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Die Liquorgängigkeit von Ofloxacin (Tarlvldvl bei nicht entzündeten Meningen* R.-H. S taffe nskq', D. S tolke', R. Malottke' 1

Neurochirurgische Klinik der Medizinische n Hochschule Han nover (Direktor: Prof. Dr. med. Dr . h. c. H. Dietzl

2

Btelefeld

Bei 9 Pati enten. die nac h einer transsphenoidalen Hypoph yseno peration für einige Tage mit eine r Lumb aldra inage vers orgt wa ren, wurden parallel je 69 Liquor - und Seru ms piege l von Ofloxaci n (Ta rivid®) un ter su cht. Anha nd des zeitliche n Verla ufs der Ofloxaein-Konzentrationen und des Liquor/ Serum-Quotienten sind einige Aussage n zur Pharmakokinetik möglich . Mit maxim alen Liquors piegeln, die durchschni ttlich 40 % der Serumspitze nkonze ntra tion erreic hen, ist eine relativ gute Liquorgängigkeit gegeb en und das Präp arat geeigne t zur Prophylaxe von (postop erativen) Liquorraum infektion en mit gra mpos itiven Kokken . CSF patency of ofloxacin (Tarivid®) in no n-i nßamed meningiti des In 9 pati ents. who und er went lumba r dr ain age after tr an ssph en oidal surgery for pitu itar y ad en orna , we collecte d 69 sa mpies of CSF and plasm a , respectively. Th e conce ntra tion of ofloxacin was measured bacteri ologically. Cons ide ring th e ofloxacin CSF a nd plasma levels related to tim e some asp ects of ph arma cokinetics are discussed . With ma ximum CSF con centra tions comi ng up to 40% of plasma levels liquo r pen etrability is quit e good . Ofloxacin se ems to be ab le to prevent (postoper ati ve) meningitis , even with gra mpositive Cocci. Key-Wor ds CSF infection - Liquor pen etrability Pharmacokin etics of Ofloxaci n

Bei der tran ssphenoidalen Exstirpation we it nach suprasellä r reichen der Hypoph ysen ad en ome (Tu mordurchm esser > 2.5 cm) komm t es hin und wiede r zu einer Eröffnung des Liquorraums (Cisterna chias ma tica ). ln solch en Fällen legen wir dem Pati enten eine Lumbaldr ain age und geb en ein Antibiotikum zur Vorbe ugung eine r Meningitis. Das Antibiotikum sollte insb esonder e im gra m positiven Ber eich gege n Erre ger wie Sta phylokokken . vergrü nen de Stre ptokokken und Pneumokokken eine gute Wirksa mkeit zeige n und sich darüber hin au s scho n bei geringer ode r üb erhaupt kein er Störung der Blut-Hirn- bzw. BlutLiquor-Schranke in der Cere br ospina lflüss igkeit an reiche rn (2). Nach bishe r vorliege nden Untersuchungen zum Wirkungssp ektrum (3. 4. 7. 11, 13) eine rs eits und zum Verhältnis zwische n Liquor- und Serumspi egel a nde re rse its (12.14) scheint Ofloxacin (Tari vidv) diese Vorausse tzunge n zu erfüllen. Ein weiterer Vorte il der Substa nz liegt in der guten ente ralen Resorption (1. 5. 6. 10. 11), so daß die Patienten keinen venöse n Zuga ng bra uche n. Bezüglich des Wirkungssp ektrums käm e als Altern ative aus der Reih e de r herkömmlichen Antibiotika in ers ter Linie Cefazo lin in Betracht (11). was jed och parenter al verabre icht werden müßte und per se eine eher un günstige Liquor gängigkeit aufweist. Material und Metho de Über eine n Zeitra um von 10 Monate n hab en wir 9 Patienten (4 Männer und 5 Frauen ) im Alter zwischen 28 und 62 Jahren postoper ativ Ofloxacin aus pro phylaktischer Indikati on verabre icht und insgesamt je 69 Serum- und Liquorproben erha lten . Für jede Probe war nur eine Liquorabnahme von etwas meh r als 1 ml erforderlich. die in keinem Fall zu subjektiven Beschwerden auf Seiten des Patient en führt e. Alle Proband en erhielten die erste Ofloxacin-Gab e am 1. postoperativen Tag morgens . Die Pat ienten 1- 6 (Abb. 1) erhielten 2 mal täglich 200 mg. die Patienten 7- 9 (Tab. 2) 2 mal täglich 400 mg. In der erste n Gruppe (Abb. 1) wurden die korrespondierende n Liquor- und Serumspiegel 1. 2. 4 und 12 Stunden nach ora ler Einna hme gemessen. In der zweiten Gruppe (Tab. 2) wurde am erst en Tag nach demselben Schema verfahre n. an den folgenden Tagen jedoc h nur jewe ils drei Proben ab genomm en : morgens direkt vor der Ta bletteneinn ah me sowie eine und zwei Stunden dan ach . Alle Ofloxacin-Konzentrationen wurde n mikrobiologisch gemessen .

Neurochirurgia 33 0 9901110-1 12 © Gecrg Thieme Verlag Stuttgart · NewYork

* Herrn Prof. Dr. med., Dr. h.c. H. Dietz zum 65. Geburtstag gewidmet.

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Einleit ung

Zusa mmenfass ung

Die Liquorgängigkeit von Ofloxacin (Tarivi~) bei nicht entzündeten Men ingen

Neuroch irurgia 33 (I 990)

Bei allen Pati ent en steigt de r Liquor/SerumQuotient mit zune hme ndem zeitliche n Abs ta nd von der Ap2 plikation des Medikaments an (Ta b. I) . Er er reicht bei Pat . I 4 nach 12 Stu nden den Wert 1,0. Die Tatsach e, daß der Liquor/Serum-Quotient auf 1,0 oder sogar darüber kommt, -- · ~ I sag t zunächst nicht viel über die Pene trationsfähi gkeit der o Subs ta nz durch die B1ut-Hirn-Schranke aus . Sie kommt allein durch eine gew isse Phasenverschiebun g zwisc hen der 3 zeitabhängigen Serum- und Liquorkonzentr ationskurve zumg/ I stande . Vielmehr ist der Zeitabstand zw ische n den erreich2 ten Maximalkon zentration en und der Quotient der jeweili5 2 gen Maximalwerte als ein Maß für die Liquor gän gigkeit anzuse hen. Das Verhältnis der Maxim alkonzentrationen o liegt zwische n 0,25 (Pat , 5) und 0,4 (Pat . 4) bei einmaliger Gab e. Ob sich die sb ezüglich ein höh erer Wert bei Pat . 8 3 (Tab . 2) n ach Applikation von 400 mg Ofloxac in ergibt , ist mg/ I zwe ifelhaft. Denn mit Aus nahme der Tage 3 un d 5 sche int 2 die entera le Resorption von Ofloxacin bei diesem Patienten 3 6 verzögert zu se in und erst nach 5- 7 Stunden zu maximalen 1. .Serumspiegeln zu führen , die durch unsere Messung en nicht erfa ßt sind. Darüb er hinau s zeigen die Werte in o .- " Tab. 2, daß es unter einer Dauermedikation von 2 mal , 40 0 mg Ofloxacin pro die zu ein er leicht en Kumulation im 2 4 12 h 2 4 12 h Liquor kommt mit Spiege ln , die durchsc hnitt lich üb er . - • Liquor • -- . Serum . 12 ,5 mg/l liegen . Somit ist eine Liquorkonzentration erAbb. l ZeitlicherVerlauf der Liquor-und Serumkonzentration vonOFlOXAreicht, die entsprechend den Bestimmun gen der minim alen eiNbei 6 Patienten nachGabe von 200mg oral Hemmkonzentration von Grimm (3) und Knothe (4) eine Infektion des Liquorraums mit grampositiven Kokken verhindert. Einzig der Streptococc us pneumoniae erforde rt in Tab. 1 Liquor/Serum-Quotient des Otloxacln-Splegels im zeitlichen Verlauf der Regel Hemmkonze ntrationen, die im Bereich von 2 mg/l (Stunden) nach oraler Gabe von 200mg liegen (12) .

111

3

mg/ l

'.

. ~ . _- .

Pat.·Nr.

l h

2h

4h

12 h

1 2 3 4 5 6

0,07 0,06 0,00 0,08 0,00 0,02

0,22 0,09 0,05 0,23 0,00 0,15

0,57 0,34 0,28 0,51 0,08 0,36

1,00 0,80 0,63 0,64 0,64

Bei keinem der von uns über 7 Tage mit Ofloxacin behan delten Patienten kam es postop erativ zu eine r Meningitis. die etwa eine Dosisst eigerung oder gar die Gabe eine s anderen Antibi otikums erforde rlich gemac ht hätte. Die Lumbaldrainage wurde am zwe iten oder dritten postop erativen Tag, s pä tes te ns a m fünft en (Pat , 8 und 9) entfernt. Nebenwirkungen des Medikame nts wurden nicht beobacht et. Gelegentliche Kopfschm erzen unter der Liquord raina ge hatten wir als Unterd ruc ksym ptom atik gede ut et.

Ergebnisse und Diskussion Es erg ibt sich au s Ahb. I , daß de r Serumkonzent rationsanstieg nach oraler Gabe offenb ar interindividu ell unterschi edli ch verläuft. Dieser Befund steht in Übereinstimmung mit den Beoba chtung en von Lode et al. (6) und Naber (7). Bei eine m Teil der Patienten sche int der maximale Serumspiegel schon innerhalb der erste n 90 Minuten erreicht zu sein (Patienten 1, 4 und 6), bei anderen Pati enten (3 und 5) erst nach drei bis vier Stunden . Wahrsche inlich ist die Gesc hw indigke it de r enteralen Resorption von de r begleit enden Nah ru ngsaufna hme abhäng ig (I l). Dies e dürfte in unserem Patientenkollektiv am Morgen nach der Hypophysenoperation siche rlich sehr un terschi edli ch sein . Die Liquorspie gel erreiche n offenbar erst 1- 2 Stu nden n ach den Serumwerten ihre Maxi ma. Sie schwan ken dab ei zwisc he n 0,33 (Pat . 3) und 1,0mgll (Pat, 4). Bei den Pati enten I , 2,4 und 6, die eine schne lle Res orption von Ofloxacin mit hohen Serumspiege ln erkennen ließen , waren erwartungsgemäß auch die Liqu or spi egel am hö ch sten .

Die in unserer Studie gewo nnene n Zahlen zur Serum- und Liquorkonzentration von Ofloxacin lassen bei der (Standard-)Dosierung von 2 mal täglich 20 0 mg niedrigere Werte er kenne n a ls die von S tübner et al. (14) mitgeteilten . Dabei ist zu beachten, daß inj enem Patientenkollektiv bei fast allen Probanden eine leichte Störung der Blut-Hirn- Schranke ents preche nd den Kriterien von Reiber (8) vorlag. Bei unseren eigen en Patienten könnte eine derartige fortb esteh ende Störung der Blut-Hir nt-Liquorj-Schran ke durc h geringe Men gen suba rac hnoida len Blutes , das in tra op erativ in die basalen Zisternen gelangte, bedi ngt se in . Die von Stübner et al. (14) angegebene n Werte für das Verhältnis der Maxima der Liquor- un d Ser um konze ntra tio ne n stimmen gut mit unseren überein. Eine etwas günstigere Liquorgäng igkeit im Fr üh st adium einer bak teriellen Men ingitis ist dagegen der Arbe it von Stahl et al. (12) zu entne hmen .

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.--

Neurochirurgia 33 (19 90)

R.-H. StoJJensky, D. Stolke, R. Molouke Tab. 2 Zeitlicher Verlaufder Liquor- und Serumkonzentration(inmg/I)von Otloxacin; Dosierung 2 x 400 mg proTag

Pat.·Nr. Liquor Tag I Stunde

Tag 2 Stunde

Tag3 Stunde

I 2 4 12

1,98 3,90 3,10 1,40

0,45 0,80 1,50 0,80

0 0 0,57 1,20

0 0 0 1,20

1,20 1,98 4,90 1,20

1,00 1,12 1,60 1,00

0 I 2

3,10 4,90 4,90

1,20 1,20 1,20

0,19 0,24 0,97

0,10 0,10 0,21

1,20 3,90 3,90

1,20 1,20 1,56

0

2,50 2,50 2,50

2,20 1,98 1,98

0,88 2,50 3,90

0,50 0,70 1,12

2,50 1,98 6,20

1,56 1,56 1,56

0,97 0,97 0,88

1,20 1,20 1,10

2,50 6,20 4,90

1,56 2,18 2,50

1,98 4,40 4,90

1,98 1,98 2,20

1,98 2,50 4,90

2,18 1,56 1,40

I 2 Tag 4 Stunde

0

I 2 Tag5 Stunde

0

I 2

Unsere Arbeit belegt, daß Ofloxacin auch

Literatur

ohne entzündete Meningen eine gute Liquorpenetrationsfä-

higkeit erkenn en läßt. Zusammen mit den Ergebnissen der oben zitierten Autoren S tahl et al. (12) und S tübner et al. (14) kann man daher annehm en, daß die von Seeger (9) an der Ratte beobachtete, schlechte Penetration des Ofloxacin in das Gehirn für den Menschen nicht zutrifft. Ofloxacin ist daher zur Proph ylaxe einer bakteriellen Meningitis bei neurochirurgischen Eingriffen mit erböhter Gefahr der Keimeinschleppung in den Liquorraum (wie z.B, auch Implantationen von Liquorshuntsystemen) geeignet. Insbesondere die minimal en Hemmkonzentration en gegenüber

Staphylokken bei Grimm (3) lassen dazu die Standarddosis von 2 mal täglich 200 mg ausreichend erscheinen,

I

Dagrosa . E.. K. Seeqer. V. Maler czyk et al.: Pharmacokinetics of ofloxaci n. FAC

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Dr. med. R.-H StaJJensky Neurochirurgisc he Klinik Medizinisch e Hochschule Konstanty-Gutschow-Str. 8 D-3000 Hannover 612

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[Cerebrospinal fluid penetration of ofloxacin (Tarivid) in non-inflamed meninges].

In 9 patients, who underwent lumbar drainage after transsphenoidal surgery for pituitary adenoma, we collected 69 samples of CSF and plasma, respectiv...
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