Leitthema Z Rheumatol DOI 10.1007/s00393-015-0039-1 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 Redaktion H.-I. Huppertz, Bremen

A. Meyer-Bahlburg · D. Dijkstra Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Basophile Granulozyten und Autoimmunerkrankungen Können basophile Granulozyten die Funktion von B-Zellen beim systemischen Lupus erythematodes beeinflussen?

B-Zellen spielen eine wichtige Rolle in der Pathogenese des systemischen Lupus erythematodes (SLE), jedoch sind viele andere Zellarten involviert. Im Mausmodell wurde gezeigt, dass basophile Granulozyten für das Überleben von Plasmazellen sowie bei der Entstehung des SLE wichtig sind. Das deutet auf eine direkte Interaktion zwischen B-Zellen und Basophilen hin. In unserer Forschung untersuchen wir, ob menschliche Basophile die Entwicklung und das Überleben von Plasmazellen beeinflussen können und welche Rolle dies beim SLE spielt.

B-Zell-vermittelte Autoimmunität Eine wichtige Aufgabe des Immunsystems ist es, den Organismus vor der Ausbreitung von Pathogenen zu schützen. Dazu ist ein Erkennen von körperfremden Strukturen eine wesentliche Voraussetzung. Kommt es zu einer fehlerhaften Fremd-Selbst-Diskriminierung und werden Selbstproteine als fremd erkannt, führt dies zu einem Verlust der Selbsttoleranz. In der Folge kann es zum Auftreten von Autoimmunität kommen, was entweder durch einen Bruch in der Toleranz der B- oder T-Zellen oder beider Zelltypen verursacht wird. Verdeutlicht wird die zentrale Rolle der B-Zellen bei vielen Autoimmunerkrankungen durch den großen Erfolg der therapeutischen

B-Zell-Depletion, die seit einigen Jahren zunehmend eingesetzt wird [21]. Während der Entwicklung der BZellen (. Abb. 1a), die im Knochenmark beginnt, wird der B-Zell-Rezeptor durch Verknüpfung verschiedener Gensegmente nach dem Zufallsprinzip generiert. Dadurch kann es auch zum Auftreten von autoreaktiven B-Zellen kommen. Um das zu verhindern, gibt es sog. Toleranzkontrollpunkte, an denen autoreaktive B-Zellen unschädlich gemacht werden, was sowohl in der Maus als auch im menschlichen System gezeigt wurde [23, 24]. Trotz dieser Selektionsmechanismen lassen sich auch bei gesunden Individuen autoreaktive BZellen nachweisen [24]. Autoimmunität tritt dann auf, wenn diese autoreaktiven B-Zellen aktiviert werden, proliferieren, zu Plasmazellen (. Abb. 1b) ausreifen und schließlich Autoantikörper produzieren. (Autoreaktive) B-Zellen können z. B. nach Stimulation über Toll-like-Rezeptoren (TLR), im Rahmen viraler Infekte aktiviert werden [18]. Unter anderem aus diesem Grund werden Schübe von Autoimmunerkrankungen häufig durch Infekte getriggert. Auch verschiedene Zytokine können B-Zellen aktivieren. Dies ist v. a. für den B-Zell-Überlebensfaktor BAFF („B cell activating factor of the TNF family“) beschrieben worden. Aus dem Mausmodel weiß man, dass erhöhte BAFF-Spiegel autoreaktive Zellen vor negativer Selektion bewahren können [10]. Sowohl in der Maus als auch im

Menschen sind erhöhte BAFF-Spiegel mit Autoimmunität wie dem SLE und dem Sjögren-Syndrom assoziiert [22].

BAFF-Spiegel sind »mit Erhöhte Autoimmunität assoziiert Der systemische Lupus erythematodes (SLE) stellt den Prototyp einer B-Zellvermittelten Autoimmunerkrankung dar mit dem charakteristischen Nachweis von antinukleären (ANA, ENA) und Anti-DNA-Antikörpern. Durch Untersuchungen des B-Zell-RezeptorRepertoires bei SLE-Patienten konnte nachgewiesen werden, dass es zu einem Bruch der B-Zell-Toleranz und damit zum vermehrten Auftreten von autoreaktiven B-Zellen kommt [25]. Entsprechend werden SLE-Patienten mit BZell-gerichteten Therapien wie der BZell-Depletion [9] oder BAFF-Inhibition [13] erfolgreich behandelt. Die Pathogenese des SLE ist jedoch bis heute nur ansatzweise verstanden. Auch stellt der SLE sicherlich kein einheitliches Krankheitsbild dar und wird durch viele unterschiedliche Mechanismen verursacht. Klar ist allerdings, dass viele verschiedene Zellreihen und Zellarten dabei involviert sind. So stellt die Interaktion zwischen B- und T-Zellen eine wichtige Voraussetzung für die Produktion von hochaffinen, pathogenen Autoantikörpern dar [1, 11]. Dendritische Zellen spielen eine Rolle bei der Präsentation von Autoantigenen [8]. Aber auch Zeitschrift für Rheumatologie

Leitthema

Abb. 1 8 Mikroskopische Bilder von zytologisch gefärbten a Basophilen, b B-Zellen und c Plasmazellen. Zytospins von isolierten Zellen wurden mit der Pappenheim-Färbung (May-Grünwald Giemsa) gefärbt

nichtlymphatische Zellen wie Stromazellen [14] oder mesenchymale Zellen [5] scheinen bei der Entstehung des SLE von Bedeutung zu sein. In den letzten Jahren sind zudem basophile Granulozyten (abgekürzt „Basophile“) in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses bei der Pathogenese des SLE gerückt.

Basophile Granulozyten Basophile (. Abb. 1a) stellen eine sehr kleine Zellpopulation innerhalb des Immunsystems dar [17]. Sie entwickeln sich aus Vorläuferzellen im Knochenmark und sind – im Gegensatz zu BZellen – bereits ausgereift, bevor sie in der Zirkulation von Blut und Lymphe auftreten. Im Menschen repräsentieren sie im peripheren Blut weniger als 1 % der zirkulierenden Leukozyten. Deswegen werden Basophile und Schwankungen in deren Zellzahl beim Differenzialblutbild (maschinell oder mikroskopisch) kaum wahrgenommen. Um den Einfluss von Basophilen bei verschiedenen Erkrankungen genauer zu eruieren, war daher eine bessere und exaktere Methode zur Detektion und Quantifizierung der Basophilen notwendig. Dies ist mittels Durchflusszytometrie möglich, die zunehmend eingesetzt wird, um kleine Zellpopulationen zu detektieren und zu charakterisieren. Dafür werden Fluoreszenz-markierte, hochspezifische Antikörper eingesetzt, die Strukturen an der Zelloberfläche erkennen. Diese zellspezifischen Strukturen werden Cluster-of-Differentiation (CD)Marker genannt. Humane Basophile Zeitschrift für Rheumatologie

können anhand verschiedener Oberflächenmarker per Durchflusszytometrie als CD123+FcεRIα+CD3–CD14–CD16– CD19–CD20–CD56–CD304–MHC-II–Zellen identifiziert werden [7]. Variabel findet sich zudem eine Expression von CD63, CD69, CD203c und Oberflächengebundenes IgE auf Basophilen. Insbesondere CD63 und CD203c werden nach Stimulation hochreguliert und daher auch im Basophilenaktivierungstest als Degranulationsmarker bzw. Aktivierungsmarker verwendet. Basophile wurden lange Zeit als zirkulierende Vorläufer von Mastzellen, die im Gewebe detektiert werden, gesehen [16]. In den letzten Jahrzehnten wurde allerdings nachgewiesen, dass Basophile auch im Gewebe vorhanden sind und dass sie dort nicht zu Mastzellen ausreifen. Die Funktionen von Mastzellen und Basophilen überlappen sich teilweise. Andererseits besitzen beide Zelltypen auch verschiedene Funktionen sowie unterschiedliche morphologische und phänotypische Charakteristika. Zum Beispiel zeigen zytologische Färbungen, dass die Granula von Mastzellen und Basophilen unterschiedliche pH-Werte haben, weshalb andere Mediatoren darin gespeichert sind. So wurde herausgefunden, dass Mastzellen andere Zytokine produzieren können als Basophile. Die Unterschiede zwischen beiden Zelltypen sind jedoch bis heute nicht genau definiert. Die Funktion von Basophilen und Mastzellen bei allergischen Reaktionen wurde sehr intensiv untersucht [20]. Beide Zelltypen exprimieren auf der Zelloberfläche hochaffine IgE-Rezepto-

ren (FcεRIα), an die allergenspezifisches IgE binden kann. Während eines sekundären Allergenkontaktes werden mehrere IgE-Moleküle durch das Allergen kreuzvernetzt, wonach Basophile den Inhalt ihrer Granula ausschütten. Diese enthalten vasoaktive und immunregulierende Mediatoren, wie z. B. Histamine, Prostaglandine, Heparine sowie verschiedene Zytokine (IL-4, IL-6 und IL13), die dann die typischen allergischen Symptome auslösen.

Basophile haben auch bei »Autoimmunität eine Bedeutung Es gibt jedoch zunehmend Hinweise darauf, dass Basophile auch bei anderen zellulären Immunantworten und bei Autoimmunität eine Bedeutung haben. Dabei interagieren Basophile mit anderen Zellen, wie z. B. T- und B-Zellen. In unserer Arbeitsgruppe interessieren wir uns für die gegenseitige Interaktion von BZellen mit basophilen Granulozyten. Da bei Autoimmunerkrankungen die Funktion der B-Zellen gestört ist, möchten wir herausfinden, wie B-Zellen durch Basophile bei diesen Prozessen modifiziert werden können. Dafür untersuchen wir einerseits die Interaktion von Basophilen und B-Zellen von gesunden Probanden. Andererseits vergleichen wir den Phänotyp und die Funktion von Basophilen von SLE-Patienten mit denen gesunder Individuen. Zudem soll analysiert werden, ob die gegenseitige Beeinflussung der beiden Zelltypen bei SLE-Patienten gestört ist und so zur Pathogenese der Erkrankung beiträgt.

Einfluss von basophilen Granulozyten auf die Differenzierung von B-Zellen Viele Untersuchungen des Effektes von Basophilen auf die Plasmazellentwicklung stammen aus dem Maussystem, weil man in vivo nach Gabe von klar definierten Antigenen die Immunantwort sehr gut nachverfolgen kann. So wurde im Mausmodell gezeigt, dass Basophile mit B-Zellen interagieren können, wodurch sie die Entwicklung von Plasmazellen und die Immunglobulinproduktion ef-

Zusammenfassung · Abstract Z Rheumatol DOI 10.1007/s00393-015-0039-1 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 A. Meyer-Bahlburg · D. Dijkstra

Basophile Granulozyten und Autoimmunerkrankungen. Können basophile Granulozyten die Funktion von B-Zellen beim systemischen Lupus erythematodes beeinflussen? Zusammenfassung Hintergrund. B-Zellen spielen eine wichtige Rolle in der Pathogenese des systemischen Lupus erythematodes (SLE), jedoch sind viele andere Zellreihen bei dessen Entstehung involviert. So wurde in einem Lupus-Mausmodell gezeigt, dass Basophile unerlässlich für die Entwicklung von Lupus-Symptomen sind. Ziel. Untersucht wird, ob es Hinweise für eine relevante Interaktion zwischen humanen BZellen und Basophilen unter physiologischen und pathologischen Bedingungen gibt. Material und Methoden. Im vorliegenden Artikel führen wir eine selektive Literaturrecherche in Bezug auf die Interaktion von Basophilen und B-Zellen durch und gehen auf eigene vorläufige Daten ein. Für die dafür

durchgeführten Experimente werden B-Zellen in An- oder Abwesenheit von Basophilen in vitro stimuliert und das Überleben, die Proliferation, die Plasmazellentwicklung sowie die Immunglobulinproduktion bestimmt. Ergebnisse. In der Literatur gibt es Hinweise für eine Interaktion zwischen Basophilen und B-Zellen im Mausmodell. Unsere Untersuchungen bestätigen, dass auch humane Basophile das Überleben und die Zellteilung der B-Zellen fördern. Zudem werden die Differenzierung zu Plasmazellen und die Produktion von Antikörpern, speziell IgG, verstärkt. Erste experimentelle Daten, die mit Basophilen von SLE-Patienten erhoben wurden, zeigen, dass diese ex vivo

in einem höheren Aktivierungszustand sind im Vergleich zu Basophilen von gesunden Probanden. Schlussfolgerung. Zusammenfassend zeigen zuvor publizierte Studien sowie unsere Daten, dass es eine Interaktion zwischen Basophilen und B-Zellen gibt. Ein besseres Verständnis der Rolle von Basophilen beim SLE kann möglicherweise zur Entwicklung neuer Therapieansätze führen. Schlüsselwörter Plasmazellen · Basophile · B-Zellen · Antikörper · SLE

Basophilic granulocytes and autoimmune diseases. Can basophilic granulocytes modulate B-cell functions in systemic lupus erythematosus? Abstract Background. B-cells play an important role in the pathogenesis of systemic lupus erythematosus (SLE); however, many other cell types are also involved in disease development. In a murine lupus model it was demonstrated that basophils are indispensable for the development of lupus symptoms. Aim. This study investigated whether there is evidence for a relevant interaction between Bcells and basophils under physiological and pathological conditions. Material and methods. A selective review of the literature was performed and some preliminary data about the interaction of

fektiv unterstützen [6]. Der Transfer von antigenspezifischen Plasmazellen in naive Mäuse führte zudem zu einem deutlich besseren Überleben, wenn gleichzeitig Basophile aus antigensensibilisierten Mäusen, d. h. Basophile mit antigenspezifischem IgE auf der Oberfläche, injiziert wurden. Auf diese Weise tragen Basophile wesentlich zur Ausbildung des immunologischen Gedächtnisses bei [6, 19]. In vitro überleben Plasmazellen länger, wenn sie in Gegenwart von Basophilen kultiviert werden. Entsprechend führt in vivo eine Depletion von Baso-

basophils and B-cells are reported in this article. For the experiments, isolated B-cells were cultured in vitro in the presence or absence of basophils and B-cell survival, proliferation, plasma cell development and antibody production were determined. Results. Data from the literature show that there is evidence for an interaction between basophils and B-cells in a murine model. Our investigations confirmed that human basophils also support the survival and proliferation of B-cells. Furthermore, plasma cell differentiation and antibody production, most importantly IgG secretion, are enhanced. First experimental ex vivo analyses of basophils

philen zur verminderten antigenspezifischen Immunglobulinproduktion. Bei diesen Mäusen waren auch deutlich weniger Plasmazellen in der Milz nachweisbar [19]. Entsprechende Untersuchungen im humanen System gibt es bisher jedoch kaum. Für unsere Experimente isolieren wir mittels magnetischer Separation Basophile und B-Zellen vom selben Spender. Anschließend werden B-Zellen allein oder Kokulturen aus Basophilen und B-Zellen im Verhältnis 1:2 stimuliert und die Proliferation, das Überle-

from SLE patients demonstrate that these cells exhibit a higher activation level compared to basophils from healthy controls. Discussion. In summary, previously published data and our own data demonstrate that there is an interaction between human basophils and B-cells. A better understanding of the role of basophils in the pathogenesis of SLE could lead to the development of new therapeutic strategies. Keywords Plasma cells · Basophils · B cells · Antibodies · SLE

ben, die Immunglobulinproduktion und die Plasmazellentwicklung der B-Zellen bestimmt. Die Daten zeigen, dass Basophile die Zellteilung und das Überleben von BZellen verstärken (. Abb. 2). In vitro kann die Entwicklung von Plasmazellen aus B-Zellen über die Expression von bestimmten Oberflächenmarkern verfolgt werden. Nach Stimulation mit dem TLR-9-Agonisten CpG oder einem Cocktail von verschiedenen Zytokinen (sCD40 L, IL-4 und IL-21) differenzieren B-Zellen (. Abb. 1b) zunächst in Zeitschrift für Rheumatologie

Leitthema in vitro haben. Es stellt sich nun die Frage, ob dieser Interaktion auch eine Bedeutung bei der Entstehung des SLE zukommt.

Spielen Basophile eine Rolle beim systemischen Lupus erythematodes?

Abb. 2 8 Zusammenfassung der Ergebnisse. Basophile produzieren unter anderem IL-4, wodurch CD23 hochreguliert wird (1.), die Zellteilung verstärkt wird (2.) und die Differenzierung zu Plasmazellen erhöht wird (3.). Diese produzieren vermehrt IgG (3.). Basophile von SLE (systemischer Lupus erythematodes)-Patienten exprimieren vergleichbare Level von FcεRIα und CD63, aber mehr CD62L und CD203c (4.). Basophile von SLE-Patienten reagieren stärker auf Kreuzvernetzung des FcεRIα mit einem Anti-IgE-Antikörper(5.),was sowohl durchSerumfaktorenals auchdurchzellintrinsische Unterschiede im Vergleich zu Basophilen von gesunden Probanden bedingt ist

Plasmablasten und anschließend weiter zu reifen Plasmazellen (. Abb. 1c). Diese werden in der Durchflusszytometrie über folgende Oberflächenmarker identifiziert: Plasmablasten sind CD19 positiv und CD27+CD38+CD138-. Plasmazellen hingegen sind CD138 positiv bei ansonsten gleicher Expression von CD19, CD27 und CD38 wie Plasmablasten.

Basophile verstärken die »Zellteilung und das Überleben von B-Zellen Die detaillierte Analyse der stimulierten B-Zellen ergab, dass Basophile sowohl die Entwicklung als auch das Überleben von Plasmablasten und Plasmazellen verstärken (. Abb. 2). Zudem kam es zur vermehrten Produktion von IgM, IgA und IgG in Anwesenheit von Basophilen. Wurden nun Plasmazellen aus dieser Kultur isoliert, produzierten diese v. a. IgG. Wir vermuten, dass BasoZeitschrift für Rheumatologie

phile den Klassenwechsel von B-Zellen beeinflussen, indem sie Mediatoren freisetzen, wie z. B. IL-4. IL-4 ist dafür bekannt, den Klassenwechsel Richtung IgG und IgE zu fördern. B-Zellen reagieren sehr stark auf IL-4 und exprimieren in dessen Anwesenheit CD23 auf der Zelloberfläche. Die Expression von CD23 kann daher als Indikator für die Anwesenheit von IL-4 in vitro verwendet werden. In unseren Experimenten können wir demonstrieren, dass B-Zellen in Anwesenheit von Basophilen tatsächlich die Expression von CD23 hochregulieren. Dieser Effekt konnte mit neutralisierenden Anti-IL-4-Antikörpern fast komplett gehemmt werden. Wir vermuten daher, dass Basophile in der Zellkultur IL-4 produzieren und dadurch die Expression von CD23 hochreguliert wird. Der direkte Nachweis von IL-4 im Zellüberstand steht derzeit noch aus. Zusammengefasst zeigen damit unsere Daten, dass auch im humanen System Basophile eine immunmodulierende Wirkung auf die Funktion von B-Zellen

Genetisch manipulierte Mäuse, in denen das Lyn-Gen zerstört wurde, haben einen Defekt im Signalweg unterhalb des B-Zell-Rezeptors. Dadurch produzieren deren B-Zellen mit zunehmendem Alter Autoantikörper gegen dsDNA und nukleäre Antigene, was mit einer Nierenschädigung einhergeht. Mithilfe dieses Modells konnte nachgewiesen werden, dass sowohl Basophile als auch IgE unerlässlich für die Entwicklung von Lupus-Symptomen sind [4]. Die Depletion von Basophilen in diesen Mäusen führte zu einer Verminderung der Autoantikörper und Nierenschädigung. In derselben Studie wurde auch der Aktivierungsstatus von Basophilen bei Patienten mit SLE untersucht. Dabei korrelierte die Expression von CD62L auf Basophilen direkt mit der Erkrankungsaktivität, gemessen anhand des SLEDAI („SLE disease activity index“). Im Gegensatz dazu war die Expression des klassischen Basophilenaktivierungsmarkers CD203c am höchsten bei SLE-Patienten mit nichtaktiver Erkrankung (SLEDAI 0). SLEPatienten mit niedriger oder hoch aktiver Erkrankungsaktivität hingegen wiesen im Vergleich zu gesunden Kontrollen ebenfalls eine erhöhte CD203c-Expression auf. Diese war jedoch geringer als bei SLE-Patienten mit inaktiver Erkrankung. Die Autorenschlussfolgertendaraus, dass Basophile bei aktiver SLE-Erkrankung in besonderem Maße aktiviert werden und in die erkrankten Gewebe einwandern.

scheinen eine »aktiveBasophile Rolle beim SLE zu spielen In einer kürzlich veröffentlichten Studie fanden wir morphologisch einen aktivierten Phänotyp von Basophilen bei SLE-Patienten [7]. Gegenwärtig vergleichen wir daher im Detail, wie sich Basophile von SLE-Patienten von denen

gesunder Individuen phänotypisch und funktionell unterscheiden. Dazu analysieren wir zunächst die Expression verschiedener Marker auf der Zelloberfläche. In Übereinstimmung mit publizierten Daten [4] zeigen unsere Ergebnisse, dass Basophile von SLE-Patienten im Vergleich zu denen von gesunden Individuen eine höhere Expression der Aktivierungsmarker CD203c und CD62L aufweisen, wohingegen sich keine Unterschiede in Bezug auf den Degranulationsmarker CD63 zeigen. Eine Aktivierung von Basophilen wird u. a. durch Immunglobulinrezeptoren an der Zelloberfläche induziert. Humane Basophile exprimieren 2 verschiedene aktivierende IgE-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche, den niedrig-affinen IgE-Rezeptor CD23 [15] und den hoch-affinen IgE-Rezeptor FcεRIα [12]. Zudem exprimieren sie den aktivierenden IgG-Rezeptor FcγRIIA (CD32A) und den inhibierenden IgG-Rezeptor FcγRIIB (CD32B) [3]. Die Expressionsstärken des FcεRIα und der beiden IgGRezeptoren wurden daher nachfolgend bestimmt. Die Expression des FcεRIα und dessen Besetzung mit IgE auf Basophilen war zwischen SLE-Patienten und gesunden Individuen vergleichbar. Der FcγRIIA wurde nur bei einem Teil der Probanden auf Basophilen exprimiert, und es zeigten sich keine Unterschiede zwischen gesunden und erkrankten Probanden. Die Expression des inhibierenden FcγRIIB hingegen war auf Basophilen von SLE-Patienten erhöht. Dieser hemmende Rezeptor soll eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Toleranz gegenüber Antigenen spielen [2]. Daher wurde als Nächstes ein Basophilenaktivierungstest durchgeführt. Überraschenderweise waren trotz der erhöhten FcγRIIB-Expression Basophile von SLE-Patienten stärker aktivierbar – sowohl über den FcεRIα als auch mit dem bakteriellen Tripeptid „Formylmethionyl-leucyl-phenylalanine“ (fMLP). Um herauszufinden, ob diese funktionellen Unterschiede durch zellintrinsische Faktoren oder Serumfaktoren bedingt sind, wurden Basophile von gesunden Probanden und von SLE-Patienten entweder mit Serum von Gesunden oder

mit Serum von SLE-Patienten inkubiert und die Aktivierbarkeit analysiert. Basophile von SLE-Patienten, nicht jedoch von gesunden Probanden, waren stärker aktivierbar im Serum von SLE-Patienten. Wurden die Basophilen jedoch in Serum von gesunden Probanden inkubiert, normalisierte sich ihre Aktivierbarkeit. Dies zeigt einerseits, dass Basophile von SLEPatienten zellintrinsische Unterschiede zu Basophilen von gesunden Individuen aufweisen. Andererseits sind im Serum von SLE-Patienten vermutlich Faktoren vorhanden, die die Aktivierbarkeit von Basophilen bei SLE-Patienten erhöhen. Zusammen resultiert dies in einem erhöhten Aktivierungsstatus der Basophilen. Passend zu bisher publizierten Daten gehen wir daher von einer Interaktion zwischen Basophilen und BZellen aus, der auch bei der Entstehung des SLE-Bedeutung zukommt (. Abb. 2).

Relevanz für zukünftige Therapiemöglichkeiten Unsere Daten belegen, dass nicht nur murine sondern auch humane Basophile fähig sind, bestimmte B-Zell-Funktionen zu beeinflussen. Ob diese Interaktion auch bei der Pathogenese des SLE wichtig ist, wird zurzeit weiter untersucht. Erste Daten belegen, dass Basophile von SLE-Patienten sich in einem höheren Aktivierungszustand befinden und sowohl durch Serumfaktoren als auch intrinsische Veränderungen stärker aktivierbar sind. Sollten diese Veränderungen dazu führen, dass Basophile die Entwicklung von autoreaktiven B-Zellen verstärken, könnten daraus neue therapeutische Maßnahmen abgeleitet werden. Diese könnten z. B. direkt auf Basophile oder Zytokine zur Aktivierung von Basophilen gerichtet sein.

Fazit für die Praxis 4 B-Zellen spielen eine wichtige Rolle

in der Pathogenese des SLE, wobei die Interaktion mit Basophilen einen wichtigen Einfluss zu haben scheint. 4 Es gibt Hinweise für eine Interaktion zwischen Basophilen und B-Zellen im Mausmodell. Unsere Untersuchungen bestätigen, dass auch humane

Basophile die Funktion von B-Zellen verstärken. 4 Ein besseres Verständnis der Rolle von Basophilen beim SLE kann möglicherweise zur Entwicklung neuer Therapieansätze führen.

Korrespondenzadresse PD Dr. A. Meyer-Bahlburg Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie, Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1, OE6710, 30625 Hannover, Deutschland [email protected] Danksagung. Die Autoren danken den Patienten und gesunden Probanden für das Interesse und die Teilnahme an unserer Studie. Auch möchten wir uns bei Professor Dr. Torsten Witte von der Klinik für Rheumatologie und Immunologie der Medizinischen Hochschule Hannover für die Zusammenarbeit bedanken. Unsere Studien wurden unterstützt durch die Stiftung Wolfgang Schulze, eine interne Leistungsförderung der Medizinischen Hochschule Hannover (HiLF) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DI 1930/1-1, ME 2709/3-1).

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. A. Meyer-Bahlburg und D. Dijkstra geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Für unsere Forschung nutzten wir Buffy Coats von Thrombozytenspendern des Deutschen Roten Kreuzes (Springe). Außerdem wurden kleine Blutproben von gesunden Kollegen und von SLE-Patienten für den phänotypischen und funktionellen Vergleich der Basophilen eingesetzt. Für die Blutentnahme bei SLEPatienten liegt ein Ethikantrag bei der Medizinischen Hochschule Hannover vor. Für die Blutabnahme von gesunden Kollegen wurde ein Einverständnis entsprechend den Richtlinien der Ethikkommission eingeholt.

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[Basophilic granulocytes and autoimmune diseases. Can basophilic granulocytes modulate B-cell functions in systemic lupus erythematosus?].

B-cells play an important role in the pathogenesis of systemic lupus erythematosus (SLE); however, many other cell types are also involved in disease ...
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