GeSRU Urologe 2015 · 54:726–729 DOI 10.1007/s00120-015-3823-2 Online publiziert: 12. Mai 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

J. Salem1 · P. Paffenholz2 · T. Nestler3 · H. Borgmann4 1 Klinik für Urologie, St.-Josefs-Hospital, Dortmund 2 Klinik für Urologie und Kinderurologie, Urologische Onkologie, Krankenhaus Düren 3 Klinik für Urologie, Bundeswehr-Zentralkrankenhaus, Koblenz 4 Klink für Urologie und Kinderurologie, Universitätsklinikum Frankfurt

Chancen und Risiken von Facebook als Kommunikationsmedium in der Urologie

„Wir haben in 2014 viel geschafft“, erklärte Firmengründer Mark Zuckerberg. Das 2004 gegründete, und nun 10 Jahre bestehende soziale Netzwerk Facebook wächst von Jahr zu Jahr. Nach Google ist die Plattform heute zur am häufigsten besuchten Webseite in Deutschland geworden. Der Name des Netzwerkes bezieht sich auf die sog. „facebooks“ (dt.: Jahrbuch) mit Abbildungen von Studenten, die häufig an Colleges in den USA verteilt werden. Durch die heutzutage ubiquitäre Präsenz von sozialen Medien wandelt sich unsere Kommunikation. Private wie berufliche E-Mails im herkömmlichen Stil werden zunehmend ergänzt, teilweise auch ersetzt, durch die Kommunikation über Facebook (. Infobox 1). Die Nutzung von Facebook ist weltweit in 211 Ländern möglich. Die Zahl der Nutzer, die sich mindestens einmal im Monat bei Facebook einloggten, erhöhte sich 2014 auf 1,39 Mrd. Somit ist Facebook zum größten bestehenden sozialen Netzwerk geworden [1] Deutschland rangierte mit 26 Mio. Mitgliedern auf Rang 10 [2]. Eine Rangliste der sozialen Netzwerke in Deutschland zeigt . Tab. 1. Doch Facebook hält nicht nur Einzug in unser Privatleben, auch im medizinischen Bereich zählt die Plattform heutzutage zu einem häufig genutzten Kommunikationsmittel [3]. Auch im Bereich der Urologie bietet Facebook sowohl für Patienten als auch für Ärzte Vernetzungsund Informationsmöglichkeiten. Die Facebook-Seite der EAU zählt 7145 Likes

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(Erklärung s. Struktur von Facebook), die Seite der AUA sogar 12.176 Likes. Die Facebook-Netzwerke „prostate cancer foundation“ (52.435 Likes) und „prostate cancer uk“ (29.534 Likes) bieten, wie auch andere Netzwerke, Patienten Informationen rund um das Prostatakarzinom an und fungieren aufgrund ihrer großen Reichweite auch als Meinungsbildner. Auch Krankenhäuser haben die Möglichkeiten der sozialen Medien zur Außendarstellung erkannt und präsentieren sich und ihre Kliniken auf Facebook wie die „BW Kidney and Urology Clinic“ in Ghana (7010 Likes) und das „UVA Department of Urology“ in Virginia (14.298 Likes). In Deutschland hingegen ist der professionelle Nutzen von Facebook noch recht verhalten. Die größten Facebook-Seiten von deutschen Krankenhäusern zählen weniger als 1000 Likes.

Struktur von Facebook Zur Nutzung von Facebook wird die Erstellung eines persönlichen Profils mit Möglichkeit zu Angaben zur Person, Ausbildung und Arbeitsstelle benötigt. Die Sichtbarkeit der Profilinformationen lassen sich individuell einstellen. Zusätzlich können Gruppen zu gemeinsamen Interessengebieten, Aktivitäten oder auch fachspezifisch gegründet werden. Entsprechend dem Wunsch nach öffentlicher Wahrnehmung und Sichtbarkeit für „Facebook-Freunde“ und Unbeteiligte gibt es offene, geschlossene und geheime Gruppen, in denen kommuni-

ziert werden kann. Ein in der Urologie gelebtes Beispiel ist die geschlossene Facebook-Gruppe der GeSRU. Sie zählt aktuell 290 Mitglieder und bietet Beiträge zu Kongressen und Fortbildungen, aber auch Beiträge mit persönlichen Erfahrungen der Mitglieder. Mitglieder dieser Gruppe können Themen frei erstellen und diskutieren. Eine weitere Gruppe ist „GeSRU Aktive“, in der sich alle aktiven Teammitglieder der GeSRU austauschen. In solch einem Setting bietet sich eine geheime Gruppe an.

Infobox: 1  AUF EINEN BLICK Nutzer weltweit: 1,39 Mrd. Nutzer Deutschland: 22 Mio. GeSRU F Gruppe: 290 Mitglieder F Seite: 291 Likes Nutzformen F Mobil als APP F Browser F Tablet Vorteile + schnelle Erreichbarkeit der Zielgruppe + gute Marketingchancen + breite Vernetzungsmöglichkeit + erleichterte und effiziente Kommunikation + einfache Anmeldung + intuitive Bedienung Nachteile F Mangel des Datenschutzes F personenbezogene Werbung F Missbrauch F Der gläserne Mensch

GeSRU Tab. 1  Rangliste der sozialen Netzwerke in Deutschland. (Nach [4]) Rang

Name

Visits in Millionen

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

facebook.com twitter.com plus.google.com tumblr.com instagram.com odnoklassniki.ru linkedin.com vk.com xing.com reddit.com

541,10 41,30 36,00 21,55 15,64 12,41 11,00 10,60 7,94 7,36

Eine weitere Möglichkeit zur Kommunikation und Präsentation vor allem für Unternehmen, Organisationen oder Personen des öffentlichen Lebens bietet die Erstellung einer Facebook-Seite. Diese Facebook-Seiten bieten vor allem eine Möglichkeit zur Kommunikation und Darstellung nach außen. Im Gegensatz zu Facebook-Gruppen dient sie nicht primär als Diskussionsplattform. Inhalte können nur von ausgewählten Personen eingestellt werden. Facebook-Mitglieder können diese Seiten sowie die Inhalte „liken“(„gefällt mir“) und kommentieren. Die FacebookSeite der GeSRU zählt aktuell 291 Likes.

Kommunikation bei Facebook Die Kommunikation über Facebook kann über persönliche Nachrichten wie bei einem Chat erfolgen. Das Netzwerk stellt seinen Nutzern Speicherplatz für Fotos, Videos und Erlebnisberichte zur Verfügung, die über die Plattform ausgetauscht werden können. Personen, denen das Mitglied Einblick in das persönliche Profil gestattet, werden Freunde genannt. Öffentlich gestellte Einträge, sog. „posts“,können kommentiert, auf dem eigenen Profil „geteilt“ oder mit dem „Gefällt-mir“-Button versehen werden. Durch diese von jedem Facebook-User vergebbaren sog. Likes werden interessante Beiträge identifiziert und unter allen Facebook-Mitgliedern verbreitet. Entsprechend dem Motto: „Sei dem Adressaten ein wertvoller und netter Kommunikationspartner“ ist erfolgreiche Kommunikation bei Facebook gekennzeichnet durch regelmäßige, inhaltsreiche, kurze, einfache und gegebenenfalls emotionale Nachrichten. Faustregel hier-

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Sept.2014 vs. Sept.2013 in Millionen −110,15 +18,65 +3,96 +1,49 +6,68 −7,55 +3,36 +3,93 +1,13 +4,50

Sept.2014 vs. Sept.2013 in % −16,9 +82,3 +12,4 +7,4 +74,5 −37,8 +44,0 +59,0 +16,5 +157,1

für ist die Prüfung der THINK-Kriterien. Ist der Inhalt wahr („true“), hilfreich („helpful“), begeisternd („inspiring“), notwendig („necessary“), höflich („kind“)? Treffen die Kriterien der THINK-Regel zu, dann handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen sinnvollen Beitrag [5].

Gefahren Zur optimalen und risikoarmen Nutzung des Portals ist das Wissen über potenzielle Gefahren unerlässlich. So kritisiert die Stiftung Warentest erhebliche Mängel beim Datenschutz. Facebook schränke die Rechte Ihrer Nutzer stark ein, ermögliche sich selbst aber die Weitergabe der User-Daten und des geistigen Eigentums an Dritte [6]. Mit der Datenweitergabe und den neuen AGB von Januar 2015 wird auch die personenbezogene Werbung erfolgreicher. Wer das Netzwerk nicht kündigen möchte, kann zumindest den Umfang der Datennutzung zu Werbezwecken sowie die nutzerbasierten Werbeeinblendungen über die Einstellungsoptionen beeinflussen, wie auch von der Verbraucherzentrale NRW empfohlen [7]. Der Spiegel berichtete über ein Psychologie-Experiment, an dem Facebook 2012 teilnahm, bei dem 689.000 Nutzer ohne ihr Wissen involviert waren. Im Rahmen des Experiments wurde die zentrale Neuigkeiten-Seite bei Facebook manipuliert, sodass die User ein verzerrtes Bild der Stimmung ihrer FacebookFreunde sahen. Die Veröffentlichung der Studienergebnisse verursachte eine Welle der Empörung: Öffentlich oder universitär durchgeführte Experimente dieser Art

bedürfen in der Regel ein Ethikvotum, im Fall der Privatfirma Facebook besteht diese Forderung jedoch nicht. Die Studie ist durch die Nutzungsbestimmungen des Netzwerks gedeckt, denen die User bei der Erstellung ihres Kontos zustimmen [8]. Im Rahmen der permanenten Erreichbarkeit über Facebook werden auch Falschmeldung und Gerücht (sog. Hoax) verbreitet. Diese falschen Warnungen und Behauptungen sorgen für Verunsicherung in der Bevölkerung und oft für Fehlalarme bei polizeilichen Ermittlungen. Mit dem Wissen um diese Gefahren ist es umso wichtiger, genau darauf zu achten, die Privatsphäre, aber auch Patientenrechte sowie die ärztliche Schweigepflicht zu wahren und Meldungen kritisch zu werten. Nicht zuletzt wurden auch schon Personen durch unachtsames Posten aus ihrer Anstellung entlassen [9].

Chancen In Anbetracht der großen Verbreitung von Facebook als Kommunikationskanal birgt dieses neben den bekannten Risiken auch große Chancen. Große Teile der Bevölkerung sind auf einfache Weise erreichbarer denn je. Somit können z. B. Aufklärungskampagnen leichter publik gemacht werden und Hindernisse oder Vorurteile haben die Chance, einfacher abgebaut zu werden. Die Kommunikation unter den Ärzten hat die Chance, deutlich transparenter zu werden. Auch könnten bahnbrechende Forschungsergebnisse gepostet und mit einem Mausklick global verbreitet werden. Letztlich haben wir die Verantwortung, uns um unsere Patienten zu kümmern. Patienten informieren sich vor Arztbesuchen über ihre Krankheiten sowie die häufig angewandten Therapiemöglichkeiten. Die Schaffung wissenschaftlich basierter Informationskanäle, z. B. mithilfe von Facebook, könnte unseren Patienten diese „Vorbereitung“ erleichtern und ihnen ein realistisches und fundiertes Wissen vermitteln. In dem Bemühen den Patienten dort abzuholen, wo er sich aufhält, erfordern neue Kommunikationsstrukturen das Anpassen des Arztes an diese. Im Zeitalter der „Neuen Medien“ scheint der Patient gerade „online“ zu sein.

Fachnachrichten Korrespondenzadresse J. Salem Klinik für Urologie,   St.-Josefs-Hospital Wilhelm-Schmidt-Str. 4, 44263 Dortmund [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  J. Salem, P. Paffenholz, T. Nestler und H. Borgmann geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur 1. http://www.n-tv.de/wirtschaft/Facebook-waechstueberraschend-stark-article14411336.html. Zugegriffen: 08. März 2015 2. http://de.statista.com/statistik/daten/studie/157705/umfrage/top-15-laender-nach-anzahl-der-facebook-nutzer/. Zugegriffen: 08. März 2015 3. Loeb S, Bayne CE, Frey C et al (2014) American Urological Association Social Media Work Group. Use of social media in urology: data from the American Urological Association (AUA). BJU Int 113(6):993– 998. doi:10.1111/bju.12586 4. http://meedia.de/2014/11/05/top-20-der-sozialen-netzwerke-in-deutschland-twitter-instagramund-reddit-die-grossen-gewinner/. Zugegriffen: 08. März 2015 5. http://mediasmarts.ca/sites/mediasmarts/files/ pdfs/tipsheet/TipSheet_Social_Media_Rules.pdf. Zugegriffen: 08. Nov. 2014 6. https://www.test.de/Soziale-Netzwerke-Datenschutz-oft-mangelhaft-1854798-0/. Zugegriffen: 08. März 2015 7. http://www.vz-nrw.de/Vorsicht-mit-fremden-Federn-Nutzungsrechte-in-sozialen-Netzwerken. Zugegriffen: 08. März 2015 8. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/facebookexperiment-aerger-um-manipulierte-newsfeeds-a-978147.html. Zugegriffen: 08. März 2015 9. http://openjur.de/u/565291.html. Zugegriffen: 08. März 2015

HIV/STI-Prävention: Preisträger des Sirius2015 ausgezeichnet Am 5. Mai 2015 wurde in Berlin der ­Sirius2015, der Preis des Bundeswettbewerbs zur HIV/STI-Prävention, verliehen. Zehn Projekte wurden für besonders innovative, bedarfsgerechte und erfolgversprechende Präventionsansätze zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) ausgezeichnet. Während die Präventionsarbeit zu HIV in Deutschland sehr erfolgreich, sind andere sexuell übertragbare Infektionen hingegen weiterhin auf dem Vormarsch. STI sind oft noch wenig bekannt, die Gefahren werden häufig unterschätzt. Sie können das Risiko einer HIVInfektion deutlich erhöhen, stellen aber auch ein eigenständiges Gesundheitsrisiko dar. Beispielsweise kann eine HPV-Infektion eine spätere Gebärmutterhalskrebserkrankung auslösen und Chlamydien können unbehandelt zu Unfruchtbarkeit führen. Der Bundeswettbewerb Sirius2015 unterstützt gezielt Strategien zur Verhütung einer Ansteckung und zur frühen Erkennung und Behandlung bereits erfolgter Infektionen. Zur Beteiligung am Sirius2015 waren bundesweit Beratungsstellen, Vereine, Schulen, Universitäten, Institutionen, Verbände und kirchliche Einrichtungen eingeladen. Über die Vergabe der Preise entschied eine praxiserfahrene Jury mit hoher Expertise in der HIVund STI-Prävention. Der Sirius2015 ist ein gemeinsames Projekt des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zusammen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV). Mit Preisgeldern von insgesamt über 100.000 Euro werden vor allem Projekte gefördert, die sich besonders an schwer erreichbare oder benachteiligte Gruppen richten. Über 50 Projekte hatten sich beworben.

Die Preisträger des Sirius2015 sind: – Ragazzamobil: Mobile Gesundheitsprävention für drogenkonsumierende Sexarbeiterinnen, ragazza e.V., Hamburg – Hein & Fietes STI Studio: Visuelle Aufklärung und Prävention als ehrenamtliche Initiative von Hein & Fiete, Prävention e.V., Hamburg – Wir für alle: Gemeinsam gegen AIDS bei afrikanischen Flüchtlingen, ein kultursensibles Präventionsprojekt bei afrikanischen Flüchtlingen vom Verein Gemeinsamer Arm gegen AIDS e.V., Nürnberg – Gesund in Haft: Ein Videoprojekt der Münchner AIDS-Hilfe e.V. im Rahmen eines studentischen Projektes der Katholischen Stiftungsfachhochschule, München – Sex in the City! Eine sexualpädagogische Kiezrallye in Schöneberg vom Verein MannO-Meter e.V., Berlin, in Kooperation mit der Berliner AIDS-Hilfe e.V., pro familia Berlin und LSVD Berlin Brandenburg e. V. – Socke & Schuss: mit Herzenslust bis in die Puppen, humorvolle Bildsprache und Dialoge mit Handpuppen unter der Leitung der AIDS-Hilfe NRW e.V., Köln Diese sechs Projekte erhalten für Auf- und Ausbau oder die Fortsetzung ihrer Arbeit jeweils ein Preisgeld zwischen 15.000 Euro und 20.000 Euro. Darüber hinaus hat die Jury vier weitere Projekte mit einem Anerkennungspreis in Höhe von jeweils 2.500 Euro ausgezeichnet: Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, www.bzga.de

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