Leitthema Unfallchirurg 2014 · 117:892–904 DOI 10.1007/s00113-014-2579-2 Online publiziert: 06. Oktober 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

Redaktion

T. Gösling, Braunschweig A. Hillmann, Ingolstadt

Einleitung Zystische Läsionen des Knochens gehören sicherlich zu den häufigsten nichttraumatischen pathologischen Veränderungen im konventionellen Röntgenbild. Sie geben häufig Anlass zu Verunsicherung bei Patienten und skelettradiologisch oder tumororthopädisch nicht weiter spezialisierten ärztlichen Kollegen. Daher ziehen derartige Befunde – wenn auch nicht immer nötig – regelmäßig eine Schnittbildgebung (CT/MRT) nach sich. Das native Röntgenbild bietet allerdings gerade bei zystischen Läsionen reichhaltige Informationen, welche die Grundlage in der bild- und artdiagnostischen Einordnung der Läsion darstellen. So können neben der Topographie der Läsion (epi-/meta-/ diaphysäre Lokalisation), Aussagen über die Reaktion des umliegenden Knochens (scharfe Demarkation mit/ohne Sklerose, unscharfe Berandung), den Typ der Periostreaktion (ununterbrochen/solide/ unterbrochen), aber auch über die Grundsubstanz der Läsion (mineralisierte/verkalkte oder strahlentransparente fibröse bzw. knorpelige Matrix) getroffen werden. Daraus ableitend lassen sich Rückschlüsse über die Wachstumsgeschwindigkeit und die biologische Aktivität der Läsion ziehen. Diese radiologischen Merkmale im Verbund mit dem Alter des Patienten, der Multiplizität der Läsion (solitär/multipel) und dem Ort der Läsion im Skelett und im jeweiligen Knochenkompartiment erlauben schon eine relative diagnostische Eingrenzung. Benigne, zystische, tumorähnliche Läsionen imponieren dabei bedingt durch zumeist flüssigkeitsgefüllte Hohlraumstrukturen fast immer als völlig strahlentransparent

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C. Hipfl · P. Schwabe · S. Märdian · I. Melcher · K.-D. Schaser Sektion für Muskuloskeletale Tumorchirurgie und Sektion für Wirbelsäulenchirurgie, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Charité-Universitätsmedizin Berlin

Benigne zystische Knochenläsionen und weisen für die unterschiedlichen Entitäten bevorzugte Altersgruppen sowie gewisse Prädilektionsstellen auf. So treten beispielsweise aneurysmatische Knochenzysten selten bei Erwachsenen jenseits des 20. Lebensjahrs auf, führen zu einer soliden Periostreaktion und sitzen fast immer exzentrisch. Dagegen sind juvenile Knochenzysten vor der Skelettreife nahezu ausschließlich in langen Röhrenknochen (proximaler Humerus, proximales Femur) zu finden, liegen zumeist ohne Knochenauftreibung fast immer zentrisch und zeigen so gut wie nie einen Einbruch in die Weichteile. Auch wenn das radiologische Erscheinungsbild im konventionellen Röntgen und die oben genannten Prädilektionsorte, Altersgruppen und das solitäre oder multiple Auftreten bereits eine sehr gute differenzialdiagnostische Eingrenzung zulassen, erlaubt die multiplanare Schichtbildgebung im CT und MRT insbesondere für die Einordnung zystischer Läsionen einen wichtigen zusätzlichen Informationsgewinn. Während im CT eine Aussage über die Matrix der Läsion (fibrös, ossifizierend, verkalkend etc.) mit typischerweise CT-Dichtewerten von 15– 20 Hounsfield-Einheiten (HE) im Zentrum einfacher flüssigkeitsgefüllter Zysten getroffen werden kann, zeigen an­ eurysmatische Knochenzysten neben den Septierungen charakteristische Spiegelbildungen mit 2 Flüssigkeiten mit höheren Dichtewerten um die 20–78 HE. Im MRT dagegen lassen sich die intra-/extramedulläre Ausdehnung, das Vorhandensein perifokaler Ödeme, die Signalintensität (vor und nach Kontrastmittel(KM)Gabe sowie Fettsuppressionstechnik) und die genaue Abgrenzung einer Weichteilin-

vasion in Faszien, Muskelkompartimente und neurovaskuläre Strukturen für eine weitere artdiagnostische Beurteilung heranziehen.

Knochenzysten Juvenile (solitäre) Knochenzyste Definition

Die juvenile Knochenzyste ist eine einkammerige, mehrere Zentimeter große osteolytische Knochenläsion, welche von einer Membran umgeben ist. Im Inneren findet sich typischerweise klare gelbliche oder nach Frakturen blutig imbibierte Flüssigkeit [1]. Prädilektionsstellen sind die proximale Humerusmetaphyse (50– 70% [1]) und die proximale Femurmetaphyse (25% [1, 2]). Bei älteren Patienten (>20 Jahre) können auch die Patella, die Skapula und das Becken (zumeist Os ilium) betroffen sein. Morphologisch ähnliche Zysten sind die Kalkaneuszysten, die allerdings meist als eigene Entität beschrieben werden [1]. Je nach Wachstum liegen die Zysten anfangs unmittelbar an der Wachstumsfuge (aktive Zyste) und rücken mit zunehmendem Wachstum in die Diaphyse (auch latente Zyste). Die Kortikalis über den Zysten kann verdünnt leicht vorgebuckelt sein und ist deshalb frakturgefährdet. Durch Leisten und Septen kann der Eindruck einer Kammerung entstehen. Weder ein sogenannter Knochenzystenindex noch der Durchmesser der Zysten, die Dicke der Kortikalis oder die radiologische Beurteilung der Zystenaktivität erlauben eine sichere Aussage über das Frakturrisiko [3, 4]. Charakteristischerweise treten die Läsionen ohne Schmerzen auf, sodass häufig

Tab. 1  Radiologische Diagnostik rein zystischer Läsionen (Knochenzysten im engeren Sinn)   Juvenile Knochenzyste

Röntgen Zentral, scharf berandet, randsklerotisch; metaphysär „Fallen fragment sign“

AKZ

Exzentrisch, seifenblasenartig Typischer „Blow-out-Charakter“ Gelenknah, exzentrisch, rundlich, randsklerotisch, ohne Arthrosezeichen Scharf, randsklerotisch, oft expansiv mit Auftreibung des Knochens an den Phalangen (seltener am Schädel)

Intraossäres Ganglion

Intraossäre Epidermiszyste

CT Fakultativ Bei atypischer Lokalisation, Dichtemessung, ein- oder mehrkammerig Fakultativ 20–78 HE Fakultativ

Fakultativ

MRT Flüssigkeitsnachweis Hypotens in T1, hypertens in T2

Szintigraphie Anreicherung nur bei Fraktur

Unspezifische Flüssigkeitsspiegel Inhomogenes KM-Enhancement T1 hypotens, T2 hypertens Spiegelbildungen und Weichteilanteile möglich Fakultativ

Stark positive Anreicherung Kaum Akkumulation Negativ

AKZ Aneurysmatische Knochenzyste, KM Kontrastmittel.

pathologische Frakturen zur ersten Konsultation führen. Relativ selten werden ein dumpfer Schmerz, ein Druckgefühl und eine Bewegungseinschränkung angegeben. Etwa 65% der Zysten treten im 1. bzw. 20% im 2. Lebensjahrzehnt auf. Das männliche Geschlecht ist doppelt so häufig betroffen wie das weibliche. Die jährliche Prävalenz liegt bei 0,3:100.000 [1, 2, 5].

Szintigraphie nach Abschluss des Wachstumsalters in den meisten Fällen ohne pathologische Anreicherung (. Tab. 1; [1]).

Bildgebung

Bei der Differenzialdiagnose müssen berücksichtigt werden [1]: F aneurysmatische Knochenzysten (AKZ, exzentrische Lage, expansiv, solide Periostreaktion), F Riesenzelltumor (exzentrisch, expansiv, meist keine Randsklerose und ­Periostreaktion), F intraossäre Lipome (Kalkaneus), F fibröse Dysplasie (milch-/rauchglasartiger Aspekt, kein „fallen fragment sign“), F Osteomyelitis/Knochenabszess (­Periostreaktion, Überschreiten der Wachstumsfuge), F Epidermiszyste (Fingerendphalanx), F brauner Tumor bei Hyperparathyreoidismus (hohes Parathormon, ­Osteopenie, multiples Auftreten).

Radiologisch zeigt sich eine zystische, zentral gelegene, expansiv wachsende Osteolyse, die von einer schmalen Randsklerose umgeben wird und von schmalen Septen durchzogen sein kann. Die Kortikalis ist erhalten, eine Periostreaktion, eine Knochenauftreibung mit pseudoexpansivem Wachstum wie bei der aneurysmatischen Knochenzyste oder ein Weichteileinbruch fehlen. Oftmals treten Frakturen mit dislozierten, eierschalenartigen Fragmenten auf, die in die Zyste hineinfallen („fallen fragment sign“). Ist das charakteristische „herabfallende Fragment“ noch im Periostverbund, nach innen in das Zysteninnere umgeschlagen und in der Zystenflüssigkeit bei dynamischer Durchleuchtung mobil bzw. flottierend, spricht man auch vom „Klapptürzeichen“ [6]. In der Diagnostik sind CT und MRT fakultativ. Die Computertomographie ist bei atypischen Lokalisationen bzw. im Beckenbereich hilfreich und zeigt neben möglichen Septierungen zumeist CT-Dichtewerte von 10–25 HE. Das MRT zeigt die exaktere Ausdehnung der Zyste und ist typischerweise hypointens in der T1-Gewichtung und hypertens in der T2-Gewichtung. Wenn keine Fraktur vorliegt, verläuft eine

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Häufig kommt es zu Frakturen mit dislozierten, eierschalenartigen Fragmenten Differenzialdiagnose

Therapie

Für juvenile (einfache) Knochenzysten existiert keine kausale Therapie. Die Therapie beschränkt sich in erster Linie auf die Prävention und Behandlung pathologischer Frakturen sowie die Rezidivprophylaxe. In der Literatur existieren hauptsächlich Studien mit Evidenzgrad IV; nur eine randomisierte Studie [7] bzw. eine

Metaanalyse [2] wurden in den letzten 5 Jahren veröffentlicht. Grundsätzlich ist bei radiologisch eindeutiger Diagnose die konservative Therapie möglich. Spontane Ausheilungsraten der Zyste bei pathologischer Fraktur (Auffüllung des Zystenvolumens mit Frakturhämatom, Induktion sekundärer Kallusbildung) sind in 25% der Fälle beschrieben [8]. Aufgrund längerfristig eingeschränkter Aktivität der Kinder und Jugendlichen, Auftreten von Frakturen bzw. Refrakturen, Wachstumsstörungen und Deformitäten sollte die konservative Therapie mit einer operativen Intervention gut abgewogen werden [9]. Die Verwendung kanülierter Schrauben führte laut einer Metaanalyse [2] in 46–100% zur Heilung. Es kam jedoch zu inkompletten Heilungen, Obstruktionen der Perforationen, Frakturen an der Insertionsstelle, Refrakturen und Reoperationen [9, 10]. Die Zeit bis zur Heilung betrug 1 bis 4 Jahre [9]. Die intramedulläre Markraumschienung (ESIN) der langen Röhrenknochen bietet sich für eine frühfunktionelle Behandlung insbesondere pathologischer Frakturen an [11]. Bei alleiniger ESIN-Osteosynthese sind jedoch Refrakturen, Reoperationen, Wechsel der Nägel und inkomplette Heilungen dokumentiert; zusätzlich können Nagelwechsel technisch schwierig sein [11]. Die alleinige Instillation von autogenem Knochenmark zeigte in verschiedenen Studien Heilungsraten von 23–92% [2]; als potenziell nachteilig zu erwähnen sind hier die Entnahmemorbidität, die partielle Heilung sowie die teilweise erforderliche ­mehrfache Durchführung [7]. Die Instillation von Der Unfallchirurg 10 · 2014 

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Zusammenfassung · Abstract Kortison ist meist mit nur geringen Erfolgsraten nach der ersten Behandlung assoziiert. Oft sind 2, 3 oder mehr Instillationszyklen (3-mal im Abstand von 6 bis 8 Wochen) erforderlich [7, 12], die Konsolidierungszeiten erstrecken sich teilweise über 2 Jahre. Laut einer Metaanalyse erbrachte die Injektion von Methylprednisolon eine Heilung zwischen 15 und 100% [2]. Die Therapieeffektivität basiert wahrscheinlich auf einer steroidinduzierten Sekretionshemmung und Degeneration der Zystenwand mit konsekutiver Reduktion des in der Zystenflüssigkeit erhöhten Prostaglandin E2 (. Abb. 1; [13]). Aktuell besteht der Trend zur multimodalen Therapie. Grundlage jeder Therapie sollte dabei die Kürettage mit Unterbrechung der Zystenwand sein. Daneben sind das Auffüllen der Zyste mit einem Knochenersatz und möglicherweise auch der Einsatz biologischer Stoffe vielversprechend, wobei auf eine möglichst komplette Füllung der Zysten zu achten ist [9]. In einer Studie, in welcher die Kombination Kürettage, ESIN-Osteosynthese, Orthoss® (Geistlich Pharma AG, Schweiz) und GPS® (Gravitational Platelet Separation System, Biomet, USA) zum Einsatz kam, war die Metallentfernung nach 5 bis 12 Monaten möglich [11]. Gute Ergebnisse erbrachten auch die Kürettage und die Füllung mit demineralisierter (humaner) Knochenmatrix (DBM); Nachteile dieses Verfahrens sind die hohen Kosten und das nicht komplett ausschließbare Infektionsrisiko [14]. Im Gegensatz dazu sind Studien publiziert, bei welchen die alleinige Injektion von DBM und KM teilweise eine zweite Behandlung erforderte bzw. zu inkompletten Ausheilungen führte [15]. Wenig Erfolg zeigten die Kombination aus perkutaner Dekompression mit Kürettage und Implantation von Knochenmark und Fremdknochen [16] sowie die Aspiration und Injektion von Knochenmark [17].

Aneurysmatische Knochenzyste Als osteolytische, nichtneoplastische, sehr gut vaskularisierte tumorähnliche Läsion des Knochens kann die aneurysmatische Knochenzyste (AKZ) manchmal sowohl klinisch, röntgenologisch als auch histopathologisch erhebliche differenzialdia­ gnostische Schwierigkeiten bereiten. Zu-

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Unfallchirurg 2014 · 117:892–904  DOI 10.1007/s00113-014-2579-2 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 C. Hipfl · P. Schwabe · S. Märdian · I. Melcher · K.-D. Schaser

Benigne zystische Knochenläsionen Zusammenfassung Hintergrund.  Knochenzysten sind gutartige tumorähnliche Knochenläsionen, welche einen flüssigkeits- und z. T. zellgefüllten Hohlraum im Knochen darstellen. Sie können solitär, in seltenen Fällen auch multipel im Skelettsystem vorkommen. Fragestellung.  In diesem Beitrag werden die Diagnostik, das radiologische Erscheinungsbild und die Therapie der wichtigsten benignen zystischen Knochenläsionen, wie solitäre Knochenzysten, aneurysmatische Knochenzysten, intraossäre Ganglien, Epidermiszysten und subchondrale Zysten vorgestellt und deren Differenzialdiagnostik zu zystoiden Formationen und Tumoren mit zystischen Anteilen erörtert. Methode.  Es erfolgte eine selektive Literaturrecherche unter Berücksichtigung eigener Erfahrungen. Ergebnisse.  Solche „tumor-like lesions“ können radiologisch wie Knochentumoren imponieren, zeigen jedoch kein autonomes reizunabhängiges Wachstum und können sich

auch spontan vollständig zurückbilden. Zumeist ist eine offene Biopsie zur Diagnosesicherung notwendig. Bedarf es in manchen Fällen keiner chirurgischen Intervention („Donot-touch-“ oder „Leave-me-alone“-Läsionen), stehen in vielen Fällen die Prävention und die Behandlung pathologischer Frakturen sowie die Rezidivprophylaxe im Vordergrund. Schlussfolgerung.  Zystische Knochenläsionen gehören zu den häufigsten nichttraumatischen Knochenveränderungen. Bei differenzialdiagnostischer Unklarheit ist die Histologiegewinnung wegweisend. Im Falle einer chirurgischen Intervention besteht aktuell der Trend zur multimodalen Therapie, wobei die exakte Kürettage zumeist die Grundlage bildet. Schlüsselwörter Knochenzyste · Tumorähnliche   Knochenläsionen · Diagnose ·   Differenzialdiagnostik · Therapie

Benign cystic bone lesions Abstract Background.  Bone cysts are benign tumorlike lesions which often present as a fluidcontaining cavity in the bone. They can occur in the skeletal bone as solitary or sometimes multiple bone lesions. Objectives.  This review discusses the diagnostics, radiological appearance and therapeutic strategies of the most important benign cystic bone lesions, such as simple bone cysts, aneurysmal bone cysts, intraosseous ganglia, epidermoid cysts and subchondral cysts. The differential diagnoses with respect to cystoid formations and tumors with cystic components are discussed. Method.  A selective literature search was performed taking own experiences into consideration. Results.  These tumor-like lesions can have the radiological appearance of bone tumors but show no autonomic, stimulus-independent growth and can resolve spontaneously­.

dem kann sie bei zugrundeliegenden benignen und malignen Knochentumoren als sog. „sekundäre aneurysmatische Knochenzyste“ als Epiphänomen vorkommen und dadurch deren Diagnose

In the majority of cases open biopsy is necessary to confirm the diagnosis. In some cases no surgical intervention is necessary (e.g. do not touch and leave me alone lesions), whereas in other cases the focus of treatment is on the prevention and therapy of pathological fractures as well as prevention of recurrence. Conclusion.  Cystic bone formations are among the most commonly occurring nontraumatic bone lesions. To eliminate differential diagnostic unclarity, histological investigation of biopsy material is essential. In terms of surgical intervention there exists a trend towards multimodal therapy mostly based on a meticulous curretage. Keywords Bone cyst · Tumor like bone lesions ·   Diagnosis · Differential diagnosis · Therapy

wie auch die richtige Erfassung des Primärtumors komplizieren.

Ätiologie

Als zugrundeliegende Ätiologie wird eine arteriovenöse Missbildung mit Erhöhung

Abb. 1 9 Juvenile Knochenzyste eines 14-jährigen Jungen. a Konventionell radiologischer Befund vor Einleitung der Therapie. b Ergebnis nach 3-maliger perkutaner Applikation von Triamcinolon sowie Drainage der Zyste

des venösen Binnendrucks und sekundärer osteoklastärer Resorption des Knochens angenommen. Jedoch werden auch rezidivierende Blutungen infolge traumatischer Einwirkungen als ursächlich diskutiert. Da sie als sekundäre AKZ auch mit verschiedenen Tumoren (z. B. Chondroblastom, -myxoidfibrom, Riesenzelltumor, Osteosarkom) assoziiert sein kann, ist eine inzisionsbioptische Sicherung vor der Kürettage immer zu fordern [1]. In der Schnittbildgebung muss nach soliden Anteilen gefahndet werden, die von der Biopsie erfasst werden müssen. Falsch-negative Ergebnisse sind sonst möglich. Die komplette intraläsionale Resektion kann erfolgen, wenn eine spätere weite Resektion gegenüber der Inzisionsbiopsie hierdurch nicht negativ beeinflusst wird. Etwa 80% der Läsionen entstehen während der ersten 2 Lebensdekaden, das Geschlechterverhältnis wird meist als ausgeglichen angegeben, bei Zehetgruber et al. [5] dominieren jedoch Jungen mit 1,8:1. Die jährliche Prävalenz wird mit 0,32:100.000, die Inzidenz mit 1,4:100.000 angegeben [1, 5]. Eine maligne Entartung wird als extrem selten beschrieben bzw.

ein Zusammenhang ist weiter umstritten [1]. Typische Lokalisationen sind Metaphysen langer Röhrenknochen und die Wirbelsäule. Im Unterschied zur juvenilen Knochenzyste wächst die AKZ nach Wachstumsabschluss manchmal auch nach epiphysär und kommt vergleichweise häufiger auch an der Wirbelsäule vor.

Klinik

Die klinische Symptomatik ist lokalisationsabhängig und besteht zumeist aus lokalen Schmerzen, Schwellung und Bewegungseinschränkung des benachbarten Gelenkes. Bei Lokalisation in der Wirbelsäule kann es zu Infraktion der Wirbelkörper, kyphoskoliotischer Fehlstellungen bis hin zu sensomotorischen Defiziten infolge radikulärer Kompression kommen (. Abb. 2; [18]). AKZs können im Stadium I und III nach Enneking vorkommen [19]. Je höher das Stadium, umso „aggressiver“ sollte die Resektion erfolgen, da im Stadium III Rezidive bei intraläsionaler Resektion ohne Adjuvanzien in bis zu 50% auftreten können [20].

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Je höher das Stadium, umso aggressiver sollte die Resektion erfolgen Bildgebung

Radiologisch sind exzentrisch gelegene, seifenblasenartige Läsionen mit stark ausgedünnter, vorgewölbter Kortikalis („Blow-out-Phänomen“) vorzufinden. Die Läsion zeigt im Stadium II häufig ein pseudoexpansives Wachstum. Die Kortikalis ist jedoch nicht durchbrochen, sodass es zu einer charakteristischen, bleistiftartigen Sklerose kommt. Durch lokal aktives und nicht selten aggressives Wachstum ist die AKZ durch erhöhtes Risiko pathologischer Frakturen und lokaler Rezidivneigung gekennzeichnet. Insbesondere bei einem Befall der Wirbelsäule findet sich ein Übergreifen der Läsion auf einen oder mehrere Wirbelkörper. In der Schnittbilddiagnostik können multiple, unspezifische Flüssigkeitsspiegel in der gekammerten Läsion nachgewiesen werden, die verschiedenen Dichtewerten bzw. Signalintensitäten der Blutabbauprodukte entsprechen („Fluid-fluid-­Phänomen“). Diese sind für die AKZ ­nahezu pathogDer Unfallchirurg 10 · 2014 

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Abb. 2 8 Aneurysmatische Knochenzyste (AKZ) der Wirbelsäule (Th12/L1) eines 64-jährigen Patienten. Zustand nach dorsaler Stabilisierung, Kyphoplastie und Dekompression (externes Krankenhaus) und bestätigter Histologie einer teils soliden AKZ mit absoluter Spinalkanalstenose/epiduraler Kompression sowie thorakolumbaler, kyphoskoliotischer Fehlstellung. Das präoperative Röntgen (a) zeigt die gelockerte dorsale Instrumentierung mit im CT (b) erkennbarer knöcherner Destruktion von Th12/L1 und pseudoexpansivem Wachstum L1. Im präoperativen MRT (c) ist neben soliden Anteilen die typische Zystenbildung mit „Fluid-fluid-Phänomen“ (Pfeile) erkennbar. Postoperative Kontrollen mit konventionellem Röntgen (d) und CT (e) nach intraläsionaler Resektion und dorsoventraler Korrekturspondylodese (Korpektomie Th12/L1, Wirbelkörperersatz mittels expandierbarem Cagesystem, dorsale Korrektur und Reinstrumentierung Th9/10/11 auf L2/3)

nomonisch, lassen aber eine Differenzierung in primär und sekundär nicht zu. Das „Fluid-fluid-Phänomen“ ist direkt nach Lagewechsel weniger ausgeprägt. Die Läsion zeigt eine kräftige (inhomogene) Kontrastmittelaufnahme. Bei einer Szintigraphie zeigt sich in der Perfusionsund Weichteilphase eine stark positive Anreicherung der gesamten Läsion. In der Knochenphase sind Anreicherungen insbesondere im Randbereich („doughnut“) vorzufinden [1].

Differenzialdiagnose

Zur Differenzialdiagnose gehören juvenile Knochenzysten (zentrale Lage, keine Expansion und/oder Kortikalisarrosi-

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on), Riesenzelltumoren (meist epiphysär gelegen, selten Septierungen und Spiegelbildung), teleangioektatische Osteosarkome, Chondromyxoidfibrome (solide Läsion, keine Spiegelbildung) und braune Tumoren [1].

Therapie

Analog zur juvenilen Knochenzyste ist keine kausale Therapie möglich. Obwohl es sich bei der AKZ um eine gutartige Veränderung handelt, neigen sie häufig zu Rezidiven (10–60% innerhalb von 24 bis 50 Monaten [21]) bzw. reagieren nicht oder nur partiell auf die Behandlung [21, 22]. Zusätzlich können auch pathologische Frakturen bei scheinbar ausgeheil-

ten Zysten auftreten [22]. In Studien mit höheren Ausheilungsraten wurde die entsprechende Therapie bis zu 5-mal durchgeführt. Tendenziell schlechtere Ergebnisse finden sich bei jüngeren Kindern (

[Benign cystic bone lesions].

Bone cysts are benign tumor-like lesions which often present as a fluid-containing cavity in the bone. They can occur in the skeletal bone as solitary...
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