf. Die Einteilung erfolgt nach Avulsionsfrakturen der Tuberositas, Jonesfrakturen und Stressfrakturen der proximalen Diaphyse. Die Behandlung der nicht dislozierten Frakturen erfolgt verbreitet konservativ. Die Indikation zur operativen Therapie wird abhängig von der Belastung und der damit verbundenen Refrakturrate jedoch großzügig gestellt. Es gibt sehr verschiedene Behandlungsalgorhythmen in der Therapie der Metatarsale V-Basisfrakturen. Wir stellen ein mögliches Konzept zur konservativen Behandlung vor und zeigen, wie sich verschiedene Therapieformen auf die Frakturheilung und soziale Reintegration der Patienten auswirken. Material und Methode: Eine retrospektive Analyse umfasst 68 und eine prospektive Analyse 18 konservativ behandelte Patienten mit einer Metatarsale-V-Basisfraktur in einem Zeitraum von 9 bzw. 3 Jahren. Die Behandlung erfolgte im gespaltenen bzw. geschlossenen Sprunggelenksverband oder in einem Göttinger Anklesplint mit jeweiliger sofortiger schmerzorientierter Vollbelastung in allen Gruppen. Die subjektiven und objektiven Therapieresultate wurden mittels Göttinger Phillipsscore erfasst. Ergebnisse: Retrospektiv betrachtet war die Frakturkonsolidierung nach 8,1 Wochen erreicht mit voller Belastbarkeit nach 6,3 Wochen. In der prospektiven Auswertung waren die knöcherne Konsolidierung bereits nach 6,2 Wochen und die volle Belastbarkeit nach 1,7 Wochen eingetreten. Die Behandlung mit dem Göttinger Anklesplint ergab nach 10 Wochen bei der Auswertung des Phillipsscores mit 105 von maximal 110 Punkten das beste Ergebnis und war im Kostenvergleich die preiswerteste Variante.

Background: Approximately 30 % of all bone injuries are foot metatarsal fractures. Metatarsal V basis fractures occur most frequently. The classification is done into the tuberosity avulsion fractures, Jones fractures and stress fractures of the proximal diaphysis. The treatments of non-displaced fractures are generally conservative. The indication for surgical treatment depends on the load and the associated refracture rate. There are different types of treatment of these fractures. We present a possible approach to conservative treatments and show how different therapies affect healing of metatarsal V basis fractures and social reintegration of patients. Methods: A retrospective study consisted of 68 patients analysed during a 9-year period, whereas for a prospective analysis 18 patients were included for a period of 3 years. The treatment was performed using either a splint, closed bandage of the ankle or special Göttinger Anklesplint bandage, with immediate pain-oriented full load in all groups. The subjective and objective treatment results were analysed accoding the Göttinger Phillips score. Results: In retrospect, the fracture consolidation was observed after 8.1 weeks full load-bearing was achieved after 6.3 weeks on average. In the prospective analysis, the osseous consolidation occurred after 6.2 weeks, and the full load was applied after 1.7 weeks. After 10 weeks the treatment with the Anklesplint bandage was assessed with 105 points of a maximum 110 points of the Phillips score. The Anklesplint bandage was also the cheapest option in the cost comparison. Conclusion: Using the immobilisation of the metatarsal supination with the Anklesplint bandage the metatarsal V basis fractures can heal in a regular way. The functional outcome is better in comparison to the that with other treatments and it is a cost-effective treatment.

● Metatarsale-V-Basisfraktur ● Avulsionsfrakturen ● Stressfraktur ● Jonesfraktur " " "

Key words

● metatarsal V basis fractures ● avulsion fractures ● stress fractures ● Jones fractures " " " "

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1385611 Sportverl Sportschad 2014; 28: 211–217 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0932-0555 Korrespondenzadresse Dr. med. Susanne Schmoz Klinikum St. Georg gGmbH Delitzscher Str. 141 04129 Leipzig Tel.: 03 41/9 09 47 50 susanne.schmoz@googlemail. com

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Conservative Therapy for Metatarsal 5 Basis Fractures – Retrospective and Prospective Analysis

Originalarbeit

Schlussfolgerung: Nur durch die Ruhigstellung der Supinationskette kann die Metatarsale-V-Basisfraktur mit dem Göttinger Anklesplint regelhaft heilen. Das funktionelle Outcome ist im Vergleich zum Geishaschuh und Sprunggelenksverband besser und die Therapieform sozioökonomisch günstiger.

Einleitung !

Mittelfußfrakturen liegen in etwa 30 % aller knöchernen Verletzungen des Fußes vor [23]. Ursächlich sind sowohl direkte als auch indirekte Gewalteinwirkungen, die zu isolierten und kombinierten Brüchen der Mittelfußknochen bis hin zu komplexen Fußverletzungen (z. B. Lisfranc-Luxationsfrakturen) führen können [7, 14, 20, 21]. Am häufigsten sind die Mittelfußknochen-VBasisfrakturen [10], die in etwa 80 % der Fälle durch Distorsionstraumen entstehen [1, 6, 10]. Es werden nach Dameron und Quill Abrissfrakturen der Tuberositas, Jonesfrakturen und Stressfrakturen der proximalen Diaphyse benannt [17]. Die Theorie zur Entstehung der Abrissfraktur, dass der Zug der Peroneus brevis Sehne an der Tuberositas bei Inversion/Supination des Fußes zur Fraktur führt [6, 16], konnte in experimentellen Studien nicht belegt werden. Richli und Rosenthal beschreiben das Zustandekommen der Fraktur bei Inversions- und Plantarflexionsbewegung durch die Zugwirkung des lateralen Anteils der Plantaraponeurose, die an der Spitze der Tuberositas des MFK V ansetzt [18, 19]. Die 1902 von Sir Robert Jones beschriebenen, meist querverlaufenden Frakturen am gefäßarmen proximalen metadiaphysären Übergang in Höhe des IV. Intermetatarsalgelenkes, entstehen bei plötzlicher extremer Plantarflexion und Adduktion des Fußes [11, 17] und werden von den Avulsionsfrakturen unterschieden [26]. In der Literatur wird die Abgrenzung zur Stressfraktur der proximalen Diaphyse aufgrund der gleichartigen Therapien und Behandlungsverläufe kontrovers diskutiert [3]. Durch die Nomenklatur entsprechend den Lokalisationen soll allerdings die Generalisierung derartiger Frakturen als Jonesfrakturen vermieden werden [17, 18]. Stressfrakturen treten am Os Metatarsale 2 und 5 auf, häufig durch ständige, gleichförmige Belastungen des Fußes (Mikrotraumata) [5] und werden vorzugsweise bei Soldaten (Marschfrakturen), Läufern und Tänzern beobachtet, aber auch gehäuft im Zusammenhang mit angeborenen oder erworbenen Fußdeformitäten und muskulärer Dysbalance beobachtet [18]. Bei der akuten Metatarsale-V-Fraktur werden am lateralen Mittelfuß zeitnah zum Unfall heftige Druckschmerzen angegeben und eine Schwellung mit Beeinträchtigung beim Gehen beobachtet. Beim Ermüdungsbruch treten die Beschwerden und Befunde milder und schleichender auf. Die bildgebende Diagnostik richtet sich nach dem klinischen Untersuchungsbefund. Danach empfehlen Zwipp und Rammelt die a.p, seitliche und 45°Schrägaufnahmen und bei der Basisfraktur bei entsprechendem Unfallmechanismus Funktionsaufnahmen zum Ausschluss einer Lisfrancgelenksverletzung [18]. Ermüdungsfrakturen sind meist erst in der Resorptionsphase erkennbar [5] und szintigrafisch und ggf. durch MRT zu beweisen [27]. Akzessorische Knochen und die Verknöcherung der Apophyse sind Differenzialdiagnosen [18, 24]. Die Metatarsalefrakturen zeigen verbreitet einen günstigen Heilverlauf, sodass die Behandlung der nicht dislozierten Brüche konservativ durchführbar ist [9, 21]. Die nicht dislozierte Jonesfraktur bedarf dabei aufgrund der kritischen lokalen Vaskularität und der erhöhten Non-union-Rate aber einer längeren Immobilisation und Entlastung des Fußes [17, 18]. Während die Lehrbuchmeinung zur konservati-

ven Behandlung der Metatarsale-V-Basisfrakturen die Ruhigstellung des OSG und USG im Sprunggelenksverband ist, behandeln Torg et al. im Sprunggelenkscast unter Entlastung und Gösele et al. funktionell mit Orthesen unter Last [6, 25]. Cohnen et al. erreichen hingegen gute Ergebnisse im elastischen Verband im Gegensatz zu Joseffson et al., die unter dieser Therapieform eine langsamere Heilungstendenz mit Refraktur- und Pseudarthroserate beschreiben [2, 12]. Die Indikation zur operativen Therapie wird einheitlich definiert und ist bei Dislokation, Gelenkfrakturen und offenen Frakturen indiziert. Die konservative Therapie der Frakturen wird in der Literatur sehr kontrovers diskutiert. Anhand der vorliegenden Studie wird ein mögliches Konzept zur konservativen Therapie vorgestellt und untersucht, wie sich verschiedene Therapieformen auf die knöcherne Konsolidierung der Frakturen und den Zeitpunkt der wiedererreichten Vollmobilität der Patienten auswirken.

Patienten/Material und Methoden !

Um ein Therapiekonzept erarbeiten zu können, erfolgte die Analyse anhand retro- und prospektiver Untersuchungsergebnisse.

Retrospektive Analyse Im Zeitraum von 1996 – 2005 wurden in unserer Klinik 83 Patienten, 40 Frauen und 43 Männer mit einer Metatarsale-V-Basisfraktur behandelt, davon 68 (82 %) Patienten konservativ. Die Daten der Patienten wurden anhand eines selbsterstellten Erhebungsbogens erfasst. Eingeschlossen wurden Alter und Geschlecht der Patienten, Unfallhergang, der Unfallmechanismus, der Frakturtyp, Begleitverletzungen, Therapieform, die Heilungszeit der Fraktur und die Zeit bis zur beruflichen und sozialen Reintegration.

Prospektive Analyse Es handelt sich um eine Analyse von 18 Patienten (7 Frauen, 11 Männer), die im Zeitraum von 2004 – 2007 in unserer Klinik konservativ behandelt wurden. Die Studiengenehmigung durch die Ethikkommission der Universität Göttingen lag vor (Ethiknummer: 1/6/04), und die Patienten stimmten dem Studieneinschluss nach entsprechender Aufklärung zu. Es wurden 3 Patientengruppen gebildet: Gruppe 1: Behandlung 6 Wochen in einem gespaltenen Sprunggelenksverband mit sofortiger Krankengymnastik (KG) und Lymphdrainage aus dem Verband heraus. Gruppe 2: Anlage eines geschlossenen Sprunggelenksverbandes für 6 Wochen mit anschließender KG und Lymphdrainage. Gruppe 3: Anlage eines Göttinger Anklesplint-Verbandes für 6 Wochen mit sofortiger KG und Lymphdrainage aus der Schiene heraus wie Gruppe 1. Allen Gruppen war die Belastung bis zur Schmerzgrenze gestattet. Die medikamentöse Thromboseprophylaxe erfolgte in den Gruppen 1 und 2 und, sofern keine Vollbelastung möglich war, auch in Gruppe 3. Es erfolgten festgelegte Kontrolluntersuchungen nach " Tab. 1). 1 Tag, 1 Woche, 8 Tagen, 2, 6 und 10 Wochen (●

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Abb. 1

a Göttinger Anklesplint-Verband. b gespaltener OSG Verband. c geschlossener OSG Verband.

Tab. 1 Konservatives Therapiekonzept bei Metatarsale-V-Basis-Frakturen – Prospektive randomisierte Studie – festgelegte Kontrolluntersuchungen der Patienten (n = 18). Tag 1

Erstuntersuchung, Festlegung des Therapiekonzeptes für Gruppen 1 – 3

Tag 2

Gipskontrolle

nach 1 Woche

klinische Kontrolle, ggf. Gipswechsel, wenn diese bei Erstvorstellung schwellungsbedingt noch nicht möglich war.

durchführbar. Bei den Patienten der prospektiven Studie wurde " Abb. 1a–c). der Geishaschuh nicht verwendet (●

Statistische Berechnungen Die deskriptive Statistik wurde mit Excel (MS office, Redmond, USA) durchgeführt. Die statistische Signifikanz wurde zwischen den Gruppen mittels one way ANOVA, gefolgt von einem TukeyKramer-Test überprüft. Das Signifikanzniveau lag bei p < 0,05.

Tag 8

Gipskontrolle bei erfolgtem Gipswechsel

nach 2 Wochen

klinische Kontrolle (Druckschmerz über Fraktur?), Röntgenkontrolle, Messen der Frakturspaltweite

Ergebnisse

nach 6 Wochen

Abnahme des jeweiligen Castverbandes, klinische Kontrolle, Röntgenkontrollen, Messen der Frakturspaltweite, Fortführen des Therapiekonzeptes für Gruppen 1 – 3

Retrospektive Analyse

nach 10 Wochen

klinische Kontrolle, Röntgenkontrolle nur bei verzögerter Frakturkonsolidierung, Beurteilung der Mobilität und Funktionseinschränkungen

Die Bewertung der Ergebnisse der prospektiven Studie wurde nach dem modifizierten Göttinger Phillipsscore vorgenommen (subjektive Schmerzbeurteilung 54 Punkte; subjektive Funktionseinschränkung 38 Punkte und objektive klinische Funktionseinschränkung 23 Punkte, bei schlechtem radiologischen Befund wurden maximal 30 Punkte subtrahiert) [13].

Verbandstechniken Wir verwenden SoftCast 3 M®. Die polyurethanimprägnierte Bandagen aus Harz und synthetischem Garn passen sich flexibel der Körperform an, sind luftdurchlässig, wasserfest und widerstandsfähig, haben eine geringes Gewicht und eine höhere Dehnfähigkeit, höhere Röntgentransparenz, sind kosmetisch ansprechend und wirtschaftlich [22]. Im Sprunggelenksverband werden die OSG und USG Bewegungen verhindert, die gespaltene Form ist abnehmbar. Mit dem Anklesplint- Verband bleibt die Mobilität des OSG erhalten, was auch zur Reduktion des Thromboserisikos beiträgt. Im Geishaschuh bleiben die Bewegungen des OSG und USG

!

Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 34 Jahren. Bei 13 Patienten lag ein direktes, bei 54 Patienten ein indirektes Trauma vor, und davon in 53 Fällen eine Supinations-/Inversions- und nur einmal eine Pronationsverletzung. In 16 Fällen ließ sich kein konkreter Unfallmechanismus eruieren. Bei 12 (15 %) Patienten handelte es sich um eine Sportverletzung, häufigster Verletzungssport war Fußball (58 %). Bei 59 % der Patienten war der rechte, bei 41 % der linke Fuß betroffen. Die ärztliche Erstvorstellung erfolgte durchschnittlich nach 1,8 (0 – 64) Tagen. Die klinischen Befunde Druckschmerz/Hämatom/Schwellung traten bei 62/21/57 Patienten auf. Bei 72 Patienten (87 %) handelte es sich um eine isolierte Verletzung der MFK-V-Basis, bei 11(13 %) Patienten bestanden Begleitverletzungen, am selben Fuß bei 5 Patienten und bei 6 Patienten an anderen Extremitäten und am Körperstamm. In den bei 82 Patienten angefertigten Röntgenaufnahmen des Fußes zeigten sich die folgenden Frakturen der Metatarsale-V-Basis: 51mal extraartikulär nicht disloziert, 12mal extraartikulär disloziert, 12mal intraartikulär nicht disloziert, 6mal intraartikulär disloziert, 1mal metadiaphysär (Jonesfraktur). Bei 32 Patienten wurden aufgrund der klinischen Befunde zusätzlich Röntgenaufnahmen des OSG in 3 Ebenen angefertigt. Bei 68 von 83 (82 %) der Patienten wurde bei fehlender oder geringer Dislokation die konservative Therapie durchgeführt und erfolgte in 21 Fällen mit einem geschlossenen-, in 10 Fällen mit einem gespaltenen OSG Verband, in 16 Fällen im Geishaschuh

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Abb. 2 Knöcherne Konsolidierung der MFK V Basisfrakturen/retrospektiv.

Konsolidierung 25

Wochen

20 15 10 5

Sp lin t e

a ish Ge

An kl

t ge sp al SG .

.g

es ch l

0

SG

und bei einem Patienten mit einem Anklesplint-Verband. Bei 20 Patienten wurde zwischen den Verbandstechniken gewechselt. Nach durchschnittlich 8,1 Wochen waren die konservativ behandelten Frakturen konsolidiert (bei operativer Therapie nach 9,3 Wochen) Bezogen auf die verschiedenen Verbandsgruppen gab " Abb. 2). es keine signifikanten Unterschiede (p > 0,05) (● Die volle Belastbarkeit erreichten die konservativ behandelten Patienten nach 6,3 Wochen (operierte Patienten 11 Wochen, alle Patienten 7,5 (1/35) Wochen). Die Zeit der Arbeitsunfähigkeit belief sich auf durchschnittlich 7,6 Wochen und die Sportunfähigkeit auf 9 Wochen, jeweils ohne signifikante Unterschiede bei den verschiedenen Verbandstechniken (p > 0,05).

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Prospektive Analyse 5 Patienten (28 %) bildeten Gruppe 1, 5 (28 %) Gruppe 2 und 8 (45 %) Gruppe 3 mit ähnlicher gruppeninterner Geschlechterverteilung. 8 Patienten wurden erst nach der antikonvulsiven Behandlung im Steigbügelgips den entsprechenden Gruppen zugeordnet. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 34 Jahren (17 – 54 Jahre). Bei 2 Patienten lag ein direktes, bei 15 Patienten ein indirektes Supinations-/Inversionstrauma vor. In einem Fall ließ sich kein konkreter Unfallmechanismus eruieren. Bei 2 Patienten (11 %) lag eine Sportverletzung vor, ansonsten handelte es sich um Alltagsverletzungen. Bei 11 Patienten (73)% war der rechte, bei 4 (27 %) der linke Fuß betroffen. Die ärztliche Erstvorstellung erfolgte durchschnittlich nach 1,6 (0 – 8) Tagen (Gruppe 1: 14,5 Tage [1 – 8 Tage], Gruppe 2: 0,3 Tage [0 – 1 Tage], Gruppe 3: 1,5 Tage [0 – 2 Tage]). Die klinischen Befunde Druckschmerz/Hämatom/Schwellung traten bei 12/8/3 Patienten auf. Bei 15 Patienten (83 %) handelte es sich um eine isolierte Verletzung der Metatarsale-V-Basis, bei 3 (27 %) Patienten bestanden Begleitverletzungen, am selben Fuß bei 2 Patienten. In den angefertigten Röntgenaufnahmen des Fußes zeigten sich die folgenden nicht dislozierte Frakturen der Metatarsale-V-Basis: 12 × extraartikulär (Gruppe 1,2 n = je 3, Gruppe 3 n = 6), 4 × intraartikulär (Gruppe 1,3 n = je 2), 2 × mehrfragmentär (Gruppe 2). Bei 10 Patienten wurden zusätzlich Röntgenbilder des OSG in 3 Ebenen angefertigt. Die knöcherne Konsolidierung der Frakturen war im Mittel nach 6,2 (2/10) Wochen erreicht. Für die Gruppe 1 wurden durchschnittlich 7 Wochen, für die Gruppe 2 10 Wochen und für die Gruppe 3 4 Wochen ermittelt. Zwischen den Gruppen gab es " Abb. 3 – 5). keine signifikanten Unterschiede (p > 0,05 (● Die volle Belastbarkeit wurde im Durchschnitt nach 1,7 (0/6) Wochen erreicht (Gruppe 1: 1 Woche, Gruppe 2: 2, 3 Wochen, Gruppe 3: 2 Wochen). Der Gruppenvergleich erbrachte keine signifi" Tab. 2, " Abb. 6). kanten Unterschiede (p > 0,05) (● ●

Abb. 3 a–c Radiologischer Verlauf im Göttinger Anklesplint-Verband (Unfall, 2, 6 Wochen).

Diskussion !

In der Literatur sind die Angaben zur konservativen Therapie der Metatarsale-V-Basisfrakturen sehr verschieden und zum Teil widersprüchlich. Laut Lehrbuch erfolgt die konservative Therapie durch einen Sprunggelenksverband mit Ruhigstellung des oberen und unteren Sprunggelenkes. Nach Torg et al. [25] führt die Behandlung in einem Sprunggelenkscast ebenso wie die wie die funktionelle Behandlung in einer Orthese unter Last bei Gösele

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Ergebnisse der prospektiven Studie im Vergleich.

Abb. 5 Knöcherne Konsolidierung der MFK V Basisfrakturen/prospektiv.

Konsolidierung

Gruppe 1

Gruppe 2

Gruppe 3

gespaltener

geschlossener

Anklesplint

OSG Verband

OSG Verband

knöcherne Konsolidierung

7 Wochen

10 Wochen

4 Wochen

volle Belastbarkeit

1 Woche

2,3 Wochen

2 Wochen

Phillipsscore (10 Wochen)

Erstuntersuchung: 26,3 Pkt. 10. Woche: 100 von 110 Pkt.

Erstuntersuchung: 23,4 Pkt. 10. Woche: 95 von 110 Pkt.

Erstuntersuchung: 22,4 Pkt. 10. Woche: 105 von 110 Pkt.

Kostenvergleich der Therapie (6 Wochen)

32,50 € + Heparin ca. 200 €

15

10

Wochen

Tab. 2

5

0

1

2

Gruppe

3

22,5 € (vs. z. B. Aircast = 90 €)

et al. [6] zu guten Ergebnissen. Cohnen et al. beschreiben 2001 gute Ergebnisse durch die Behandlung in einem elastischen Verband [2], hingegen sprechen Josefsson et al. unter gleichartiger Therapie von langsamerer Heilung mit erhöhter Refraktur- und Pseudarthroserate [12]. Als Ursache dafür muss die uneingeschränkte Zugwirkung der Peroneus-brevis-Sehne angesehen werden, durch die die Fraktur der MFK-V-Basis mobil bleibt. Im Folgenden wird der konservative Heilverlauf der MetatarsaleV-Basisfraktur nur unter Ruhigstellung der Supinationskette und frühfunktioneller Behandlung anhand unserer Ergebnisse aufgezeigt und diskutiert.

Abb. 6 Bewertung der Ergebnisse der prospektiven Studie wurde nach dem modifizierten Göttinger Phillipsscore.

Vergleich der Ergebnisse der retrospektiven und prospektiven Analyse Die kleinen und vor allem ungleichen Größen der beiden Analysegruppen machen einen Vergleich schwierig. Wir führten aber zunächst eine retrospektive Analyse durch weil es in der Literatur kein einheitliches konservatives Therapiekonzept gibt. Auf der Grundlage der retrospektiven Daten erfolgte die Planung der prospektiven Analyse. Die retrospektiv miterfasste Therapievariante mit einem Geishaschuh wurde wegen schlechter Therapieergebnisse bei der prospektiven Erfassung außer Acht gelassen. Das mit der Literatur übereinstimmende Durchschnittsalter der Patienten (27 – 40) Jahre [1, 4], die indirekten Supinations-/Inversionstrau-

men als häufigster Unfallmechanismus [1, 6, 10], und die vergleichbaren klinischen Symptome [8, 24] unterstreichen die Bedeutung der differenzierten Anamneseerhebung für die Therapieplanung. Für die Projektionsradiografie gibt es verschiedene Empfehlungen. Zwipp und Rammelt empfehlen die a.p, seitliche und 45°Schrägaufnahmen des Fußes und bei der Basisfraktur bei entsprechendem Unfallmechanismus Funktionsaufnahmen zum Ausschluss einer Lisfrancgelenksverletzung [18]. Pao et al. röntgen zusätzlich das OSG mit abgebildeter Basis des 5. Mittelfußkno-

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Abb. 4 Radiologischer Verlauf im Sprunggelenksverband (Unfall, 2, 6 Wochen).

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chens. Sie verweisen dabei auf ihre retrospektive Studie mit 23 % erkannten Metatarsale-V-Basisfrakturen nur durch diese zusätzliche Bildgebung [15]. Am eigenen Patientengut wurden bei entsprechender Klinik durch zusätzliche Röntgenaufnahmen des OSG in 3 Ebenen bei rund 1/3 der Patienten in 5 Fällen (retrospektiv) und 2 Fällen (prospektiv) Begleitverletzungen erkannt. Die retrospektiv erfassten Patienten erhielten zum Teil im Verlauf der Behandlung einen oder mehrere Orthesenwechsel. Dabei kamen der Sprunggelenksverband und der Geishaschuh vorrangig zum Einsatz. Ein systematisches Therapiekonzept ließ sich im Gegensatz zu den prospektiv in 3 Gruppen untersuchten Patienten nicht erkennen. Im Zusammenhang damit steht die Diskussion um die verschiedenen Zeiten bis zur knöchernen Konsolidierung und erreichten Mobilität. Die knöcherne Heilungszeit der Patienten in der prospektiven Studie war mit 6,2 Wochen deutlich kürzer als bei den retrospektiv untersuchten Patienten (8,1 Wochen). Die Unterschiede beider Untersuchungsgruppen sind statistisch jedoch nicht signifikant. Als Ursache der längeren Heilungszeit wird der bei den 16 von 68 Patienten verwendete Geishaschuh angesehen, weil in ihm die Basis des Metatarsale-V keine konsequente Immobilisation erfährt. Während z. B. Hatch et al. [8] mit elastischen Verbänden eine Frakturheilung nach 8 Wochen verzeichnet, beschreiben Clapper et al. [4] im Hartsohlenschuh mit Softcast die Konsolidierung bereits nach 4 Wochen. Der „hard-soled shoe“ ist dem Geishaschuh ähnlich, deshalb liegt hier die Vergleichsdiskussion nahe bei der Bewertung unserer Ergebnisse. Die besseren Resultate bei Clapper et al. [4] können z. B. durch eine mögliche effizientere Stabilisierung der Metatarsale-V-Basis erklärt werden. Im Vergleich zur Literatur haben die Patienten unserer prospektiven Studie eine sehr kurze Zeit bis zum Erreichen der Vollbelastung. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit war hauptsächlich abhängig von der Zeitdauer bis zur Vollbelastung aber auch vom Beruf des Patienten und seiner Compliance während der Behandlung. Die zeitnah zum Unfall begonnene, durchdachte und konsequente frühfunktionelle Therapie in einer Castorthese mit schmerzorientierter Vollbelastung beschleunigt den Heilverlauf der Patienten. Die Form der Orthese wird im Folgenden analysiert.

Vergleich der Ergebnisse der Gruppen der prospektiven Analyse Die Therapie der Patienten im Göttinger Anklesplint mit frühfunktioneller Krankengymnastik (Gruppe 3) zeigt in unserer Studie für die knöcherne Konsolidierung (4 Wochen) und das gesamte funktionelle Outcome (Phillipsscore 105/110 Pkt.) die besten Resultate. Mit dem gespaltenen OSG Verband (Gruppe 1) unter frühfunktioneller Behandlung kam es mit 7 Wochen eher zur Konsolidierung als mit Beginn der Krankengymnastik erst nach 6 Wochen (Gruppe 2). Obwohl die Unterschiede statistisch nicht signifikant sind, zeigt sich der Trend, dass durch die frühfunktionelle Therapie unter Vollbelastung die Heilung schneller und mit besseren Ergebnissen erfolgt als in Immobilität. Der Anklesplint-Verband hat die Vorteile, dass die Bewegungen im OSG ausführbar bleiben, sich somit durch die Aktivierbarkeit der Muskelpumpe das Thromboserisiko reduziert und die Gelenkfunktion nutzbar bleibt. Ein evtl. vermutetes Hypomochlion plantar der Basis des 5. Mittelfußknochens entsteht durch diese Orthese nicht. Die Tragedauer ist bei ermittelter schnellerer knöcherner Konsolidierung kürzer. Ferner kommt mit dem Göttinger Anklesplint eine deutlich kostengünstigere Therapieform zur Anwendung durch geringere Materialkosten und nicht zuletzt durch die nicht erforderlichen Antithrombotika.

Schlussfolgerung !

▶ Die Metatarsale-V-Basisfrakturen zeigen eine frühe knöcherne Heilung nur durch Ruhigstellung der Supinationskette.

▶ Durch limitierte Mobilität im Göttinger Anklesplint-Verband ▶ ▶ ▶ ▶

kommt es in Kombination mit frühfunktioneller Physiotherapie zur knöchernen Konsolidierung nach durchschnittlich 6 Wochen. Leichte Verbandsmaterialien fördern die frühe Frakturheilung und die frühe Vollbelastung. Eine frühfunktionelle Behandlung unter Belastung führt zur schnelleren Mobilisation mit physiologischem Gangbild ohne Beeinträchtigung der knöchernen Heilung. Der Anklespint-Verband zeigt im Vergleich zum Sprunggelenksverband ein besseres Outcome und ist im Kostenvergleich günstiger. Die Zeitdauer der Arbeitsunfähigkeit lässt sich perspektivisch noch verkürzen, ist aber individuell berufsabhängig festzulegen.

Interessenkonflikt: Nein

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Originalarbeit

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[Conservative therapy for metatarsal 5 basis fractures - retrospective and prospective analysis].

Approximately 30 % of all bone injuries are foot metatarsal fractures. Metatarsal V basis fractures occur most frequently. The classification is done ...
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