Originalien Med Klin Intensivmed Notfmed DOI 10.1007/s00063-015-0018-y Eingegangen: 1. August 2014 Angenommen: 18. Dezember 2014

J. Honold · J. Hodrius · T. Schwietz · P. Bushoven · A.M. Zeiher · S. Fichtlscherer · F.H. Seeger Medizinische Klinik III/Kardiologie, Universitätsklinikum der Goethe-Universität, Frankfurt am Main, Deutschland

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 Redaktion

M. Buerke, Siegen

Aspirations- und Pneumonierisiko nach präklinischer invasiver Beatmung Endotracheale Intubation und supraglottische Atemwegssicherung mittels Larynxtubus S

Systeme zur supraglottischen Atemwegssicherung wie der Larynxtubus S haben das Atemwegsmanagement in der Notfallmedizin in den letzten Jahren wesentlich vereinfacht. Nicht nur hierzulande wird eine steigende Zahl Patienten unter Beatmung mit einem Larynxtubus in die Kliniken eingewiesen. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob der Larynxtubus einen mit dem bisherigen Goldstandard der endotrachealen Intubation vergleichbaren Aspirationsschutz bietet und ob Unterschiede in der Aspirationsrate, der Inzidenz früher Pneumonien sowie hinsichtlich des Überlebens im Krankenhaus bestehen. In der präklinischen Notfallmedizin nimmt die Atemwegssicherung bei entsprechender Indikation einen wichtigen Stellenwert hinsichtlich der Sicherung und Wiederherstellung der Vitalfunktionen ein. Lange Zeit galt die endotracheale Intubation (IT) als Goldstandard der invasiven Beatmung und als ideales Verfahren zum Schutz des Notfallpatienten vor Aspiration [1, 2]. Während die IT im klinischen Umfeld meist unter optimalen infrastrukturellen und personellen Bedingungen am nüchternen Patienten stattfindet, gilt der präklinische Patient grundsätzlich als nicht nüchtern, das Arbeitsumfeld ist häufig beengt und der Patient nicht optimal zu lagern [3]. Außerdem ist das Rettungsdienstpersonal verglichen

mit Anästhesie- oder Intensivpflegekräften in der Klinik möglicherweise nicht so erfahren und eingespielt bei der Vorbereitung und Assistenz einer Intubation und Beatmung [4]. Als schwerwiegendste Komplikation ist die unerkannte Fehlintubation mit potenziell deletären Folgen für den Patienten zu nennen [5]. Studien zeigen, dass die Versagerquote erst deutlich sinkt, wenn ein Notarzt ≥ 100 Intubationen pro Jahr durchführt. Wohlgemerkt ist auch dann ein Teil der Patienten weiterhin nicht zu intubieren [6]. Vor diesem Hintergrund fordern die Fachgesellschaften für die präklinisch tätigen Notärzte eine regelmäßige und häufige klinische Intubationspraxis von mindestens 100 Intubationen pro Jahr [7], die jedoch in vielen Rettungsdienstbezirken so nicht realisierbar ist [8]. DDProblematisch und schwierig ist die IT insbesondere während der präklinischen Reanimation. Hier droht die Thoraxkompression im Rahmen der Intubation lange unterbrochen zu werden, was die neurologische Prognose und Reetablierung eines adäquaten Kreislaufs negativ beeinflusst [9, 10]. Daher darf nach den derzeitigen Leitlinien die Herzdruckmassage für die Laryngoskopie nicht unterbrochen werden; für die Intubation darf sie maximal 10 s ausgesetzt werden [2]. Sicherlich kann dies nicht jeder Notarzt bei je-

dem Reanimationspatienten bewerkstelligen. Die präklinische Intubation bedeutet also stets eine besondere Herausforderung, auch für vermeintlich erfahrenere Kollegen. Vor diesem Hintergrund stellen supraglottische Atemwegssysteme wie der Larynxtubus S (LT) eine erhebliche Erleichterung bei der Beatmung von Not­ fallpatienten dar [11–13]. Im Gegensatz zur konventionellen IT kann der LT oh­ ne Laryngoskop aus verschiedenen Positionen, z. B. vor und hinter dem Patien­ ten, sicher und schnell eingeführt wer­ den [14]. Medizinisches Personal kann bereits in einer kurzen Schulungsphase eine adäquate Handhabung des LT erler­ nen, was bei der Intubation so nicht ge­ geben ist [15]. Dementsprechend werden supraglottische Atemwegssysteme in den Reanimationsleitlinien des International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) auch ausdrücklich als Alternative genannt, sofern eine zügige und sichere Intubation nicht erfolgen kann [2]. Der LT stellt also scheinbar eine sichere und schnelle Option zur invasiven Beatmung in der Notfallmedizin dar [16, 17]. In den letzten Jahren wurden daher zunehmend präklinisch mittels LT beatmete Patienten in die Kliniken eingeliefert. So stieg die Anzahl verwendeter LT für erwachsene Patienten in den Jahren 2010 bis 2013 beim Rettungsdienst der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main um 319 % an.

Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin

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Originalien Tab. 1  Patientenbasischarakteristika der Gruppen mit Larynxtubus und endotrachealer

Intubation Alle (n = 90)

Alter (Jahre) APACHE-II-Score Initiales paO2/FIO2-Verhältnis Beatmungsdauer auf Intensivstation (h) Präklinische Reanimation, n (%) Hypothermiebehandlung, n (%) pH-Wert bei Aufnahme Akutes Nierenversagen, n (%) Diagnosen, n (%) Myokardinfarkt Kammerflimmern Asystolie Pulslose elektrische Aktivität Kardiales Lungenödem Exazerbierte chronisch-obstruktive Lungenerkrankung Lungenembolie Intoxikation Anaphylaxie Intrazerebrale Blutung Bradykardie Hypoglykämie Rauchgasintoxikation Krampfanfall Larynxödem

Larynxtubus (n = 21) 62 ± 14 64 ± 8 30,61 ± 5,23 32,62 ± 3,80 309,77 ± 167,28 342,96 ± 178,19 177,4 ± 178,9 201,48 ± 171,02

Endotracheale Intubation (n = 69) 62 ± 16 30,00 ± 5,46 299,67 ± 163,84 170,07 ± 181,82

p-Wert

65 (72,2 %)

20 (95,2 %)

45 (65,2 %)

0,006*

32 (35,6 %)

11 (52,4 %)

21 (30,4 %)

0,075

7,19 ± 0,17 6 (6,7)

7,14 ± 0,17 3 (14,3)

7,21 ± 0,17 3 (4,3)

0,10 0,137

27 (30 %) 16 (17,8 %) 10 (11,1 %) 1 (1,1 %) 9 (10 %) 8 (8,9 %)

6 (28,6 %) 4 (19 %) 5 (23,8 %) 0 (0 %) 0 (0 %) 4 (19 %)

21 (30,4 %) 12 (17,4 %) 5 (7,2 %) 1 (1,4 %) 9 (13 %) 4 (5,8 %)

1,0 1,0 0,049* 1,0 0,11 0,082

5 (5,6 %) 2 (2,2 %) 2 (2,2 %) 3 (3,3 %) 3 (3,3 %) 1 (1,1 %) 1 (1,1 %) 1 (1,1 %) 1 (1,1 %)

1 (4,8 %) 0 (0 %) 1 (4,8 %) 0 (0 %) 0 (0 %) 0 (0 %) 0 (0 %) 0 (0 %) 0 (0 %)

4 (5,8 %) 2 (2,9 %) 1 (1,4 %) 3 (4,3 %) 3 (4,3 %) 1 (1,4 %) 1 (1,4 %) 1 (1,4 %) 1 (1,4 %)

1,0 1,0 0,414 1,0 1,0 1,0 1,0 1,0 1,0

0,557 0,044* 0,302 0,484

IT Endotracheale Intubation, LT Larynxtubus *p 

[Aspiration and pneumonia risk after preclinical invasive resuscitation: Endotracheal intubation and supraglottic airway management with the laryngeal tube S].

Laryngeal tubes (LT) have substantially facilitated emergency airway management. However, it remains unclear whether LTs provide comparable protection...
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