Arch. Gyn~ik. 220, 227-247 (1976) 9 by J. F. Bergmann-Verlag Mfinchen 1976

Die kindliche Entwicklung nach Plazentadysfunktion*

**

A. Bolte, H. J. Hiller, N. N e b e l u n d K.-H. Schlensker Frauenklinik [Direktoren: Prof. Dr. R. Kaiser, Prof. Dr. A. Bolte) und Kinderklinik {Direktor: Prof. Dr. E. Gladtke} der Universit~t zu KSln Eingegangen am 21.9. 1975

C h i l d r e n ' s D e v e l o p m e n t after P lacen t al D y s f u n c t i o n Summery. Katamnestic neurological and electroencephalographic studies were performed on a group of 6 to 11 years old children who had beed born in the years of 1960 to 1966 with the signs of placental dysfunction. Of a total of 288 children (2,8% of the deliveries at the department of obstetrics & gynecology of the Cologne university) 177 were analized katamnestically and 152 underwent a clinical examination. For comparison a group of 384 children were studied who had been born in the same years spontaneously from vertex presentation after a maximum duration of labour of 16 hours. At the time of delivery these children were mature and eutrophic. 133 children of this group were studied katamnestically and 114 underwent clinical examination. The katamnestic studies showed that the group with symptoms of placental dysfunction differed in their development from the control group: these children learned later to sit, to walk, to speak, to dress without help, and to control urination. No differences were found in the ability to write and to read or in their results at school. However a larger percentage of the control group was found to attend a higher educational institution. No differences were found in the incidence of disease or behavioral abnormalities. Sleeping problems and lack concentration were more often observed in the group of children with symptoms of placental dysfunction. The general clinical examination showed no differences between the two groups. The applied different tests to examine gross movements were performed less perfect in a higher percentage by the children born with signs of placental dysfunction. Even greater differences were found in testing the voluntery skilled movements. The electroencephalogram of children of both groups showed a normal basic activity, a distinct blocking effect and a significant activation upon hyperventilation. An abnormal and pathological EEG was however significantly more often found in children born with symptoms of placental dysfunction. The results of the examination of the individual children and the combination of these results in the groups of symptoms showed that children with signs of placental dysfunction demonstrated a significantly higher incidence of symptoms. It was furthermore obvious that these symptoms were not singular but part of a complex disturbance which was manifested in the obstetrical characteristics as well as in the katamnesis and in the clinical examination. Thus, these studies have demonstrated a higher rate of morbidity in children with placental dysfunction in addition to the known high perinatal mortality. This points to * Herrn Professor Dr. Carl Kaufmann zur Vollendung seines 75. Lebensjahres. ** Auszugsweise vorgetragen w~ihrend des 6. Kongresses ffir perinatale Medizin, Berlin 1974.

228

A. Bolte et aI.

the necessity of an early prepartual diagnosis in particular in pregnancies with predisposition, in order to reduce not only the perinatal mortality but also to avoid the described complications in children born after placental dysfunction.

Zusammenfassung. Katamnestische Nachforschungen, allgemein-klinische, neurologische und hirnelektrische Untersuchungen wurden bei Kindern im Alter von 6-11 Jahren durchgeftihrt, die in den Jahren 1960-1966 mit Zeichen der Plazentadysfunktion geboren wurden. Von den insgesamt 288 Kindern {2,8% des Geburtengutes der KSlner Universit~its-FrauenklinikI wurden 177 katamnestisch erfa[~t und 152 Kinder klinisch nachuntersucht. Als Vergleichskollektiv dienten 384 Kinder, die im gleichen Zeitraum spontan aus Sch~idellage nach einer Geburtsdauer von maximal 16 Stunden geboren wurden und als reif-eutroph anzusehen waren. 133 dieser Kinder wurden katamnestisch erfal3t und 114 klinisch untersucht. Auf Grund der katamnestischen Angaben der Eltern wurde deutlich, dab bei Kindern die bei der Geburt die Zeichen der Plazentadysfunktion aufwiesen, eine Reihe von Entwicklungsfaktoren wie selbst~indiges Sitzen, Gehen, Sprechen, selbst~indiges Anziehen und auch das Aufh6ren des Einn~issens gegenfiber dem Vergleichskollektiv versp~itet auftraten. Schreib- und LesestSrungen und auch die H~iufigkeit des in der Schule Sitzenbleibens wiesen bei beiden Untersuchungskollektiven keine Unterschiede auf, wohingegen jedoch das Vergleichskollektiv h~iufiger auf einem gehobenen Schultyp vorzufinden war. Im Hinblick auf Krankheit und Verhaltensauff~illigkeiten wiesen beide Kollektive keine Unterschiede auf. Im Plazentadysfunktionskollektiv waren Schlaf- und Konzentrationsst6rungen h~iufiger anzutreffen. Keine Unterschiede zwischen beiden Kollektiven fanden sich bei der allgemein-klinischen Untersuchung. Die zur Prfifung der groben Motorik ausgeffihrten Teste wie Priifnng des Einbeinstandes, das Hiipfen auf der Stelle und der Scherensprung wurden von Kindern, die nach plazentarer Dysfunktion geboren wurden, weniger h~iufig einwandfrei ausgefiihrt. Noch deutlichere Unterschiede zu Ungunsten der Kinder nach Plazentadysfunktion zeigten sich bei der Untersuchung der Feinmotorik. Geprfift wurden das Klopfen auf der Unterlage, die Diadochokinese, der Daumen-Finger-Versuch, der Bfiroklammertest und das Schreiben des Namens. Die Untersuchung des Hirnstrombildes erbrachte bei den Kindern beider Kollektive eine normale Grundaktivit~it, einen gut nachweisbaren Blockierungseffekt und eine ausgiebige Aktivierung bei Hyperventilation. Das anormale und pathologische Hirnstrombild war jedoch eindeutig bei Kindern, die mit Zeichen der Plazentadysfunktion geboren wurden, h~iufiger. Besonders die Analyse der Untersuchnngsergebnisse ffir das Einzelkind und die Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zu Symptomengruppen ergab, dab Kinder des Plazentadysfunktions-Kollektivs im Durchschnitt eine deutlich h6here Anzahl yon Symptomen aufwiesen und dal~ diese Symptome kein Einzelbefund waren, sondern Tell einer komplexen StSrung, die in der geburtshilflichen Charakteristik gleichermal3en wie in der Katamnese und in der klinischen Untersuchung ihren Niederschlag land. Die nunmehr zus~itzlich zur bereits bekannten hohen perinatalen Mortalit~it nachgewiesene h6here Morbidit~itsrate bei Kindern nach Plazentadysfunktion weist auf die Notwendigkeit einer frfihzeitigen pr~ipartualen Diagnose, insbesondere bei Schwangerschaften rnit Pr~idisposition, um so dutch rechtzeitige Beendigung der Gravidit~it nicht nur die perinatale MortaIit~it, sondern auch die nachgewiesenen Folgezust~inde bei Kindern nach plazentarer Dysfunktion zu vermeiden. Das m u l t i f a k t o r i e l l v e r u r s a c h t e S y n d r o m d e r p l a z e n t a r e n D y s f u n k t i o n (Kubli, 1966, 1968; Bolte, Kontur; Clifford) k a n n in allen S t a d i e n d e r Gravidit~it h~iufig mit, a b e r auch o h n e B e g l e i t s y m p t o m e be i d e r S c h w a n g e r e n a u f t r e t e n (Bolte, Bachmann, H o f m a n n , R6hricht, S t r o t h m a n n ; Kubli, 1968). B e s o n d e r s b e i V o r h a n d e n s e i n p r / i d i s p o n i e r e n d e r S y m p t o m e l~l~t sich die aus d e r M i n d e r v e r s o r g u n g des F e t u s r e s u l t i e r e n d e E n t w i c k l u n g s v e r z 6 g e r u n g so frfihzMtig dutch Ultraschallechographie, fetale E l e k t r o k a r d i o g r a p h i e u n d H C S - U s t r i o l - A n a l y s e n e r k e n n e n (Bolte,

Die kindlidm Entwicklung nach Plazentadysfunktion

229

Salzmann, Sohlensker; Kfinzig, Geiger, Schlensker), dal3 die ausgepr~igte, ffir den Fetus vor und w~ihrend der Geburt gef~hrliche Symptomatologie vermeidbar ist (Bolte, Bachmann, Strothmann; Kubli). Gegeniiber Schwangerschaften mit reifeutrophen Kindern finder sich bei Neugeborenen mit Clifford-Zeichen infolge pr~und subpartualer Hypoxie-Zwischenf~lle eine bedeutend hShere Rate geburtshilflicher Operationen, ein meist schlechterer Zustand der Neugeborenen und daraus resultierend eine h6here p erinatale Mortalit~t (Bolte, Bachmann, Strothmann). Nur sehr grobe Anhaltspunkte existieren bisher fiber die Morbidit~it bei Kindern nach Plazentadysfunktion, da die meisten Nachuntersuchungen an zu kleinen, meist inhomogenen Kollektiven und iiberwiegend ira ersten Lebensjahr durchgeffihrt wurden (Gruenwald; Collins, Turner; Eaves, Nutall, Klonoff, Dunn; Sinclair, Coldiron). Mit den Ergebnissen der nachfolgenden Untersuchungen soll daher der Versuch unternommen werden, eine Informationslficke zu schlieBen.

Untersuchungsgut und Methoden Bei 288 Kindern, die in den Jahren 1960-1964 in der Kblner Klin~k mit Zeichen der Plazentadysfunktion geboren wurden (2,80/0 des Geburtengutes), wurden katamnestische Nachforschungen fiber die Entwicklung, allgemein klinische, neuo rologische und hirnelektrische Untersuchungen durchgeffihrt. Zur Vermeidung kleiner, statistisch irrelevanter Kollektive muBte auf eine Unterteilung in die drei yon Clifford bei Neugeborenen beschriebenen Schweregrade der Plazentadysfunktion verzichtet werden, obwohl gerade das ausgepr~igte Syndrom mit starker Reduktion des subkutanen Fettgewebes und Verminderung des Hautturgors die schwerwiegenderen Folgen fiir die Entwicklung der Kinder erwarten l~iBt. Die Schwangerschaftsdauer war bei 650/0 der Neugeborenen mit Clifford-Syndrom urn 10 und mehr Tage verl~ingert, 22~/0 wurden termingerecht und 13~ zwischen der 37. und 38. Schwangerschaftswoche geboren; letztere waren kinder~irztlich als reif anzusehen, hatten aber zus/itzlich zum Clifford-Syndrom die Zeichen der Retardierung a]s Folge einer vor dem Tragzeitende aufgetretenen plazentaren Mangelversorgung. Small for date babies mit kfirzerer Gestationsdauer als 37 Schwangerschaftswochen wurden aus dieser Untersuchung bewuBt ausgeklaminert. Zum Vergleich diente ein Normalkollektiv yon 344 Kindern, die im gle.ichen Zeitraum nach einer komplikationslos verlaufenen Schwangerschaft und Geburt yon maximal 16 Stunden Dauer spontan geboren wurden und bei der Geburt als reif-eutroph anzusehen waren. Die geburtshilfliche Charakteristik beider Untersuchungskollektive ist aus Tabelle I ersichtlich. Die katamnestischen Nachforschungen fiber die Entwicklung der zur Zeit der Naohuntersuchung 6-11 Jahre aIten Kinder erfolgte rnit Hilfe der Einwohnermelde/irnter der Stadt K51n und der umliegenden Gerneinden durch Hausbesuch. 177 Kinder des Plazentadysfunktions-Kollel~tivs (PDI0 und 133 Kinder des Vergleichskollektivs (VK) wurden katamnestisch erfal~t. 3 Kinder des PDK waren verstorben, und zwar 2 im Alter von 2 und 5 Monaten mSglicherweise an den Folgen der praenatalen Dystrophie, w~hrend im Vergleichskollektiv keine Todesf~lle zu verzeidlnen waren. Ambulante klinische Nachuntersuchungen erfolgten bei 152 Kindern des PDK und 114 Kindern des VK. Neben einer allgemein-p~diatrischen Untersuchung wurde eine Prfifung der feinen und groben Motorik und die Registrierung eines Hirnstrombildes vorgenommen. Die Untersuchung der kindlichen Motorik erfolgte in Anlehnung an die

A. Bolte et al.

230

Tabelle 1. Geburtshilfliche Charakteristik der nachuntersuchten, mit Zeichen der Plazentadysfunktion geborener Kinder (PDK), VK = Vergleichskollektiv. Geburtsjahrgfinge 1960-1964 der Universitfits-Frauenklinik KSln PDF

VK

42 Wochen 14, 5 ~

4o Wochen I, 8

m i t t l e r e Geburtsdauer

14 Stunden

8 Stunden

geburtshils Operatlonen Schnittentbindung

19, 3 8, 6

m i t t l e r e Schwangerschaftsdauer

H~ufigkeit de.r Geburtseinleitung

Vakuumext raktion

7, 3

Forzeps

2, 7 o, 7.

Extraktion b e i BEL Zustand der Neugeborenen

Apgar 8 - I o

85, o ~

99, 1

Apgar 6-7 Apgar 1 - 5

7, 9 ~ 6, 6 %

o0 9

Technik yon Hochleitner und die hirnelektrische Untersuchung mit einem Acht-KanalEEG-GeNit (Schwarzer). Untersuchungsergebnisse

1. Katamnestische Befunde Bei der Erhebung der Ka~amnese wurde die Meinung der Eltern fiber die Gesamtentwicklung des Kindes und einzelne Entwicklungsdaten erfragt. Die allgemein gehaltene Frage ,,Erscheint Ihnen die Entwicklung Ihres Kindes im ganzen gesehen altersgerecht?", wurde yon 89,50/o [93,5~/o] der Eltern mit Ja, d. h. altersgerecht, yon 6,6'~ (1,1~ mit ,kSrperlich verz6gert", yon 2,6'0/0 (0,9~ mit ,,geistig verz6gert" und yon 1,3~ (0,9~ mit ,geistig und kSrperlich verz6gert" beantwortet. Nur die Eltern yon Kindern des Vergleichskollektivs gaben in 2,6% der F~ille an, dab ihr Kind k6rperlich dem Alter voraus entwickelt se~. Bei der Auswertung einzelner katamnestischer Daten muB man davon ansgehen, dab das ErinnerungsvermSgen der Eltern in der Regel Grenzen hat und nut gravierendere St6rungen des Entwicklungsablaufes erinnerlich geblieben s:ind. Hatte ein bestimm~er Entwicklungsgrad zu dem yon den Eltern als normal erachteten Zeitpunkt stattgefunden, wurde zu eruieren versucht, ob er innerhalb eines bestimmten, zahlenm~il3ig vorgegebenen Zeitraumes gelegen hatte. Als Zahlenmaterial wurden hierbei die im Denver Developmental Screening-Test ffir 90~ aller Kinder zutreffenden Daten als Obergrenze zugrundegelegt. Stimmten die Eltern diesem vorgegebenen Zeitraum zu, wurde die Antwort unter ,altersgerecht" eingeordnet. Die Ergebnisse der katamnestischen Nachforschungen wurden unter den Oberbegriffen Entwicklung, Krankheiten und Verhaltensauff~illigkeiten zusammengefaBt. Die kindliche Entmicklung zeigte beim Plazentadysfunktions-Kollektiv eine Tendenz zum versp~iteten Eintreffen des Entwicklungssolls besonders beim selb-

Die kindliche Entwicklung nach Plazentadysfunktion

231

st~indigen Gehen, beim Einsetzen des Sprechens und bei der Beherrschung der Blasenfunktion tags und nachts. Kontaktschwierigkeiten mit anderen Kindern und/oder zu Erwachsenen hatten die Kinder des Plazentadysfunktions-Kollektivs etwa doppelt so h~iufig wie die Kinder des Vergleichskollektivs (Tab. 2).

Tabelle 2. Katamnestische Befunde der nachuntersuchten, mit Zeichen der Plazentadysfunktion geborenen Kinder (PDK), VK = Vergleichskollektiv. Geburtsjahrg~inge 1960-1964 der Universit~its-Frauenklinik KSln

PDF ~

VK

S e l b s t s t ~ n d i g e s S i t z e n (9 M o n a t e )

93,4

95, 6

S e l b s t s t ~ n d i g e s G e h e n (15 M o n a t e )

84, 8

9o, 4

Sprechen (Z2 M o n a t e )

83, Z

95, 6

Ausziehen (3 Jahre)

93,4

Ioo

A n z i e h e n (5 Jahre)

100

Einn~Issen tags (Z, 6 Jahre)

89, 6

95, 6

Einn~ssen tags und nachts (3 Jahre)

83, 6

90,4

KontaktstGrungen Schreib- und Leseschwierigkeiten

68, 5 3o, 9

8Z, 5 Zl, 9

Schulleistungen mindestens ausreichend

91, 5

9Z, 5

KonzentrationsstOrungen

54, 4

32, 5

O0

Unter den katamnestisch registrierten Krankheiten fallen Unterschiede zwischen beiden Kollektiven auf bei Neigung zu Traumen [Kopfprellung und Commotio cerebri), Ern~ihrungsst6rungen, geh~iuft auftretenden Cephalgien, Fehlbildungen (Hfiftgelenksdysplasie, Finger- und Zehenmifibildungen, Phimose, Schiefhals, VerschluB des Tr~nenkanals, Doppelbildung im Bereich der ableitenden Harnwege) und Schwachsichtigkeit (Tab. 3).

Tabelle 3. Katamnestisch registrierte Krankheitsbilder bei Kindern des Plazentadysfunktions-Kollektivs (PDK) und des Vergleichskollektivs [VK)

PDK ~

VK

Art der Erkrankung Krankenhausbehandlung Appendektomie Tonsillektomie Neigung. zu Traumen Ern~hrungsst6rungen Kopfschmerzen Fehlbildungen I~rampfanf~lle Fieberkr ~impfe Schwerh6rigkeit Schwachsichtigkeit

48, 0 6, 6 41,4 9,2 28, 3 27, 0 11,9 1,3 2, 0 Z, 0 Zl, 7

44, 7 5, Z 21,9 4, 4 16, 6 11,4 6,1

0, 9 15, 8

A. Bolte et al.

232

Verhaltensauffdlligkeiten traten im Plazentadysfunktions-Kollektiv h~ufiger auf als im Vergleichskollektiv: Bew,egungsunruhe 41,4e/o (19,3~ Tics 8,50/0 (2,6~ Ko~zentrationsstSrungen 54,6o/0 (32,5~ SchlafstSrungen 49,30/0

(23,7~ 2. Klinische Untersuchungsbefunde Alle Kinder wurden zun~ichst einer allgemein-p~idiatrischen Untersuchnng unterzogen. B.est3mmtwurden die Somatogramme der Kinder, grobklinisch untersucht wurden Herz, Kreislauf, Atmungs- und Sinnesorgane und Reflexe. Weiterbin wurde nach Haltungssch~den gesucht. Auf die Wiedergabe der Untersuchungsergebnisse wird an dieser Stelle verzichtet, da sich bei beiden Kollektiven keine Unterschiede fanden (Nebel]. Prfifung der feinen und groben Motorik Wie bereits erw~ihnt, wurde die Prfifung der Motorik weitgeh.end in Anlehnung an die Untersuchungstechr~ik zu Erkennung minimaler zerebraler Bewegungsst6rungen yon Hochleitner durchgefiihrt. Die Priifung der groben Motorik, die beim Einbeinstand in 74,4~% der F~lle des PDK gegeniiber 55,3% des VK und bei der Hocke in 29~ [PDK) gegeniiber 15,8~ (VK) StSrungen ergaben, liel~ die motorische Ungeschicklichkeit nicht so deutlich erkennen, wie die Priifung der Feinmotorik. Beim Klopfen auf eine Unterlage zeigten 42,2'% des PDK gegeniiber 9,60/0 des VK, bei der Diadod~okinese 75,7~ (64,0%), be.ira Biiroklammertest 41,1o/o (2O,O~ beim Daumen-Finger-Versuch 38,8~ (22,0~ und beim BonbonTest 28,80/0 (12,3'~ zumindest leichte StSrungen (Tab. 4). 3. Hirnelektrische Befunde Bei nahezu allen hirnelektrisch untersuchten Kindem lag die Grundaktivit~it im Normbereich yon 8-12 Hz. Lediglich 3 Kinder des PDK und I Kind des VK liel~en eine Grundaktivit~it von weniger als 8 Hz erkennen. Tabelle 4. Grob- und Feinmotorik der nachuntersuc~ten, mit Zeichen der Plazentadysfunktion geborenen Kinder (PDK),VK = Vergleichskollektiv PDF

VK

~o

i

Beeintr~chtigung der Seitw~rtsbeugung

11, 1

8, 7

Einbeinstand,

25, 6

4 4 , 7"

einwandfrei ausgef~hrt

Hocke

71, o

84, 7

Hii'pfen a u f d e r S t e l l e

49, 3

39, 5

Gr~tsche

42,4

43, 8

Sche r e n s p r u n g

51,6

57, o'

K l o p f e n a u f e i n e r Unte r l a g e

57, 8

90, 4

Diadochokinese,

57, E

31, 5

gest6rt

Daumen-Finge r-Ve rsuch

61,2

78, O

B~iroklammertest

59, 9

80, o

B o n b o n auspacken

71, 1

87, 7

Die kindlidm Entwicklung nach Plazentadysfunktion

233

DeT Blo~ierungseffekt konnte be,i 71~1o [80,8'~ gut nach~ewiesen werden. Ausreichend war er bei 23~ (16,6~ m~Big bei 4'O/o[2,6~ w~hrend b.ei 2~ der Kinder des PDK ein Blod~ierungseffekt kaum oder iiberhaupt nicht vorhanden war,

Unter HyperDentilation kam es bei 29'~ der Kinder des PDK gegeniiber 22,8O/o des VK zu einer ausgiebigen Aktivierunrg. Eine mittelgradige Aktivierung lag bei 15,1~ (14,0'~ eine leichte bei 23,7~ (23,6~ der F~lle vor, w~hrend bei 20,4o/0 (26,1%) eine m~Bige Aktivierungsreaktion festzustellen war. Ein Kind des PDK f~hrte die Hyperventilation nicht aus. Weder Allgemeinuer~nderungen noch Dysrhythmien waren bei 13,8~ der Kinder des PDK (22,8~ des VK) festzustellen. Leichte Allgemeinver~nderungen wurden beim PDK mit 15,1'~ seltener als beim Vergleichskollektiv (26,3~/o) registriert. W~hrend bei Allgemeinver~nderungen keine Unterschiede zwischen beiden Untersuchungskollektiven festzustellen waren, fiel die fast viermal so hohe Anzahl von m~iBigen Dysrhythmien b elm Kollektiv der Plazentadysfunktionskinder auf. Unter die als pathologisch einzustufenden Befunde m~Bige, m~Bige bis mittelgradige und mittelgradige Dysrhythmie fielen mit 28,3'o/0 mehr als ein Viertel der Kinder des Plazentadysfunktions-Kollektivs gegeniiber 8,7~/o des Vergleichskollektivs. Unter der Hyp.erventilation kam es bei 7,9'o/0 der Kinder des PDK (5,3'~ des VK) zu unterschiedlicher Aktivierung der Hemisph~ren, mithin zeigte sich kein nennenswerter Unterschied in der H~ufigkeit des Auftretens yon Seitendifferenzen unter der Hyperventilation zwisdlen den b,eiden untersuchten Kollekfiven. Ein Ve.rdadlt auf Kmmp~aktiuit~it bestand bei 5,9~/o der Kinder des PDK gegeniiber 1,8e/o der Kinder des VK, eine eindeutige I~ampfaktivit~t lag bei 6~ (2,6~ der Kinder vor. Ein Herdbe~und wurde bei 11,8~ der Kinder, die mit Z.eichen der plazentaren Dysfunktion geboren wurden, und bei 7,0o/0 der Kinder des Vergleichskollektivs nachgewiesen (Tab. 5).

Tabelle 5. Hirnelektrische Befunde der nachuntersu~hten, mit Zeid~en der Plazentadysfunktion geborenen Kinder (PDK),VK = Vergleichskollektiv PDF

VK

B l o c k i e r ~ n g s e f f e k t nachwe i s b a r

71, o

8o, 8

Hype rye ntilation A k t i v i e rung n a c h w e i s b a r

88, 2 7, 9

87,4 5,3

Allgemeinver~nderung, m~ig bis mittelgradig

28, o

3Z, o

Dysrhythmie, m~ig

28, 3

8,7

6, o

2,6

11,8

7, o

Seitendifferenz

Krampfaktivit~t He rdbefund l0

Arch. Gyn~k., Bd. 220

bis m i t t e l g r a d i g

234

A. Bolte at el. 4. Untersuchungsergebnisse heim einzelnen Kind

Wurde bisher die H~iufigkeit pathologischer Befunde in beiden Untersuchungskollektiven gegenfiber gestellt, so soll nunmehr die sicherlich wichtigere An, zahl krankhafter StSrungen beim einzelnen Kind dargestellt werden. Hierzu wurde eine Kind-Symptom-Tabelle erstellt, in welcher die insgesamt untersuchten 73 Faktoren ffir des einzelne Kind j eweils mit anormal oder normal bewertet wurden. Als anormal wurde des n~cht altersgerechte Eintreten eines Entwicklungssolls, aufgetreten~e Krankheitsbilder und Verhaltensauff~illigkeiten sowie krankhafte Befunde bei der klinischen Untersuchung verstanden. Bei den Untersuchungen der Motorik wurden deutliche StSrungen und grober bzw. v611iger Ausfall als anormal bewertet, beim hirnelektrischen Befund eine Grundaktivitiit aul3erhalb von 8-12 Hz, e in fehlender Blockierungseffekt, ein m~lSig oder starker dysrhythmisch bzw. allgemein ver~ndertes EEG und Befunde, die a uf eine Krampfaktivit~it bzw. auf den Verdacht von Krampfaktivit~it h~nwiesen. Um einen Uberblick fiber den medizinischen Status des E~inzelkindes zu bekommen, wurden die mit anormal bezeichneten Faktoren ( ~ Symptome} in der Kind-Symptom-Tabelle addiert. So entstand eine Symptom-Summe ffir jedes Kind. Bei der Gegeniiberstellung der Kinder beider Kollektive zeigten sich Unterschiede in der H~iufigkeit anormaler Symptome. Die Kurve der Symptomsummen (Abb. 11 wies beim Plazentadysfunktions-Kollektiv 2 Maxima auf, und zwar mit 11,2% der F~ille bei 11 und mit 7,2% der F~ille be~ 19 Symptomen. Demgegeniiber erreichte die Kurve der Anzahl anormaler Symptome beim Vergleichskollektiv bereits ihr H~iufigkeitsmaximum mit 14,5% bei 8 anormalen Symptomen, somit deutlich vor dem des PDK, und fiel dann kontinuierlich ab, so dal3 bei 18 und mehr Symptomen nut noch 8 Einzelf~lle vorkamen.

" 15-

10-

5

5

I

I

iO

15

I

I

I

20

25

30

Anzahl anormaler Symptome

Abb. 1. Prozentuale H~ufigkeit und Anzahl anormaler Symptome (Katamnese, klinischer Befund, Hirnstrombild) beim Plazentadysfunktions-Kollektiv {PDK) 9 gegenfibergestellt einem geburtshilflichen Normalkollektiv O {VK}

Die kindlidle Entwiddung nach Plazentadysfunktion

235

5. Bedeutung der anormalen Symptomgruppen ffir das Einzelkind Zur 13berpr/ifung der Frage, ob es sich bedim Auftreten einer h6heren Anzahl yon anormalen Symptomen beim Plazentadysfunktions-Kollektiv um das zuf~illige Zusammentreffen von Einzelbefunden oder um bedeutungsvolle Entwicklungsst6rungen handelt, wurden die in Abb. i untersuchten 73 Faktoren in 7 Gruppen unterschiedlicher Gewichtung unter folgenden Oberbegriffen zusammengefaBt: Gruppe I Entwicklungsst6rungen (12 Faktoren der Kind-Symptom-Tabelle), Gruppe II Schul- und Spielst6rungen (7 Faktoren der Kind-Symptom-Tabelle), Gruppe III Neigung zu Traumen, Cephalgien, Fieberkr~impfen, Krampfakt:ivit~ten (4 Faktoren der Kind-Symptom-Tabelle), Gruppe IV Verhaltensst6rungen (9 Faktoren der Kind-Symptom-Tabelle), Gruppe V St6rungen der groben Motorik (9 Faktoren der Kind-Symptom-Tabelle), Gruppe VI St6rungen der Feinmotorik (6 Faktoren der Kind-Symptom-Tabelle), Gruppe VII pathologisches Hirnstrombild (4 Faktoren der Kind-Symptom-Tabelle). Die nachfolgende Auswertung befaBt sich also mit der Fragestellung, ob eine h6here Anzahl von Symptomen innerhalb einer Gruppe mit mehreren abnormen Befunden in den/ibrigen Gruppen einhergeht, d. h. ob anormale Befunde in einem bestimmten Untersuchungskomplex auch mit weiteren anormalen Gruppen korreliert sind. Da die einzelnen Gruppen eine verschiedene Anzahl yon Faktoren hatten, mu/3te jeweils ein Grenzwert yon Symptomen festgelegt werden, bei dessen Uberschreitung die Gruppe als anormal galt. Ffir die Gruppen I, II, V und VI muBten mindestens 3 Symptome, ffir die Gruppe III 2 Symptome, f/ir die Gruppe IV 4 Symptome und ffir die Gruppe VII 1 Symtom vorliegen, um als anormal bewertet zu werden.

Gruppe I (Entmicklungsst6rungen) und H~ufigkeit roeiterer anormaler Symptomgruppen Beim Vergleich der Gruppe der EntwicklungsstSrungen mit der H~ufigkeit weiterer anormaler Gruppen wurden die 12 Symptome der Entwicklungsst6rungen in 5 Untergruppen gegliedert, so dab /iberpriift werden konnte, wie h~ufig beim Einzelkind innerhalb jeder Untergruppe andere anormale Gruppen vorkamen. Keine EntwicklungsstSrungen zeigten 50,7% der Kinder des PDK gegeniiber 64% des VK, in den Untergruppen 1-2, 3-4, 5-9 und 10-12 Symptome war ein leichtes 13berwiegen des PDK festzustellen. Die Gesamtwerte der einzelnen Untergruppen wurden bei der Aufgliederung in Tabelle 6 = 100% gesetzt. Fehlten Symptome in der Gruppe de.r EntwicklungsstSrungen, so traten bei 28,6~ des PDK (48'~ des VK) auch keine weiteren anormalen Gruppen auf. Das heiBt, dab bei Kindern des Vergleichskollektivs in dieser Untergruppe fast die H~lfte keine StSrungen hatte und auch in den/ibrigen Gruppen nicht gen/igend Symptome vorhanden waren, um diese jeweils als anormal bezeichnen zu k6nnen. Lag eine zus~itzliche anormale Gruppe vor, war das gleichzeitige Fehlen yon EntwicklungsstSrungen beim Vergleichskollektiv etwas h~ufiger, w~ihrend bei 2 und 3 anormalen Gruppen eindeutig das PlazentadysfunklO*

236

A. Bolte et aL

Tabelle 6. Gegenfiberstellung von Symptomen der Gruppe I {EntwicklungsstSrungen} und weiteren anormalen Gruppen bei Kindern des Plazentadysfunktions-Kollektivs {PDK} und des Vergleichskollektivs (VK} A~azahl anormaler

Anzahl der Symptome keine 1 - 2

3 - 4

.Gruppen

PDK

PDK

N keine~. 1

5 6

VK

35

10

17

2

1

48,0

17,0

47,0

18,0

20,0

N

24

N

VK

28,6

25 27 32,5 37,0 9

31,2 12,3 5

1

6,5

1,4

N

I

1

~

1,3

1,4

N

1 1,3

3 ~o

PDK

22

N

2 %

4

VK

5 - 9

28 6 47,5 16,7 9

10

15,2 27,0 8

13,5 3 5,1

2

5,6

PDK

10 - 12 VK

PDK

VK

3 2 27,0 40,0 Z

I

1

18,0 20,0 3

1

1

27,0 20,0

1

1

2,8

9,0

1

1 1,7

I

1

4 2,6

1 0,7

N

%

ge- N samt~

77

73

50,7 64,0

59

36

38,8 31,5

II

7,2

5 4,4

tions-Kollektiv mit 31,2~ gegenfiber 12,3'~ bzw. 6,50/0 gegeniiber 1,4~ hfiufiger vertreten war. Wurden 1 - 2 Symptome der EntwicklungsstSrunger~ na~hgewiesen, hatten 17~ des PDK und 470/o des VK keine weitere anormale Gruppe. D~eses Verh~ltnis kehrte sich urn, wenn e.ine zusfitzliche .anormale Gruppe vorhanden war. 47,50/0 des Plazen~adysfunktions-Kollektivs (16,7~ wiesen dann 1--2 Symptome unter den EntwicklungsstSrungen auf. Ein starkes ~berwiegen des PDK wurde bei 3 oder 4 anderen anormalen Gruppen festgestellt, wfihrend bei 2 anderen anormalen Gruppen noch das Vergleichskollektiv prozentual iiberwog. Bei Kindern der be.iden Kollektive mit 1 - 2 Symptomen, die in der Gruppe der Entw~icklungsstSrungen gleich stark vertreten waren, ist die Aussage, da~ das Plazentadysfunktions-Kollektiv in 830/0 der Ffille auch in anderen Gruppen grS~ere Ausf~lle zeigte, von Bedeutung. 3 und mehr anormale Symptome bei EntwicklungsstSrungen wiesen in den Untergruppen zu geringe Zahl~n auf, so dab eine Differenzierung zwischen den beiden Kollektiven unmSglich ist. Bedeutungsvoll erscheint allerdings, da~ zu 3 und mehr Symptomen der Entwi~lungsstSrungen erhebliche StSrungen in den anderen Gruppen hinzu kame.n. Bei 21 F~llen kamen nur dreimal ke~ne weiter en anormalen Gruppen vor.

Die kindliche Entwicklung nach Plazentadysfunktion

237

Gruppe II (Spielschmierigheiten, Kontaktst6rungen, Schulschmierigheiten)

in Beziehung zur Hfiufigkeit meiterer anormaler Symptomgruppen Das Plazentadysfunktions-Kollektiv war bei der Untergruppe ,,kein Symptom" mit 36,2% gegen/iber 47,3~/o des VK geringer vertreten, w/ihrend bei den /ibrigen Untergruppen das PDK j eweils den gr6Beren Anteil bildete.

Tabelle 7. Gegeniiberstellung von Symptomen der Gruppe II (Spielschwierigkeiten, KontaktstSrungen, Schulschwierigkeiten) und weiteren anormalen Gruppen bei Kindern des Plazentadysfunktions-Kollektivs (PDK) und des Vergleichskollektivs (VK) Anzahl Anzahl der Symptorne anorkelne 1 - 2 maler Gruppen P D K VK PDK VK keine N

3 - 4

5 - 7

PDK

VK

16 29,1

27 50,0

15 21,4

24 51,0

2 10,0

2 18,0

32

PDK

1

N ~

20 36,4

18 38,4

45,7

15 31,9

8 40,0

5 46,0

N %

15 27,2

9 16,7

15 21,4

7 14,9

Z 10,0

2 18,0

Z

2

N

4

6

2

1

30,0

18,0

3

8

7,3

11,4

1 2,1

N

4 5

2 10,0

%

N

g e-

N

samt ~

1

1

2

N

6

VK

Z

55

36,2

54 47,3

70 46,0

47 41,7-

20 13,2

11 9,5

7

Z

4,6

1,8

Kein Symptom in Gruppe II: 29,1'~ des PDK und die H~ilfte der Kinder des VK z.eigten weder in dieser Untergruppe noch in einer der iibrigen Gruppen Auff~illigkeiten. Bei 34,5~ (16,7'~ traten keine Symptome in dieser Gruppe, abet ,2" oder ,3 anormale Gruppen" auf. 1 - 2 Symptome: Diese Untergruppe zeigte ~ihnliche Werte wie die gleiche Untergruppe bei den EntwicklungsstSrungen. Ebenfalls fiel e~ne angede~3tete Umkehrung der Werte zw~sdlen den Kollektiven in den Spalten ,,keine" und ,,eine andere anormale Gruppe" auf: Bei 21,4e/o (51O/o) trat keine weitere anormale Gruppe auf, bei 45,7~ (31,9~ eine weitere anormate Gruppe. Beim Plazentadysfunktions-Kollektiv lagen bei 1 - 2 Symptomen dieser Gruppe in 78,6% auch andere anormale Gruppen vor.

A. Bolte et al.

238

Kamen 3-4 anormale Symptome in dieser Untergruppe vor, waren meist auch andere anormale Gruppen varhanden mit Uberwiegen des PlazentadysfunktionsKollektivs (90% gegenfiber 82%), bei 5-7 Symptomen fast ausschlieBlich Kinder des PDK mit weiteren anormalen Gruppen. In der Gruppe III (Neigung zu Traumen, Cephalgien, Fieberkr~impfen, Krampfanf~illen) wurden sehr differente Faktoren zusammengefaBt. Auf die Aufschlfisselung in Untergruppen wurde daher verzichtet, bei den bisherigen und noch durchzuffihrenden Gegenfiberstellungen wurde jedoch diese Gruppe mit berficksichtigt. Gruppe IV (VerhaltensstSrungen) und H~ufigkeit meiterer

anormaler Symptomgruppen Bei nur 4,6'% der Kinder des PDK und bei 22,9~ des VK wurden keine VerhaltensstSrungen festgestellt. Die Untergruppe .1 und 2 Symptome" war insgesamt bei beiden KoUektiven gleich stark vertreten, bei den Untergruppen . 3-4" und vor allem ,,5--9 Symptome" wurden die Unterschiede zwischen den beiden Kollektiven deutlich. Mehr noch als die prozentualen bringen die absoluten Zahlen - 21 Kinder des PDK gegenfiber 4 Kindern des VK - die st~rkere Verhaltensauffiilligkeit des Plazentadysfunktions-Kollektivs zum Ausdruck. Fehlten VerhaltensstSrungen, so waren bei 57,5~ der Kinder des VK auch TabeUe 8. Gegenfiberstellung von Symptomen der Gruppe IV (Verhaltensst6rungen) und weiteren anormalen Gruppen bei Kindern des Plazentadysfunktions-Kollektivs (PDK} und des Vergleichskollektivs (VK) Anzahl anormaler Gruppen

Anzahl der S y m p t o m e keine 1 -Z PDK

VK

PDK

VK

PDK

9 N kelne ~

3

15 57,5

22 30,1

29 52,7

11,8

31,0

24,0

3 - 4

6

5 - 9 VK 9

PDK

VK

5

1

N ~o

3

1

9 34,6

33 45,2

19 34,5

21 41,2

ii 38,0

7 33,0

N ~

1

2

2 7,7

16 21,9

7 12,8

14 27,5

5 17,0

6 29,0

N "~

3

2

3

N ~

3

4 5

N %

3 5,9

6

N

4

2,7

7,9

5,9

10,0

9,5

1 3,5

1 4,8

29 25,5

21 13,8

%

N saint ~ ge-

2

3

7 4,6

26 22,9

73 48,0

55 48,3

51 33,6

4 3,5

Die kindlidm Entwiddung nach Plazentadysfunktion

239

keine weiteren anormaleu Gruppen vorhanden. Demgegenfiber war diese Feststellung bei Kindern des PDK die Ausnahme. Bei 1-2 Symptomen in dieser Gruppe hatte.n 52,7~ der Kinder des VK keine anderen anormalen Gruppen, beim PDK hatten 54,2'% ein,e andere anormale Gruppe, 24,6O/o (12,8~ 2 oder 3 andere anormale Gruppen. Die Anzahl der Kinder, die auBer 3 - 4 Symptomen in der Gruppe der Verhaltensst6rungen keine andere anormale Gruppe aufwiesen, lag beim Vergleichskollektiv mit 31% gegenfiber 11,8~ des Plazentadysfunktions-Kollektivs erheblich h6her. Bemerkenswert war, dab ,,4" oder ,,5 andere anormale Gruppen" in 11,8% beim Plazentadysfunktions- und nur in 3,5% b eim Vergleichskollektiv vorkamen. 5 bis 9 Symptome in der Gruppe der Verhaltensauffiilligkeiten kamen fast ausschliel31ich beim PDK vor, in 76o/o der F~ille mit zus~tzlichen anderen anormalen Gruppen. Gruppe V

(St6rungen der groben Motorik) und H~iufigkeitmeiterer anormaler Symptomgruppen

Keine St6rungen der groben Motorik waren bei 40O/o (49,2~ zu vermerken. In den /ibrigen Untergruppen war ein leichtes Uberwiegen des PDK nachzuweisen. Tabelle 0. Gegenfiberstellung von Symptomen der Gruppe V (Grobmotorische St6rungen) und weiteren anormalen Gruppen bei Kindern des Plazentadysfunktions-Kollektivs (PDK) und des Vergleichskollektivs (VK) Anzahl

Anzahl der Symptome

anor-

keine

maler Gruppen PDK

1 - 2

3 - 4

5 - 9

VK

PDK

VK

PDK

VK

PDK

VK

keine N

18 38,3

36 64,2

16 26,7

15 41,7

10 33,3

5 38,0

1 6,7

Z

N

18 38,3

15 26,8

19 31,6

14 38,9

11 36,7

5 38,0

5 33,4

6

N

9 19,2

4 7,1

16 26,7

4 ii,I

6 20,0

I 8,0

5 33,4

3

N

2 4,Z

I 1,8

7 11,7

I 2,8

2 6,7

~2 15,0

1 6,7

4

N ~

5

N

6

N

%

1

2

2 3,3

1 3,3

1

1 6,7 2 15,3

%

ge- N samt ~

47 40,0

56 49,2

60 39,5

36 31,6

30 19,8

13 II,4

15 9,9

9 7,9

240

A. Bolte et

al.

Lag kein Symptom in dieser Untergruppe vor, zeigten 64,29/0 der Kinder des VK auch in a n d e r e n G r u p p e n k e i n e g r a v i e r e n d e n Ausf~lle, b e i m PDK w a r e n d a g e g e n in 61,7~ 1 - 3 a n d e r e a n o r m a l e G r u p p e n v o r h a n d e n . Auffiillig w a r d e r groBe A n t e i l v o n 2 a n d e r e n a n o r m a l e n G r u p p e n m i t 19,29/o gegeniiber 7,1~ B e i m PDK w i e s e n 26,7~ gegenfiber 41,7% des VK 1 - 2 g r o b m o t o r i s d l e St6r u n g e n auf, jedoch keine a n d e r e n a n o r m a l e n G r u p p e n . Auch in d i e s e r G r u p p e liel3 s o m i t d a s A u f t r e t e n v o n 1 - 2 S y m p t o m e n d a r a u f schliel3en, dal~ b e i m P l a z e n t a d y s f u n k t i o n s - K o l l e k t i v auch a n d e r e G r u p p e n mit grSBeren ,,Ausf~llen" zu e r w a r t e n w a r e n . E i n d e u t i g s t a r k e r v e r t r e t e n w a r das P l a z e n t a d y s f u n k t i o n s - K o l l e k t i v m i t i n s g e a m t 41,7~ (13,9~ in d i e s e r U n t e r g r u p p e b e i 2 - 4 a n d e r e n a n o r m a l e n Gruppen.

In den Untergruppen 3 und mehr Symptome wiederholte sich noch deutlicher das Uberwiegen des PDK mit zus~itzlichen anderen anormalen Gruppen. Gruppe VI (St6rungen der Feinmotorik] und H~ufigkeit zusdtzlicher

anormaler Symptomgruppen Bei 29,60/0 (57,1~/o] traten keine feinmotorisd~en StSrungen auf. Die grSBere feinmotorische Ungeschicklichkeit der Kinder des Plazentadysfunktions-Kollektivs wird durch ihr h/iufiges Auftreten in den Untergruppen ,,1-2" und ,3-4 Symptome" demonstriert.

Tabelle 10. Gegenfiberstellung von Symptomen der Gruppe VI (Feinmotorische StSrungen] und weiteren anormalen Gruppen bei Kindern des Plazentadysfunktions-Kollektivs (PDK) und des Vergleichskollektivs (VK) Anzahl Anzahl der Symptome 9anorkeine 1 - 2 rnaler Gruppen PDK VK PDK VK

3 - 4

5 - 6

PDK

VK

PDK

VK

N

22 49,0

38 . 58,5

16 19,5

22 52,3

3 12,5

1

1

N %

15 33,4

20 30,8

31 38,3

11 26,2

8 33,3

3

1

2

N ~

7 15,6

6 9,2

23 28,5

9 21,4

4 16,7

3

N ~

1 2,2

1 1,5

8 9,9

8 33,3

4

N %

3 3,7

1 4,2

keine

1

5

6 ge-

1 1

N

!

N N

samt ~

45

65

81

42

24

5

2

2

29,6

57,1

53,3

36,9

15,8

4,4

1,3

1,8

Die kindliche Entwid~lung nach P l a z e n t a d y s f u n k t i o n

241

War kein Symptom in dieser Untergruppe vorhar~den, zeigten sich fast gle~che Verh~Itniszahlen zwischen den beiden Kollektiven, wobei das PDK etwas h~iutiger mit anderen anormalen Gruppen vorkam. Lagen 1-2 Symptome dieser Untergruppe vor, wies das Plazentadysfunktions-Kollektiv ,1-2 andere anormale Gruppen" in 66,8% der F~ille gegenfiber 47,7% des VK auf. ,3--4 andere anormale Gruppen" wurden nur noch beim PDK (13,6~%) nachgewiesen. Bei diesem Kollektiv waren in 80,5% der F~ille nicht nur 1-2 Symptome der Feinmotorik, sondern auch gravierende StSrungen~in den anderen Gruppen festgestellt worden. 3--4 Symptome der Feinmotorik w aren beim PDK in 87,5~/0 mit andereu anormalen Gruppen verbunden, w~ihrend alas Vergleichskollektiv nur noch gering vertreten war und der Hauptanteil be~ einer weiteren anormalen Gruppe lag. 5-6 Symptome dieser Untergruppe waren beim PD,K mit 4-5 weiteren anormalen Gruppen, beim VK mit keiner oder einer weiteren anormalen Gruppe verbunden. Gruppe VII (Hirnelehtrische Befunde) und H6ufigkeit meiterer

anormaler Symptomgruppen Ein altersgerechtes Hirnstrombild zeigten 45,5~ der Kinder des PDK gegenfiber 6 5 ~ des VK. D,as EEG der Kinder des PDK war in allen Untergruppen auffiilliger. 2 Symptome wurden beim Plazentadysfunktions-Kollektiv prozentual dre~mal so h~iufign achge~iesen, wie beim Vergleidaskollektiv. Tabelle 11. G e g e n i i b e r s t e l l u n g y o n S y m p t o m e n d e r G r u p p e VII (Auff~lligkeiten des E l e k t r o e n z e p h a l o g r a m m s ) u n d w e i t e r e n a n o r m a l e n G r u p p e n b e i K i n d e r n des P l a z e n t a d y s f u n k t i o n s - K o l l e k t i v s (PDK) u n d des V e r g l e i c h s k o l l e k t i v s (VK) Anzahl anor maler

An'zahl d e r Symptome keine 1

Gruppen

PDK

keine N

31 50 45,0 67,5

N % N %

l 2

VK

PDK

15 14 30.0 45,0

8 36,0

1

3

21 14 30,0 19,o

20 9 3%0 2 % 0

4 18,0

4

4

12 10 17,4 13,5

10 19,6

2 6,5

3 13,5

5 10,0

3 9,5

l 4,5

N ~

Z 3,0

4

N

3 4,3

PDK

VK

3

PDK

3

VK

2

4 VK

3

N

1

1

~

2,0

4,5

6

N

ge-

N

VK

1

1

5 23,0

5

PDK

2

%

samt~

69

74

4 5 , 5 65,0.

51

31

33,5 Z7,2

22

5

8

3

Z

1

14,5

4,4

5,3

2,6

1,3

0,9

242

A. Bolte et al.

Kam kein auffiilliges Symptom in dieser Untergruppe vor, hatten 67,50/0 der Kinder des VK auch in den anderen Gruppen keine Ausf~ille yon Bedeutung. Demgegeniiber wiesen Kinder des PDK in 55'% der F~ille ein einwandfreies EEG auf, jedoch in anderen Gruppen h~iufiger pathologische Befunde. Einen anormalen hirnelektrischen Befund, aber sonst keine weitere anormale Gruppe zeigten 30% des PDK gegenfiber 45'% des VK. Beim PDK waren in 31,6% der F~ille ,2--5 weitere anormale Gruppen" vorhanden, beim VK in 16%. Ein anormaler Befund im Hirnstrombild war beim Plazentadysfnnktions-Kollektiv in 70% der F~lle kein Einzelbefund, sondern stand mit anderen anormalen Gruppen in Zusammenhang. Zu 2 anormalen Befunden im Hirnstrombild kamen beim PDK in 46% der F~ille ,2-5 weitere anormale Gruppen" hinzn, w~hrend beim VK lediglich 5 Kinder vorkamen, die entweder keine oder h6chstens eine zus~itzliche anormale Gruppe aufwiesen. Bemerkenswer't ~st, dab 27,5% der Kinder des PDK neben 2 anormalen Symptomen im Hirnstrombild 4 und mehr andere anormale Gruppen aufwiesen.

Diskusslon der Untersuchungsergebnisse Nachuntersuchungen von Kindern, die mit den Zeichen der Plazentadysfunktion geboren wurden, verfolgen das Ziel, Informationen fiber die Entwicklung zn gewinnen. Die meis~en bisherigen Untersuchungen besch~ifligen sich ausschliel~lich mit der Perinatalperiode (Bolte, B;achmann, Strothmann; Wilkin; Georgiades; Stefan, Thomas; Holtorff, Schmidt), eingehendere klinische Nachuntersuchungen ,im Schulalter sind bisher noch nicht erfolgt. Lediglich Teilaspekte der Problematik wurden yon einigen Autoren bereits erSrtert, allerdings waren die untersuchten Kinder nur selten ~ilter als 2 ~ahre. Katamnestische Nachforschungen ~hnlich der Longitudinalstudie yon Brandt und SchrSder bei Frfihgeborenen mit praenataler Dystrophie sowie die auf Nachweis oder Ausschlul~ yon Minimal-Cerebral-Pulsy ausgerichtete Untersuchungen der Motorik und hirnelektrische Diagnostik wurden noch nicht dnrchgefiihrt. Die Diskussion der vorliegenden Untersuchnngsergebnisse mul~ sich daher in der I-Iauptsache auf Arbeiten beschr~nken, die Randgebiete der Problematik berfihren o der perinatale Komplikationen abhandeln. Die durchgeffihrten Untersuchnngen schliel3en sich an fr~ihere (Bolte, Bachmann, Strothmann) an, die am Geburtengut der Universit~ts-Frauenklinik der Jahre 1955-66 in Znsammenhang mit unmittelbaren geburtshilflichen Problemen zwischen plazentarer Dysfunktion und Tragzeitiiberschreitung gemacht wurden. Die nunmehr nachuntersuchten Kinder sind Tell des seinerzeit nntersnchten Geburtengutes. Auf die geburtshilflich-perinatologische Problematik kann daher unter Verweis auf die frfiheren Untersuchnngen verzichtet werden. Bei den eigenen Untersuchungen werden der physischen nnd psychischen Entwicklung yon Kindern, die mit Zeichen der Plazentadysfunl

[Children's development after placental dysfunction (author's transl)].

Arch. Gyn~ik. 220, 227-247 (1976) 9 by J. F. Bergmann-Verlag Mfinchen 1976 Die kindliche Entwicklung nach Plazentadysfunktion* ** A. Bolte, H. J. H...
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