W. Kersten, H. MiJsken

Klinische Erfahrungen mit Cefixim in der Behandlung von bakteriellen Infektionen der unteren Atemwege Zusammenfassung: Im Rahmen einer prospektiven, offenen klinischen Studie, erhielten 21 Patienten mit bakteriellen Infektionen der unteren Atemwege das neue orale Cephalosporin Cefixim in einer Dosierung von zweimal 200 mg t~iglich. Die Therapiedauer lag zwischen sieben und elf Tagen. Bei Behandlungsabschlu8 sowie zwei Tage danach (Nachuntersuchung) waren 17 der 18 auswertbaren Patienten geheilt oder deutlich gebessert. Die klinischen Ergebnisse fanden in Lungenfunktionsprtifungen Best~itigung, insbesondere durch eine signifikante Abnahme der Resistance, Alle initial isolierten Erreger konnten eliminiert werden. D i e Vertr~iglichkeit von Cefixim erwies sich als gut. Ledigtich bei zwei Patienten kam es zu leichten vortibergehenden unerwiinschten Arzneimittelwirkungen (1 x Diarrhoe, 1 x Magenbeschwerden). Summary: Clinical Experience with Cefixime in Bacterial Infections of the Lower Respiratory Tract. In a prospective, open clinical trial 21 patients suffering from lower respiratory tract infections were treated with the new oral cephalosporin cefixime. The antibiotic was given at a dosage of 200 mg b. i. d. for seven to eleven days. Seventeen of 18 evaluable patients were cured or distinctly improved at the end of therapy as well as two days after the end of treatment. Clinical results correlated well with the results of the lung function tests, especially with the significant decrease of resistance. At the end of therapy all initially isolated pathogens were eradicated. The tolerability of cefixime was good, only in two patients treated mild and transient side effects were noticed (1 × diarrhea, 1 x epigastric pain).

Einleitung Cefixim ist ein neues orales Cephalosporin mit nachgewiesener Wirksamkeit gegentiber einer Vielfalt von grampositiven und gramnegativen Erregem [ 1, 2]. Sein antibakterielles Wirkungsspektrum ist vergteichbar mit dem der parenteralen Cephalosporine der dritten Generation (Cefotaxim-Gruppe). Wie die Cephalosporine der CefotaximGruppe, zeigt auch Cefixim vor allem eine hohe Aktivitat gegen gramnegative Keime. Die MHKg0-Werte von

Tabelle 1: Demographische Daten der mit Cefixim behandelten Patienten.

Patientenzahl

21

18

Geschlecht mannlich weiblich

13 8

11 7

Versorgung ambulant station~

9 12

9 9

Alter Oahre) Mittet SD Min./Max.

48,4 15,68 32--88

47,2 15,02 35-88

K6rpergewicht (kg) Mittel SD Min./Max.

73,1 11,32 42-92

72,8 10,90 42-86

K6rpergr6Be (cm) Mittel SD Min./Max.

172,2 8,68 160-185

!72,2 9,07 160-185

molysierenden Streptokokken, Streptococcus pneumoniae, Streptococcus pyogenes) ist als sehr gut zu bezeichnen. Staphylokokken, Pseudomonas aeruginosa s0wie Enterokokken werden unter klinischen Bedingungen nicht erfagt [5]. Das Antibiotikum besitzt au6erdem im Gegensatz zu den anderen im Handel erhaltlichen oralen Cephalosporinen eine hohe Stabitit~it gegentiber 13-Laktamasen und zwar sowohl gegentiber solchen des Penicillinase- als auch Cephalosporinase-Typs [6]. Ziel dieser Studie war, Wirksamkeit und Vertr~iglichkeit von Cefixim in der Therapie von bakteriellen Infekfionen der unteren Atemwege zu ermitteln.

Patienten und Methoden

Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Proteus mirabilis, Haemophilus influenza und Neisseria gonorrhoeae liegen

In diese Studie wurden 21 Patienten (13 Manner, acht Frauen) im Alter zwischen 32 und 88 Jahren aufgenommen, die an bakteriellen Infektionen der unteren Atemwege erkrankt waren (Ta ~ belle 1). Bei fiinf der Patienten lag vor Behandlungsbeginn eine

unter 1 mg/l. Die antibakterielle Wirksamkeit von Cefixim gegen diese Erreger ist somit deutlich st~irker als die der bisher verftigbaren oralen Cephalosporine [3, 4]. Die Aktivitat von Cefixim gegeniiber Streptokokken (13-h~i-

Dr. med. W. Kersten, Dr. med. H. Miisken, Krankenhaus Bethanien, Bethanienstrage t, W-4130 Moers 1, Germany.

Infection 18 (1990) Suppl. 3 © MMV Medizin Veflag GmbH MiJnchen,Miinchen 1990

S 119

W. Kersten, H. Miisken: Cefixim bei Infektionen der unteren Atemwege Tabelle 2: Bakteriologische Ergebnisse.

Haemophilus influenzae Escherichia coil Pneumokokken Citrobacterfreundii Proteus vulgaris

4 2 1 1 1

(cm H2 O/I/s) 10

4 2 1 1 1

(100) (100) (100) (100) (100) B

Tabelle 3: Klinische Ergebnisse.

0 Heilung Deutliche Besserung Unver~ndert Keine Angabe

7 10 1

Total

18

15 2 1 17

akute Bronchitis vor, bei weiteren ftinf lautete die Diagnose Pneumonie beziehungsweise Bronchopneumonie. Neun Patienten zeigten eine akute Exazerbation einer chronischen Bronchitis mit Lungenemphysem. Die restlichen zwei Patienten litten an einer akuten Bronchitis bei gleichzeitig bestehender Sinusitis. Nicht in die Untersuchung aufgenommen wurden Patienten unter 18 Jahren sowie schwangere und stillende Frauen. Weitere AusschlufSkriterien waren eine eingeschr~inkte Nierenfunktion, schwere Formen von Blutgerinnungsst6run.gen, pathologische Ver~inderungen der Leberfunktion. bekannte Uberempfindlichkeit gegen Cephalosporine und/oder Penicilline sowie eine Vorbehandlung mit einem anderen Antibiotikum bis zu 72 Stunden vor Therapiebeginn. Vor Aufnahme in die Studie und nach TherapieabschluB wurden bei allen Patienten folgende Parameter bestimmt beziehungsweise Untersuchungen durchgeftihrt: Klinische Untersuchung, Rtintgenuntersuchung, Beurteilung der Lungenfunktion. Blutgaswerte, bakteriologische Untersuchung, detaillierte Laborwerte. Vor Therapiebeginn wurde von jedem Patienten Untersuchungsmaterial (Bronchialsekret oder Sputum) ftir die bakterielle Kultur enmommen. Alle isolierten Erreger wurden im Agardiffusionstest unter Verwendung 30/.tg-Testbl~ittchen auf ihre Empfindlichkeil gegentlber Cefixim untersucht. Hemmhofdurchmesser (HHD) > 27 mm wurden als sensibel, von 23-26 mm als mal3ig sensibel und HHD < 23 mm als resistent eingestuft. Alle Patienten erhielten tiber eine Therapiedauer von sieben bis elf Tagen zweimal t~iglich 200 mg Cefixim. Nach ~ztlicher Entscheidung konnten begleitende, auch medikament6se TherapiemafSnahmen (wie z.B. Betamimetika, Expektorantien. Antiphlogistika) verordnet werden.

Ergebnisse Da bei drei der 21 behandelten Patienten bereits vor Therapiebeginn Cefixim-resistente Erreger nachgewiesen wurden, waren nur 18 Patienten in bezug auf die WirksamS 120

I vor Therapie

I ID nach Therapie

Abbildung 1: Ver&nderung der Resistance unter CefiximTherapie. keit evaluierbar. Hinsichtlich der Vertr~iglichkeit konnten alle 21 Patienten beurteilt werden. Die Behandlungsdauer mit Cefixim lag im Durchschnitt bei 9,6 Tagen. Bei acht Patienten konnten vor Therapiebeginn Cefiximsensible Erreger nachgewiesen werden. Bei sieben dieser Patienten wurde jeweils ein Erreger aus Sputum oder Bronchialsekret isoliert, der achte Patient wies eine Mischinfektion auf (Citrobacterfreundii, Proteus vulgaris). Alle vor Theraple isolierten Erreger wurden eliminiert (Tabollo 2). Bei dem Patienten, der vor Therapie C.freundii und P. vulgaris im Sputum aufwies, war allerdings bei Therapieende ein Keimwechsel zu verzeichnen. Aus dem Untersuchungsmaterial wurde K. pneumoniae isoliert. Bei einem weiteren Patienten mit negativem Keimnachweis vor Therapiebeginn wurde nach Ende der Behandlung P. aeruginosa aus dem Sputum isoliert. 17 der 18 auswertbaren Patienten waren bei Therapieende geheilt oder deutlich gebessert. In einem Fall blieb die klinische Symptomatik unverandert (Tabolle 3), dabei handelte es sich um den oben beschriebenen Patienten, der nach Therapieende P. aeruginosa im Sputum aufwies. Bei der Nachuntersuchung konnte bei 15 (im Vergleich zum Therapieende sieben Patienten) eine Heilung, bei zwei Patienten (im Vergleich zum Therapieende zehn Patienten) eine Besserung konstatiert werden. Ein Patient erschien nicht zur Nachuntersuchung und fehlt deshalb in der Analyse (Tabollo 3). Weitere Hinweise auf die klinische Wirksamkeit gaben die durchgeftihrten Lungenfunktionstests und Bestimmung der Blutgase. Die Resistance-Werte bei der Nachuntersuchung waren im Vergleich zu den Ausgangswerten vor Therapiebeginn deutlich verbessert (p < 0,001, t-Test) (Abbildung 1 ).

Infection 18 (1990) Suppl. 3 © MMV Medizin Verlag GmbH Mtinchen. Mtinchen 1990

W. Kersten, H. Mtisken: Cefixim bei Infektionen der unteren Atemwege Auch hinsichtlich der Labordaten, insbesondere was die reduzierten Leukozytenzahlen betrifft, kann auf einen positiven Genesungsverlauf geschlossen werden. Bei zwei Patienten stellte man nach Therapieende einen deutlichen Anstieg der GPT fest. Leichte und vortibergehende unerwtinschte Arzneimittelwirkungen wurden lediglich zweimal beobachtet. Von den 21 mit Cefixim therapierten Patienten wurde bei einem Patienten eine Diarrhoe registriert, bei einem zweiten Patienten traten Magenbeschwerden auf. Diskussion

Die klinischen Befunde, die nach einer sieben- bis zehnt~igigen Therapie mit zweimal 200 mg Cefixim/die bei Infektionen der unteren Atemwege erhoben wurden, best~itigen die Ergebnisse aus bereits vorliegenden internationalen Studien [7, 8]. Vergleichbare klinische Erfolge wurden von franz6sischen Autoren in Vergleichsstudien mit Arnoxicillin berichtet [9]. Die Resultate der Lungenfunktionsprtifungen, insbesondere die signifikante Abnahme der Resistance, lieferten eine

weitere Bestfitigung ffir den Einsatz von Cefixim in diesem Indikationsbereich. Untersuchungen von Grellet und Mitarbeitern [10] berichteten fiber eine ausreichende Gewebekonzentration von Cefixim in der Lunge nach Gabe von 200 mg bzw. 400 mg. Vier und acht Stunden nach Gabe von 200 mg Cefixirn lagen die Gewebespiegel im Mittel bei 0,95 bzw. 0,99 mgNg. Die entsprechenden Werte nach Applikation von 400 mg betrugen 1,73 bzw. 1,76 mg/kg. Damit wurden in Relation zu dem MHK..-Werten prim~ir empfindlicher Keime ausreichend hohe Konzentrationen erreicht [ 1, 2, 3]. Bei Erkrankungen der Atemwege ist oft trotz Vorhandenseins klinischer Symptome ein Keimnachweis nicht m6glich. Unter diesem Aspekt mug der positive bakterielle Befund bei nur acht v0n 18 evaluierbaren Patienten gewertet werden. Die Elimination der vor Behandlungsbeginn isolierten empfindlichen Erreger best~itigt die In-vivo- trod Invitro-Befunde anderer Autoren [1, 7, 9]. Die Vertr~iglichkeit von Cefixim in dieser Studie war gut. Die beobachteten Nebenwirkungen (Diarrhoe und Magenbeschwerden) waren leicht und vorfibergehend.

Literatur

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6.

7.

8. 9.

10.

Vergleich mit oralen Cephalosporinen und weiteren Antibiotika. Fortschr. Antimicrob. Antineoplast. Chemother. 6-8 (1987) 1213-1222. Sanders, C.C.: 13-1actamase stability and in vitro activity of oral cephalosporins against strains possessing well-characterized mechanisms of resistance. Antimicrob. Agents Chemother. 33 (1989) 13131317. Beumer, H. M.: Cefixime versus amoxicillin/clavulanic acid in lower respiratory tract infections. Int. J. Clin. Pharmacol. Ther. Toxicol. 27 (1989) 30-33. Kiani, R., Johnson, D., Nelson, B.: Comparative, multicenter studies of cefixime and amoxicillin in the treatment of respiratory tract infections. Am. J. Med. 85, SuppL 3 A (1988) 6-13. Hugues, F. C., Le J6une, CI. et le Groupe d'6tnde: l~tude multicentrique contrSl6e comparant le c6fixime et l'amoxicilline darts le traitement des infections respiratoires basses d'adulte. Presse M6d. 18 (1989) 160(O1604. Greilet, J., Courand, L., Saux, M. C., Roche, G.: Diffusion pulmonaire du c6fixime chez l'homme. Presse M6d. 18 (1989) 1598-1592.

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[Clinical experiences with cefixime in the treatment of bacterial infections of the lower respiratory tract].

In a prospective, open clinical trial 21 patients suffering from lower respiratory tract infections were treated with the new oral cephalosporin cefix...
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