Aus den Sektionen – AE Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik

Keramik-Keramik-Gleitpaarungen in der primären Hüftendoprothetik Ceramic-on-Ceramic Bearings in Total Hip Arthroplasty (THA)

Autoren

U. Sentürk, C. Perka

Institut

Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Klinik für Orthopädie, Charité – Universitätsmedizin Berlin

Schlüsselwörter " primäre Hüftendoprothetik l " Keramikgleitpaarung l " Abrieb l

Zusammenfassung

Abstract

!

!

Die Hauptursache für die Revision in der Hüftendoprothetik ist die abriebbedingte aseptische Lockerung. Jüngere und aktive Patienten nach endoprothetischem Gelenkersatz führen zu hohen Beanspruchungen insbesondere der Gleitpaarungen. Die Fortschritte, vor allem für Aluminiumoxid-Keramik-Keramik-Gleitpaarungen und bei Mischkeramiken, haben viele Probleme der Vergangenheit gelöst und führen zu guten In-vitroResultaten. Moderne Keramiken (Aluminiumoxid oder Mischkeramiken mit Aluminiumoxid) sind extrem hart, kratzfest, biokompatibel, haben einen niedrigen Reibungskoeffizienten, zeigen hervorragende Lubrikationseigenschaften und weisen die geringsten Abriebraten im Vergleich zu allen anderen in der Hüftendoprothetik eingesetzten Gleitpaarungen auf. Der Nachteil von Keramiken ist das Risiko des Materialversagens, d. h. des Keramikbruchs. Die neue Generation von Mischkeramiken (Delta-Keramik), hat das Risiko von Kopfbrüchen auf 0,03–0,05% reduziert, das Risiko für Inlay-Brüche blieb mit etwa 0,02 % jedoch unverändert. Unter der Annahme einer impingementfreien Komponentenimplantation haben Keramik-Keramik-Gleitpaarungen wesentliche Vorteile gegenüber den anderen Gleitpaarungskombinationen. Aufgrund der Materialhärte, produzieren Keramik-Keramik-Gleitpaarungen weniger Drittkörperabrieb und sind praktisch unempfindlich gegen Beschädigungen durch Instrumente während der Operation. Eine spezifische Komplikation für Keramik-Keramik-Gleitpaarungen ist die Geräuschentstehung („squeeking“). Die hohe Rate an in der Literatur beschriebenen Quietschphänomenen (0,45–10,7 %) unterstreicht die Bedeutung der exakten Implantatpositionierung, der Prothesenschaftauswahl und der Patientenselektion. Bei genauer Implantatpositionierung ist dieses Problem mit vielen Implantatdesigns selten und ohne klinische Relevanz. Die

The main reason for total hip arthroplasty (THA) revision is the wear-related aseptic loosening. Younger and active patients after total joint replacement create high demands, in particular, on the bearings. The progress, especially for alumina ceramic-on-ceramic bearings and mixed ceramics have solved many problems of the past and lead to good in vitro results. Modern ceramics (alumina or mixed ceramics containing alumina) are extremely hard, scratch-resistant, biocompatible, offer a low coefficient of friction, superior lubrication and have the lowest wear rates in comparison to all other bearings in THA. The disadvantage of ceramic is the risk of material failure, i.e., of ceramic fracture. The new generation of mixed ceramics (delta ceramic), has reduced the risk of head fractures to 0.03–0.05 %, but the risk for liner fractures remains unchanged at about 0.02 %. Assuming a non-impinging component implantation, ceramic-on-ceramic bearings have substantial advantages over all other bearings in THA. Due to the superior hardness, ceramic bearings produce less third body wear and are virtually impervious to damage from instruments during the implantation process. A specific complication for ceramic-on-ceramic bearings is “squeaking”. The high rate of reported squeaking (0.45 to 10.7 %) highlights the importance of precise implant positioning and the stem and patient selection. With precise implant positioning this problem is rare with many implant designs and without clinical relevance. The improved tribology and the presumable resulting implant longevity make ceramic-on-ceramic the bearing of choice for young and active patients.

Key words " primary THA l " ceramic‑on‑ceramic bearings l " wear l

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0035-1545802 Z Orthop Unfall 2015; 153: 198–202 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 1864‑6697 Korrespondenzadresse Dr. Ufuk Sentürk, MD Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie Klinik für Orthopädie Charité – Universitätsmedizin Berlin Charitéplatz 1 10117 Berlin Tel.: 0 30/4 50-62 22 34 Fax: 0 30/4 50-51 59 11 [email protected]

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Einführung !

Die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung einhergehend mit einem zunehmenden Aktivitätslevel im hohen Lebensalter auch nach endoprothetischem Hüftgelenksersatz führen zu neuen, deutlich höheren Anforderungen an die implantierten Hüftendoprothesen. Heute stellen der Abrieb und die resultierenden Osteolysen weiterhin die wesentliche Ursache für die Durchführung von Revisionseingriffen in der Hüftendoprothetik dar [1–5]. Insbesondere die biologischen Reaktionen, welche nach konventionellem Polyethylenabrieb beobachtet wurden, haben das Interesse an alternativen Gleitpaarungen wachsen lassen. In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass eine Vielzahl von alternativen Gleitpaarungen das Volumen des Abriebs deutlich reduziert [6, 7]. Dazu zählen neben den Keramik-Keramik-Gleitpaarungen auch die Gleitpaarungen von Keramik- oder Metallköpfen mit hochvernetztem Polyethylen sowie letztendlich auch die MetallMetall-Gleitpaarungen. Insbesondere letztere haben aber deutlich gemacht, dass das Abriebvolumen zwar ein wesentlicher Faktor ist, den es aus medizinischer Sicht zu beurteilen gilt. Jedoch sind die biologischen Reaktionen auf diese Abriebpartikel, welche wesentlich von den Eigenschaften der Partikel abhängen und daher bei den unterschiedlichen Gleitpaarungen deutliche Differenzen aufweisen, zumindest genauso von Bedeutung [1].

Limitierung von Metallgleitpaarungen in der Hüftendoprothetik !

Das initiale Ziel in der Verwendung von Metall-Metall-Gleitpaarung bestand darin, durch ein vermindertes Abriebvolumen, die Überlebensdauer der Prothesen insbesondere bei jüngeren und aktiven Patienten zu verlängern [8]. Die Fehlschläge bei einigen Patientengruppen und Implantaten im Zusammenhang mit ausgedehnten Osteolysen und Weichteilveränderungen einschließlich der sog. Pseudotumoren haben jedoch zu einem deutlichen Rückgang in der Verwendung dieser Gleitpaarung geführt [9].

Limitierungen hochvernetzter Polyethylene in der Hüftendoprothetik !

Die 1. Generation der in der Hüftendoprothetik verwendeten Polyethylene („Ultra High Molecular Weight Polyethylene“ [UHMW‑PE]) wurden in den 60er-Jahren eingeführt [10]. Die im Verlauf gewonnenen Erkenntnisse bez. des Zusammenhangs zwischen der aseptischen Lockerungsrate und dem Polyethylenabrieb führten in den 90er-Jahren zur Entwicklung der 2. Generation der Polyethylene, den sog. hochvernetzten Polyethylenen (HXL‑PE). Durch eine Bestrahlung mit Gammastrahlen und anschließender thermischer Behandlung des Materials konnte die chemische Vernetzung und damit die Stabilität erhöht und somit die Abriebrate signifikant reduziert werden [11, 12]. Trotz dieser Behandlung kann die Frage nach der biologischen Reaktion auf diese Abriebpartikel noch nicht endgültig beantwortet werden. Die beim hochvernetzten Polyethylen entstehenden kleineren Abriebpartikel zeigen in vielen Untersuchungen eine deutlich hö-

here biologische Reaktivität als die des Standardpolyethylens (UHMW‑PE) [1]. Die Probleme der 2. Generation hochvernetzter Polyethylene (Bildung freier Radikale und Lipidabsorption durch die Bestrahlung mit daraus resultierender Materialdegeneration) wurden dann mit der Verwendung von Antioxidanzien wie Vitamin E adressiert. Durch Bindung freier Radikale und dem damit erhöhten Oxidationsschutz sinkt die Materialdegeneration des Polyethylens [13]. Doch diese 3. Generation der hochvernetzten Polyethylene ist weniger als 10 Jahre in Verwendung. Langzeitbeobachtungen fehlen daher. Ob mit diesen Optimierungen die in der Literatur beschriebenen Versagensursachen hochvernetzter Polyethylene, wie die Schädigung bei Kantenbelastung (Rim Failure), das sog. Scratching (Zerkratzen der Oberfläche), die Abrasion der Oberfläche, der Kaltfluss des Polyethylens und die Oberflächenschädigung infolge Impingement, reduziert werden können, bleibt zunächst offen [14–19]. Zwei Hauptprobleme bestehen jedoch auch bei hochvernetzten Polyethylenen weiterhin: 1. die Zunahme des volumetrischen Abriebs mit steigender Kopfgröße [20] und 2. die Zunahme des Abriebs mit geringer werdender Inlay-Dicke [21].

Vorteile der Keramik-Keramik-Gleitpaarung !

Keramik-Keramik-Gleitpaarungen werden in den letzten Jahren zunehmend häufiger eingesetzt. Insbesondere für junge Patienten werden Keramik-Keramik-Gleitpaarungen in der Literatur empfohlen, da diese im Vergleich zu allen anderen zur Verfügung stehenden Gleitpaarungen den quantitativ geringsten Abrieb zeigen [22]. Zudem erlauben diese aufgrund der geringeren minimalen Materialdicke die Verwendung größerer Hüftköpfe bei gleicher Pfannengröße. Sie zeigen eine extrem hohe chemische Stabilität [23] bei exzellenter Lubrikation der hydrophilen Keramikoberfläche, welche zu einer Verminderung der Reibungskräfte führt [24, 25]. Keramikabriebpartikel haben eine ausgezeichnete Biokompatibilität, wobei die Verwendung größerer Kopfdurchmesser in einer Keramik-Keramik-Gleitpaarung nicht zu einer Zunahme des Abriebs an der Gleitfläche führt [26]. Zudem besitzt die Oberfläche der Keramik eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Schädigungen bei der Operation („scratch resistance“) [25]. Insgesamt handelt es sich um eine inzwischen breit angewandte Technologie, die einer ausgedehnten In-vitro- und klinischen Testung unterzogen worden ist. Bisher wurden bereits " Abb. 1). über 10 Millionen Biolox-Gleitpaarungen implantiert (l Eine Vielzahl von prospektiven klinischen Arbeiten belegt die exzellenten klinischen Ergebnisse von Patienten, welche mit einer Keramik-Keramik-Gleitpaarung im Bereich des Hüftgelenks versorgt wurden. Vorliegend sind dazu sowohl exzellente Langzeitdaten mit einer kumulativen Überlebensrate von 84,4 % nach 20,8 Jahren [27], sehr gute Ergebnisse im mittelfristigen Zeitverlauf mit einer 10-Jahres-Überlebensrate von 99% [28, 29] und insbesonders hervorragende Daten bei sehr jungen Patienten (< 30 Jahre) ohne Osteolysen, Lockerungen, Brüche und/oder ein „Squeeking“ bei einem minimalen Follow-up von 52 Monaten [30–32].

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verbesserte Tribologie und die dadurch vermutlich resultierende Langlebigkeit machen Keramik-Keramik-Gleitpaarungen zur Gleitpaarung der Wahl für junge und aktive Patienten.

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Abb. 1 a und b a BIOLOX® delta. b BIOLOX® forte.

Nachteile der Keramik-Keramik-Gleitpaarung !

Bezüglich der Keramik-Keramik-Gleitpaarungen werden immer wieder 2 Nachteile genannt. Zum einen die Möglichkeit des Keramikbruchs, die heute bei Verwendung der Biolox-Delta-Gleitpaarung eigentlich nur noch bei den Inlays eine Rolle spielt und zum anderen die Wahrscheinlichkeit der Geräuschentstehung („Quietschen“) durch eine Keramik-Keramik-Gleitpaarung. Neben dem „Squeeking“ werden weitere unterschiedliche Geräusche (Klicken, Klacken u. a.) in der Literatur beschrieben. Der Prozentsatz, in dem Geräusche auftreten, wird in der Literatur unterschiedlich angegeben. Die Ursachen sind multifaktoriell. Es konnte gezeigt werden, dass die Geräuschentstehung nicht nur von der Gleitpaarung allein, sondern z. B. stark von dem verwendeten Prothesenschaftdesign abhängig ist [33]. Die Literatur beschreibt ein häufigeres Auftreten von Geräuschen bei Prothesentypen mit einer niedrigen Eigenfrequenz [34]. Weitere Einfluss-

faktoren, welche die Geräuschproblematik beeinflussen können sind z. B. die Fehlpositionierung der Komponenten [35], das Pfannendesign (insbesondere Randerhöhungen des Inlays bzw. der Pfanne) [36], der Verlust der Lubrikation [37], ein hoher BMI des Patienten [38] und eine Beinverkürzung über 5 mm [38]. Bezüglich der in der Literatur gefundenen Frakturrate ist darauf hinzuweisen, dass eine hohe Sensitivität der Keramik-KeramikGleitpaarungen gegenüber der Schaft- und Pfannenposition besteht [39]. Ein Impingement kann zu einer Schädigung der Gleitpaarung und somit zum Bruch führen. Da auch die Schädigung der Gleitpaarung durch eine Luxation möglich ist, sind ein luxationsstabiles Gelenk und ein impingementfreier Bewegungsumfang Hauptvoraussetzungen, um das Frakturrisiko zu senken. Zieht man die vorliegenden Daten der herstellenden Firma Ceramtec heran, so ist die Frakturrate bei Biolox forte-Köpfen mit 21 auf 100 000 Hüftköpfen mit 0,021 % anzugeben. Dies entspricht auch der Größenordnung, die Labek in der EFORT-Database (European Arthroplasty Register: EAR) gefunden hat (0,02– 0,027 %). Für die Biolox-Delta-Köpfe ist diese Rate deutlich geringer. So wird aktuell die Frakturwahrscheinlichkeit mit 2 auf 100 000 Verwendungen angeben. Bei den Delta-Keramik-Inlays liegt jedoch die Wahrscheinlichkeit eines Bruches noch immer im gleichen Häufigkeitsbereich wie für die Biolox-Gleitpaarung. Hier werden durch Ceramtec 20 Brüche auf 100 000 Versorgungen für das Biolox forte-Inlay angegeben, in Registerdaten liegt die Zahl jedoch etwas höher [40]. Die klinische Relevanz dieser Thematik wird besser verständlich, wenn man in die Betrachtungen einbezieht, dass die Frakturrate der Keramiken deutlich geringer ist als die von Schaftfrakturen, welche zur Revision führen. Aus der eigenen klinischen Erfahrung konnten 10 Fälle mit Keramikkopfbrüchen in den letzten 10 Jahren identifiziert werden, wobei in 6 Fällen eine eindeutig fehlerhafte Verwendung der Keramik (Mismatch zwischen Konus und Keramikkopf) die Ursache " Abb. 2). Die weitere Reduktion der Frakturrate ist somit war (l aus unserer Sicht bei einem sorgfältigen Umgang mit dem Material durch den Operateur möglich. Diese sorgfältige Verwendung und die impingementfreie sowie luxationsstabile Implantation der Keramik-Keramik-Gleitpaarung sind essenziell, wenn sich die theoretischen Vorteile der Keramik-Keramik-Gleitpaarung verwirklichen und die beschriebenen Nachteile vermieden werden sollen.

Abb. 2 a bis c Kopf-/Konus-Mismatch: 12/14 mmKopf mit 14/16 mm-Konus, 14 Jahre nach TEP und 1 Jahr nach ORIF. a Röntgenbild vor Revisionsoperation. b Explantierter Prothesenschaft mit Keramikkopf. c Explantierter Prothesenschaft mit diskonnektiertem Keramikkopf.

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Abb. 3 a und b a 51-jährige Patientin vor endoprothetischem Hüftgelenksersatz. b 51-jährige Patientin nach endoprothetischem Hüftgelenksersatz links mit einer Keramik-Keramik-Gleitpaarung.

Für die Prophylaxe sind daher folgende Punkte hervorzuheben: 1. Die Kompatibilität zwischen dem verwendeten Kopf und dem Schaftkonus muss gewährleistet sein. Die Implantathersteller verwenden hinsichtlich Geometrie, Oberflächenbeschaffenheit, Struktur und Größe unterschiedliche Konusse. Eine internationale Standardisierung existiert nicht. Ein Mismatch zwischen dem verwendeten Konus kann weitreichende Folgen für den Patienten haben (Abrieb, Pseudotumor, Osteolyse etc.) [41, 42]. 2. Ein Impingement ist unbedingt auszuschließen. Daher muss intraoperativ eine Testung mit einem Probeimplantat erfolgen. Sollte hier ein Impingement nicht sicher ausgeschlossen werden können, ist das Implantat neu zu positionieren und/oder eine andere Gleitpaarung zu verwenden. Nach der Implantation ist das impingementfreie Bewegen nochmals zu prüfen, falls die Implantation der definitiven Komponenten in einem anderen Winkel als die der Probekomponenten erfolgte. 3. Die Implantatposition muss einer Mikroseparation (Subluxieren des Hüftkopfs aus der Pfanne/dem Inlay) und einer Kantenbelastung entgegenwirken, um die Frakturrate, aber auch die Rate an Geräuschen, zu reduzieren. Die Lewinnek-Zonen für die Pfannenpositionierung sind daher einzuhalten, ebenso ist die adäquate Weichteilspannung zu gewährleisten. Patienten, bei denen dies nicht zu realisieren ist, z. B. Patienten mit einer neurologischen Grunderkrankung, erscheinen eher nicht für eine Keramik-Keramik-Gleitpaarung geeignet. 4. Die intraoperative Handhabung der Keramik muss mit hoher Sorgfalt erfolgen. So ist die korrekte Positionierung des Inlays und des Kopfes auf einem jeweils absolut sauberen Konus essenziell. Alle Partikel sind zu entfernen. Selbst Blutspuren können zu einer Punktbelastung und somit zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Fraktur führen. Die Grenzflächen der Keramikgleitpartner (Inlay und Kopf) müssen trocken sein. Der Kopf ist unter leichter Rotation aufzubringen und dann mit ca. 3 kräftigen Hammerschlägen zu fixieren [43]. 5. Beim Aufbringen des Kopfes wird der Konus der Prothese anteilig deformiert. Die Mehrfachpositionierung eines Keramikkopfs ist deshalb ebenso inkorrekt wie nach dem initialen Aufbringen eines Keramikkopfs dessen Entfernung und die nachfolgende nochmalige Verwendung eines anderen Kera-

mikkopfs. Ebenso ist bei Wechseloperationen immer ein Metallkopf dann zu verwenden, wenn der Prothesenschaft nicht mit revidiert wird. Alternativ stellt ein Keramikkopf mit einer Metallhülse eine Option dar. 6. Insbesondere für große Köpfe muss eine sichere, feste Fixierung mit einem festen Hammerschlag gewährleistet sein, da sonst die Rotation des Kopfes auf dem Konus zu einem massiven Abrieb (trunnion-wear) führen kann [44]. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass unterschiedlichste Werkstoffe unter dem Begriff „Keramik“ Verwendung finden. Insbesondere bei der Einführung einer neuen Keramik in die Klinik sollte auf die zugrunde liegende Literatur Wert gelegt werden. Für einige heute verwendete Keramik-Keramik-Gleitpaarungen gibt es kaum Peer-reviewed-Literatur, die deren Langzeitergebnisse dokumentieren. Einzelne Materialien, wie die Polyurethankeramik, mussten sogar vom Markt genommen werden.

Schlussfolgerungen !

Die Keramik-Keramik-Gleitpaarung bietet, verglichen mit allen möglichen Gleitpaarungen in der Hüftendoprothetik, die geringste volumetrische Abriebrate biologisch zudem inerter Partikel, was eine längere Überlebensdauer erwarten lässt. Auch bei größeren Kopfdurchmessern (> 32 mm) bleibt die Abriebrate konstant. Hierdurch können nachteilsfrei größere Bewegungsumfänge erreicht und das Luxationsrisiko reduziert werden. Das verwendete Material bietet exzellente Lubrikationseigenschaften, ist chemisch stabil und sehr gut biokompatibel. Die Härte des Materials bietet optimalen Schutz gegen intraoperative Oberflächenschäden und lässt den Drittkörperverschleiß vernachlässigen. Unter Beachtung einer korrekten Implantatpositionierung und v. a. einer impingementfreien Implantation ist die Gefahr einer Geräuschentstehung klinisch selten und die Bruchgefahr minimal. Aufgrund der beschriebenen Eigenschaften ist die Keramik-Keramik-Gleitpaarung eine vielversprechende Gleitpaarungsoption insbesondere für den jungen und sehr aktiven Pa" Abb. 3). tienten (l Interessenkonflikt: Nein

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[Ceramic-on-ceramic bearings in total hip arthroplasty (THA)].

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