Leitthema Unfallchirurg 2014 · 117:517–522 DOI 10.1007/s00113-013-2473-3 Online publiziert: 6. Juni 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

L. Kager1, 2 · S. Bielack3 1 Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, St. Anna Kinderspital, Medizinische Universität Wien 2 Children’s Cancer Research Institute, Wien 3 Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Olgahospital - Pädiatrie 5

(Onkologie, Hämatologie & Immunologie), Klinikum Stuttgart

Redaktion

M. Schultheiss, Ulm

Die häufigsten auf Chemotherapie sensitiven malignen Knochentumoren sind Osteosarkome und EwingSarkome [2, 6, 17]. Chondrosarkome sind mit Ausnahme extrem seltener mesenchymaler und einiger dedifferenzierter Subtypen chemoresistent und werden hier nicht diskutiert. Während bei Ewing-Sarkomen (immer undifferenziert, hochmaligne) prinzipiell eine multimodale Therapie aus Chemo- und Lokaltherapie indiziert ist, kommen bei Osteosarkomen auch seltenere niedriger maligne Varianten vor (z. B. niedrigmaligne zentrale und parossale Osteosarkome), die ausschließlich operiert werden [9]. Nur wenn im Resektat histopathologisch höher maligne Anteile gefunden werden oder ein ungewöhnlich aggressiver Verlauf vorliegt, kann auch bei diesen Subtypen adjuvante Chemotherapie indiziert sein. Bei den sehr viel häufigeren hochmalignen Osteosarkomen ist allerdings wie beim Ewing-Sarkom die intensive Polychemotherapie entscheidender Bestandteil der erfolgreichen multimodalen Behandlung.

Interdisziplinäre Kooperation und frühe Zentralisierung Die Therapien der Ewing- und Osteosarkome sind Paradebeispiele für erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit. Alleinige Lokaltherapie führt in aller Re-

Chemotherapeutische Konzepte bei Knochensarkomen gel weder beim einen noch beim anderen zu dauerhafter Heilung, da sie früh Metastasen bilden. Auch medikamentöse Therapie, und sei sie noch so intensiv, kann allein fast nie kurativ sein. Kombiniert man aber beide Verfahren, können etwa 60– 70% aller Patienten ihr Knochensarkom dauerhaft überleben [2, 6, 17].

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Die Therapien der Ewing- und Osteosarkome sind Paradebeispiele für erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit Um dieses Ziel mit der größten Wahrscheinlichkeit erreichen zu können, ist aktuellen Leitlinien zufolge eine frühzeitige interdisziplinäre und multiprofessionelle Betreuung an einem Knochensarkomzentrum anzustreben, an dem das komplette Spektrum der erforderlichen Diagnostik und multimodalen Therapie gewährleistet ist [8]. Die zur Diagnosesicherung erforderliche Biopsie muss dort im erfahrenen interdisziplinären Team klug geplant und anschließend umsichtig durchgeführt werden. Es muss ausreichend Material für konventionelle und Immunhistologie sowie für molekularpathologische Diagnostik gewonnen, fachgerecht asserviert und eingesandt werden. Bei der Biopsie ist die Kontamination wichtiger Strukturen unbedingt zu vermeiden, muss doch der Zugangsweg bei der späteren definitiven Operation en bloc mit dem Knochentumor

entfernt werden [8]. Fehlerhaft gewählte Zugangswege können leicht die betroffene Extremität, im Extremfall sogar das Leben des Patienten, gefährden. Im Idealfall findet also schon die präbioptische Bildgebung, auf jeden Fall aber die Biopsie selbst am Referenzzentrum statt, möglichst unter Einbeziehung des Operateurs, der später die definitive Operation durchführen soll [8].

Ewing-Sarkome Ewing-Sarkome treten v. a. in der 2. Lebensdekade auf. Prädilektionsorte sind Becken (26%), Diaphysen der langen Röhrenknochen (Femur 20%, Tibia 10%) und Brustwand (16%). Etwa 25% der Patienten haben bei Diagnosestellung nachweisbare Metastasen (10% Lunge, 10% Knochen und/oder Knochenmark, 5% andere Lokalisationen [10]). Die Diagnose wird histologisch gestellt, die Biopsie ist an einem Knochensarkomreferenzzentrum durchzuführen [8]. Pathologisch finden sich hochmaligne, kleine, blaue, runde Zellen mit minimalem Stroma und minimaler Differenzierung (G3). Die äußere Tumorzellmembran ist immunhistochemisch MIC2 (CD99) positiv. Pathophysiologisch bedeutend sind chimäre EWSR-Proteine wie EWSR1/FLI-1 [entstehend durch die Translokation t(11;22) (q24;q12)], die die Expression von Differenzierungsgenen unterdrücken und Proliferationsgene aktivieren [7, 15]. Diagnostisch ist demnach der Nachweis einer Der Unfallchirurg 6 · 2014 

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Leitthema 8x VAC (Patientinnen) R1

R

LOKALTHERAPIE

8x VAI (Patienten)

6x VIDE

Therapieende 9x Zoledronat

D Aus der Seltenheit der Erkrankung 8x VAI R2

R 1x VAI + BU/MEL

8x VAC R3

R TREO/MEL + 8x VAC

Abb. 1 8 Schematische Darstellung der Ewing-Sarkomtherapie im Protokoll EWING 2008. Definition der Risikogruppen s. Text. (R Randomisierung, VIDE Vincristin, Ifosfamid, Doxoubicin, Etoposid, VAC Vincristin, Actinomycin D, Cyclophosphamid, VAI Vincristin, Actinomycin D, Ifosfamid, BU Busulfan, MEL Melphalan, TREO Treosulfan)

Translokation, die EWSR1 auf Chromosom 22 mit Partnern der sog. ETS-Familie fusioniert, mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH). In 85% handelt es sich dabei um die oben beschriebene Translokation t(11;22)(q24;q12). Die chimären Fusionsgene EWSR1/FLI-1 oder EWS/ERG (5–10%), FEV, ETV1, ETV4 und andere (je

[Chemotherapeutic concepts for bone sarcomas].

Osteosarcoma and Ewing sarcoma are the most common chemosensitive sarcomas of the bone...
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