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Komorbide psychiatrische Störungen und Differenzialdiagnostik bei nicht-intelligenzgeminderten Erwachsenen mit Autismus-Spektrum-Störung Comorbid Psychiatric Disorders and Differential Diagnosis of Patients with Autism Spectrum Disorder without Intellectual Disability

Institute

Schlüsselwörter ▶ Autismus ● ▶ Asperger-Syndrom ● ▶ Diagnostik ● ▶ komorbide Störungen ● ▶ schizoid ● Keywords ▶ autism ● ▶ Asperger syndrome ● ▶ diagnostics ● ▶ comorbidity ● ▶ schizoid ●

eingereicht 3. April 2013 akzeptiert 2. September 2013 Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0033-1358708 Online-Publikation: 14.11.2013 Psychother Psych Med 2014; 64: 206–213 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0937-2032 Korrespondenzadresse Dipl.-Psych. Sandra Strunz Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Charité – Universitätsmedizin Campus Benjamin Franklin Eschenallee 3 14050 Berlin [email protected]

Sandra Strunz1, Isabel Dziobek1, 2, Stefan Roepke1, 2 1 2

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin Exzellenzcluster Languages of Emotion, Freie Universität Berlin

Zusammenfassung

Abstract

Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) ohne Intelligenzminderung werden häufig erst im Erwachsenenalter diagnostiziert. Wenig ist bekannt über komorbide psychiatrische Störungen und differenzialdiagnostische Abgrenzung von ASS im Erwachsenenalter, insbesondere im Hinblick auf Persönlichkeitsstörungen (PS). Welche komorbiden psychiatrischen Störungen treten bei Personen mit ASS auf? Welches sind die häufigsten Differenzialdiagnosen zu ASS in einer Inanspruchnahmestichprobe? Bei 118 Erwachsenen mit Verdacht auf eine autistische Störung wurde eine autismus-spezifische Diagnostik angewandt und die Punktprävalenzen weiterer psychiatrischer Störungen erfasst. 59 (50 %) erfüllten die Kriterien einer ASS. Von diesen lag bei 36 % eine komorbide psychiatrische Störung der DSM-IV Achse-I vor, wobei Affektive Störungen (24 %) und Soziale Phobien (14 %) am häufigsten waren. Die häufigsten Differenzialdiagnosen waren Depression, Soziale Phobie, Paranoide PS, Selbstunsichere PS und Narzisstische PS.

Autism spectrum conditions (ASC) without intellectual disability are often diagnosed late in life. Little is known about co-occurring psychiatric disorders and differential diagnosis of ASC in adulthood, particularly with regard to personality disorders. What kind of comorbid psychiatric disorders occur in ASC? Which are the most prevalent differential diagnoses in a sample of patients who seek autism specific clinical diagnostics? 118 adults who were referred with a presumed diagnosis of autistic disorder, were diagnosed with autism specific instruments and the prevalence of further psychiatric disorders was investigated. 59 (50 %) fulfilled the criteria of ASC. 36 % of the individuals with ASC fulfilled also criteria for a DSM-IV axis-I psychiatric disorder. Affective disorders (24 %) and social phobia (14 %) were the most prevalent comorbid disorders. The most frequent differential diagnoses were depression, social phobia, paranoid, avoidant and narcissistic personality disorder.

Einleitung

Sind die Kriterien des frühkindlichen Autismus erfüllt, und liegt keine Intelligenzminderung vor (IQ ≥ 70) wird dies in der Fachliteratur als HighFunctioning-Autismus (HFA) bezeichnet. Neuere Studien zur Epidemiologie haben eine Prävalenzrate von ca. 0,6–1 % für die Gesamtmenge der Störungen aus dem autistischen Spektrum ermittelt [3, 4]. Forschungsergebnisse zur Ätiologie von ASS deuten auf eine starke genetische Komponente hin. So weisen Zwillingsstudien große Prävalenzunterschiede zwischen 1-eiigen und 2-eiigen Zwillingspaaren auf und ermittelten eine Erblichkeit von autistischen Störungen von bis zu 90 % [5]. Bisher wurde kein einzelnes Gen identifiziert, welches für die Mehrheit der autistischen Störungen relevant ist, sondern komplexe Modelle





Autismus gehört zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen und ist in den Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-IV definiert durch die Trias i) qualitative Beeinträchtigung der wechselseitigen Interaktionen, ii) Besonderheiten der Kommunikation und iii) eingeschränkte, sich wiederholende und stereotype Muster des Verhaltens, der Interessen und der Aktivitäten [1, 2]. Zu den Störungen des Autismus-Spektrums (ASS) gehören der frühkindliche Autismus, der atypische Autismus und das Asperger-Syndrom (AS). Für die Diagnose AS müssen Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion und repetitive, stereotype Verhaltensweisen und/oder Interessen vorliegen, jedoch keine verzögerte Sprachentwicklung [1, 2].

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Autoren

aus multiplen Genen sind wahrscheinlich [6]. Bei einer neueren Studie mit über 200 Zwillingspaaren [7] lag die geschätzte Erblichkeit für ASS jedoch lediglich bei 38 %, während der Einfluss gemeinsamer Umweltfaktoren mit geschätzten 58 % eine deutliche Rolle bei der Entstehung von autistischen Störungen spielte. Als Umwelteinflüsse werden derzeit sowohl pränatale Risikofaktoren (immunologische Faktoren, Dysregulation von Neurotransmittern und Neuropeptiden, endokrine Faktoren wie eine erhöhte Testosteron- oder Adrenalinserumkonzentration, Kontakt mit Fremdstoffen u. a. zu Metallen insbesondere Quecksilber, Einwirkung von Pharmaka und Alkohol-, Nikotin- und Drogenabusus) als auch perinatale Risikofaktoren (u. a. Sectio caesarea, Gebärmutterblutung, niedriges Geburtsgewicht, Frühgeburt, niedriger Apgar-Index) in Erwägung gezogen [8]. Diese mögliche Interaktion zwischen genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen rückt zunehmend in den Fokus aktueller Forschungsarbeit [9].

Autismus im Erwachsenenalter Autistische Störungen bleiben über die gesamte Lebensspanne bestehen, wobei die Symptome mit zunehmendem Alter schwächer werden können [10]. Nur ein Teil der Personen aus dem autistischen Spektrum ist trotz durchschnittlicher oder überdurchschnittlicher Intelligenz in der Lage, ein eigenständiges Leben zu führen. Studien zum psychosozialen Funktionsniveau von Personen mit ASS und einem IQ über 70 berichten, dass lediglich 5–57 % auf dem ersten Arbeitsmarkt berufstätig sind oder studieren, nur 7–64 % schaffen es, alleine, ohne externe Hilfe, zu wohnen [10–15]. Nicht selten bleiben leichtere Formen von Autismus, wie das Asperger-Syndrom, bis in das Erwachsenenalter unerkannt [12]. Im Gegensatz zu einer Reihe von Angeboten für Kinder und Jugendliche mit Autismus, sind erst im Erwachsenenalter diagnostizierte Personen mit ASS in Bezug auf Therapie oder Beratung oft auf sich allein gestellt [16]. In den letzten Jahren wurden in Deutschland zunehmend Spezial-Sprechstunden für die Diagnostik von autistischen Störungen im Erwachsenenalter eingerichtet. Michel und Mitarbeiter [17] haben insgesamt 9 universitäre Autismus-Ambulanzen identifiziert. Ein spezifisches, für die Behandlung von Erwachsenen mit ASS entwickeltes (Gruppen) therapieprogramm wird unseres Wissens nur von den Universitätskliniken Köln [16] und Freiburg [18] angeboten.

Komorbide psychiatrische Störungen bei Patienten mit ASS Neben einer Reihe von Studien im Kinder- und Jugendbereich [19–22] und einigen Studien über autistische Erwachsene mit Intelligenzminderung [23–26], gibt es bisher nur wenige Studien zu komorbiden psychiatrischen Störungen bei autistischen Erwachsenen ohne Intelligenzminderung. Hofvander und Mitarbeiter [11] untersuchten 122 Patienten im Alter von 16 bis 60 Jahren aus dem autistischen Spektrum auf die Lebenszeitprävalenz von psychiatrischen Störungen. Bei den Patienten mit AS (n = 67) lag bei allen (100 %) mindestens eine komorbide psychiatrische Störung vor. Affektive Störungen (52 %), Angststörungen (51 %), Aufmerksamkeitsstörungen (ADHS) (36 %), Zwangsstörungen (21 %) und Tic Störungen (21 %) waren dabei die häufigsten Diagnosen. Lugnegard und Mitarbeiter [27] berichten von 54 Erwachsenen (Durchschnittsalter 27 Jahre) mit AS, von denen 70 % in ihrem Leben mindestens eine depressive Episode erlebt hatten und 9 % die Kriterien einer bipolaren Störung erfüllten. 56 % erfüllten die

Kriterien einer Angststörung. 30 % erhielten in der Vergangenheit die Diagnose ADHS. Ghaziuddin und Mitarbeiter [28] untersuchten 35 Patienten mit AS im Alter zwischen 8 und 51 Jahren. Davon erfüllten 65 % die Kriterien für eine komorbide psychiatrische Störung. 37 % die Kriterien einer affektiven Störung, 29 % die Kriterien einer ADHS und jeweils 3 % erfüllten die Kriterien für Tourette-Syndrom, Zwangsstörung und Tic-Störung. In einem Übersichtsartikel von Howlin [12], in dem die Ergebnisse von 7 Studien und 20 Fallstudien mit insgesamt 74 erwachsenen Personen mit AS und HFA ausgewertet wurden, waren die häufigsten komorbiden Diagnosen Depression (9 %), bipolare Störung (9 %), Schizophrenie (undifferenziert) (8 %), Angststörungen (5 %) und Manie (3 %). Die Autorin weist jedoch darauf hin, dass sich die Ergebnisse aufgrund der unterschiedlichen diagnostischen Kriterien, die angewandt wurden, nicht generalisieren lassen. Untersuchungen in Bezug auf komorbid vorliegende Persönlichkeitsstörungen (PS) bei nicht-intelligenzgeminderten erwachsenen Personen mit ASS sind bisher selten. In der Studie von Hofvander und Mitarbeiter [11] erfüllten von den 122 untersuchten Personen mit ASS 62 % die Kriterien für mindestens eine PS. Die häufigsten PS waren die Zwanghafte PS (32 %), die Selbstunsichere PS (22 %) und die Schizoide PS (21 %), gefolgt von Paranoider PS (19 %) und Schizotyper PS (13 %). Anckarsäter und Mitarbeiter [29] berichteten von 47 erwachsenen Personen mit ASS, die am häufigsten die Kriterien einer Zwanghaften PS erfüllten (43 %), gefolgt von der Selbstunsicheren PS (34 %), der Schizoiden PS (32 %), der Paranoiden PS (26 %) und der Schizotypen PS (23 %). Bei den von Lugnegard und Mitarbeitern [30] untersuchten 54 Personen mit AS erfüllte etwa die Hälfte die Kriterien einer PS. Es handelte sich dabei ausschließlich um PS aus dem DSM-IV-Cluster A oder C. Im Vergleich zu bisherigen Studien wurden in der vorliegenden Studie komorbide Störungen insbesondere in Bezug auf ihre Relevanz für die Diagnostik und Differenzialdiagnostik von ASS erfasst. Dazu wurden, im Gegensatz zu den meisten anderen Studien, auch vorliegende PS erhoben. Außerdem wurden nicht nur Personen mit ASS in die Untersuchung eingeschlossen, sondern auch diejenigen, die mit Verdacht auf eine autistische Störung überwiesen worden waren (Inanspruchnahmestichprobe), nach ausführlicher Diagnostik jedoch nicht die Kriterien für eine ASS erfüllten. Die Ergebnisse sollen Hinweise auf komorbide Störungen bei Patienten mit ASS und Differenzialdiagnosen von autistischen Störungen im Erwachsenenalter geben.

Methode



Stichprobe Der Erhebungszeitraum der vorliegenden Studie umfasst die Monate November 2008 bis Juli 2011. Einbezogen wurden alle Patienten (n = 118), die sich seit Gründung der Autismus-Ambulanz an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, vorgestellt hatten, nachdem sie von ihrem Hausarzt oder Psychiater/Neurologen mit Verdacht auf Autismus oder AS überwiesen worden waren (Inanspruchnahmestichprobe). Vielfach kam der Verdacht auf eine autistische Störung ursprünglich von den Patienten selbst oder ihren Angehörigen, die u. a. durch Medienberichte von ASS erfahren hatten und per Internetrecherche auf unsere Ambulanz aufmerksam geworden waren.

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Originalarbeit 207

208 Originalarbeit Messverfahren

Leistungsdiagnostik

Um eine genaue und umfassende Diagnostik zu ermöglichen, wurden sowohl autismusspezifische Instrumente als auch Messverfahren zur Erhebung von Störungen auf der DSM-IV Achse-I und -II eingesetzt.

In die Studie wurden nur Personen ohne Intelligenzminderung einbezogen. Um eine Einschätzung des Intelligenzniveaus vornehmen zu können, wurde mithilfe des Wortschatztest (WST) [41] die verbale Intelligenz erfasst. Der WST besteht aus 42 Items und erfordert das Wiedererkennen des Zielwortes aus einer Reihe von Wörtern, in der jeweils ein sinnhaftes Wort und 5 künstliche Distraktorwörter vorgegeben sind.

Für die vorliegende Studie wurden das Diagnostische Interview für Autismus – Revidiert (ADI-R) [31] und die Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen (ADOS) [32] angewandt. Das ADOS-Interview ist eine standardisierte Beobachtungsskala zur Abklärung einer Störung des autistischen Spektrums. Das Instrument verbindet die freie Unterhaltung mit dem Patienten mit einer Reihe von semi-strukturierten Situationen und Interviewfragen, die eine Vielzahl von Auslösesituationen für bestimmte soziale und kommunikative Verhaltensweisen darstellen. Es wurde das Modul 4 eingesetzt, welches für Jugendliche und Erwachsene mit fließender Sprache vorgesehen ist. Ergänzend zu dem Untersuchungsinstrument ADOS wurde ein semi-strukturiertes, von den Autoren entwickeltes klinisches Interview nach ICD-10 und DSM-IV-Kriterien, welches bereits in anderen Studien eingesetzt wurde [33, 34], mit den Patienten durchgeführt. Wenn sowohl in der ADOS der Cut-Off für eine Störung aus dem autistischen Spektrum erreicht wurde, als auch im klinischen Interview nach ICD-10 und DSM-IV die Kriterien für eine autistische Störung erfüllt waren, wurde zusätzlich das Elterninterview ADI-R per Telefon mit einem Elternteil durchgeführt, sofern der Patient damit einverstanden war und ein Elternteil zur Verfügung stand (dies war bei 66 % der Patienten mit ASS der Fall). Das ADI-R ist eine strukturierte mündliche Befragung zu autistischen Auffälligkeiten in der Kindheit und beinhaltet 93 Items zur Entwicklungsgeschichte, sozialen Interaktion, Kommunikation und zu stereotypem Verhalten. Für die Zwecke dieser Untersuchung wurden die 42 Items, die für die Auswertung des diagnostischen Algorithmus benötigt werden, erhoben.

Diagnostik komorbider psychiatrischer Störungen Für die allgemeine psychopathologische Diagnostik wurden das M.I.N.I. International Neuropsychiatric Interview (MINI) [35, 36] und das Strukturierte Klinische Interview für DSM-IV-Achse II (SKID-II) [37, 38] angewandt. Das MINI ist ein kurzes strukturiertes Interview zur Erfassung der wichtigsten psychiatrischen Achse-I-Störungen nach den diagnostischen Kriterien des DSMIV und der ICD-10. In der Standardversion werden 19 Störungen mit Schwerpunkt auf den aktuellen Zeitpunkt erfasst. Das M.I.N.I. umfasst nicht die Diagnosen Anpassungsstörung, somatoforme Störungen, sexuelle Funktionsstörungen, nichtorganische Schlafstörungen, Impulskontrollstörungen und Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend. Diese Störungen wurden nicht erhoben. Aufmerksamkeitsstörungen wurden jedoch mit dem ADHD-Screener ASRS-V1.1 erfasst [39, 40]. Das SKID-II ist ein strukturiertes klinisches Interview zur Diagnostik der 10 auf Achse-II des DSM-IV aufgeführten PS. Die Diagnosen Negativistische und Depressive PS wurden nicht berücksichtigt, da diese nach DSM-IV und ICD-10 nicht vergeben werden. Alle für die vorliegende Studie erfassten komorbiden Diagnosen wurden für den aktuellen Zeitpunkt (Punktprävalenz) ermittelt und nicht über die Lebensspanne (Lebenszeitprävalenz).

Diagnostisches Prozedere Nach Anmeldung in unserer Ambulanz wurden in ca. 20-minütigen telefonischen Screenings erste Daten und Anliegen der Patienten erhoben und ein Elternteil des Patienten füllte den Fragebogen zur Sozialen Kommunikation (FSK) [42, 43] aus. Der FSK ist ein Screening-Instrument zur Erfassung von abnormen sozialen Interaktions- und Kommunikationsmustern sowie stereotypen Verhaltensweisen mit insgesamt 40 Items. Danach wurden die Patienten zu jeweils 2–3 mehrstündigen Diagnostikterminen eingeladen, an denen sie von mehreren Mitgliedern des Teams, bestehend aus Ärzten und Psychologen, gesehen wurden. Eine Diagnose wurde vergeben, wenn im ADI-R und der Beobachtungsskala ADOS der erforderliche Cut-Off-Wert für die Diagnose frühkindlicher Autismus oder Autismus-Spektrum erreicht wurde und zusätzlich die notwendigen Kriterien im klinischen Interview nach DSM-IV und ICD-10-Kriterien erfüllt waren. Für die 33 % der Patienten, deren Eltern nicht für das ADI-R-Interview zur Verfügung standen, wurde eine AutismusSpektrum-Diagnose vergeben, wenn die erforderlichen Kriterien von ADOS und klinischem Interview nach ICD-10 und DSM-IV erfüllt waren und der Patient hinreichend Beispiele nannte, dass die autistischen Symptome schon seit der Kindheit bestanden. Wurde der Cut-Off von ADOS und klinischem Interview nur knapp erreicht, wurde in der Regel zusätzlich eine Fremdanamnese mit einer Person, der der Patient zu Kindheitszeiten gut bekannt war (z. B. Verwandter, deutlich älteres Geschwisterkind usw.) durchgeführt. Zusätzliche Hinweise lieferten die Ergebnisse des Screening-Fragebogens FSK, der für 75 % der Patienten, die eine ASS diagnostiziert bekamen, vorlag.

Statistische Analysen Für die statistische Auswertung wurden deskriptive Analysen mit SPSS Version 18.0 durchgeführt. Für die Unterschiedstestung zwischen den Geschlechtern wurden χ2-Tests nach Pearson angewandt.

Ergebnisse



Für die Studie lagen die Daten von insgesamt 118 Personen im Alter von 16 bis 56 Jahren vor, davon 57 Frauen (48 %) und 61 Männer (52 %). Das durchschnittliche Alter betrug 34 Jahre (SD = 10,7). Von den 118 Personen erhielten 59 Personen (50 %) eine ASS-Diagnose: 49 dieser Personen (83 %) erhielten die Diagnose AS und 10 (17 %) die Diagnose Frühkindlicher Autismus ▶ Tab. 1). Das durchschnittliche Intelligenzniveau der Patienten (● mit ASS-Diagnose betrug IQ = 109 (SD = 12,5) (N = 57). Da bei keinem der Patienten mit Frühkindlichem Autismus eine Intelligenzminderung vorlag, handelte es sich um Autismus vom sogenannten High-Functioning-Typus (HFA). In der ASS-Stichprobe befanden sich 54 % Frauen und 46 % Männer. In der Stichprobe der Personen ohne ASS-Diagnose befanden sich 42 % Frauen und 58 % Männer. Das durchschnittliche

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Autismusdiagnostik

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Alter betrug bei den Asperger-Autisten 32,7 Jahre (SD = 10,7) und bei den Personen mit HFA 32,9 Jahre (SD = 12,8). Die Personen ohne ASS-Diagnose waren im Durchschnitt 35,9 Jahre (SD = 10,3) alt.

Insgesamt lag bei 21 (36 %) von 58 Personen mit ASS-Diagnose eine komorbide psychiatrische Störung auf Achse-I vor. Bei den Patienten mit AS (n = 48) lag die Prävalenz bei 38 %, bei den Personen mit HFA (n = 10) bei 30 %. Bei der Gruppe der Personen ohne ASS-Diagnose (n = 54) lag die Komorbiditätsrate bei einem Drittel (33 %). Innerhalb der Gruppe mit ASS-Diagnose gab es mehr Frauen (n = 13) als Männer (n = 8), bei denen mindestens eine Achse-I-Störung vorlag. Dieser Unterschied war jedoch nicht signifikant (χ2 = 0,538, p = 0,463). Die absoluten und relativen Häufigkeiten der einzelnen komorbiden psychiatrischen ▶ Tab. 2 dargestellt. Störungen sind in ● Die häufigsten komorbiden Achse-I-Störungen der Personen mit ASS-Diagnose waren affektive Störungen (Depressive Episode/Dysthymie) (24,1 %) und Soziale Phobie (13,8 %). Von den 44 Personen mit ASS, die den ADHD-Screener ASRS-V1.1 ausgefüllt hatten, erreichten 46 % den Cut-Off von 4 oder mehr Punkten, der in der Literatur als Hinweis auf das Vorliegen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

Frauen

Männer

Gesamt

22 (44,9) 5 (50) 34 (57,6) 61 (51,7)

49 (41,5) 10 (8,5) 59 (50) 118 (100)

Diskussion



Von den 118 Patienten, die sich in der Sprechstunde vorstellten, erhielten 50 % eine ASS-Diagnose. Bei der Hälfte der in unserer Ambulanz gesehenen Patienten konnte der Verdacht auf eine autistische Störung also nicht bestätigt werden. Dieser hohe Prozentsatz könnte darauf hindeuten, dass bei den überweisenden Haus- und Fachärzten Unsicherheit über die vorliegenden Symptome und Diagnose ihrer Patienten herrschte. Da der Verdacht auf ASS häufig von den Patienten selbst kam, könnten die überweisenden Ärzte auch in erster Linie der Bitte des Patienten auf

Tab. 1 Absolute und relative Häufigkeiten ( %) von ASS-Diagnosen in der Inanspruchnahmestichprobe (n = 118).

27 (55,1) 5 (50) 25 (42,4) 57 (48,3)

Insgesamt 44,8 % der Personen mit ASS (n = 58) erfüllten die Kri▶ Tab. 3 für absolute und relative Häuterien für eine PS (siehe ● figkeiten der verschiedenen Persönlichkeitsstörungen). Bei der Gruppe ohne ASS (n = 53) kamen zu 26,4 % PS vor. Innerhalb der Gruppe mit ASS-Diagnose lag bei mehr Männern (n = 15) als Frauen (n = 11) mindestens eine Persönlichkeitsstörung vor. Auch hier war der Unterschied jedoch nicht signifikant (χ2 = 0,518, p = 0,472). Schließt man die Schizoide PS und Zwanghafte PS aus, die bei vorliegendem AS nach ICD-10 nicht vergeben werden, lag bei nur 3,5 % der Personen mit ASS eine PS vor. Die häufigsten Differenzialdiagnosen, d. h. die häufigsten Störungen der Gruppe ohne ASS in der Inanspruchnahmestichprobe, waren Depression/Dysthymie und Soziale Phobie und im Bereich PS die Paranoide PS, Selbstunsichere PS und Narzissti▶ Tab. 2, 3). sche PS (●

ASS = Autismus-Spektrum-Störung, HFA = High-Functioning-Autismus

Tab. 2 Absolute und relative Häufigkeiten ( %) weiterer psychiatrischer Störungen in der Inanspruchnahmestichprobe (n = 112), Punktprävalenzen. ASS-Diagnose Frauen (n = 31) Depressive Episode Dysthymie Panik und/oder Agoraphobie Soziale Phobie Zwangsstörung Posttraumatische Belastungsstörung Alkoholabhängigkeit Gesamt

5 (16) 3 (10) 0 (0) 4 (13) 1 (3) 3 (10) 0 (0) 13 (42)

Männer (n = 27) 4 (15) 2 (7) 0 (0) 4 (15) 0 (0) 1 (4) 0 (0) 8 (30)

Keine ASS-Diagnose Gesamt (n = 58) 9 (16) 5 (9) 0 (0) 8 (14) 1 (2) 4 (7) 0 (0) 21 (36)

Frauen (n = 24)

Männer (n = 30)

4 (17) 0 (0) 2 (8) 5 (21) 0 (0) 0 (0) 1 (4) 8 (33)

5 (17) 2 (7) 0 (0) 3 (10) 1 (3) 1 (3) 0 (0) 10 (33)

Gesamt (n = 54) 9 (17) 2 (4) 2 (4) 8 (15) 1 (2) 1 (2) 1 (2) 18 (33)

ASS = Autismus-Spektrum-Störung, n = Anzahl der Probanden, Gesamt = Anzahl von Personen mit mindestens einer weiteren (neben ASS) psychiatrischen Störung (MehrfachDiagnosen möglich)

Tab. 3 Absolute und relative Häufigkeiten ( %) von Persönlichkeitsstörungen in der Inanspruchnahmestichprobe (n = 111). ASS-Diagnose Frauen (n = 31) Selbstunsichere PS Zwanghafte PS Paranoide PS Schizoide PS Narzisstische PS PS nicht näher bezeichnet Gesamt

1 (3) 5 (16) 0 (0) 10 (32) 0 (0) 0 (0) 11 (36)

Männer (n = 27) 0 (0) 5 (19) 1 (4) 11 (41) 0 (0) 0 (0) 15 (56)

Keine ASS-Diagnose Gesamt (n = 58) 1 (2) 10 (17) 1 (2) 21 (36) 0 (0) 0 (0) 26 (45)

Frauen (n = 24)

Männer (n = 29)

3 (13) 0 (0) 3 (13) 0 (0) 0 (0) 2 (8) 7 (29)

1 (3) 0 (0) 2 (7) 2 (7) 3 (10) 0 (0) 7 (24)

Gesamt (n = 53) 4 (8) 0 (0) 5 (9) 2 (4) 3 (6) 2 (4) 14 (26)

ASS = Autismus-Spektrum-Störung, PS = Persönlichkeitsstörung, n = Anzahl der Probanden, Gesamt = Anzahl von Personen mit mindestens einer Persönlichkeitsstörung (Mehrfach-Diagnosen möglich). Persönlichkeitsstörungen, die in der Stichprobe nicht vorkamen, wurden in der Tabelle nicht aufgeführt

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Komorbide Persönlichkeitsstörungen (DSM-IV Achse-II)

Komorbide psychiatrische Störungen (DSM-IV Achse I)

Asperger Syndrom HFA keine ASS-Diagnose Gesamt

angegeben wird [39, 40]. 12 % der Patienten mit ASS berichteten über Lebensüberdrussgedanken im letzten Monat, 3 % über konkrete Suizidgedanken oder -pläne.

Überweisung entsprochen haben. Die folgende Diskussion soll dazu beitragen, den Wissensstand in Bezug auf die Diagnostik und Differenzialdiagnostik von ASS zu erweitern.

Komorbide psychiatrische Störungen Bei 36 % der Personen mit ASS lag komorbid eine psychiatrische Störung vor, insbesondere affektive Störungen und Soziale Phobie. Somit konnten die Ergebnisse anderer aktueller Studien, die auch vorwiegend affektive Störungen und Angststörungen als komorbide psychiatrische Störungen bei ASS identifiziert haben [11, 27], repliziert werden. Die insgesamt höheren Prävalenzraten der Studien von Lugnegard und Mitarbeiter [27] und Hofvander und Mitarbeiter [11] könnten dadurch zu erklären sein, dass Lebenszeitprävalenzen und keine Punktprävalenzen ermittelt wurden. Hofvander und Mitarbeiter [11] geben außerdem an, dass viele Patienten direkt von Psychiatern überwiesen wurden und vermuten deshalb eine höhere Prävalenzrate von komorbiden psychiatrischen Störungen in ihrer Population verglichen mit der Gesamtpopulation autistischer Menschen. 24 % der Patienten mit ASS unserer Stichprobe erfüllten die Kriterien einer affektiven Störung. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass insbesondere das Gefühl des „Ausgeschlossen seins“ bzw. wahrgenommene Ausgrenzung und Mobbing die Entstehung von Depressionen bei ASS begünstigen [44]. Dabei sind vor allem Personen mit leichteren Ausprägungen einer autistischen Störung und mit durchschnittlicher bis überdurchschnittlicher Intelligenz gefährdet, depressiv zu werden [45], vermutlich da diese Personen sich ihrer Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und ihrem Anderssein deutlicher bewusst sind. In unserer Stichprobe gaben 15 % der ASS-Patienten an, im vergangenen Monat über Suizid nachgedacht zu haben. In der Übersichtsarbeit von Howlin [12] hatten 7 % der 74 Personen mit HFA oder AS einen Suizidversuch begangen. In der Kölner Spezialsprechstunde für ASS berichteten 11 % der insgesamt 148 Patienten, in der Vorgeschichte einen Suizidversuch vorgenommen zu haben [46]. Aufgrund unserer klinischen Erfahrung halten wir Suizidalität bei ASS für ein besonders ernst zu nehmendes Thema, da die Betroffenen aufgrund der autistischen Störung oft enorme Schwierigkeiten haben, adäquate psychiatrische und psychologische Hilfe aufzusuchen [47]. Weitere Studien zu Depression und Suizidalität bei Erwachsenen mit ASS sind wünschenswert und die Entwicklung von adäquaten therapeutischen Angeboten erscheint dringend notwendig. Neben Depressionen zählten in dieser ASS-Stichprobe soziale Phobien (14 %) zu den häufigen psychiatrischen Komorbiditäten. Bei der Diagnostik sozialer Phobien bei ASS ist besondere Sorgfalt geboten, da einige ASS-Symptome, wie z. B. sozialer Rückzug und generelle Zurückhaltung in sozialen Situationen, zunächst auf soziale Ängste hindeuten können. Um eine Soziale Phobie handelt es sich jedoch nur, wenn die Furcht vor negativer Bewertung bzw. prüfender Betrachtung durch andere im Mittelpunkt steht [2]. Für Personen mit ASS sind soziale Situationen vor allem aufgrund ihrer Unvorhersehbarkeit und Unkontrollierbarkeit sehr anstrengend und weniger aufgrund möglicher negativer sozialer Bewertung [48]. Es gibt Hinweise darauf, dass Personen mit ASS sogar regelrecht immun gegen soziale Bewertungen sein können [49]. Anhaltspunkte darüber, warum trotzdem soziale Ängste bei ASS entstehen können, liefert die Studie von Kuusikko und Mitarbeitern [50], bei der Kinder und Jugendliche mit AS/HFA mit zunehmendem Alter von mehr sozialen Ängsten berichteten, während sich die Ängste der Kinder und Jugendlichen ohne Entwicklungsstörungen im Laufe der Zeit reduzierten.

Negative soziale Erfahrungen, wie sie Personen mit AS/HFA in der Regel in der Kindheit und Pubertät zunehmend ausgesetzt sind [44], könnten die Entstehung von sozialen Ängsten bei ASS verursachen. Andere Autoren [51, 52] vermuten, dass Kinder und Jugendliche mit AS/HFA selbstunsicher und sozial ängstlich werden, wenn sie sich ihrer Einschränkungen in der sozialen Interaktion zunehmend bewusst werden. Im Gegensatz zu den Studien von Lugnegard und Mitarbeitern [27] und Hofvander und Mitarbeitern [11] erfüllte keine autistische Person aus unserer Stichprobe die Kriterien einer Panikstörung oder Agoraphobie. Ähnlich wie bei der Sozialen Phobie ist differenzialdiagnostisch besondere Sorgfalt geboten, da die Kriterien einer Agoraphobie nur erfüllt sind, wenn tatsächlich die Angst, dass im Notfall Hilfe nicht erreichbar und eine Flucht schwierig wäre, die Nutzung von z. B. öffentlichen Verkehrsmitteln verhindert [1, 2] und nicht nur ein extremes Unwohlsein, verursacht durch den engen Kontakt mit anderen Menschen, wie es häufig bei Personen mit ASS der Fall ist. 7 % unserer ASS-Stichprobe erfüllten die Kriterien einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Durch die limitierten Fähigkeiten, soziale Gefahren richtig einzuschätzen, sind autistische Personen in besonderem Maße gefährdet, sich riskanten Situationen auszusetzen [53, 54]. Sullivan & Knutson [55] untersuchten in einer populationsbezogenen Studie über 4 000 Kinder in Bezug auf einen Zusammenhang zwischen Behinderungen und Misshandlung. Das Risiko körperlich, emotional oder sexuell missbraucht zu werden, war bei geistig-, körperlichoder lernbehinderten Kindern um den Faktor 3,4 erhöht. Obwohl es unseres Wissens noch keine Studie gibt, in der explizit das Missbrauchsrisiko von Menschen mit ASS untersucht wurde, liegt die Vermutung nahe, dass auch bei Menschen mit ASS eine erhöhte Gefahr für körperlichen, sexuellen und/oder emotionalen Missbrauch besteht. 2 % der Personen mit ASS, die wir untersuchten, erhielten die Diagnose Zwangsstörung. Ähnlich wie bei der Diagnose Soziale Phobie gibt es Überlappungen zwischen autistischen Symptomen und Symptomen dieser komorbiden Störung. So können sich zwanghaft anmutende Rituale und intensive Beschäftigung mit Spezialinteressen bei ASS zunächst wie eine Zwangsstörung darstellen. Im Gegensatz zu Zwangspatienten halten ASS-Patienten in der Regel ihre autistischen Routinen und Rituale jedoch nicht für übertrieben oder belastend. Russel und Kollegen [56] haben eine Gruppe mit high-functioning-ASS (n = 40) mit einer Gruppe von Zwangspatienten (n = 45) verglichen. In der ASS-Gruppe erhielten 25 % die Diagnose komorbide Zwangsstörung. Beide Gruppen berichteten insgesamt in etwa gleicher Häufigkeit von Zwangsgedanken und -symptomen, jedoch waren die Symptome bei den Zwangspatienten signifikant stärker ausgeprägt. Somit könnte auch die Intensität der Zwangshandlungen und -gedanken differenzialdiagnostische Hinweise liefern. Nur wenige Studien haben sich bisher explizit den bipolaren Störungen bei ASS gewidmet. In einer Studie von Stahlberg und Kollegen [57] erhielten 6 % von 49 erwachsenen Patienten mit AS die Diagnose Bipolare Störung. Munesue und Kollegen [58] berichten dagegen von 27 % von insgesamt 44 ASS-Patienten ab 12 Jahre, die die Diagnose Bipolare Störung I, Bipolare Störung II oder Bipolare Störung NNB erhielten. Da mit dem in dieser Studie verwendeten Diagnoseinstrument (M.I.N.I.) eine Bipolare Störung nur dann erfasst wurde, wenn aktuell affektive Symptome vorlagen, ist dieses Störungsbild in unserer Stichprobe sehr wahrscheinlich unterrepräsentiert.

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Keiner der ASS-Patienten, die sich bei uns vorstellten, berichtete von psychotischem Erleben. Eine Literaturübersicht zur Prävalenz von Psychosen bei ASS [59] zeigt, dass die in früheren Untersuchungen ermittelten erhöhten Prävalenzraten für Schizophrenie bei Autismus in folgenden, größer angelegten Studien nicht repliziert werden konnten. Insgesamt variiert die berichtete Häufigkeit von Schizophrenie und Psychosen bei Autismus stark und die Autoren schlussfolgern, dass aufgrund der widersprüchlichen Ergebnisse keine eindeutigen Aussagen gemacht werden können [60–62]. Keine der Personen mit ASS, die wir untersuchten, erfüllte die Kriterien einer Anorexie oder Bulimie. Jedoch können Essrituale bei autistischen Menschen teilweise zu so außergewöhnlichem Essverhalten führen, dass Essstörungen diagnostiziert werden. Kalyva [63] berichtet, dass jugendliche Mädchen mit AS ein erhöhtes Risiko haben, gestörtes Essverhalten zu entwickeln. Die aus der Literatur zitierten Studien [11, 27, 28] berichteten alle über hohe Prävalenzzahlen für komorbid vorliegende ADHS. Auch in unserer Studie erreichten 46 % der Personen mit ASS den Cut-Off des ADHD-Screener ASRS-V1.1. Unser klinischer Eindruck ist jedoch, dass es sich nicht in allen Fällen um eine komorbid vorliegende ADHS handelte, sondern Einschränkungen in der Aufmerksamkeit bei ASS auch durch sensorische Reizempfindlichkeiten erklärt werden können. Die Daten, die durch den ASRS-V1.1 mit seinen insgesamt 6 Fragen erhoben werden, liefern jedoch keine ausreichende Grundlage, um diese Vermutung zu überprüfen. Weiterführende Studien zu Komorbidität bzw. Differenzialdiagnose ADHS wären wünschenswert. Bei den Personen, die keine ASS-Diagnose erhalten haben, lag bei 33 % mindestens eine psychiatrische Störung vor. Wie bei den Personen mit ASS-Diagnose kamen affektive Störungen (20 %) und Soziale Phobien (15 %) am häufigsten vor. Störungen der Achse-I liefern also zunächst keine Anhaltspunkte in differenzialdiagnostischer Hinsicht.

Komorbide Persönlichkeitsstörungen Die Schizoide PS und Zwanghafte PS waren mit 36 % und 17 % in der ASS-Gruppe die häufigsten komorbiden PS. Auch bei den Probanden von Hofvander und Mitarbeitern [11] und Lugnegard und Mitarbeitern [30] kamen diese beiden Störungen, neben der Selbstunsicheren PS, am häufigsten vor. Etwa ein Drittel unserer Probanden mit ASS erfüllte die Kriterien einer Schizoiden PS. Auch Wolff und McGuire [64] weisen auf die deutlichen Ähnlichkeiten zwischen Kindern mit AS und Kindern mit Schizoider Persönlichkeit hin. Tantam [65] hingegen geht davon aus, dass es sich bei AS und Schizoider Persönlichkeit um zwei voneinander distinkte Entitäten handelt. Studien zur genauen Abgrenzung der Schizoiden PS von ASS fehlen bisher, jedoch gibt es einige differenzialdiagnostische Anhaltspunkte: Ein Wunsch nach Beziehung und sozialen Kontakten ist, im Gegensatz zu Personen mit Schizoider PS, bei Menschen mit ASS eher die Regel als die Ausnahme [66, 67]. Wenn nur wenige Kontakte vorhanden sind, könnte dies bei Personen mit ASS eher auf mangelnde soziale Kompetenzen und/oder Überforderung als auf zu geringe Motivation zurückzuführen sein [67]. Weitere differenzialdiagnostische Hinweise können auch die für ASS typischen Stereotypien und Spezialinteressen geben, und die retrospektive Exploration von für den Autismus typischen Auffälligkeiten in der Kindheit (z. B. über ADI-R, siehe Messverfahren). Da Personen mit ASS häufig einen ausgeprägten Ordnungssinn und eine Tendenz zum Perfektionismus haben und außerdem in ihrem Verhalten rigide und eigensinnig wirken können, ergeben

sich auch viele Überschneidungen mit der Zwanghaften PS. Auch in unserer Stichprobe erfüllten 17 % der Personen mit ASS die Kriterien einer Zwanghaften PS. Eine Abgrenzung kann über eine sorgfältige biografische Anamnese erfolgen, da sich Verhaltensmuster im Sinne einer PS in der Regel erst in der späten Kindheit und Adoleszenz herausbilden, während sich autistisches Verhalten schon in der frühen Kindheit zeigt [68]. Außerdem fehlen bei Personen mit Zwanghafter PS die für ASS typischen Einschränkungen in der sozialen Interaktion und Kommunikation. Keiner unserer Probanden erfüllte die Kriterien einer Schizotypen PS. In anderen Studien [69, 70] wird jedoch auf eine Überlappung zwischen autistischen und schizotypen Symptomen hingewiesen, insbesondere in den Bereichen Kommunikation, soziale Kompetenz und Aufmerksamkeit. Ebenfalls wurden in der vorliegenden Studie bei den Personen mit ASS keine Borderline PS vergeben. Es kommt jedoch vor, dass Personen, deren autistische Störung erst spät erkannt wird, zunächst eine Diagnose aus dem DSM-IV Cluster B erhalten [46]. So kann das für die Borderline PS typische selbstverletzende Verhalten zur Anspannungsreduktion auch bei ASS vorkommen. Die Anspannungszustände bei ASS werden jedoch eher durch Reizüberflutung und Überforderung verursacht [71] und weniger aufgrund von zwischenmenschlichen Konflikten. Bei den Personen, die mit dem Verdacht auf eine autistische Störung überwiesen worden waren, jedoch nicht die Kriterien einer ASS erfüllten, lag zu gut einem Viertel (26 %) eine PS vor. Die Personen ohne ASS erfüllten am häufigsten die Kriterien einer Paranoiden PS (9,4 %), Selbstunsicheren PS (7,6 %) und Narzisstischen PS (5,6 %). Personen mit einer Narzisstischen PS zeigen häufig einen Mangel an Empathie [72]. Im Gegensatz zu Personen mit ASS [33], liegen die Einschränkungen jedoch vor allem bei der emotionalen Empathie (Mitgefühl), während die kognitive Empathie (Theory of Mind) intakt zu sein scheint, wobei jedoch Motivationsdefizite, sich in andere hineinzufühlen und -denken, deutlich werden [72]. Weitere differenzialdiagnostische Hinweise zur Abgrenzung einer PS von ASS liefert die Beschäftigung mit Spezialinteressen und/oder dysfunktionalen Routinen. Wie die obigen Ausführungen deutlich machen, ist die Erfassung von Informationen über die frühe Kindheit zentral für die differenzialdiagnostische Abklärung. Allerdings kommt es bei der Diagnostik von Erwachsenen mit Verdacht auf ASS nicht selten vor, dass kein Elternteil zur Verfügung steht, welcher, z. B. im Rahmen eines ADI-R-Interviews, valide Auskunft über Auffälligkeiten in den ersten Kindheitsjahren geben könnte. Eine ASSDiagnose muss sich dann lediglich auf die Informationen, die direkt vom Patienten erhoben werden (ADOS, klinisches Interview), stützen. In solchen Fällen hat sich in unserer Ambulanz die Durchführung einer Fremdanamnese mit einer Person, die den Patienten gut kennt (Verwandter, Geschwisterkind usw.) bewährt. Diese bietet zwar keinen direkten Ersatz für die fehlenden Angaben des ADI-R-Interviews, kann jedoch eine ergänzende Fremdeinschätzung zu den Angaben des Patienten liefern, insbesondere auch im Hinblick auf die Stabilität der Symptome über die Lebensspanne.

Geschlechterverhältnis Konträr zu den in der Literatur berichteten Prävalenzzahlen, die bei autistischen Kindern von einem Geschlechterverhältnis von 4:1 (männlich:weiblich) berichten [4], ist in der vorliegenden Studie das Geschlechterverhältnis der Patienten mit ASS-Diagnose mit 54 % Frauen und 46 % Männern überraschend ausgeglichen. Auch andere Autismus-Ambulanzen für Erwachsene in

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Limitationen der Studie



Eine der Einschränkungen dieser Studie besteht darin, dass vorliegende komorbide psychiatrische Störungen zum Großteil nur für den Zeitpunkt der Diagnostik (Punktprävalenz) und nicht im Hinblick auf die Lebenszeit erhoben wurden. Außerdem deckten die eingesetzten diagnostischen Instrumente nicht alle psychiatrischen Störungen der Achse-I ab. Die ADHS, die in der Literatur eine der häufigsten komorbiden Störungen bei ASS darstellt, wurde lediglich mit einem Screening-Instrument erfasst. Insgesamt handelte es sich um eine Inanspruchnahme-Stichprobe, d. h. die Patienten selbst oder behandelnde Ärzte oder Psychologen vermuteten das Vorliegen einer ASS. Eine erste Selektion erfolgte durch die überweisenden Hausärzte oder Psychiater, wodurch einige Diagnosen (z. B. Schizophrenie) möglicherweise unterrepräsentiert waren. Da es sich bei ASS um ein dimensionales Konstrukt handelt, mit der Diagnosestellung einer ASS jedoch eine kategoriale Trennung vorgenommen wurde, wurden subklinische ASS-Symptome bei der Gruppe ohne ASS für diese Studie nicht ausgewertet und berichtet.

Fazit für die Praxis Für die Diagnosestellung von Autismus-Spektrums-Störungen (ASS) sind die Erfassung von Auffälligkeiten in früher Kindheit, autismus-spezifische Untersuchungsinstrumente und eine genaue differenzialdiagnostische Abklärung anderer psychiatrischer Störungen notwendig. Bei erwachsenen Personen mit ASS in einer Inanspruchnahmestichprobe liegen häufig komorbide psychiatrische Störungen vor. Diese sind vorrangig affektive Störungen. Bei den Personen, bei denen sich der Verdacht auf eine ASS nicht bestätigte, wurden vor allem depressive Episoden, soziale Phobien und Persönlichkeitsstörungen, insbesondere die Selbstunsichere PS, Paranoide PS und Narzisstische PS, diagnostiziert. Diese Störungen sollten differenzialdiagnostisch besonders in Betracht gezogen werden. Oft erfüllen Personen mit ASS zusätzlich die Kriterien einer Schizoiden und einer Zwanghaften PS, die nach ICD-10 jedoch nicht zusätzlich vergeben werden und aufgrund der starken Überlappung der Symptome auch nicht als komorbide PS angesehen werden sollten. Der hohe Frauenanteil in unserer Stichprobe deutet darauf hin, dass autistische Störungen bei Frauen, möglicherweise aufgrund von kompensatorischen Fähigkeiten, lange Zeit unerkannt bleiben und häufig erst im Erwachsenenalter diagnostiziert werden.

Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Deutschland haben einen höheren Anteil an mit ASS diagnostizierten Frauen, als es die 4:1 Ratio erwarten lässt [17, 45]. MengChuan und Mitarbeiter [73] konnten nachweisen, dass erwachsene Frauen mit ASS weniger sozio-kommunikative Probleme zeigen als Männer. Die Autoren vermuteten, dass Frauen mit ASS besser in der Lage sind, kompensatorische Strategien zu entwickeln und somit womöglich erst deutlich später bzw. im Erwachsenenalter diagnostiziert werden.

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[Comorbid psychiatric disorders and differential diagnosis of patients with autism spectrum disorder without intellectual disability].

Autism spectrum conditions (ASC) without intellectual disability are often diagnosed late in life. Little is known about co-occurring psychiatric diso...
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