Bronchitis plastica mit chylösen Bronchialausgüssen

Einleitung !

Die Bronchitis plastica, auch bekannt unter den Begriffen Bronchitis fibrinosa und Bronchitis pseudomembranosa, ist durch Entstehung von ausgedehnten viskösen Bronchialausgüssen charakterisiert. Häu-

fig besteht eine Assoziation zu hypersekretorischen Erkrankungen wie dem Asthma, der Mukoviszidose, viralen und bakteriellen Atemwegsinfekten, kardialen Erkrankungen und pathologischen Veränderungen des Lymphsystems. Bei der kardialen Genese wird ein erhöhter pulmo-

nalvenöser Druck als Ursache für die Brochialausgüsse vermutet. Hier wurde am häufigsten ein Zusammenhang mit der Korrektur zyanotischer kongenitaler Herzerkrankungen bei Kindern, neben der Pericarditis constrictiva, Mitralinsuffizienz und hämodynamisch wirksamen Perikardergüssen beobachtet. Zu den Erkrankungen des Lymphsystems zählen die kongenitale Lymphangiektasie, gekennzeichnet durch eine pathologische Dilatation der Lymphwege und die Lymphangiomatose mit abnormer Proliferation von Lymphgefäßen. Bei beiden Erkrankungen kommt es zu einem Rückstau in

Abb. 1 a, b Konventionelle Röntgenaufnahme des Thorax, p.-a. und lateraler Strahlengang zeigt bds. Infiltrate. c Die CT des Thorax zeigt Milchglastrübungen und flaue zentrilobuläre, alveolär-konfluierende kleine Herde. Zum Teil sind die subpleuralen Interlobärsepten akzentuiert.

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The Interesting Case

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den pulmonalen Lymphwegen. Die kongenitale Lymphangiektasie findet sich bevorzugt im Kindesalter und ist assoziiert mit genetischen Erkrankungen wie z. B. dem Noonan- oder Turner-Syndrom. Als Ursachen für eine sekundäre Lymphangiektasie kommen eine mechanische Obstruktion z. B. durch Tumoren oder Verletzungen der Lymphabflusswege nach Thoraxoperationen infrage (Madsen P et al. Paediatr Respir Rev 2005; 6: 292 – 300). In den meisten Fällen einer plastischen Bronchitis liegt keine allergische Erkrankung vor, daher wird der Begriff für das Asthma bronchiale oder die allergische pulmonale Aspergillose bei zunehmend besserer diagnostischer Abgrenzbarkeit dieser Erkrankungen häufig nicht mehr verwendet (Park JY et al. Eur Respir J 1996; 9: 612 – 614; Schmitz J et al. Pneumologie 2004; 58: 443 – 448). Leitsymptom der Bronchitis plastica ist ein produktiver Husten mit Dyspnoe unterschiedlichen Schweregrades. Eine schwerwiegende Komplikation mit Folge einer lebensbedrohlichen respiratorischen Insuffizienz stellt die Verlegung der Atemwege durch größere Bronchialausgüsse dar (Park JY et al. Eur Respir J 1996; 9: 612 – 614; Madsen P et al. Paediatr Respir Rev 2005; 6: 292 – 300).

Abb. 2 a, b Übersichtsbild nach bipedaler Lymphangiografie. Zahlreiche Lymphangiektasien im Mediastinum, sowie entlang des peribronchialen Interstitiums.

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Fallbericht !

Eine 55-jährige Patientin stellte sich mit akuter Verschlechterung einer seit 10 Jahren progredienten Dyspnoe und wiederholten pulmonalen Infekten vor. Bei Aufnahme bestand Husten ohne Fieber und eine deutliche respiratorische Partialinsuffizienz (pO² 54 mmHg). Die Entzündungsparameter waren nicht erhöht. Die konventionelle Röntgenuntersuchung und die CT des Thorax zeigten dichte Infiltrate beider Unterlappen. In der CT waren zudem Milchglastrübungen und kleinherdige zentrilobuläre, alveolär-konfluierende Verdichtungen nachweisbar. Mediastinale Raumforderungen, ein Perikard- oder Pleuraerguss lagen " Abb. 1a–c). Der milchig-trünicht vor (● be Auswurf war in den letzten Monaten häufiger von Bronchialausgüssen durchsetzt. Die zytologische Aufarbeitung des Bronchialsekretes nach Bronchiallavage zeigte eine deutliche Erhöhung des Proteinanteils, der Lymphozytenzahl sowie der Triglycerid- und Cholesterolkonzentration und führte zu dem Verdacht einer Erkrankung der Lymphwege. In der Bronchoskopie, die in einer Phase vorrübergehender Symptombesserung

Abb. 3 a Post-Lymphografie-CT: Ektatische Lymphgefäße mediastinal und peribronchial. Daneben existieren schmalkalibrige Lymphgefäße, die diffus mediastinal und hilär verteilt sind. Der Ductus thoracicus ist nicht zu erkennen. b Sagittale MIP-Rekonstruktion und axiale Ausschnittsvergrößerung. c Lipiodolanreicherung im peribronchialen Interstitium des rechten Unterlappens, bis in das periphere Interstitium reichend. Darstellung multipler kontrastierter mediastinaler Lymphgefäße.

durchgeführt wurde, waren die Bronchien von weiß-gelblich fädigem Sekret überzogen. Solides Ausgussmaterial war zu diesem Zeitpunkt nicht nachweisbar, sodass keine histologische Aufarbeitung vorlag. Die Histologie der transbronchialen Feinnadelbiopsie des linken Unterlappens beschrieb Alveolarwandschäden mit septaler und luminaler Fibrose, passend zu einer chronisch-interstitiell fibrosierenden Alveolitis. Zur weiteren Abklärung der Ursache der Chyloptysen und Bronchialergüsse, sowie zur Evalua-

tion einer möglichen Intervention, erfolgte eine bipedale Lymphangiografie. In Projektion auf das Mediastinum zeigten sich zahlreiche große sackartig konfigurierte Kontrastmittelansammlungen in ektatischen mediastinalen Lymphgefäßen und eine retrograde Füllung der Lymphgefäße entlang der Hauptbron" Abb. 2a, b). chien (● Im Anschluss an die Lymphografie wurde eine CT des Thorax durchgeführt. Neben den mediastinalen Lymphangiektasien kamen multiple lymphatische Kollateral-

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gefäße unterschiedlichen Kalibers zur Darstellung. Ein Kontrastmittelreflux bis in peribronchiale und interstitielle Lymphgefäße " Abb. 3a–c). der Peripherie war erkennbar (● Der Ductus thoracicus, mit typischem Verlauf, ließ sich nicht sicher identifizieren. Aufgrund des multiplen Auftretens ektatischer mediastinaler Lymphgefäße und Zuflüsse bestand interventionell keine Möglichkeit der Embolisation. Zur Reduktion des Lymphflusses wurde eine fettreduzierte Diät (MCT-Therapie) eingeleitet. Das Auftreten von Bronchialausgüssen sistierte konsekutiv unter inhalativer Heparintherapie mit 20 000 I.E./d in einem rezidivfreien Nachuntersuchungszeitraum von 2 Jahren.

Diskussion !

Erkrankungen der Lymphwege, die zu einem Lymphstau führen, spielen vermutlich eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Bronchialausgüssen. Als Pathomechanismus für die Ausbildung von Chyloptysen wird ein erhöhter Druck in erweiterten Lymphgefäßen mit Insuffizienz der Klappen angesehen, der zu einem retrograden Lymphfluss und Austritt von Lymphflüssigkeit in das Bronchiallumen führt (Maier HC. Thorax 1968; 23: 281 – 296). Eine Druckerhöhung in den Lymphwegen kann Folge einer Behinderung des thorakalen Lymphabflusses sein oder bei primären Erkrankungen wie der angeborenen Lymphangiektasie und der Lymphangiomatose vorkommen. Hinweisend auf eine Erkrankung der Lymphwege sind ein hoher Proteingehalt und Fettanteil, sowie zahlreiche Lymphozyten im Bronchialsekret und in den Ausgüssen. Dagegen finden sich bei kardialer Genese,

eine deutliche Zellarmut und ein erhöhter Muzinanteil. Der Nachweis von CharcotLeyden-Zellen oder einer großen Anzahl von Eosinophilen ist hinweisend auf Asthma. Inflammatorische Zellen, Muzin und Fibrin können hingegen in unterschiedlichem Ausmaß bei allen Erkrankungen vorkommen. Die pulmonale Lymphangiektasie als Ursache der Bronchitis plastica konnte in unserem Fall letztendlich erst durch die Lymphangiografie gesichert werden. Die Ursache der Lymphangiektasie wiederum, ist nicht vollständig geklärt. Eine Abflussbehinderung im Verlauf der mediastinalen Lymphwege konnte ausgeschlossen werden, eine primäre Fehlanlage wie z. B. bei der kongenitalen Lymphangiektasie, war aufgrund des Lebensalters der Patientin unwahrscheinlich. Anzeichen für eine Lymphangiomatose, mit extrathorakaler Manifestation lymphatischer oder zystischer Organveränderungen lag bei unserer Patientin ebenfalls nicht vor (Faul J et al. Am J Respir Crit Care Med 2000; 161: 1037 – 1046). Eine Hypo-, Aplasie oder ein erworbener Verschluss des D. thoracicus (z. B. durch Infektion) mit fortschreitender Erweiterung von insuffizienten Kollateralen, ist vorstellbar. Ursache der Infiltrate waren vermutlich die Minderbelüftung durch Ansammlung von Lymphflüssigkeit in den Alveolen und postobstruktiv durch Brochialausgüsse. Ein Übertritt von Lymphe in das Bronchialsystem könnte durch eine Ruptur der durch die rezidivierenden Infekte vorgeschädigten Bronchial- und Alveolarwände zu erklären sein. Die Indikation einer Lymphangiografie ist bei Chyloptysen insofern gegeben, als das durch die Diagnosestellung einer Erkran-

kung des Lymphsystems die therapeutischen Maßnahmen beeinflusst werden. Als konservative Behandlung kommen neben einer fettreduzierten Diät (MCT), die Inhalation mit Fibrinolytika wie Heparin, Urokinase oder r-TPA bei fibrinreichen Ausgüssen zur Anwendung. Bisher wurde die Anwendung der inhalativen Heparintherapie nur in Einzelfällen beschrieben. Bei diesen Patienten zeigte die Behandlung einen guten Erfolg mit geringem Nebenwirkunsprofil (Schmitz J et al. Pneumologie 2004; 58: 443 – 448). Der Verschluss des Ductus thoracicus durch Ligatur oder eine transabdominelle Embolisation sind invasive Behandlungsmöglichkeiten, deren Durchführbarkeit mit einer Lymphangiografie geklärt werden kann. Die interventionelle Versorgung war in unserem Fall durch die fehlende Darstellbarkeit des D. thoracicus und aufgrund der Vielzahl kleiner pathologischer Lymphbahnen technisch nicht möglich.

Schlussfolgerung (springende Punkte) !

▶ Chyloptysen ▶

mit Bronchialausgüssen im Erwachsenenalter sind hinweisend auf eine Erkrankung des Lymphsystems. Lymphangiografie und Post-Lymphografie-CT sollten zur weiterführenden Diagnostik bei der Abklärung pathologischer Veränderungen des thorakalen Lymphsystems eingesetzt werden, um eine adäquate Therapie einleiten zu können.

M. Kaschner, H. Strunk, H.H. Schild, Bonn

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[Bronchitis plastica with chylous bronchial effusions].

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