Phoniatrie und Pädaudiologie HNO 2013 · 61:965–969 DOI 10.1007/s00106-013-2740-1 Online publiziert: 2. November 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Redaktion

M. Ptok, Hannover

M. Jungheim · S. Miller · M. Ptok Klinik und Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Medizinische Hochschule Hannover

Das Clicking-Larynx-  Syndrom Literaturübersicht und Fallberichte

Zusatzmaterial online Dieser Beitrag enthält eine Videoendoskopie   des Patienten aus Fallbericht 3.   Dieses Supplemental finden Sie unter   dx.doi.org/10.1007/s00106-013-2740-1

Hintergrund Gelegentlich berichten Patienten von Knackgeräuschen in „der Kehle“. Diese könnten z. B. beim Druck auf den Kehlkopf von außen, durch Schlucken oder durch eine Änderung der Kopf-/Halsposition provoziert werden. Offenbar sind diese Knackgeräusche nur selten mit Schmerzen verbunden. Treten Schmerzen auf, können sie aber eine große Belastung darstellen (Fallbericht 1). Kommt dann hinzu, dass der behandelnde Arzt diese Symptomatik nicht kennt oder nicht richtig einordnet, ist der Leidensdruck i. d. R. hoch. In der Literatur werden provozierbare Knackgeräusche im Kehlkopf als Clicking-Larynx-Syndrom (CLS) bezeichnet. Im Folgenden soll einerseits ein Literaturüberblick über das CLS gegeben werden, andererseits die unterschiedlich ausgeprägte CLS-assoziierte Symptomatik anhand von 3 Fallberichten geschildert werden.

Methodik Es wurde eine Literaturrecherche in „PubMed“ mit den Suchkriterien [(larynx* OR laryngeal OR throat OR pharynx OR pharyngeal OR thyroid* OR hyoid*) AND

click*] durchgeführt (letzter Zugriff am 16.12.2012). Die Suche ergab insgesamt 90 Treffer. Arbeiten mit einer anderen Publikationssprache als Englisch oder Deutsch wurden nicht berücksichtigt. Einige Arbeiten konnten anhand des Titels aussortiert werden, bei allen anderen wurde die Zusammenfassung auf Relevanz bewertet. Es verblieben 4 Arbeiten. Zusätzlich wurde eine Internetrecherche über die Suchmaschine „Google“ durchgeführt, bei der die nachfolgend aufgeführten Stichworte verwendet wurden: „Knacken im Kehlkopf “, „Knackgeräusch im Hals“, „Knackgeräusch im Kehlkopf “, „clicking larynx“, „click in the larynx“. Insbesondere wurden Hinweise in Patientenforen verfolgt.

Ergebnisse der Literaturrecherche Der Begriff „clicking larynx“ geht auf Counter zurück, der 1978 erstmals ein laryngeales Klickgeräusch bei einem Patienten beschrieb [1]. Dieses Klicken bzw. Knackgeräusch trat insbesondere beim Schlucken auf und war von Schmerzsensationen begleitet. Eine Überlagerung des Zungenbeins und des Schildknorpels wurde als ursächlich postuliert. Basierend auf dem vermuteten Pathomechanismus führte Counter eine partielle Entfernung des Schildknorpels durch. Diese Thyreoplastik führte zur Symptomreduktion. Einen etwas anderen Pathomechanismus vermuteten Hilali et al. [2]. Sie diagnostizierten bei einer Patientin, bei der

beim Schlucken ein Knackgeräusch auftrat, ein verlängertes Hinterhorn des Hyoids, das Kontakt zum Körper des 3. Halswirbels hatte. Da die Symptomatik aber nur geringfügig ausgeprägt war, entschied sich die Patientin gegen einen chirurgischen, resezierenden Eingriff. Smith et al. berichteten in einer größeren Fallserie von 11 Patienten mit Knack- oder Klickgeräuschen im Hals, die schluck- oder bewegungsassoziiert auftraten [3]. Bei einigen Patienten ließen sich durch eine Hals-CT Schildknorpelasymmetrien oder Asymmetrien der Wirbelkörper feststellen. Teilweise wurde auch ein Kontakt zwischen Schildknorpel und Hyoid oder den Wirbelkörperstrukturen nachgewiesen. In allen Fällen führte die operative Entfernung der das Klicken verursachenden Strukturen zu einer Linderung der Geräusche. Neben diesen Arbeiten fanden sich auch solche, in denen Knack- oder Klickgeräusche im Hals, evoziert durch pathologische Muskelaktivität, beschrieben werden. So schilderten z. B. Iyer et al. [4], dass bei einem Patienten mit M. Parkinson durch einen palatalen Myoklonus und Tremor Klickgeräusche provoziert wurden. Die parkinsonübliche Behandlung mit Carbidopa/L-Dopa erbrachte eine Beschwerdelinderung. Solche myogenen Knackgeräusche werden hier nicht näher betrachtet. Bei der allgemeinen Internetrecherche über die Suchmaschine Google fanden sich in entsprechenden Foren mehrere Schilderungen von Patienten über störende bzw. mit Missempfindungen verHNO 11 · 2013 

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Abb. 1 9 Vorwölbung der rechten Pharynxwand bei Phonation, möglicherweise dem Hinterhorn des Hyoids entsprechend (Fallbericht 1)

bundene Knackgeräusche im Kehlkopfbereich. Nach diesen Schilderungen treten die Knackgeräusche entweder spontan (z. B. [7, 8]), beim Schlucken (z. B. [9, 10, 11]), bei Kopfdrehungen (z. B. [12]) oder bei Manipulationen am Kehlkopf (z. B. [9, 13]) auf. Dies ist wohl gelegentlich mit einem Fremdkörpergefühl verbunden (z. B. [10]). Änderungen der Kopfhaltung, insbesondere bei dorsaler Extension, erbringen gelegentlich eine Verbesserung. Schmerzen werden in diesem Zusammenhang nur selten geschildert, dennoch sind die Patienten oft sehr beunruhigt. Da die Symptomatik oft über einen langen Zeitraum besteht, haben die Patienten meist mehrere unterschiedliche Ärzte aufgesucht, die „nichts Schlimmes“ feststellen können. Häufig findet sich auch die Angabe, dass die Patienten ihren HNOArzt aufgesucht hätten, dieser aber keinen pathologischen Befund sehen konnte. Die Patienten sind deshalb oft verzweifelt. Es finden sich viele Spekulationen und laienhafte Erklärungsversuche über die Ursachen der Problematik. Unterschiedliche Therapien werden ebenfalls diskutiert. Physiotherapeutische Maßnahmen oder die Medikation mit Magnesium oder entzündungshemmenden Medikamenten sollen bei einigen Patienten Abhilfe geschaffen haben.

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immer weiter verstärken. Inzwischen sei die Symptomatik so ausgeprägt, dass die Patientin am liebsten den ganzen Tag im Liegen verbringen würde. Diverse therapeutische Maßnahmen der Schmerzlinderung seien nicht suffizient: Selbst verordnete Schmerzmittel würden die Symptomatik etwas mildern, aber nicht aufheben. Infiltrationen mit Lokalanästhetika brächten keine wesentliche Verbesserung. Physiotherapeutische und manualmedizinische Behandlungen seien für die umliegende Muskulatur entspannend, würden die Schmerzen aber auch nicht wesentlich reduzieren.

Allgemeine Anamnese

Fallberichte Fallbericht 1 Spezielle Anamnese

Bei der Erstuntersuchung in unserer Klinik vor 2 Jahren beklagte eine 60-jährige Patientin ein knackendes Geräusch rechts im Larynxbereich, das durch eine Kopfdrehung nach rechts und teilweise auch durch das Schlucken ausgelöst werden konnte. Im Zusammenhang mit dem Knackgeräusch auftretende Schmerzen auf der rechten Halsseite würden bis zum Ohr ausstrahlen. Die Symptomatik hätte zuvor schon seit mehreren Jahren bestanden. Ein Jahr vor der Erstvorstellung in domo wurde bereits ein Eagle-Syndrom diagnostiziert und eine beidseitige Resektion des Proc. styloideus durchgeführt. Dieser Eingriff hatte die Schmerzsymptomatik aber nicht wesentlich lindern können. Um die Odynophagie näher abzuklären, wurde zunächst eine Videokinematographie des Schluckvorgangs indiziert, die die Patientin aber nicht durchführen ließ. Bei einer Kontrolle 2 Jahre später berichtete die Patientin, dass zwischenzeitlich eine radiologisch diagnostizierte laterale Halsfistel rechts operativ entfernt worden wäre. Die Schmerzsymptomatik und auch das knackende Larynxgeräusch hätten sich dadurch aber nicht wesentlich verändert. Insgesamt sei der zervikale Schmerz sehr beeinträchtigend. Die Schmerzen seien in der Nacht nicht vorhanden, träten aber morgens in aufrechter Haltung wieder auf und würden sich im Tagesverlauf

Ein Kehlkopftrauma oder andere Erkrankungen im Kopf- und Halsbereich wurden von der Patientin nicht angegeben, eine Kiefergelenkarthropathie wurde radiologisch und kieferorthopädisch ausgeschlossen. Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) lieferten ebenfalls keine Hinweise auf die Schmerzursache, allerdings ließen sich die knorpeligen Kehlkopfstrukturen bei beiden Untersuchungsverfahren nicht zufriedenstellend darstellen. Nebenbefundlich war ein kleines Aneurysma an der A. carotis interna links verschlossen worden. Nach einer vor einigen Jahren erfolgten Bandscheibenoperation im Lendenwirbelbereich bereite diese Region keine Probleme mehr.

Diagnostik

Die HNO-ärztliche Untersuchung war im Wesentlichen unauffällig. Lupenlaryngoskopisch und stroboskopisch zeigte sich ein morphologisch regelrechtes Kehlkopfgerüst, die Grobbeweglichkeit der Stimmlippen war normal. An der Randkante der rechten Stimmlippe fand sich ein diskretes Reinke-Ödem, die Feinbewegung der Stimmlippen bei Phonation war dadurch irregulär, und es fand sich ein inkompletter Glottisschluss im Sinne einer Sanduhrglottis. Zusätzlich lag bei Phonation eine Vorwölbung der rechten Pharynxwand vor, die möglicherweise dem Hinterhorn des Hyoids entsprach (. Abb. 1). Phonationsbedingte Schmerzen gab die Patientin nicht an. Blockierungen in der Halswirbelsäule waren nicht festzustellen. Bei Palpation

Zusammenfassung · Abstract HNO 2013 · 61:965–969  DOI 10.1007/s00106-013-2740-1 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 M. Jungheim · S. Miller · M. Ptok

Das Clicking-Larynx-Syndrom. Literaturübersicht und Fallberichte Zusammenfassung Hintergrund.  Knackgeräusche im Kehlkopfbereich („clicking larynx“) lassen sich wahrscheinlich bei recht vielen Erwachsenen provozieren, allerdings sind diese Geräusche selten mit Schmerzen assoziiert und führen in der Regel nur in solchen Fällen zum Aufsuchen eines Arztes. Dennoch kann die Kombination von Knackgeräuschen und Schmerzen im Larynxbereich die Lebensqualität stark beeinflussen. Da das Clicking-Larynx-Syndrom (CLS) bisher kaum Eingang in die deutschen Lehrbücher gefunden hat, soll hier anhand einer Literaturrecherche und 3 Fallberichten ein Überblick über dieses Syndrom gegeben werden. Methoden.  Es wird eine Literaturübersicht nach Recherche in „PubMed“ und der Suchmaschine „Google“ gegeben, hier insbesondere in Patientenforen. Außerdem erfolgt die

Darstellung von 3 Patientenfällen („multiplecase report“). Ergebnisse.  Es wurden insgesamt 4 Arbeiten identifiziert, in denen unterschiedliche Fälle von Knackgeräuschen im Larynxbereich geschildert werden. Diese Knackgeräusche wurden typischerweise durch Kopf-Hals-Lageänderungen, Schlucken oder zirkumlaryngeale Manipulationen provoziert. In Patientenforen fanden sich mehrere Schilderungen laryngealer Knackgeräusche, die für die Patienten teilweise sehr störend oder unangenehm waren. Auch bei 3 eigenen Patienten ließ sich diese Symptomatik nachweisen. Diskussion.  Die bisher publizierten Fallberichte über das CLS legen nahe, beweisen allerdings nicht stringent, dass laryngeale Knackgeräusche durch eine Friktion zwischen dem Cornu superius bzw. der Schildknorpel-

oberkante und dem Hyoid oder durch deren jeweiligen Kontakt mit Strukturen der Halswirbelsäule entstehen. Nur selten wird über ein vorangegangenes Kehlkopftrauma berichtet. Die Ursache für die Schmerzen, die mit einem CLS auftreten können, ist unklar. Therapie der Wahl scheint eine Resektion der die Knackgeräusche verursachenden Strukturen im Sinne einer Thyreoplastik oder einer Reduktion des Zungenbeinhinterhorns zu sein. Wichtig ist, Patienten mit blandem CLS über die Harmlosigkeit der Knackgeräusche zu beraten bzw. Patienten mit CLS-assoziierten Schmerzen geeignete Therapieoptionen zu erläutern. Schlüsselwörter Clicking-Larynx-Syndrom · Kehlkopf · Schildknorpel · Ringknorpel · Schmerzen

Clicking larynx syndrome. A literature review and multiple-case report Abstract Background.  A clicking noise in the larynx can probably be provoked in many adults. However, these clicks are not usually associated with pain and physicians are not consulted. The combination of a clicking larynx and pain may severely reduce an individual’s quality of life. Up until now, the so-called clicking larynx syndrome (CLS) has not been defined in German teaching literature. Therefore, this article reviews the international literature on CLS and also presents three case reports. Methods.  A selective literature search using PubMed and Google was conducted. The Google search resulted in the identification of several patient forums. Three case reports are also presented (multiple-case report).

des rechtsseitigen Hinterhorns des Hyoids ließ sich eine leichte Schmerzsensation induzieren. Diese entsprach aber nicht dem Schmerzgefühl, das die Patientin sonst verspürte. Bei Druck auf die linksseitige Hinterkante des Schildknorpels und Rotation des Larynx gegen den Uhrzeigersinn trat ein knackendes Geräusch auf, und die Patientin verspürte einen Schmerz, der der sonst beklagten Schmerzsymptomatik ähnlich war.

Results.  A total of 4 studies were identified in which different kinds of clicking sounds in the larynx were described. These sounds were typically provoked by movements of the head and/or neck, swallowing or circumlaryngeal manipulation. In forums patients reported many different types of laryngeal clicking sounds, which were often described as extremely irritating. Three patients have recently presented with such symptoms at our department. Discussion.  The literature published on CLS suggests (although does not strictly prove) that laryngeal clicking sounds are caused by friction between the superior cornu or the top edge of the thyroid cartilage and the hyoid, or alternatively due to contact of these

Prozedere

Anhand der bereits angefertigten CT und MRT wurden 3-dimensionale Rekonstruktionen der Larynxstrukturen veranlasst, eine Erklärung für die Beschwerden ergab sich nicht. Eine probatorische operative Exploration der möglicherweise beteiligten Larynxregionen wollte die Patienten aktuell noch nicht durchführen lassen. Die Patientin hat sich zur Behandlung der Schmerzsymptomatik inzwischen in der hiesigen Schmerzambulanz vorge-

structure with the cervical spine. Seldom do patients report a former laryngeal trauma. The causes of the associated pain remain unclear. The treatment of choice seems to be resection of the structures associated with the clicking noise by thyroplastic surgery or reduction of the hyoid bone greater horn. It is therefore important to inform patients with mild CLS that these clicking sounds are harmless and to advise CLS patients suffering from pain of the appropriate treatment options. Keywords Clicking larynx syndrome · Larynx · Thyroid cartilage · Cricoid cartilage · Pain

stellt. Zur Unterstützung bei der allgemeinen Krankheitsbewältigung haben wir außerdem eine psychosomatische Diagnostik und ggf. auch Therapie empfohlen.

Fallbericht 2 Spezielle Anamnese

Eine 25-jährige Patientin stellte sich in unserer Sprechstunde wegen eines seit etwa 6 Monaten bestehenden und gelegentlich auftretenden „Knackens“ im Hals vor. Der erstbehandelnde Arzt hatte eine orHNO 11 · 2013 

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Phoniatrie und Pädaudiologie thopädische Untersuchung veranlasst. Bei dieser seien muskuläre Verspannungen festgestellt worden. Eine physiotherapeutische Behandlung habe aber das Knacken nicht beeinflusst. Stimmbeschwerden gab die Patientin nicht an.

Allgemeine Anamnese

Außer einer Laktoseintoleranz wurden keine vorangegangenen Erkrankungen oder Traumen angegeben.

Diagnostik

Der HNO-ärztliche Befund war unauffällig. Lupenlaryngoskopisch und videostroboskopisch lag ein regelrechtes Kehlkopfgerüst vor, die Fein- und Grobbewegung der Stimmlippen war ebenfalls regelhaft. Bei zirkumlaryngealer Manipulation während der Laryngoskopie kam es zu einer Prominenz im linken Hypopharynx, wohl einem ausgeprägten Zungenbeinhorn links entsprechend.

Prozedere

Zur Abklärung der Symptomatik wurde eine MRT-Untersuchung der Larynxregion eingeleitet. Diese ergab keine morphologischen Korrelate zu den geschilderten Knackgeräuschen im Halsbereich. Seit der Erstuntersuchung hat sich die Patientin in domo nicht mehr vorgestellt.

Fallbericht 3 Spezielle Anamnese

Ein zum Untersuchungszeitpunkt 57-jähriger Mann berichtete, dass er ein auch für Außenstehende deutlich hörbares Knackgeräusch durch Druck auf die linke Kehlkopfseite in Höhe des hinteren oberen Schildknorpelrandes provozieren könne. Dies führe zu einem sehr geringen, kurzzeitigen Unbehagen im Rachenbereich, nicht aber zu Schmerzen.

Allgemeine Anamnese

Er sei nie ernsthaft krank gewesen, allerdings habe er sportbedingt mehrere, aber nicht interventionspflichtige Kehlkopftraumen erlitten. Die Knackgeräusche seien nicht im Anschluss an ein Kehlkopftrauma aufgetreten.

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Diagnostik

Bei der zirkumlaryngealen Manipulation konnte das Knackgeräusch in der vom Patienten angegebenen Weise reproduzierbar provoziert werden. Bei einem gleichen Provokationsversuch von der rechten Seite trat kein Knackgeräusch auf. Lupenlaryngoskopisch und stroboskopisch zeigte sich ein morphologisch regelrechtes Kehlkopfgerüst. Die Grobund Feinbewegung der Stimmlippen war regelhaft. Das Knackgeräusch im Larynx ließ sich unter der Lupenlaryngostroboskopie bei Druck auf den linksseitigen Oberrand des Schildknorpels mehrfach reproduzieren (Zusatzmaterial online: Video 1).

Prozedere

Eine weitere Diagnostik wünschte der Patient aufgrund der blanden Symptomatik nicht.

Diskussion Prävalenz/Inzidenz Betrachtet man die vorhandene Literatur kritisch, so muss man feststellen, dass es zur Prävalenz, Inzidenz, Pathogenese und zum Pathomechanismus, zu empfehlenswerter Diagnostik, Therapieverfahren und Prognose sehr wenig belastbare Daten gibt. Dem steht gegenüber, dass möglicherweise zumindest ein blandes, d. h. nicht mit Schmerzen verbundenes CLS recht häufig ist. Anekdotisch lässt sich berichten, dass nach einer abteilungsinternen Diskussion über das CLS mehrere Mitarbeiter berichteten, dass auch sie ein Knackgeräusch im Kehlkopf provozieren könnten. Der Mangel an validen Daten lässt sich möglicherweise auch darauf zurückführen, dass starke, CLS-assoziierte Schmerzen bzw. Beschwerden eher die Ausnahme sind und dass bei lupenlaryngoskopischen Untersuchungen typischerweise keine Auffälligkeiten zu erkennen sind.

Pathomechanismus Die Tatsache, dass in den bisher publizierten Fallberichten das Knackgeräusch und assoziierte Beschwerden rückläufig bzw. ganz verschwunden waren, legt na-

he, dass die resezierten Strukturen ursächlich involviert waren. Letztendlich wird die genaue Ursache des CLS in vielen Fällen nur als „diagnosis ex juvantibus“, z. B. nach erfolgreicher Resektion beteiligter Strukturen, herauszufinden sein. CLSassoziierte Schmerzen könnten z. B. aufgrund häufiger Reibung entstandener perichondraler (Krikoid, Thyroid) oder periostaler (Hyoid, Wirbelkörper) Reizung auftreten. Leider sind hierzu keine histologischen Untersuchungen von Exzisaten bekannt. Auch wäre eine in diesem Zusammenhang auftretende Neuralgie des N. laryngeus superius denkbar, die ebenfalls zu einer Schmerzsymptomatik im Larynxbereich führen könnte. Dieser hier skizzierte Pathomechanismus erklärt auch, warum bei den meisten CLS-Patienten ein unauffälliger Kehlkopfbefund erhoben wird.

Symptome Es kann vermutet werden, dass ein CLS in der Regel völlig blande ist, d. h. die Patienten bemerken zwar ein Knackgeräusch, haben aber sonst keine assoziierten Beschwerden. Andererseits zeigt insbesondere der hier geschilderten Fallbericht 1, dass das CLS auch mit starken, die Lebensqualität massiv beeinträchtigenden Schmerzen auftreten kann.

Diagnose/Differenzialdiagnose Zur Diagnostik kann aufgrund der bisherigen Erkenntnisse einerseits eine sorgfältige Anamneseerhebung empfohlen werden. Hierbei sollten die Auslöser der Knackgeräusche (spontan, beim Schlucken, bei Kopfpositionierungen, bei Manipulationen am Kehlkopfgerüst) und Begleitsymptome (Globusgefühl, Schmerzen, Schluckstörungen usw.) dokumentiert werden. Neben der obligaten Lupenlaryngoskopie, ggf. mit zirkumlaryngealen Manipulationen, um das Knackgeräusch zu provozieren, bietet sich eine radiologische Untersuchung an. Nach unserer Erfahrung sind allerdings selbst bei einer CT die den Kehlkopf konstituierenden Knorpelstrukturen, auch bei einer Ossifikation, nur bedingt exakt in ihren Lagebeziehungen zueinander zu beurteilen. Hier

böte sich evtl. eine früher übliche Xeroradiographie an, die heute allerdings wegen der hohen Strahlenbelastung kaum noch Anwendung findet. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen ist das CLS vom Eagle-Syndrom, bei dem es sich um eine Verlängerung des Proc. styloideus oder eine Ossifikation des Lig. stylohyoideum handelt. Von den betroffenen Patienten werden vorwiegend pharyngeale Schmerzen beklagt, zusätzlich werden auch Fremdkörpergefühle im Pharynx, Schluckstörungen oder Otalgien angegeben [5]. Untypisch sind in diesem Zusammenhang aber Knackgeräusche. Bisher wurde nur ein Fall einer Patientin mit einem Eagle-Syndrom geschildert, bei der knackende Geräusche bei Unterkieferbewegungen auftraten [6]. Ebenfalls abzugrenzen sind vertebragene Knackgeräusche der Halswirbelsäule, die spontan oder bei manipulativer Lösung von Blockierungen der Wirbelkörpergelenke auftreten können. Eine manualmedizinische Diagnostik der entsprechenden Halswirbelsegmente könnte deshalb zusätzliche wichtige Hinweise liefern.

Therapie Die wenigen Fallberichte in der Literatur weisen darauf hin, dass die Resektion der die Knackgeräusche verursachenden Strukturen, d. h. in den meisten Fällen eine Thyroplastik, zielführend ist. Da die Symptomatik wohl meistens nur geringfügige Beschwerden bereitet, ist nur in ausgeprägten Fällen zu einer Operation zu raten. Kritisch bleibt anzumerken, dass möglicherweise allein durch die Narkose mit einer Muskelrelaxation oder durch die Operation im Gebiet, in das Beschwerden projiziert wurden, nicht abzuschätzende Effekte erzielt wurden. Die Planung einer prospektiven randomisierten Studie mit Scheinoperationen als ein Therapiearm zur Klärung dieser Frage dürfte allerdings aus ethischer Sicht kritisch zu sehen sein.

Prognose

nicht hervor, ob nach erfolgreich durchgeführter Resektion der die Knackgeräusche verursachenden Strukturen die Schmerzen dauerhaft beseitigt wurden. Ob ein zunächst blandes, d. h. nicht mit Schmerzen einhergehendes CLS durch die Verunsicherung der Patienten bei nicht wegweisender Diagnostik in eine Beeinträchtigung der Lebensqualität und einen Leidensdruck münden kann („…keiner kann mir sagen, was es ist“), kann nur spekulativ beantwortet werden. Nach aktuellem Wissensstand ist es aber berechtigt, Patienten über die Harmlosigkeit eines blanden CLS zu informieren.

Fazit für die Praxis Bedenkt man, dass es doch z. T. dramatisch klingende Beschwerdeschilderungen in (deutsch- und englischsprachigen) Patientenforen gibt, verwundert die geringe wissenschaftliche Aufarbeitung bzw. die geringe Anzahl von Kasuistiken in der wissenschaftlichen Literatur. Da Patienten, insbesondere wenn Knackgeräusche mit Schmerzen einhergehen, einen hohen Leidensdruck haben können, ist eine differenzierte ärztliche Diagnostik ggf. interprofessionell erforderlich. Im Gegensatz zu den durch pathologische Muskelaktivitäten (z. B. Myoklonus) verursachten Knack- oder Klickgeräuschen handelt es sich bei den hier beschriebenen Geräuschen um solche, die dadurch entstehen, dass knorpelige oder verknöcherte Strukturen des Kehlkopfes, des Zungenbeins bzw. der Wirbelkörper aneinander reiben. Nur bei solchen, durch Manipulation oder den Schluckakt ausgelösten Knackgeräuschen sollte auch der Begriff Clicking-Larynx-Syndrom verwendet werden. Bei CLS-assoziierten Schmerzen ist eine Resektion der die Knackgeräusche verursachenden Strukturen zu überlegen.

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  M. Jungheim, S. Miller und M. Ptok geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur   1. Counter RT (1978) A clicking larynx. J Laryngol Otol 92:629–631   2. Hilali AS, Saleh HA, Hickery SA (1997) Clicking hyoid. J R Soc Med 90:689–690   3. Smith ME, Berke GS, Gray SD et al (2001) Clicking in the throat: cinematic fiction or surgical fact? Arch Otolaryngol Head Neck Surg 127:1129–1131   4. Iyer SS, Morgan JC, Glover AL, Sethi KD (2005) Throat clicking as the initial symptom of Parkinson’s disease. Mov Disord 20:1385–1386   5. Lorman JG, Biggs JR (1983) The eagle syndrome. AJR Am J Roentgenol 140:881–882   6. Godden DR, Adam S, Woodwards RT (1999) Eagle’s syndrome: an unusual cause of a clicking jaw. Br Dent J 186:489–490   7. (o A) (2012) http://board.netdoktor.de/Schlafstoerungen/Merkwuerdige-Atemgeraeusche-nachts110071.html. Zugegriffen: 20. Dez. 2012   8. (o A) (2012) http://www.gutefrage.net/frage/komisches-knacken-beim-schlucken-im-kehlkopf–wieso. Zugegriffen: 20. Dez. 2012   9. (o A) (2012) http://www.ht-mb.de/forum/showthread.php?1126948-Merkw%FCrdige-Schluckbeschwerden. Zugegriffen: 19. Dez. 2012 10. (o A) (2012) http://www.med1.de/Forum/ HNO/168050/. Zugegriffen: 20. Dez. 2012; 11. (o A) (2012) http://www.wer-weiss-was.de/ theme49/article2519850.html. Zugegriffen: 20. Dez. 2012 12. (o A) (2012) http://www.gesundheitsberatung. de/Sprechstunde/archiv_muskelbeschwerden/8215771. Zugegriffen: 20. Dez. 2012 13. (o A) (2012) http://www.qualimedic.de/Sprechstunde/hals_nasen_ohren/7183893. Zugegriffen: 20. Dez. 2012

Korrespondenzadresse Dr. M. Jungheim Klinik und Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover [email protected]

Auch zur Prognose gibt es keine validen Daten. Aus den bisherigen Berichten geht HNO 11 · 2013 

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[Clicking larynx syndrome : a literature review and multiple-case report].

A clicking noise in the larynx can probably be provoked in many adults. However, these clicks are not usually associated with pain and physicians are ...
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