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Komorbidität bei rheumatoider Arthritis Comorbidity in rheumatoid arthritis

Autoren

K. Albrecht1

Institut

1 Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin

Rheumatologie

Einleitung ▼

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Schlüsselwörter rheumatoide Arthritis Komorbidität Risikofaktoren Prävention

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Keywords rheumatoid arthritis comorbidity risk factors prevention

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Die rheumatoide Arthritis (RA) kann mit vielen Komorbiditäten einhergehen. Die Kenntnis über Vorkommen, Therapie, Wechselbeziehungen und Auswirkungen von Begleiterkrankungen sind für Rheumatologen, Internisten und betreuende Allgemeinmediziner von Bedeutung, um Komorbiditäten rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln und dadurch zusätzliche Folgeschäden zu verhindern. Komorbiditäten können der RA vorausgehen, sie können begleitend auftreten, mit der RA assoziiert sein, durch die medikamentöse Therapie der RA hervorgerufen werden oder sich im Verlauf der Erkrankung entwickeln (q Abb. 1).

eingereicht 21.05.2014 akzeptiert 09.07.2014 Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1370262 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 : 1844–1848 · © Georg 0 Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Dr. med. Katinka Albrecht Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin Charitéplatz 1 10117 Berlin eMail [email protected]

Mehrere Ursachen können für eine Komorbidität verantwortlich sein. Eine Niereninsuffizienz kann altersbedingt, durch ko-inzidente Begleiterkrankungen, medikamentös-induziert, als Folge einer systemischen Nierenbeteiligung der RA oder auch durch mehrere der genannten Faktoren entstehen. Nicht immer sicher abzugrenzen sind extra-artikuläre Beteiligungen der RA, die sich, meist durch eine systemische Vaskulitis verursacht, auch an viszeralen Organen manifestieren können.

Die Häufigkeit von Begleiterkrankungen ist geschlechtsabhängig und steigt mit Alter und Krankheitsdauer an [3, 16]. In einer britischen Kohortenstudie hatten 30 % der Patienten zu Beginn der RA und 80 % nach 15-jähriger Krankheitsdauer mindestens eine Begleiterkrankung [28]. Zu den häufigsten internistischen Komorbiditäten zählen nach den Daten des deutschen Biologika-Registers RABBIT und der Kerndokumentation der Rheumazentren arterielle Hypertonie (35–40 %), Diabetes (10–14 %), koronare Herzerkrankungen (5–11 %), Schilddrüsenerkrankungen (5–15 %) und chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (4–7 %) [1]. Komorbiditäten können den Verlauf der RA vielschichtig beeinflussen – in der Prognose, im Outcome und durch Einschränkungen in der Therapieauswahl. Das Outcome der RA bemisst sich an vielen Faktoren; neben Gelenkfunktion und Krankheitsaktivität werden Erwerbsfähigkeit, Krankenhausaufenthalte, Kosten und Mortalität in unterschiedlichem Maße beeinflusst. Pulmonale und kardiovaskuläre Komorbidität erhöhen die Mortalität, während Depression und Diabetes stärkere Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit haben [27]. Auch die vermeintlich RA-spezifische Funktionseinschränkung an den Gelenken steigt mit der Anzahl der Komorbiditäten [27]. Abb. 1 Ursachen von Komorbidität bei rheumatoider Arthritis.

Koinzidente Komorbidität durch gleiche Risikofaktoren Komorbidität durch Pathogenese der Entzündung

Komorbidität als Konsequenz der

rheumatoiden Arthritis

Unabhängige Komorbidität Rheumatoide Arthritis

Komorbidität als Resultat von Nebenwirkungen der Therapie

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Kardiovaskuläre Komorbiditäten ▼ RA-Patienten haben ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung zeigt sich eine höhere Inzidenz von Herzinsuffizienz, koronarer Herzerkrankung, Myokardinfarkten und plötzlichen Herztodesfällen. Die kardiovaskuläre Komorbidität geht vor allem bei Frauen mit einer reduzierten Lebenserwartung einher [24, 27]. Unter Berücksichtigung traditioneller Risikofaktoren ist die RA ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Das Risiko, innerhalb der ersten 10 Jahre der RA einen kardiovaskulären Vorfall zu erleiden, lag in einer Kohortenstudie für Patienten im Alter von 60–69 Jahren bei 17 % und erhöhte sich bei begleitenden kardiovaskulären Risikofaktoren auf 60 % [22]. Berücksichtigt man, dass der inflammatorische Prozess der RA ein ursächlicher Faktor für das kardiovaskuläre Risiko ist, erscheint es folgerichtig, dass eine Kontrolle der Krankheitsaktivität der RA das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erniedrigt [18]. Zusätzlich scheinen sich die klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren (Rauchen, Übergewicht, Hypertonie, Immobilität, Insulinresistenz und Dyslipidämie) bei RA-Patienten besonders zu summieren [18]. In den letzten Jahren ist vor allem die Häufigkeit von Übergewicht bei RA-Patientinnen angestiegen [15]. Übergewicht wird aber bei der RA noch nicht gleichermaßen beachtet wie bei Diabetikern und in der allgemeinärztlichen Versorgung [9]. Übergewicht korreliert mit eingeschränkter Funktionalität und schlechterem klinischen Outcome der RA [1, 15]. Darüber hinaus ist Übergewicht mit dem Auftreten weiterer Komorbiditäten assoziiert [1]. Das Vorliegen kardiovaskulärer Risikofaktoren und eine kardiovaskuläre Komorbidität erhöhen die Krankenhausaufenthalte und die Mortalität von RA-Patienten [26]. Die Empfehlungen der EULAR (European League Against Rheumatism) für das Management des kardiovaskulären Risikos bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen sehen daher eine jährliche Kontrolle der kardiovaskulären Risikofaktoren vor [30]. Hierzu zählen die Frage nach Nikotin und Alkoholkonsum, Blutdruck- und Gewichtskontrolle, Bestimmung von Blutzucker und Lipidstatus. Um die RA als eigenständigen Risikofaktor zu berücksichtigen, wird gefordert, die Risikoscores für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei RA mit dem Faktor 1,5 zu multiplizieren, wenn positive Rheumafaktoren oder Antikörper gegen das cyclisch citrullinierte Peptid (CCP), eine Krankheitsdauer > 10 Jahre oder extra-artikuläre Manifestationen vorliegen [30].

kurzgefasst Die rheumatoide Arthritis ist ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Darüber hinaus treten klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren bei Patienten mit RA häufiger auf.

Pneumologische Komorbiditäten ▼ Asthma bronchiale und COPD sind als ko-inzidente Komorbidität von der interstitiellen Lungenerkrankung im Rahmen einer RA abzugrenzen. In der britischen RA-Kohorte lag die kumulative Inzidenz für eine pulmonale Begleiterkrankung nach 15-jähriger Krankheitsdauer bei 25 %. In über der Hälfte der Fälle entwickelte sich eine obstruktive Lungenerkrankung, während die interstitielle Lungenerkrankung der RA mit 4 % deutlich seltener war [28]. Pulmonale Infektionen sind eine der Hauptursachen für die Mortalität von RA-Patienten [27]. Obstruktive und restriktive Lungenerkrankungen erhöhen die Gefahr einer respiratorischen Infektion und sind damit für die Mortalität und auch für die Auswahl der immunsuppressiven RA-Therapie und der notwendigen Intensität der Kontrolluntersuchungen relevant. Die Methotrexat-induzierte interstitielle Pneumonitis ist ein seltener, aber potenziell lebensbedrohlicher rheumatologischer Notfall. Die Inzidenz wird mit 2–8 % angegeben. In einem Review von 120 Fällen aus der Literatur lag die Mortalität bei 13 % [4]. Unabhängig von der Dosishöhe und der Einnahmedauer von Methotrexat entwickeln sich bei der interstitiellen Pneumonitis entzündliche interstitielle Infiltrate in der Lunge. Die Patienten stellen sich mit trockenem, nicht-produktivem Reizhusten und Dyspnoe vor, die mit Fieber, Hypoxämie und respiratorischer Insuffizienz einhergehen können. Die Diagnose wird oft verzögert gestellt, weil die Symptomatik einer akuten respiratorischen Infektion ähnelt. Blutkulturen und Sputum sind negativ. Charakteristische radiologische Zeichen sind bilaterale diffuse interstitielle und alveoläre Infiltrate sowie homogene Milchglasinfiltrate in der Computertomographie. Methotrexat muss sofort abgesetzt und eine Therapie mit initial hochdosierten Glukokortikoiden begonnen werden. Zu den Nebenwirkungen einer Therapie mit TNF-α-Inhibitoren zählt die Reaktivierung einer Tuberkulose. Eine latente Tuberkulose ist bei 2 % der RA-Patienten im Biologika Register RABBIT dokumentiert. Eine solche ist vor Therapiebeginn durch sorgfältige Anamnese, eine Röntgenaufnahme der Lunge und einen Interferon-Gamma-Releasing Essay (IGRA) auszuschließen. Bei radiologischem Verdacht auf eine aktive Tuberkulose muss diese mittels Sputum-Kultur und ggf. Lavage abgeklärt werden. Bei Vorliegen einer latenten Tuberkulose oder radiologischen Zeichen einer zurückliegenden Tuberkulose wird eine medikamentöse Prophylaxe mit Isoniazid durchgeführt. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hat 2009 gemeinsam mit dem Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose Empfehlungen zur Vorgehensweise beim Screening auf eine latente tuberkulöse Infektion bei Patienten mit RA veröffentlicht [10]. Diese können auch auf der Homepage der DGRh nachgelesen werden (http://www.dgrh.de/tnfblockertbc.html). Das Auftreten von Bronchialkarzinomen ist bei RA-Patienten erhöht [26]. Beide Krankheitsbilder sind mit dem Risikofaktor Rauchen assoziiert. Rauchen trägt durch Bildung von Autoantikörpern zur Entstehung der RA bei und die Prävalenz von Rauchern ist bei RA-Patienten höher als in der Normalbevölkerung [27, 29]. Auch in der deutschen Früharthritis Kohorte Course And Prognosis of Early Arthritis (CAPEA) lag der Anteil an Rauchern mit 30 % der Frauen und 40 % der Männer um 10 % über der altersgleichen Normalbevölkerung [3]. Es wird vermutet, dass Rauchen als gemeinsamer Risikofaktor ursächlich für die erhöhte Inzidenz von Bronchialkarzinomen bei RA ist [27]. Das Bron-

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Durch die Wechselwirkung der Komorbiditäten untereinander und mit der RA ist gerade bei langjährigen RA-Patienten die Kausalität nicht immer eindeutig herzustellen. Eine destruierend verlaufende Arthritis führt zu sekundärer Arthrose im Gelenk, genauso wie sich eine primäre Arthrose sekundär entzündlich aktivieren kann.

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chialkarzinom ist die häufigste nicht-dermatologische maligne Komorbidität [27]. Eine generelle Aufmerksamkeit ist bei Thorax-Aufnahmen vor einer Therapieumstellung der RA und bei fraglichen Infektionen bzw. entsprechender Symptomatik angezeigt.

kurzgefasst Obstruktive Lungenerkrankungen erhöhen durch das gesteigerte Risiko pulmonaler Infektionen die Mortalität bei RA. Rauchen fördert nicht nur die Entstehung einer RA, sondern trägt auch zu der Entwicklung von Bronchialkarzinomen bei RA-Patienten bei.

Gastroenterologisch Komorbiditäten ▼ Das durchschnittliche Risiko von klinisch relevanten gastrointestinalen Nebenwirkungen unter einer Therapie mit nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) beträgt 3–4,5 % [5]. Die Wahrscheinlichkeit gastrointestinaler Komplikationen hängt vom Risikoprofil des Patienten ab. Hierzu zählen anamnestische Ulzerationen, höheres Lebensalter ( > 65 Jahre), schwere Allgemeinerkrankungen und eine Ko-Medikation mit Glukokortikoiden, Antikoagulanzien, Serotonin-Wiederaufnahmehemmern oder ASS [5]. Diese Patienten sollten eine gastroprotektive Medikation mit Protonenpumpeninhibitoren erhalten oder auf COX-2-Inhibitoren umgestellt werden. Coxibe sind im Vergleich zu traditionellen NSAR mit einem geringeren gastrointestinalen Risiko assoziiert, dies kann aber bei einer Ko-Medikation mit ASS aufgehoben werden [5]. Die Eingrenzung des kardiovaskulären Risikos von Coxiben und NSAR wird in den Empfehlungen der DGRh zur Anwendung von NSAR und in der interdisziplinären Leitlinie zum Management der frühen RA diskutiert [5, 33]. Die Empfehlungen können als Hilfestellung für eine individuelle Therapieentscheidung in Abhängigkeit vom gastrointestinalen und kardiovaskulären Nutzen-Risiko-Profil genutzt werden.

kurzgefasst Gastrointestinale Komplikationen treten vor allem bei älteren Patienten, bei Vorerkrankungen oder schweren Allgemeinerkrankungen und unter einer Polymedikation auf.

Hämatolo-Onkologische Komorbiditäten ▼ Eine durch chronischen Blutverlust (NSAR und Glukokortikoide) oder einen Tumor bedingte Eisenmangelanämie kann ebenso wie eine Eisenumverteilung durch die Entzündungsaktivität im Rahmen der RA auftreten. Für eine Abgrenzung sollten neben dem Differenzialblutbild zusätzlich Ferritin (gering erniedrigt) und Eisenbindungskapazität (erhöht) sowie das C-reaktive Protein bestimmt werden. Eine aplastische Anämie (Panzytopenie) tritt bei RA-Patienten 7-fach häufiger auf als in der Normalbevölkerung [32], möglich als Folge der Grunderkrankung, häufig als Folge der medikamentösen Therapie. Ebenso wie eine Panzytopenie kann auch eine isolierte Neutropenie durch verschiedene antirheumati-

sche Substanzen (Methotrexat, Sulfasalazin, NSAR) hervorgerufen werden. In den meisten Fällen führt das Absetzen der Medikation zu einer Normalisierung der Blutwerte. Wechselwirkungen der medikamentösen Therapie von RA und Begleiterkrankungen können eine Verstärkung der Knochenmarktoxizität der Einzelsubstanzen verursachen, so z. B. die gleichzeitige Einnahme von Methotrexat und Cotrimoxazol oder die Einnahme von Azathioprin und Allopurinol, da die Wirkspiegel erheblich ansteigen können. Diese Kombinationen sollten vermieden oder die Dosis (z. B. von Azathioprin auf 25 %) reduziert werden. Die wichtigsten solcher Wechselwirkungen der medikamentösen Therapie der RA sind in einer Übersichtsarbeit zusammengefasst [23]. Eine medikamentös induzierte Agranulozytose ist unter Sulfasalazin wie auch unter Metamizol möglich. Die notwendigen Laborkontrollen unter einer antirheumatischen Therapie können in den jeweiligen Therapieüberwachungsbögen der DGRh (http://dgrh.de/therapieueberwachen.html) und in einer Zusammenfassung über die Pharmakotherapie der RA nachgelesen werden [2]. Das Risiko einer Lymphomentstehung ist bei der RA höher als in der Allgemeinbevölkerung [26]. Der wichtigste Risikofaktor ist eine hohe Krankheitsaktivität der RA, da der Entzündungsprozess für die Entstehung eine Rolle spielt [6]. Weiterhin werden immunsuppressive Therapien als zusätzliche Risikofaktoren diskutiert. Wird jedoch unter Therapie eine gute Kontrolle der Entzündungsaktivität erreicht, so ist anzunehmen, dass der Nutzen der Therapie das mögliche Risiko überwiegt. Im Rahmen der klinischen Untersuchung ist bei allen RA-Patienten auf die Entwicklung von Lymphomen zu achten.

kurzgefasst Blutbildveränderungen können medikamentös, durch eine Begleiterkrankung oder durch die Entzündungsaktivität der RA hervorgerufen werden. Das Risiko einer Lymphomentstehung kann durch Unterdrückung der Krankheitsaktivität reduziert werden.

Hepatologische Komorbiditäten ▼ Eine Erhöhung der Transaminasen kann durch die Krankheitsaktivität der RA hervorgerufen werden. Weitaus häufiger ist ein Anstieg durch Einnahme von NSAR, Methotrexat oder anderen antirheumatischen Substanzen – eine Abgrenzung ist nicht immer möglich. Oft sind Transaminasenerhöhungen vorübergehend oder können durch Dosisreduktion kontrolliert werden. Methotrexat wird in der Rheumatologie in viel niedrigeren Dosierungen als in der Onkologie eingesetzt. Durch Interaktion mit weiteren Substanzen kann dennoch eine gesteigerte Hepatotoxizität auftreten. Dies gilt für die Kombination von Methotrexat mit Isoniazid und höherdosiertem ASS, aber auch für die antirheumatische Kombinationstherapie mit Leflunomid oder Tocilizumab [23]. Eine Hepatitis sollte vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie durch Bestimmung der Hepatitis-B- und -C-Serologie ausgeschlossen werden, da es zu schweren, mitunter lebensbedrohlichen Verläufen kommen kann. Eine Impfung gegen Hepatitis B

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kurzgefasst Transaminasenerhöhungen sind häufig medikamentös bedingt und lassen sich in vielen Fällen durch eine Dosisreduktion kontrollieren. Wichtig ist es, auch die Ko-Medikation (z.B. NSAR) zu berücksichtigen.

Nephrologische Komorbiditäten ▼ Eine begleitende Nierenerkrankung ist ein unabhängiger Risikofaktor für die Mortalität der RA [17]. Die systemische Nierenbeteiligung der RA und die sekundäre Entstehung einer Amyloidose sind durch die frühzeitige Therapie mit weniger nephrotoxischen Substanzen selten geworden, können aber bei langjährigen RA-Patienten mit aggressivem Krankheitsverlauf ursächlich für Nierenschäden sein [17]. Weitaus häufiger ist eine milde bis moderate Niereninsuffizienz aufgrund weiterer Komorbiditäten (Diabetes, arterielle Hypertonie). Von der RA-Therapie ist vor allem Ciclosporin A nephrotoxisch; Interaktionen, die den Wirkspiegel von Ciclosporin substantiell erhöhen, sind für eine Vielzahl von Medikamenten bekannt [23]. Bei einer bestehenden Niereninsuffizienz muss ggf. die Dosis renal eliminierter Substanzen reduziert werden. Dies gilt vor allem für ältere Patienten, da es sonst zu einer Kumulation (z. B. von Methotrexat) kommen kann. Zur Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate sollte die Kreatinin-Clearance bestimmt werden. Bei Nachweis einer Erythrozyturie oder wiederholter steriler Leukozyturie sollte ein Urinsediment angefertigt werden [17].

kurzgefasst Eine Niereninsuffizienz entsteht häufig durch weitere Begleiterkrankungen und muss bei der Dosierung renal eliminierter Substanzen berücksichtigt werden.

Endokrinologisch Komorbiditäten ▼ RA und Glukosetoleranzstörung scheinen miteinander assoziiert zu sein. Die Prävalenz des metabolischen Syndroms lag in einer retrospektiven Studie bei 40 % [19]. Das erhöhte Vorkommen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung wurde in einer weiteren kontrollierten Studie bestätigt [7]. Die eingeschränkte Mobilität und der häufige Einsatz von Glukokortikoiden begünstigen die Entstehung eines metabolischen Syndroms. Das metabolische Syndrom wirkt sich negativ auf den Verlauf der RA aus. Patienten hatten häufiger einen schweren Verlauf als im Vergleichskollektiv [19]. Außerdem erhöht sich das Risiko einer koronaren Atherosklerose [7].

ter 62 Jahre). In einer niederländischen Studie hatten RA-Patientinnen ein 3-fach erhöhtes Risiko für eine Hypothyreose [31]. Diese Komorbidität hat Auswirkungen auf das kardiovaskuläre Risiko – in der gleichen Studie wurde für die Patientinnen ein 4fach höheres Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung festgestellt, unabhängig von traditionellen kardiovaskulären Risikofaktoren [31]. Damit beeinflussen Schilddrüsenfunktionsstörungen indirekt die Mortalität der RA. Da sie im Alter stark ansteigen, können vor allem ältere RA-Patientinnen davon betroffen sein [25].

kurzgefasst Glukosetoleranzstörung und Schilddrüsenfunktionsstörungen sind mit der RA assoziiert und erhöhen das kardiovaskuläre Risiko der Patienten.

Prävention ▼ Die Prävention von Begleiterkrankungen der RA wird noch zu wenig berücksichtigt. Eine aktuelle internationale Studie zeigte erheblich Differenzen im Vorgehen zwischen den beteiligten Ländern [11]. Allgemeine Präventionsmaßnahmen wie eine gesunde Ernährung, eine dem Funktionsstatus angepasste Bewegung und Gewichtskontrolle sind bei RA-Patienten wichtig. Der Impfstatus sollte überprüft und ggf. aktualisiert werden. Spezifische Empfehlungen werden von der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) herausgegeben [13]. Die Wahrnehmung der allgemeinen Krebsvorsorgeuntersuchungen, eine Osteoporose-Prophylaxe bei Risikopatienten, zahnärztliche Vorsorge, Sonnenschutzmaßnahmen und eine gute Wundversorgung ergänzen die angeführte internistische Diagnostik.

Konsequenz für Klinik und Praxis 3Patienten mit langjähriger RA haben häufig ein oder mehrere Begleiterkrankungen. 3Komorbiditäten verschlechtern den Verlauf der RA: Morbidität und Mortalität sind erhöht, die Erwerbsunfähigkeit steigt und Krankenhausaufenthalte sind häufiger nötig. Komorbiditäten limitieren den Einsatz immunsuppressiver Medikamente. 3Eine gute Kontrolle der Krankheitsaktivität und Präventionsmaßnahmen erniedrigen das Risiko für Begleiterkrankungen. 3Bei der Behandlung der Komorbidität sollten pathophysiologische und medikamentöse Interaktionen mit der Therapie der RA und mit weiteren Begleiterkrankungen berücksichtigt werden.

Autorenerklärung: Die Autorin erklärt, dass sie keine finanzielle Verbindung mit einer Firma hat, deren Produkt in diesem Beitrag eine Rolle spielt (oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).

Schilddrüsenfunktionsstörungen treten bei RA häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung, dies betrifft vor allem weibliche Patienten [31]. In der Kerndokumentation der Rheumazentren ist bei 15 % aller RA-Patientinnen eine Schilddrüsenerkrankung dokumentiert (mittlere Krankheitsdauer 10 Jahre, mittleres AlDtsch Med Wochenschr 2014; 139: 1844–1848 · K. Albrecht, Komorbidität bei Rheumatoider …

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wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für immunsupprimierte Patienten empfohlen und erscheint für RAPatienten vor Beginn einer Biologika Therapie sinnvoll [20].

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Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 1844–1848 · K. Albrecht, Komorbidität bei Rheumatoider …

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[Comorbidity in rheumatoid arthritis].

Patients with rheumatoid arthritis (RA) often have one or more comorbid conditions. The prevalence of comorbidities increases with age and disease dur...
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