Medizin aktuell Internist 2014 · 55:1231–1241 DOI 10.1007/s00108-014-3562-2 Online publiziert: 8. August 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

S. Rasch1 · V. Phillip1 · G. Weirich2 · I. Esposito2 · J. Gaa3 · R.M. Schmid1 · H. Algül1 1 Ambulanz für Pankreaserkrankungen, II. Medizinische Klinik und Poliklinik,

Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München 2 Institut für allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München 3 Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München

Autoimmune Pankreatitis – Behandlung und Problematik der Diagnosestellung Kernaussagen – Es gibt zwei Formen der AIP: die lymphoplasmozytische sklerosieren­ de (LPSP; Typ I) und die idiopathische duktzentrische Pankreatitis (IDCP; Typ II). – Probleme kann die differenzialdia­ gnostische Abgrenzung zum Pank­ reaskarzinom bereiten. – Die Diagnose erfolgt gemäß den ICDC („international consensus dia­ gnostic criteria“) oder den HISORtKriterien (HISORt: Akronym für „his­ tology, imaging, serology, other or­ gan involvement and response to therapy“). – Indikationen zur Behandlung sind Ikterus, systemische Manifestation und nicht beherrschbare Schmerzen. – Die Behandlung erfolgt mit Steroi­ den. – Bei steroidrefraktärer Erkrankung kann Rituximab zum Einsatz kom­ men.

Hintergrund Exo- und endokrine Pankreasinsuffizienz, rezidivierende Pankreatitiden unklarer Genese, lokale Komplikationen wie Gal-

lengangsstenosen bis hin zu malignitätsverdächtigen Raumforderungen mit anschließender Resektion – die autoimmune Pankreatitis (AIP) hat verschiedene Manifestationsformen, die die Betroffenen sehr beeinträchtigen können. Als relativ neue Krankheitsentität und aufgrund der schwierigen Abgrenzung zu schwerwiegenden Differenzialdiagnosen wird die Diagnose oft verspätet gestellt. Bei gezielter Behandlung zeigt sich jedoch in vielen Fällen ein gutes Ansprechen mit deutlicher Besserung der Symptomatik.

Historie und Definitionen Eine Assoziation einer rezidivierenden Pankreatitis mit einer Hypergammaglobulinämie wurde erstmals 1961 beschrieben, und bereits damals wurde eine autoimmune Ätiologie der Pankreatitis diskutiert [25]. Im Jahr 1991 beschrieben Kawaguchi et al. [15] 2 Fälle einer ungewöhnlichen inflammatorischen Erkrankung des Pankreas und der Gallenwege und bezeichneten sie histologisch als lymphoplasmozytische, sklerosierende Pankreatitis (LPSP). Als eigene Entität klassifizierten das Krankheitsbild der autoimmunen Pankreatitis (AIP) schließlich Yoshida et al. [32] im Jahr 1995. Mit dem Nachweis erhöhter Serumkonzentrationen des IgG4 (Immunglobulin 4) bei Patienten mit autoimmuner Pankreatitis im Jahr 2001 wurde 2003 das Krankheitsbild der

IgG4-assoziierten sklerosierenden Systemerkrankung definiert [23]. Eine einheitliche Definition, Nomenklatur und einheitliche Diagnosekriterien scheiterten jedoch lange an v. a. hinsichtlich der Histologie unterschiedlichen Varianten dieser Erkrankung in Asien, Europa und den USA sowie uneinheitlichen diagnostischen Algorithmen. Auf dem 14. Kongress der „International Association of Pancreatology“ (IAP) im Jahr 2011 einigte man sich auf eine gemeinsame Definition der AIP als Sonderform der Pankreatitis mit folgenden Charakteristika: F rezidivierender Ikterus durch Gallengangsstenosen, u. U. mit einer pankreatischen Raumforderung vergesellschaftet, F histologischer Nachweis von Fibrose und eines lymphoplasmozytären Infiltrats, F Ansprechen auf eine Steroidtherapie. Zudem unterscheidet man anhand von Histologie und Klinik 2 distinkte Unterformen der AIP: Typ I und Typ II (. Tab. 1, [26]). Im Folgenden werden ein Überblick über den aktuellen Stand der Diagnostik, Diagnosekriterien und Therapie des vergleichsweise neuen Krankheitsbildes der AIP erstellt und die 2011 von der IAP postulierten ICDC („international consensus diagnostic criteria for autoimmune panDer Internist 10 · 2014 

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Medizin aktuell Tab. 1  Merkmale der AIP Typ I und II   Epidemiologie in Europa Klinik Klinische Chemie

Histologie

Prognose

Autoimmunpankreatitis Typ I (LPSP) Etwa 60% der AIP-Fälle Mittleres Erkrankungsalter 48 Jahre Geschlechterverhältnis: 3:1 (Männer:Frauen) Fremdorganmanifestationen (z. B. autoimmune Cholangitis, Sialadenitis, usw.) als Teil der IgG4-assoziierten systemischen Erkrankung Erhöhter IgG4-Titer Erhöhte Serumwerte für ANA, Rheumafaktor, Gammaglobulin, Cholestasewerte LPSP Fehlen von Neutrophilen Periduktuläre lymphoplasmozytäre Entzündung Storiforme Fibrose Obliterative Phlebitis (>100 µm) IgG4-positive Immunohistochemie (>10/HPF) 30–50% Rezidive v. a. bei systemischer Manifestation

Autoimmunpankreatitis Typ II (IDCP) Etwa 40% der AIP-Fälle Mittleres Erkrankungsalter 38 Jahre Geschlechterverhältnis: 1:1 Mit CED (v. a. Colitis ulcerosa) vergesellschaftet Sonst keine systemische Manifestation Normwertiges IgG4 Kaum Veränderungen der Serumchemie IDCP GEL Periduktuläre lymphoplasmozytäre Entzündung Storiforme Fibrose   Generell Abwesenheit von IgG4+-Zellen (

[Autoimmune pancreatitis--treatment and pitfalls in diagnostics].

Autoimmune pancreatitis (AIP) was first classified as a defined disease entity in 1995. It accounts for approximately 2 % of cases of chronic pancreat...
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