Leitthema: Pädiatrischer Thorax Radiologe 2015 · 55:570–579 DOI 10.1007/s00117-014-2773-9 Online publiziert: 26. Juni 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

S. Ley1, 2 · J. Ley-Zaporozhan3 1 Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Chirurgische Klinik Dr. Rinecker, München 2 Institut für Klinische Radiologie, Ludwig-Maximilians-Universität München, München 3 Institut für Klinische Radiologie, Abteilung Pädiatrische Radiologie,

Ludwig-Maximilians-Universität München, München

Fehlbildungen   von Herz und Gefäßen Hintergrund Herzfehler sind die häufigsten angeborenen Fehlbildungen beim Menschen. Etwa 8 von 1000 Menschen (0,8%) sind betroffen, wobei diese Zahl weltweit kaum variiert [1]. Kongenitale Fehlbildungen können singulär vaskulär, kardial oder kombiniert als kardiovaskuläre Fehlbildungen auftreten. Das klinische Spektrum reicht dabei von Normvarianten bis zu letalen Veränderungen. Zirka 40% der Fehlbildungen sind so komplex, dass sie einer besonderen ärztlichen Betreuung und mitunter mehrerer Operationen bedürfen. Die von der Europäischen Gesellschaft für Kinderkardiologie (AEPC) aufgestellten Diagnosekategorien unterscheiden zwischen 2000 angeborenen Herzfehlern, die einzeln oder kombiniert auftreten können. Eine nicht abschließende Zusammenstellung der Häufigkeit einzelner Malformationen ist in . Tab. 1 zusammengestellt [2]. Wie man den Zahlen des Kompetenznetzwerks für angeborene Herzfehler entnehmen kann, werden kardiovaskuläre Malformationen heutzutage sehr früh, bei ca. 61% der Patienten in der 1. Lebenswoche und 99,3% im 1. Lebensjahr, entdeckt [2]. Für die pränatale und neonatale Diagnostik der Erkrankungen spielt die Echokardiographie die größte Rolle, welche eine morphologische und funktionelle Charakterisierung der Erkrankung ermöglicht. Vor allem die funktionelle Einschränkung entscheidet über den Zeitpunkt einer Operation. Nur in ausgewählten Fällen wird initial eine Schnittbilddiagnostik mittels CT oder MRT benötigt. Aufgrund des geringen Alters der Patienten handelt es sich um sehr kleine Strukturen (Z. B. misst die

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zentrale Pulmonalarterie bei Neugeborenen ca. 7,5 mm), welche meistens in freier Atmung und bei (physiologischer) Tachykardie untersucht werden müssen. Diese Übersichtsarbeit erläutert die häufigsten Anomalien und die Wertigkeit der Bildgebung. Im Rahmen dieser Übersicht sollen zuerst die häufigsten vaskulären, dann die rein kardialen und später die komplexen kardiovaskulären Malformationen besprochen werden.

Vaskuläre Fehlbildungen Venen Die häufigste venöse Anomalie ist eine persistierende linke obere Hohlvene (V. cava superior). Diese findet sich bei ca. 0,3–0,5%

der Normalbevölkerung und bei ca. 5% bei Patienten mit einer angeborenen kardiovaskulären Malformation [3]. Embryologisch existieren 2 große Venen im Thorax, die sog. Kardinalvenen. Die linke Kardinalvene formt später den Sinus coronarius. Während der 8. Gestationswoche entwickelt sich eine Anastomose zwischen der rechten und linken Kardinalvene, diese formt später die V. brachiocephalica. Die kaudal hiervon gelegene linke Kardinalvene atrophiert und bildet das sog. „MarshallBand“. Wenn diese normale Rückbildung nicht stattfindet, resultiert die persistierende linksseitige obere Hohlvene. Somit fließt das venöse Blut der linken oberen Körperhälfte links lateral des Mediastinums zum Herzen. Normalerweise mündet das Gefäß in den Sinus coronarius, sodass kein Shunt

Tab. 1  Häufigkeit angeborener Gefäß- und Herzfehler. (Nach [2]) Defekt Ventrikelseptumdefekt Atriumseptumdefekt Persistierender Ductus arteriosus Pulmonalklappenstenose Aortenisthmusstenose Aortenklappenstenose Fallot-Tetralogie Atrioventrikulärer Septumdefekt Transposition der großen Gefäße Hypoplastisches Linksherzsyndrom Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt Pulmonalatresie ohne Ventrikelseptumdefekt Trikuspidalatresie „Double inlet left ventricle“ (singulärer Ventrikel) „Double outlet right ventricle“ Angeboren-korrigierte Transposition der großen Gefäße Truncus arteriosus communis Supravalvuläre Aortenstenose (Williams-Beuren-Syndrom)

Abkürzung VSD ASD PDA PaV ISTA AoV TOF AVSD TGA HLHS PA + VSD PA TrA DIV DORV CCT TAC Suprav. AS

Häufigkeit (%) 31 7 7 7 5–8 3–6 5,5 4,8 4,5 3,8 2,5–3,4 2,4 1–2 1,5 1,2 1 0,5–1 0,4

Zusammenfassung · Abstract vorliegt und daher die Anomalie in der Regel zufällig entdeckt wird. Das Gefäß kann aber auch in den linken Vorhof (8%) oder eine Pulmonalvene münden, was zu einem Rechts-links-Shunt führt. Nur bei ca. 25– 35% der Patienten gibt es eine Brückenvene, welche die rechte und linke obere Hohlvene verbindet [4]. Diese Malformation kann man gut auf CT- oder MRT-Bildern als typische tubuläre Struktur links lateral des Mediastinums erkennen (. Abb. 1). Eine weitere häufige venöse Fehlbildung des Thorax ist eine partielle Lungenvenenfehlmündung („partial anomalous pulmonary venous return“, PAPVR), welche eine Inzidenz von ca. 0,5% in der allgemeinen Population hat [5]. Die anomale Lungenvene drainiert entweder in die Vv. cava superior, azygos, brachiocephalicus, den Sinus coronarius oder das rechte Atrium, was in einem pulmonalen zu systemischen (Links-rechts)-Shunt resultiert. Die häufigsten Konfigurationen sind die Drainage der linken obere Lungenvene in die V. brachiocephalica (47%) oder die Drainage der rechten Oberlappenvene in die V. cava superior (38%; . Abb. 2; [6]). Wenn das Shuntvolumen gering ist, können die Patienten asymptomatisch sein. Eine chirurgische Korrektur ist empfohlen, wenn das Verhältnis von pulmonalem zu systemischem Blutfluss einen Wert von 1,5 übersteigt. Hierdurch können Spätfolgen wie einer pulmonale Hypertension und einem Rechtsherzversagen vorgebeugt werden. In der Bildgebung ist die Anomalie in der Regel in einer kontrastmittelverstärkten CT gut zu erkennen. Zur Berechnung des Shuntvolumens ist allerdings eine MRT- (oder invasive Herzkatheter-)Untersuchung notwendig. Hiermit können die Flussvolumina in der Aorta ascendens, der zentralen Pulmonalarterie und ggf. dem aberranten Gefäß bestimmt werden. Eine besondere Variante einer aberranten Lungenvene stellt das sog. ScimitarSyndrom dar [7]. Hierbei liegt eine Fehldrainage einer Lungenvene in Kombination mit einer Lungenhypoplasie vor [8]. Diese Anomalie kommt nur in der rechten Lunge vor [9]. Die Lungenvene drainiert entweder in die V. cava inferior, den rechten Vorhof oder die Portalvene. Diese

Radiologe 2015 · 55:570–579  DOI 10.1007/s00117-014-2773-9 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 S. Ley · J. Ley-Zaporozhan

Fehlbildungen von Herz und Gefäßen Zusammenfassung Fehlbildungen von Herz und Gefäßen zeigen einen erheblichen Variationsspielraum. Es gibt zahlreiche Varianten und Defekte mit geringer Ausprägung, welche nur per Zufall im Lauf des Lebens detektiert werden; hierzu zählen z. B. die persistierende linke obere Hohlvene oder partielle Lungenvenenfehlmündungen. Andere kardiovaskuläre Fehlbildungen zeigen sich früh post partum und müssen zeitnah, meist operativ, versorgt werden. Zu diesem Zeitpunkt ist die Echokardiographie ein etabliertes und vollständig ausreichendes Verfahren zur morphologischen und funktionellen Charakterisierung. Nur in

seltenen Fällen wird eine zusätzliche Bildgebung mittels CT oder MRT benötigt. Wenn ja, stellen die kleinen anatomischen Strukturen, die physiologische Tachykardie und Tachypnoe eine besondere Herausforderung für die Diagnostik dar. In dieser Übersicht werden, unabhängig vom diagnostischen Verfahren, die häufigsten vaskulären, kardialen und komplexen kardiovaskulären Malformationen besprochen. Schlüsselwörter Diagnostik · Varianten · Echokardiographie · MRT · CT

Cardiac and vascular malformations Abstract Malformations of the heart and great vessels show a high degree of variation. There are numerous variants and defects with only few clinical manifestations and are only detected by chance, such as a persistent left superior vena cava or a partial anomalous pulmonary venous connection. Other cardiovascular malformations are manifested directly after birth and need prompt mostly surgical interventions. At this point in time echocardiography is the diagnostic modality of choice for morphological and functional characterization of malformations. Additional imaging using computed tomography (CT) or magnet-

Anomalie kann schon im Röntgen Thorax als eine säbelförmige Struktur im rechten Unterfeld erkennbar sein (. Abb. 3; [10]). Da es sich um eine vaskuläre und auch pulmonale Fehlbildung handelt, ist die Bestätigung der Diagnose am besten mittels MRT oder CT-Angiographie zu stellen. Das Kontrastmittel(KM)-Timing sollte pulmonalvenös sein, um den venösen Abfluss genau zu beschreiben (. Abb. 3). Wie für die anderen PAPVR-Läsionen gilt auch hier, dass die Größe des Links-rechts-Shunts ausschlaggebend ist, da diese ggf. zu einer Rechtsherzbelastung und zur Entwicklung einer pulmonalen Hypertension führen kann. Die vaskuläre und funktionelle Komponente kann mit der MRT gut dargestellt werden [11]. Vor allem mit modernen zeitaufgelösten Angiographiesequenzen (aus eigener Erfahrung reicht eine zeitliche Auflösung von ca. 4 s pro 3-D-Datensatz) las-

ic resonance imaging (MRI) is only required in a minority of cases. If so, the small anatomical structures, the physiological tachycardia and tachypnea are a challenge for imaging modalities and strategies. This review article presents the most frequent vascular, cardiac and complex cardiovascular malformations independent of the first line diagnostic imaging modality. Keywords Diagnostics · Variants · Echocardiography · Magnetic resonance imaging · Computed tomography

sen sich die arterielle Versorgung und die venöse Drainage exzellent darstellen.

Große thorakale arterielle Gefäße Aortenisthmusstenose

Die häufigste systemarterielle Fehlbildung betrifft die Aorta im beginnenden Deszendens-Abschnitt, die sog. Aortenisthmusstenose (ISTA). Hierbei zeigt sich eine Verengung der Aorta, welche in Bezug zum Ductus arteriosus Botalli angegeben wird: vor (präduktal), in Höhe oder nach (postduktal) dem Ductus arteriosus Botalli [12]. Die häufigere Stenoseform ist die zirkumskripte, kurzstreckige Stenose, welche nur wenige Millimeter lang ist (. Abb. 4). Bei der hypoplastischen Stenose handelt es sich um eine langstreckige Stenose mit einer mehr oder weniger langen Hypoplasie des Aortenbogens [13]. Der Radiologe 7 · 2015 

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Abb. 1 8 86-jährige Patientin mit Kontrastmittelinjektion über den linken Arm. Es zeigt sich eine persistierende linke obere Hohlvene (a, b, c, Pfeile) mit Mündung in den Sinus coronarius. In der koronaren Ebene (c) war keine Brückenvene erkennbar

Abb. 2 8 70-jähriger Patient, welcher eine CT-Untersuchung zur Abklärung von Pleuraverkalkungen vor einer Aortenklappenersatzoperation erhalten hat. Hierbei zeigte sich eine tubuläre Struktur links paramediastinal (a, b, Pfeile), welche in die V. brachiocephalica mündet (koronare Rekonstruktion, c). In der angulierten multiplanaren Reformation (MPR; d, Pfeil) erkennt man deutlich die fehlmündende linke obere Lungenvene. e MR-Angiographie: kontrastierte Lungenvenen des linken Oberlappens (Pfeile), welche in der Vertikalvene zusammenkommen. Mittels Phasenkontrastflussmessungen konnte ein Shuntvolumen (Qp: Qs) von 36% bestimmt werden. Da der Patient asymptomatisch war, wurde von einer Korrekturoperation abgesehen

Wichtig zu erwähnen ist, dass ca. 80% der Patienten mit einer ISTA eine biskupide Aortenklappe haben und 20% einen Ventrikelseptumdefekt [13]. Die meisten Patienten fallen klinisch kurz nach der Ge-

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burt auf, sodass zur Diagnostik der ISTA die Echokardiographie die Methode der Wahl ist. Nur in seltenen Fällen bleibt der Fehler klinisch unentdeckt und es entwickelt sich die sog. Erwachsenenform, wo-

bei das mittlere Alter bei der Diagnosestellung bei etwa 9 Jahren liegt. Im Falle einer Korrektur im Kindesalter besteht die Gefahr einer Restenose oder einer Aneurysmabildung [14].

Abb. 3 9 Achtjährige Patientin mit belastungsabhängiger Dyspnoe. Das Röntgenbild (a) zeigt eine gekrümmte Struktur (Pfeile) in der rechten mittleren und basalen Lunge. In der korrespondierenden MR-Angiographie (b) zeigt sich diese Struktur in der pulmonalvenösen Phase als eine Lungenvene, welche supradiaphragmal in die V. cava inferior mündet (Pfeil)

Abb. 4 8 Jugendlicher Patient im Verlauf bei bekannter, nicht hämodynamisch relevanter Aortenisthmusstenose. a 3-D-MRT-Angiographie mit gut erkennbarer Einschnürung (Pfeile). b In der Volume-rendering-technique(VRT)-Rekonstruktion ist die Einschnürung der Aorta noch etwas eindrücklicher visualisiert. In beiden Aufnahmen ist die konsekutive Dilatation der linken A. subclavia gut zu erkennen

Da es sich um junge Patienten handelt, ist die Strahlenexposition ein wichtiger Parameter bei der Wahl des Untersuchungsverfahrens. Die aktuellen MRTomographen erlauben eine exzellente Darstellung der Aorta mittels kontrastmittelverstärkter Angiographie und die Bestimmung flussrelevanter Parameter [15]. In Kombination beider Methoden zeigt die MRT eine Sensitivität von 95% und eine Spezifität von 82% [16]. Moderne MR-Tomographen erlauben die Akquisition nicht KM-verstärkter Angiographien [17]. Diese EKG- und atemgegateten Techniken zeigen eine sehr gute Übereinstimmung mit anderen Techniken [18]. Zudem können die begleitenden Herzfehler morphologisch und funktionell erfasst werden. Da allerdings sehr junge Patienten die MRT-Untersuchung nicht ohne Sedierung tolerieren, ist die CT-Angio-

Abb. 5 9 a Koronare 3-DKM-verstärkte MR-Angiographie mit Nachweis einer vaskulären Struktur (Pfeil) zwischen Aorta descendens und der Pulmonalarterie. b Reformatierung aus a mit eindeutiger Visualisierung des PDA (Pfeil). c Nicht kontrastmittelverstärkte MR-Angiographie („whole-heart“) mit Nachweis des PDA und eines Jet in die Pulmonalarterie (Pfeil). KM Kontrastmittel, PDA persistierender Ductus arteriosus Der Radiologe 7 · 2015 

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Abb. 6 8 Sechs Monate altes Mädchen mit inspiratorischem Giemen. a Die CT-Angiographie zeigt den doppelten Aortenbogen (Pfeile). Im Zentrum dieses Gefäßrings liegen die Trachea und der Ösophagus. b Subaortaler Verlauf der V. brachiocephalica mit Mündung in die V. cava superior (Pfeil)

Abb. 7 8 Junge Frau mit Agenesie der rechten Pulmonalarterie. a In der kontrastmittelverstärkten MR-Angiographie zeigen sich die linke Pulmonalarterie (Pfeil) und das gut perfundierte Parenchym der linken Lunge. b T1w-post-KM-3-D-Volume-interpolated-breathhold-examination(VIBE)-Sequenz), welche den fehlenden Abgang der rechten Pulmonalarterie (Pfeil) dokumentiert. Die systemarterielle Phase (c) zeigt, warum die rechte Lunge nicht atrophiert ist und am Gasaustausch teilnimmt: Über dilatierte Interkostal- und Bronchialarterien (Pfeile) wird die Lunge mit Blut versorgt. KM Kontrastmittel

Abb. 8 8 Patientin mit Zufallsbefund eines Vorhofseptumdefekts (ASD) während einer CTUntersuchung der Koronararterien. Es zeigt sich ein KM-Jet (Pfeil) vom linken in den rechten Vorhof. KM Kontrastmittel

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graphie die nächste Methode der Wahl [15]. Hierbei handelt es sich um eine Methode mit größerer Ortsauflösung und einer schnellen Untersuchungszeit, sodass eine kurze Sedierung ausreichend ist. Um die Strahlenexposition zu minimieren, haben sich Untersuchungsprotokolle mit 80 oder 100 kV bewährt. Um die Pulsationsartefakte zu minimieren, sollte eine prospektive EKG-Triggerung verwendet werden. Da es sich bei der Aorta um ein relativ großes Gefäß handelt, kann die Schichtdicke zwischen 1,5 und 3 mm gewählt werden. Dies führt zu einer weiteren Dosisreduktion.

Persistierender Ductus arteriosus

Der Ductus arteriosus stellt in der Fetalzeit eine Verbindung zwischen der beginnenden Aorta descendens und der Pulmo-

nalarterie dar. Normalerweise verschließt sich dieses Gefäß wenige Stunden bis Tage nach der Geburt. Geschieht dies nicht, handelt es sich um einen persistierenden Ductus arteriosus (PDA, . Abb. 5). Hierbei handelt es sich um einen Links-rechtsShunt. Dies führt zu einer Volumenbelastung der Pulmonalarterien und des linken Ventrikels. Je nach Shuntvolumen kann es frühzeitig zu einer Linksherzinsuffizienz kommen, während kleine Shuntvolumen asymptomatisch bleiben und zufällig im Erwachsenenalter diagnostiziert werden [12]. Ein klinisch relevanter Shunt im Kindesalter erzeugt ein Herzgeräusch und kann weitergehend mithilfe der Echokardiographie untersucht werden – eine weitergehende CT- oder MRT-Untersuchung ist nicht notwendig.

Abb. 9 8 14-jähriger Patient mit einem Ventrikelseptumdefekt im CT. a Öffnung aus dem linken Ventrikel (LV, Pfeil), während in b die Öffnung in den rechten Ventrikel (Pfeil) dargestellt ist. Die Volume-rendering-technique(VRT)-Darstellung (c) verdeutlicht den Kontrastmittelübertritt vom linken in den rechten Ventrikel. RA rechter, LA linker Vorhof

Abb. 10 9 24-jährige Patientin nach Fontan-Operation. a Koronare Reformatierung einer nicht kontrastmittelverstärkten MR-Angiographie („whole-heart“). Der durchgezogenePfeil zeigt die V. cava superior in der Verbindung zur (rechten) Pulmonalarterie. Der gestrichelte Pfeil zeigt den extrakardialen Graft, der die V. cava inferior mit der Pulmonalarterie verbindet. b Axiale Schicht in Höhe der Verbindung V. cava superior mit der Pulmonalarterie (Pfeil), und c in Höhe der Verbindung V. cava inferior (Graft) mit der Pulmonalarterie (Pfeil). In beiden Anastomosenregionen zeigt sich keine Stenose

Aortale vaskuläre Ringe und Schlingen

Während der Embryonalzeit ist der Aortenbogen paarig angelegt. Im Laufe der Reifung obliteriert normalerweise der rechtsseite Anteil, sodass ein linksseitiger Aortenbogen resultiert. Fehlbildungen in diesem Bereich kommen überaus selten vor, die beiden häufigeren Anomalien sind ein doppelter Aortenbogen oder ein rechtsseitiger Bogen mit aberranter linker A. subclavia und linksseitigem

Ductus arteriosus oder Duktusligament [19]. Anatomisch sind hierbei die Trachea und der Ösophagus von vaskulären Strukturen oder dem Ligament umrahmt (. Abb. 6). Die Gefäßschlingen umgeben Ösophagus und Trachea nicht vollständig, wie z. B. wenn der Truncus brachiocephalicus sehr weit links aus dem Aortenbogen entspringt, können diese aber komprimieren. Klinisch müssen diese Fehlbildungen nicht erkennbar sein.

Aufgrund der engen Lagebeziehung kommt es aber häufig zu einer Trachealstenose und Tracheomalazie mit entsprechendem Stridor, Dyspnoe und Dysphagie. Die Tracheomalazie ist deshalb von besonderer Bedeutung, da diese auch nach operativer Öffnung der Gefäßschlinge fortbesteht und ein Atemhindernis darstellt. Die konventionelle bildgebende Diagnostik bei Verdacht auf Gefäßringe oder -schlingen beinhaltet die Thoraxaufnahme und einen ÖsophagusbreischDer Radiologe 7 · 2015 

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Leitthema: Pädiatrischer Thorax len mit Blut versorgt (z. B. von Bronchialarterien, Interkostalarterien, subdiaphragmalen Gefäßen, aus der A. subclavia und sogar aus Koronarien [26, 27, 28]).

Kardiale Fehlbildungen Vorhofseptumdefekt

Abb. 11 8 CT-Angiographie eines Patienten mit einer Fallot-Tetralogie und Hypoplasie der Pulmonalarterien (a, Pfeil). Die Lungendurchblutung wird durch die dilatierten Major-aorto-pulmonary-collateral-arteries(MAPCA)-Gefäße sichergestellt (b, Pfeil). Diese Gefäße anastomosieren mit den Pulmonalarterien und sichern so die Perfusion und Oxygenierung des Blutes

luck. Zu den typischen Befunden in der Thoraxnativaufnahme zählen eine seitliche Verlagerung des Aortenbogens, Deviation und/oder Verengung der Trachea, pulmonale Infiltrationen, Dys- und Atelektasen. Dorsale oder seltener ventrale Impressionen des Ösophagus im Breischluck legen einen Gefäßring nahe. Zusätzlich zu diesen beiden Methoden ist für eine differenziertere Diagnose und präoperative Planung in der Regel eine weitere Bildgebung indiziert [20, 21]. Mit der Kombination aus Katheterangiographie mit Tracheobronchoskopie ist die Diagnose der kardiovaskulären Malformation, der trachealen Veränderungen und die Klärung der Lagebeziehungen mit großer Sicherheit möglich, aber sie können meist nur in tiefer Sedierung oder Allgemeinanästhesie durchgeführt werden [21]. Die Multislice(MS)-CT und die MRT stellen für die Bildgebung von Gefäßringen und -schlingen durchaus gleichwertige Alternativen dar [22]. Je nach Institut werden CT- und MRT-Untersuchungen bei Säuglingen und Kleinkindern in Intubationsnarkose vorgenommen. Hierbei ist zu beachten, dass bei zu tief liegendem Tubus über die tracheale Kompression keine Aussage getroffen werden kann. In Sedierung entsprechen die Aufnahmen im Wesentlichen einer Exspirationsaufnahme, sodass die Trachealeinengung gut abgeschätzt werden kann. In der CT ist die Applikation von KM notwendig um die vaskulären Strukturen suffizient darzustellen. Die CT bietet im Vergleich zur MRT die bessere 3-D-Nachverarbeitung, sodass dieses Verfahren bei den chirurgischen Diszipli-

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nen sehr beliebt ist. Die MRT erlaubt hingegen die Untersuchung ohne KM, was bei Säuglingen von Vorteil ist. Zudem können dynamische CINE-Aufnahmen angefertigt werden (meistens genügen axiale Aufnahmen), um die Auswirkungen der Gefäßpulsation auf die Trachea zu dokumentieren und somit das Ausmaß der Malazie zu erfassen.

Pulmonalarterien

Die Agenesie oder Hypoplasie einer Pulmonalarterie sind mit die seltensten vaskulären Fehlbildungen [23]. Eine einseitige Pulmonalarterienagenesie ist im Verhältnis 2:1 auf der rechten Seite lokalisiert (. Abb. 7). Eine einseitige Agenesie einer Pulmonalarterie ist meistens mit anderen Fehlbildungen assoziiert, wie z. B. FallotTetralogie, Vorhofseptumdefekt, Aortenisthmusstenose, rechter Aortenbogen, Truncus arteriosus und Lungenatresie [24]. Bis zum Jahre 2011 wurden ca. 352 Fälle beschrieben, wovon ca. 237 assoziierte kongenitale Herzfehler hatten [25]. Patienten ohne assoziierte Fehlbildungen zeigen wenige Symptome und es handelt sich um Zufallsbefunde im Erwachsenenalter [24]. Bei den Symptomen handelt es sich um belastungsabhängige Beschwerden (18–40%), pulmonale Hypertension (19–44%), Hämoptysen (20%) – in den übrigen Fällen handelt es sich um Zufallsbefunde im Rahmen einer Röntgenthoraxaufnahme. Hier zeigt die Röntgenaufnahme eine kleinere Lunge auf der betroffenen Seite. Für die Bestätigung der Fehlbildung kommen sowohl die MRT als auch die CT in Frage. Die betroffene Lunge wird über Kollatera-

Der Vorhofseptumdefekt (ASD) macht zusammen mit dem Ventrikelseptumdefekt ca. die Hälfte aller angeborenen Herzfehler aus. Bei einem ASD liegt ein Defekt in der Trennwand zwischen dem rechten und linken Vorhof vor (. Abb. 8). Da im linken Vorhof ein höherer Druck als im rechten herrscht, kommt es zu einem Linksrechts-Shunt. Dadurch kommt es je nach Größe des Defekts zu einer Volumenbelastung des rechten Ventrikels und ggf. langfristig zu einer pulmonalen Hypertension. Bei dem häufigsten Typ eines Vorhofseptumdefekts vom Sekundumtyp (ASD II) liegt der Defekt etwa in der Mitte des Vorhofseptums, im Bereich des Foramen ovale. Bei einem ASD I befindet sich der Defekt im unteren Teil des Vorhofseptums. In diesem Fall kann auch die Mitralklappe involviert sein und es kommt zu einer Mitralklappeninsuffizienz. Der seltenste Defekt ist der Sinus-venosus-Defekt, welcher weit oben im Septum des Vorhofs im Einmündungsbereich der V. cava superior gelegen ist, der untere Sinus-venosus-Defekt entsprechend im unteren Anteil des Septums im Mündungsbereich der V. cava inferior. In Abhängigkeit von der Größe des Defekts kommt es zu Herzgeräuschen, welche weiter mittels Echokardiographie abgeklärt werden. Neben dem chirurgischen Verschluss kommen auch interventionelle Methoden zum Einsatz. Wenn der Defekt hämodynamisch nicht relevant ist, bleibt der Defekt bis ins Erwachsenenalter unbemerkt und kann zufällig entdeckt werden. Bei einer KM-gestützten Untersuchung des Thorax, z. B. im Rahmen eines Lungenembolieausschlusses, kann man einen Jet mit nichtkontrastiertem Blut aus dem linken Vorhof in den rechten beobachten. Die optimale Technik zur Untersuchung besteht in der MRT, welche mithilfe von CINEMessungen den Jet gut visualisieren kann. Zudem kann das Shuntvolumen über Phasenkontrastflussmessungen in der Aorta ascendens und der zentralen Pulmonalarterie quantifiziert werden.

Abb. 12 8 Patient nach arterieller Switchoperation bei Transposition der großen Arterien (TGA). a 3-D-Reformatierung mit erkennbarer ventral gelegener Pulmonalarterie (Pfeil) und dorsal gelegener Aorta ascendens. b Korrespondierende axiale Schicht mit der Pulmonalarterie (Pfeil) und Aufteilung in die rechte und linke Pulmonalarterie. Dorsal liegt die Aorta ascendens (gestrichelter Pfeil) bzw. die Neoaortenwurzel (originäres Pulmonalarteriengewebe). Im Falle eine Dilatation der Neoaortenwurzel kommt es zu einer Stenose beider Pulmonalarterien

Ventrikelseptumdefekt

Bei einem Ventrikelseptumdefekt (VSD) liegt ein Defekt im interventrikulären Septum vor (. Abb. 9). Auch hierbei kommt es den Druckverhältnissen entsprechend zu einem Links-rechts-Shunt. Kleine Defekte können hämodynamisch nicht relevant sein und sich die Defekte im Rahmen des Wachstums von selbst verschließen. Im Rahmen der Abklärung erfolgt initial eine Echokardiographie. Zur weiteren Abklärung der hämodynamischen Relevanz schließen sich entweder eine Katheteruntersuchung oder eine MRT an. Ziel der Bildgebung ist die Erfassung der Funktion des rechten Ventrikels und v. a. das enddiastolische Volumen. Diese Messungen erfolgen am besten als axiale CINE-Messungen über den rechten Ventrikel [29]. Zudem sollten Phasenkontrastflussmessungen in der Aorta ascendens und Pulmonalarterie erfolgen, um den Shunt zu quantifizieren.

Atrioventrikulärer Septumdefekt

Bei einem atrioventrikulären Septumdefekt (AVSD) handelt es sich um einen Defekt zwischen den Vorhöfen und Ventrikeln. Der Defekt beginnt auf Vorhofebene und reicht bis in das interventrikuläre Septum. Der Defekt verläuft somit durch die atrioventrikuläre Klappenebene und es existiert nur eine rudimentäre Klappe [30].

Bei etwa der Hälfte der betroffenen Kinder liegt eine Chromosomenanomalie in Form einer Trisomie 21 (Down-Syndrom) vor. Aufgrund des massiven Vermischens von sauerstoffreichem mit sauerstoffarmen Blut (Links-rechts-Shunt) sind die Kinder bläulich gefärbt und fallen in der Regel in der ersten Lebenswoche auf. Die Echokardiographie ist die Methode der Wahl zur Darstellung des Herzfehlers. Aufgrund der notwendigen Sedierung ist die MRT zwar möglich (und zeigt die gleichen Veränderungen wie die Echokardiographie), wird aber nur in Einzelfällen eingesetzt. In der S2-Leitlinie ist die MRT daher nicht als Untersuchungsmethode aufgeführt [31]. Im Falle eines großen AVSD, welcher chirurgisch nicht korrigiert werden kann, handelt es sich funktionell um ein sog. univentrikuläres Herz. In diesem Fall sowie in weiteren Fällen z. B. einer Pulmonalisatresie oder -stenose, besteht die Therapie in einer Ausschaltung des rechten Ventrikels. Hierbei werden die Vv. cava superior und inferior (über den rechten Vorhof) an die Pulmonalarterien angeschlossen und eine sog. Fontan-Zirkulation erreicht (. Abb. 10; [32]). Nach ersten Erfahrungen erfolgte eine wesentliche Modifikation derart, dass ein (extrakardialer oder intraatrialer) Graft die V. cava inferior mit der Pulmonalarterie verbindet. Diese Patienten müssen lebenslang

verlaufskontrolliert werden, v. a. in Hinblick auf die korrekte Lage des Grafts und mögliche Stenosen im Bereich der Anastomosen [33].

Kardiovaskuläre Fehlbildungen Pulmonalklappenstenose

Die Pulmonalklappenstenose (PaV) kommt bei ca. 7% der angeborenen Herzfehler vor. Hierbei liegt eine Stenose der Pulmonalklappe vor, was durch eine Verdickung der Segel der Pulmonalklappe und eine partielle Verwachsung der Segel hervorgerufen wird [34]. Patienten mit einer leichten Stenose fallen klinisch nicht auf. Zur Zeit werden sie im Rahmen einer Routineuntersuchung durch ein Herzgeräusch auffällig. Bei einer moderaten oder hochgradigen Stenose muss der rechte Ventrikel gegen einen erhöhten Widerstand arbeiten, was zu einer Myokardhypertrophie führt. Zudem kann es durch die Flussbeschleunigung über der Stenose und der Verwirbelung des Blutes distal der Pulmonalklappe zu einer aneurysmatischen Erweiterung der Pulmonalarterie kommen. Normalerweise reicht die Echokardiographie zur Diagnosestellung und Abschätzung des Druckgradienten aus. In Einzelfällen kann allerdings eine MRT eine sinnvolle Ergänzung der Diagnostik darstellen, da mit der MRT die volumeDer Radiologe 7 · 2015 

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Leitthema: Pädiatrischer Thorax Tab. 2  MRT-Protokoll-Vorschlag für die Bildgebung eines komplexen Herzfehlers  1  2  3  4  5  6  7

Planung/Orientierung „Single shot turbo spin echo“; cor; „dark blood“ (EKG- und atemgegated) „Single shot turbo spin echo“; axial; „dark blood“ (EKG- und atemgegated) T1 „turbo spin echo“; axial; „dark blood“ (EKG-gegated, Atemstillstand oder 3 Mittlungen) T1 „turbo spin echo“; cor; „dark blood“ (EKG-gegated, Atemstillstand oder 3 Mittlungen) Zeitaufgelöste Angiographie (

[Cardiac and vascular malformations].

Malformations of the heart and great vessels show a high degree of variation. There are numerous variants and defects with only few clinical manifesta...
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