Computer- und magnetresonanztomografische Charakterisierung eines solitären fibrösen Tumors der Pleura

Einleitung !

Die solitären fibrösen Tumoren der Pleura (SFTP) stellen eine Gruppe äußerst seltener Neoplasien dar, deren Inzidenzrate auf lediglich ca. 1,4/1 000 000 geschätzt wird (Thorgeirsson T et al. CHEST Journal 2010; 137: 1005 – 1006). Mesenchymalem Ursprungs können die Tumoren sowohl einen malignen als auch einen benignen Charakter zeigen, weshalb der interdisziplinären Beurteilung (klinische, radiologische und histologische Befunde) eine besondere Bedeutung zukommt. Etwa 10 – 37 % der SFTPs werden als maligne beurteilt, zudem sind auch maligne Konversionen histopathologisch primär als benigne charakterisierte Tumoren beschrieben (England DM et al. The American Journal of Surgical Pathology 1989; 13: 640 – 658, Law M-K et al. Asian Cardiovascular and Thoracic Annals 2014: 8: 981 – 983). Die daher regelhaft erfolgende Resektion der Tumoren, stellt dabei für das Langzeitüberleben der Patienten den prognostisch wichtigsten Einzelfaktor dar (neben Alter, Ausmaß klinischer Symptome [Husten, Atemnot] und Tumorausdehnung).

In der für die therapeutische Entscheidungsfindung zentralen radiologischen Bildgebung zeigen sich SFTPs sowohl computertomografisch (CT) als auch in der Magnetresonanztomografie (MRT) heterogen mit myxoid-zystischen und solitär/fibrösseptalen Anteilen, wobei klassische Malignitätskriterien nicht immer zielführend sind, da auch maligne SFTPs scharf umschrieben sein können, wenngleich gehäuft lokale Invasivitätszeichen oder sogar Metastasen vorliegen (Tapias LF et al. Chest 2014; [epub ahead of print]; Wignall OJ et al. American Journal of Roentgenology 2010; 195: W55–W62). Wir berichten über einen 80-jährigen Patienten der zur weiteren Abklärung infolge einer hausärztlichen Routineuntersuchung mit auffälligem Röntgenthorax in unser radiologisches Zentrum überwiesen wurde.

Fallvorstellung !

Eine in unserem Zentrum durchgeführte Computertomografie des Thorax mit Kontrastmittel (16-Zeilen-Multislice-CT, Phillips, primäre i. v. Kontrastierung mit

iodhaltigem Kontrastmittel, Kollimierung 2 mm, multiplanare Rekonstruktionen in Weichteil- und Lungenfenster) zeigte einen ausgedehnten ca. 57 × 120 mm großen Tumor, angrenzend an die dorsomediale Pleura paravertebral links auf Höhe " Abb. 1). Der der 7.–11. dorsalen Rippe (● Tumor zeigte keine sicheren Zeichen einer lokalen Invasivität, jedoch ein inhomogenes Kontrastmittelenhancement, mykoidzystische Tumoranteile sowie heterogene Binnensepten und eine große Flächenausdehnung, weshalb angrenzende Lungenabschnitte Zeichen der Minderbelüftung zeigten. Darüber hinaus fanden sich im Untersuchungsgebiet keine Hinweise auf " Abb. 1). Tumorabsiedelungen (● Zur weiteren Abklärung erfolgte eine multiplanare Ganzkörpermagnetresonanztomografie (Phillips Ingenia, 1,5 Tesla) mittels T1w-Sequenzen prä- und post-Kontrast (Gadolinium intravenös) axial, T2w-gewichtete Sequenz axial, STIR koronal, diffusionsgewichtete Sequenz DWIBS koronal und 3 D jeweils in 3 – 5 mm Schichtdicke (b = 1500). Der von dicken Septen durchzogene Tumor war in den T2-gewichteten nativen Sequenz heterogen iso- bis leicht hypointens zur Interkostalmuskulatur (wie ebenfalls in T1w-nativen Sequenzen) mit deutlichen T2-hyperintensern zystisch-mykoiden Anteilen. Nach Kontrastmittelgabe zeigte der Tumor auf den T1-gewichteten Sequenzen ein inhomogenes Enhancement mit septaler Betonung unter Aussparung der zystisch-mykoiden Areale ohne Hin-

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The Interesting Case

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Der Patient wurde thoraxchirurgisch vorgestellt, es erfolgte eine vollständige onkologisch-chirurgische Resektion des Tumors mittels offener Thorakotomie und die nachfolgende histopathologische Aufarbeitung des Tumors. Hierbei bestätigte sich der radiologische Verdacht auf einen SFTP mit zystisch-mykoider Durchsetzung bei ausgedehntem fibrösen Stroma und in selbigem eine deutlich erhöhte Zellzahl, Mitoserate und ZellPleomorphismen. Die histopathologischen Befunde waren somit vereinbar mit den Malignitätskriterien für solitäre fibröse Tumoren.

Diskussion !

Abb. 1 Computertomografische Darstellung des Tumors: Obere Bildreihe – Darstellung des Befundes als Röntgenthorax sowie im Lungenfenster, untere Reihe – axiale post-KM mit der Darstellung der inhomogenen Kontrastmittelaufnahme des septenartig durchzogenen fibrösen Tumors.

Abb. 2 Magnetresonanztomografische Darstellung des thorakalen solitären fibrösen Tumors. Oben links – T2w-TSE mit deutlicher Demarkierung der myxoid-zystischen Anteile des Tumors; oben rechts – diffusionsgewichtete Darstellung des Tumors mit deutlicher Diffusionsrestriktion im Stromaanteil des Tumors; unten links – T1w-prä-KM-Darstellung des Tumors; unten rechts – T1w-post-KM-Darstellung mit inhomogenen Enhancement bei deutlichem Enhancement der stromal fibrösen Anteile des Tumors.

weise auf eine lokale Invasivität des Tumors " Abb. 2). (● Die Diffusionsgewichte Bildgebung (DWI), in der zellreiche Areale aufgrund der dort eingeschränkten Diffusionsfähigkeit eine relative Signalerhöhung zeigen, zeigte ein heterogenes Bild des Tumors. Die mykoid-

zystischen Areale zeigten einen fast völligen Signalabfall, während die Bereiche des Tumorstromas eine deutliche Diffusions" Abb. 3). Der Ganzrestriktion aufzeigten (● körperdatensatz zeigte keinen Hinweis auf eine thorakale oder extrathorakale Metastasierung.

Solitäre fibröse Tumoren sind sehr seltene mesenchymale Tumoren, die bereits 1870 von Wagner et al. als neue Tumorentität beschrieben wurden und die neben dem von submesothelialen Gewebsschichten ausgehenden thorakalen Auftreten (sog. solitäre fibröse Tumoren der Pleura, SFTP) prinzipiell beliebige Lokalisation im Körper annehmen können (Wagner E. Arch Heilk 1870; 11: 497, Thorgeirsson T et al. CHEST Journal 2010; 137: 1005 – 1006; Wignall OJ et al. American Journal of Roentgenology 2010; 195: W55 – W62). Nachdem Briselli et al. 1981 eine erste größere Fallsammlung von 360 solitären fibrösen Tumoren der Pleura (SFTP) mit histopathologischer und klinischer Charakterisierung veröffentlichte, evaluieren aktuelle Arbeiten vor allem prognostische Faktoren und Scores um die Therapieentscheidung zu unterstützen (Franzen D et al. BMC Pulm Med. 2014; 14: 138; Briselli M et al. Cancer 1981; 47: 2678 – 2689), da SFTPs sowohl benigne als auch maligne Verläufe zeigen bzw. maligne transformieren können (Law MK et al. Asian Cardiovascular and Thoracic Annals 2014: 8: 981 – 983). England et al. erarbeiteten zur Dignitätseinschätzung Malignitätskriterien mit „klassischen“ Identifikationsmerkmalen maligner Zelltransformationen, wie z. B. einer hohen Zellularität oder mitotischen Aktivität, Zell-Pleomorphismen, Nekrosen und Einblutungen, darüber hinaus wurde von Tapias et al. aktuell ein Scoringsystem entwickelt, das die Rezidivwahrscheinlichkeit der Tumoren einschätzen hilft (England DM et al. The American Journal of Surgical Pathology 1989; 13: 640 – 658 und Tapias LF et al. Chest 2014; [epub ahead of print]).

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Abb. 3 DWIBS (Diffusion Weighted whole Body Imaging with Background Signal supression, b = 0/1500) des linksseitig paravertebral zur Darstellung kommenden fibrösen solitären thorakalen Tumors (linke vertikale Spalte: axiale Darstellung, rechte Spalte: multiplanare 3D-Rekonstruktion) mit inhomogener Diffussionsrestriktion im Bereich der stromalen Tumoranteile (schwarze Areale) im myxoid-zystisch veränderten Tumor.

Die regelhaft angestrebte vollständige Resektion des Tumors mit nachfolgender histopathologischer Aufarbeitung bedarf einer onkologisch optimierten radiologischen Diagnostik und Charakterisierung für eine individuell optimierte Therapieplanung. Dies ist besonders hinsichtlich der Frage nach vollständiger Resektabilität (lokale Infiltrationszeichen), der Tumorausdehnung sowie der Nachbarschaft zu sensiblen Strukturen wichtig. In der Radiodiagnostik der fibrösen solitären Tumoren des Thorax wird aus diesem Grund regelhaft eine Schnittbildgebung mittels Computertomografie und Magnetresonanztomografie durchgeführt, jedoch bestehen für diese Tumorentität keine spezifischen Definitionskriterien, die sich daher an allgemeinen Tumorbeschreibungen halten (Wignall OJ et al. American Journal of Roentgenology 2010; 195: W55 – W62). Computertomografisch zeigte sich in dem hier präsentierten Fall bei unserem 80jährigen Patienten ein „typisches“ Bild eines thorakalen fibrösen solitären Tumors mit einer ausgeprägten zystisch-myxoiden Degenerationen im Tumorstroma und einer inhomogenen Kontrastmittelaufnahme (Wignall OJ et al. American Journal of Roentgenology 2010; 195: W55 – W62).

In der magnetresonanztomografischen Charakterisierung stellte sich ebenfalls ein zu Literaturvorbeschreibungen passendes Bild mit starken T2-gewichteten Signalintensitäten im Bereich der zystisch-myxoiden Areale und einem inhomogenen Enhancement der dicken Tumorsepten nach Gadoliniumgabe dar (Wignall OJ et al. American Journal of Roentgenology 2010; 195: W55 – W62). Da es sich unserer Kenntnis nach um die Erstbeschreibung einer diffusionsgewichteten MR-Charakterisierung eines thorakalen fibrösen solitären Tumors handelt, konnte hier kein Vergleich unserer Fallpräsentation zu Vorliteratur gezogen werden, jedoch entspricht der DWI-Befund mit einer deutlich eingeschränkten Diffusion im nachfolgend histopathologisch bestätigten zellreichen Tumorstroma bei praktisch vollständigen Signalabfall in den zystisch-myxoiden Anteilen weitgehend der allgemein Tumorcharakterisierung mittels diffussionsgewichteter MRI und korrelierte im vorgestellten Falle sehr gut mit der Histopathologie des Resektatgewebes. Die wichtigste Differenzialdiagnose des SFTP stellt das Pleuramesotheliom dar, weitere differenzialdiagnostische Überlegun-

gen sollten bei Raumforderungen der Thoraxhöhlen neben dem Bronchialkarzinom z. B. intrapleurale Sarkome sowie Teratome und vom Mediastinum (z. B. Thymome) ausgehende Tumoren mit einschließen. Die gute Abgrenzbarkeit dieses solitären Tumors, seine selbst bei zunehmendem Größenwachstum seltene lokale Invasion und lymphogene Metastasierung wie auch im Fallbeispiel mit einer sehr großen Raumforderung, aber keinen Zeichen einer lokalen Invasion oder Lymphadenopathie sind wichtige Hinweise auf einen thorakalen solitären fibrösen Tumor und helfen ggf. den Tumor von einem Pleuramesotheliom abzugrenzen. Darüber hinaus findet sich, im Gegensatz zu den meisten Malignomen, auch bei großen Befunden nur eine geringe oder keine Beeinträchtigung der Gesundheit. Das Langzeitüberleben infolge der Resektion wird zwischen 45 – 89 % für die 5-Jahres-Überlebensrate bzw. mit einem medianen Überleben von 24 – 55 Monate beschrieben und ist im Wesentlichen von der initialen Tumorausdehnung, dem klinischen Zustand des Patienten und der Vollständigkeit der chirurgischen Resektion als wichtigsten prognostischen Marker abhängig.

Fazit !

Dargestellt ist das sehr seltene Auftreten eines thorakalen fibrösen solitären Tumors. Insbesondere bei solitären unklaren thorakalen Raumforderungen mit zystisch-myxoider Degeneration und guter Abgrenzbarkeit vom umliegenden Gewebe sollte differenzialdiagnostisch auch an das Vorhandensein eines thorakalen fibrösen solitären Tumors gedacht werden. Die Bildgebung vermag aktuell keine sichere Differenzierung zwischen maligner und benigner Form des Tumors und dient im Wesentlichen zur weiteren Therapieplanung sowie der Evaluierung lokaler Infiltrationszeichen und möglicher Metastasen. Die DWI zeigt in unserem Fall eine gute Korrelation mit der Histopathologie und könnte perspektivisch in der Dignitätsabschätzung eine Rolle erhalten. S. Bickelhaupt, R. Shah, S. Schneider, W. Wrazidlo, H.P. Schlemmer, W. Lederer, Heidelberg, Germany

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