Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

CME

533

Rubrikherausgeber: R. Hoffmann, Frankfurt R. Windhager, Wien

M. Freistühler, M. Raschke, R. Stange

Zusammenfassung Die Inzidenz der hüftgelenknahen Femurfraktur wird in den nächsten Jahren mit dem demografischen Wandel in der Bevölkerung in Deutschland zunehmen. Neben der osteosynthetischen Versorgung, die bei den meisten Arten von Schenkelhals-, pertrochantärer sowie Femurkopffraktur das Verfahren der Wahl darstellt, ist die Endoprothetik ebenso ein etabliertes Standardverfahren. Indikationen sind insbesondere stark dislozierte Schenkelhalsfrakturen des geriatrischen multimorbiden Patienten. Es zeigen aber auch Endoprothesen bei jüngeren aktiven Patienten, bei denen eine Fraktur zunächst nicht erkannt oder therapiert wurde, gute Ergebnisse. Das Outcome der Hüftendoprothetik nach Fraktur wird durch das zumeist ältere und anfälligere Patientenkollektiv selbst und die erschwerten Planungs- und Operationsbedingungen, bedingt durch die Fraktur und deren Morphologie, beeinflusst. Entscheidend für ein optimales Ergebnis sind die gute interdisziplinäre präoperative Vorbereitung des Patienten und Planung der Operation. Diese Maßnahmen können das Auftreten vor allem von allgemeinen Komplikationen wie perioperative thromboembolische Ereignisse, erhöhter Blutverlust sowie allgemeine Infektionen wie Harnwegsinfektionen senken. Zur endoprothetischen Versorgung werden sowohl bipolare Duokopfprothesen als auch Totalendoprothesen verwendet. Die Auswahl des Implantats sowie die Wahl der richtigen Verankerungstechnik im Knochen mit oder ohne Knochenzement müssen hierbei individuell von Patient zu Patient entschieden werden. Es müssen Faktoren wie der Allgemeinzustand, das biologische Alter sowie das Aktivitätsniveau und die Komorbiditäten des Patienten in die Überlegungen aufgenommen werden.

Schlüsselwörter " hüftgelenknahe Femurfraktur l " Schenkelhalsfraktur des älteren l Patienten " Sturzprophylaxe für Ältere l " Osteosynthese l " Endoprothetik l " Totalendoprothese l " bipolare Duokopfprothese l Keywords " femoral fracture l " femoral neck fracture of the l elderly " fall prevention for senior citizens l " osteosynthesis l " arthroplasty of the hip l " total hip replacement l " hemiarthroplasty of the hip l

Abstract !

The incidence of proximal fractures of the femur will increase with the demographic change in the German population. Besides osteosynthesis, which in most cases of femoral neck, pertrochanteric and femoral head fracture is the method of choice, arthroplasty of the hip is likewise an established therapy. Indications are dislocated femoral neck fractures of the elderly. But there are good results for arthroplasty after proximal femoral fractures in younger active patients as well, when the fracture was not recognized or treated immediately. The outcome of hip arthroplasty after fracture is influenced by the elderly and unhealthy patient himself and the difficult planning and operation conditions due to fracture and its morphology. Most important for the best result are an interdisciplinary preparation of the patient and a wellplanned surgery. In these cases common complications like thromboembolism, massive intraoperative blood loss and general infections like urinary tract infection can be reduced. For hip arthroplasty after fracture total hip replacement as well as hemiarthroplasty with bipolar prosthesis should be considered. The implant chosen and the implantation technique with or without bone cement has to be determined. Facts like the general state of health, biological age, level of activity and comorbidities should be taken into account appropriately.

Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

VNR 2760512013141213893 Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0033-1346696 Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 1864-6697 Korrespondenzanschrift Dr. med. Richard Stange Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie Universitätsklinikum Münster Waldeyer Straße 1 48149 Münster Tel.: 02 51/8 35 92 04 Fax: 02 51/8 35 63 18 E-Mail: richard.stange@ ukmuenster.de www.traumacentrum.de

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

!

CME

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

Abkürzungen !

AO DHS HO NSAID TEP

Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen dynamische Hüftschraube heterotope Ossifikation Nonsteroidal anti-inflammatory Drugs (nicht steroidale Antiphlogistika) Totalendoprothese

Anatomie !

" Möglichst genaue Kenntnis und l Rekonstruktion der Winkel und Muskelansatzpunkte und ‑funktion sind bei der endoprothetischen Versorgung für die spätere Funktion von entscheidender Bedeutung.

Das Hüftgelenk wird aus dem Azetabulum und aus dem Femurkopf gebildet. Das Azetabulum entspricht der angenäherten Kugelform des Femurkopfs. Die Gelenkfläche besteht jedoch aus der halbmondförmigen Facies lunata und der Fossa acetabuli. Diese ist zwischen den beiden Schenkeln des Halbmonds lokalisiert und zum Foramen obturatorium hin ausgerichtet. Die Öffnung ist mit dem Lig. transversum actabuli verschlossen. Den Rand der Gelenkpfanne bildet das faserknorpelige Labrum acetabuli. Dieses liegt dem Hüftkopf eng an und umgreift ihn etwas über dem Äquator. Daher wird das Gelenk auch als Nussgelenk (Enarthros) bezeichnet. Das Azetabulum hat eine Neigung von ca. 40 – 45° zur Horizontalebene und 42 – 53° zur Sagittalebene. Das proximale Femur ist für die mechanische Kraftübertragung vom Becken auf das Bein zuständig. Es werden axiale Kräfte in Druck- und Scherkräfte umgewandelt. Das proximale Femur besteht aus " Femurkopf, " Schenkelhals sowie " Trochanter major und minor. Der physiologische Winkel zwischen Femurschaft und Schenkelhals beträgt zwischen 120° und 130° (Kollum-Diaphysen-Winkel). Zusätzlich besitzt der Schenkelhals eine physiologische Antetorsion von 10 – 15°. Der Trochanter major dient als Muskelansatz für die kleine außenrotatorische Muskulatur und den Tractus iliotibialis. Der Trochanter minor dient als Ansatzpunkt für den M. iliopsoas als wichtigsten Hüftbeuger. Durch diese pelvitrochantäre Muskulatur wird der Femurkopf in der Hüftpfanne gehalten. Für die endoprothetische Versorgung ist eine möglichst genaue Kenntnis und Rekonstruktion der Winkel und Muskelansatzpunkte und ‑funktion von entscheidender Bedeutung für die spätere Funktion, da nur durch sie die Position des Hüftkopfs in der Pfanne und damit auch die Funktion der Hüfte gewährleistet ist. Bei ungenauer Rekonstruktion kann es zu Muskelinsuffizienzen mit resultierenden Störungen des Gangbilds sowie Luxationen kommen. Die Gefäßversorgung des Femurkopfs erfolgt zum einen über die Aa. circumflexa femoris medialis et lateralis, die von proximal nach distal ziehen. Hier übernimmt die A. circumflexa femoris lateralis, die vermehrt von dorsal zum Femurkopf zieht, ca. 60 % der Blutversorgung. Die A. circumflexa femoris medialis zieht mehr von ventral zum Femurkopf und übernimmt ca. 30% der Versorgung. Eine weitere Blutversorgung bezieht das proximale Femur über die A. capitis femoris aus der A. obturatoria, welche ca. 10% ausmacht. Die Blutversorgung erklärt die erhöhte Gefahr von Femurkopfnekrosen vor allem bei intraartikulärem Druckanstieg und dorsalen Verletzungen der Kortikalis am medialen Schenkelhals, da dort häufig die den Femurkopf hauptversorgende A. circumflexa femoris lateralis betroffen ist.

Epidemiologie !

Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland für die nächsten Jahre zeigt neben einer Abnahme der Bevölkerungszahl einen Wandel in der Zusammensetzung der Bevölkerung. Es wird vor allem zu einer Zunahme der über 65-Jährigen von 16,7 Millionen im Jahr 2008 auf 22,3 Millionen " Abb. 1). im Jahr 2030 kommen. Dies macht einen Anstieg von ca. 33 % aus (l

Inzidenz der proximalen Femurfraktur " Proximale Schenkelhalsfrakturen l sind eine typische Fraktur des alten Menschen.

Die proximalen Schenkelhalsfrakturen sind eine typische Fraktur des alten Menschen. Die Inzidenz nahm in den letzten Jahren von 121/100 000 Einwohner im Jahr 1995 auf 156/100 000 im Jahr 2010 zu. Die ist ein Anstieg von ca. 28 %. Es konnte jedoch gleichzeitig eine Abnahme der Frakturen für unter 40-Jährige sowie für Frauen über 60 Jahre und eine leichte Zunahme der Inzidenz für Männer zwischen 40 und59 und über 60 Jahren festgestellt werden. Insgesamt liegt die Geschlechterverteilung im Jahr 2010 über alle Altersklassen bei ca. w : m 1,4 : 1. Die Inzidenz

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

534

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

Bevölkerung nach Altersgruppen in Tausend / in % der Gesamtbevölkerung Tausend Personen 800

400

Männer

CME

535

Abb. 1 Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland (nach Statistische Ämter des Bundes und der Länder [38]).

Jahr 0 0

12,9 / 17 %

42,1 / 54 %

22,3 / 29 %

2030

Frauen 400 2025 800 10

20

30

Altersgruppe von 0 bis 20 Jahren

40

50

Altersgruppe von 20 bis 65 Jahren

60 65 70

80

Altersgruppe von 65 Jahren und mehr

Tausend Personen 800

90 Jahre 2020

2015

400 Männer 0 0

15,6 / 19 %

49,7 / 61 %

2010 16,7 / 20 %

2008 Jahr

Frauen

400

800 0

10

20

30

40

50

60 65 70

80

90 Jahre

bei den über 60-jährigen Frauen ist bei 581,5/100 000 im Vergleich zu 384,2/100 000 bei der männlichen Bevölkerung über 60 Jahren angesiedelt [27]. Dieser geschlechtsspezifische Unterschied nimmt mit steigendem Alter noch deutlich zu [25]. Die proximale Femurfraktur wird beim alten Menschen überwiegend durch Niedrigenergietraumen, wie den einfachen Sturz aus dem Stand, verursacht. Ein steigendes Alter ist einer der größten Risikofaktoren für rezidivierende Sturzereignisse [10]. Gründe hierfür sind die zunehmende Morbidität im Alter in Kombination mit Abnahme der Koordinationsfähigkeit, der Muskulatur sowie der Sinneswahrnehmung. Auch das Auftreten von Nebendiagnosen wie Diabetes mellitus, Morbus Parkinson oder eine zunehmende Medikamenteneinnahme erklären in Zusammenhang mit Osteoporose die Zunahme von Stürzen und Frakturen im Alter [42]. Es ist somit bis zum Jahr 2050 mit einem Anstieg unter anderem auch der proximalen Femurfrakturen gerade beim alten Patienten zu rechnen [13, 36]. Beim jungen Menschen wird diese Art von Fraktur in der Regel im Rahmen von Hochrasanztraumen wie Stürzen aus größerer Höhe oder Verkehrsunfällen verursacht. Die Anzahl der Verletzten nach Verkehrsunfällen nahm jedoch laut Statistischem Bundesamt in Deutschland von 2011 auf 2012 um 2,1 % auf 384 100 Personen ab [8]. Die Schenkelhalsfrakturen machen wie auch die pertrochantären Frakturen ca. 40 – 45 % der proximalen Femurfrakturen aus. Frakturen des Femurkopfs sind hingegen deutlich seltener und oft mit einer Hüftluxation sowie Fraktur des Azetabulums vergesellschaftet [17, 24, 51].

Letalität und Mortalität Im Jahr 2008 lag die Letalität bei allen Patienten mit hüftgelenknahen Femurfrakturen bei ca. 5,2 %. Die Letalität bei Patienten mit endoprothetisch versorgten Frakturen war mit 5,9 % leicht höher als diejenige der Patienten mit osteosynthetisch versorgten Frakturen, die bei 4,7 % lag [47]. Die 5-Jahres-Überlebensrate von proximalen Femurfrakturen wurde in einer Studie von Johnston et al. aus dem Jahr 2010 in der Gruppe der 65- bis 74-jährigen Männer nur mit 39,8 % und

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

" Die proximale Femurfraktur wird l beim alten Menschen überwiegend durch Niedrigenergietrauma wie einfache Stürze aus dem Stand verursacht.

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

0

CME

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

mit 57,2 % für Frauen angegeben. Ab dem 75. Lebensjahr sinkt diese Rate bei beiden Geschlechtern noch weiter auf 20,7 % für Männer und 38,5 % für Frauen [29].

Diagnostisches Vorgehen !

Anamnese Wichtig für die Diagnostik einer proximalen Femurfraktur ist zuerst die Anamnese zum Unfallereignis selbst. Meist ist es bei der Schenkelhals- oder pertrochantären Fraktur des alten Menschen ein Sturz aus dem Stand oder aus einer Drehbewegung auf den Trochanter major im Sinne eines Niedrigenergietraumas. Frakturen des Femurkopfs sind oft mit Luxationen im Hüftgelenk vergesellschaftet, die nur mit enormer Krafteinwirkung geschehen können, wie sie beispielsweise bei Hochrasanztraumen bzw. Verkehrsunfällen auftritt.

Klinisches Bild " Bei Schenkelhals- und pertrol chantären Frakturen wird typischerweise das betroffene Bein meist in Verkürzung und Außenrotationsstellung gehalten. Bei impaktierten oder nicht dislozierten und Femurkopffrakturen sind hingegen Schmerzangabe und klinische Untersuchung wegweisend für die korrekte Diagnose.

Die Patienten klagen meist über Schmerzen in der betroffenen Hüfte oder Leiste und können diese nicht mehr belasten. Typischerweise wird bei Schenkelhals- sowie pertrochantären Frakturen das betroffene Bein meist in Verkürzung und Außenrotationsstellung gehalten, was durch den Muskelzug der pelvitrochantären Muskulatur erklärt werden kann. Dieses Zeichen kann jedoch bei impaktierten oder nicht dislozierten und Femurkopffrakturen fehlen. Hier sind die Schmerzangabe des Patienten und die klinische Untersuchung des Hüftgelenks entscheidend für die Einleitung der richtigen Diagnostik und Therapie. Hierzu gehören regelhaft die orientierende Stabilitätsprüfung des Beckens sowie die Prüfung des Bewegungsausmaßes der betroffenen Hüfte. Selbstverständlich muss mit Vorsicht unter Berücksichtigung der Schmerzangaben des Patienten vorgegangen werden.

Bildgebende Verfahren " Die konventionelle Röntgenbildl gebung ist nach wie vor die Primärdiagnostik der Wahl.

" Bei konventionell gesicherter l Femurkopffraktur und Hochrasanztrauma empfiehlt sich zum Ausschluss einer zusätzlichen Azetabulumfraktur und zur operativen Planung eine 3-dimensional rekonstruierte Computertomografie.

Röntgen. Bei Verdacht auf eine Fraktur ist die konventionelle Röntgenbildgebung immer noch die Primärdiagnostik der Wahl. Hier sollte immer eine Beckenübersichtsaufnahme im anteriorposterioren Strahlengang und eine ergänzende zweite axiale oder Lauenstein-Aufnahme der betroffenen Seite durchgeführt werden. Die axiale bzw. Lauenstein-Aufnahme ist oft jedoch schmerzbedingt nicht durchführbar. Bei den Beckenübersichtsaufnahmen liegt das Augenmerk insbesondere auf der Symmetrie des proximalen Femurs im Vergleich zur Gegenseite. Hier geben zusätzliche Höhenunterschiede zwischen den Trochanteren im Seitenvergleich und die horizontale Hilfslinie entlang beider Sitzbeinhöcker Hinweise auf eine Pathologie. Des Weiteren muss auf Deformierungen und Frakturlinien des Femurkopfs, Schenkelhalses und Schaftes sowie Vorschädigungen und Frakturen im Bereich des Azetabulums geachtet werden. Bei älteren Patienten sollte in Anbetracht einer eventuellen prothetischen Versorgung die Aufnahme immer als tief eingestellte Beckenübersichtsaufnahme mit Messkugel angefertigt werden. Hier wird der proximale Oberschenkel bis weit in den Schaftbereich mitabgebildet, um an der gesunden Gegenseite gegebenenfalls eine Prothese planen zu können. Insbesondere am Schenkelhals muss auf Folgendes geachtet werden: " Varus- oder Valgusfehlstellung? " Unterbrechung der Trabekelstruktur? " Verkürzung des Schenkelhalses? Diese Befunde haben für die Stabilität der Fraktur und somit auch die Planung der Therapie entscheidende Auswirkungen. Die ergänzende axiale oder Lauenstein-Aufnahme gibt Informationen über eine eventuelle Dislokation des Kopf- oder Kopfhalsfragments nach ventral oder dorsal und liefert somit ebenfalls zusätzliche Informationen für Planung und Prognose der Operation. Computertomografie. Bei mehrfragmentären pertrochantären oder Schenkelhalsfrakturen ist gegebenenfalls zur besseren präoperativen Planung ein 3-dimensional rekonstruiertes CT sinnvoll. Wenn nach einem Hochrasanztrauma aufgrund des Unfallmechanismus eine zusätzliche Azetabulumfraktur oder Femorkopffraktur vermutet wird, empfiehlt sich zum Nachweis bzw. Ausschluss ebenfalls eine 3-D‑CT-Rekonstruktion. Magnetresonanztomografie. Eine MRT-Aufnahme empfiehlt sich bei Verdacht auf eine pathologische Fraktur sowie bei okkulter Fraktur bei persistierenden Beschwerden ohne Nachweis einer Fraktur im konventionellen Röntgenbild oder Computertomografie.

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

536

CME

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

Typ I

Typ II 30°

Pauwels I

Typ III

50°

70°

Pauwels II

b Abb. 2 a und b

Klassifikationen der Schenkelhalsfraktur nach Garden (a) und Pauwels (b).

Klassifikationen !

Nach der Diagnostik einer hüftgelenknahen Fraktur sollte diese klassifiziert werden. Dies hilft die richtige Art der Versorgung der Fraktur einzuleiten und eine Indikationsstellung zur konservativen, osteosynthetischen oder endoprothetischen Versorgung in Zusammenschau mit der Anamnese des Patienten zu stellen.

Schenkelhalsfrakturen Es werden je nach Lage der Fraktur innerhalb oder außerhalb der Gelenkkapsel extra- oder intrakapsuläre Frakturen unterschieden. Dies hat klinische Relevanz, da es Schlussfolgerungen über die Wahrscheinlichkeit von Femurkopfnekrosen zulässt. Frakturen im extrakapsulären Bereich haben aufgrund der geringen Affektion der Blutversorgung eher eine gute Prognose. Bei intrakapsulären Frakturen ist die Gefahr der Femurkopfnekrose jedoch wegen der von distal kommenden arteriellen Versorgung erhöht. Hier werden durch die Fraktur oft die kopfversorgenden Gefäßnetze verletzt, oder es kommt zur Affektion und Kompression der Gefäße durch intrakapsulären Druckanstieg durch ein Hämatom. Garden-Klassifikation. Schenkelhalsfrakturen werden heutzutage vorwiegend nach Garden [15] eingeteilt. In der Garden-Klassifikation erfolgt die Einteilung der Fraktur anhand der Dislokation im anterior-posterioren Strahlengang im konventionellen Röntgenbild mit 4 Subtypen " Abb. 2 a). Es wird die Ausrichtung der zentralen Trabekel des Schenkelhalses (s. Übersicht u. l ermittelt. Auf diese Weise ist eine Prognoseeinschätzung über die Femurkopfnekrose möglich.

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

Typ IV

Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

Pauwels III

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

a

537

CME

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

Übersicht Einteilung der Schenkelhalsfrakturen nach Garden " Typ I: Eingestauchter valgisierender Abduktionsbruch mit nahezu horizontalem Frakturverlauf. Die mediale Kortikalis am Adam-Bogen ist nicht verschoben bzw. intakt. " Typ II: Keine Dislokation in der a.–p. Ebene. Die Trabekel zeigen einen natürlichen Verlauf. " Typ III: Varisch dislozierte Fraktur mit leichter Dislokation. Medial stehen die Trabekel jedoch noch in Kontakt. " Typ IV: Komplett dislozierte Fraktur ohne Trabekelkontakt. " Die Garden-Klassifikation bel urteilt die Abkippung des Femurkopfs in dorsoventraler Richtung. " In der Pauwels-Klassifikation wird l die Abkippung der Frakturlinie im Vergleich zur Horizontallinie beurteilt.

Der Garden-Index in der axialen Röntgenaufnahme beurteilt die Abkippung des Femurkopfs in dorsoventraler Richtung. Pauwels-Klassifikation. Eine weitere gebräuchliche Klassifikation ist die Einteilung nach Pauwels [48]. Hier erfolgt die Beurteilung nach Abkippung der Frakturlinie im Vergleich zur Hori" Abb. 2 b). zontallinie (s. Übersicht u. l

Übersicht Pauwels-Klassifikation Typ I: Bei Typ I beträgt der Winkel zwischen Frakturlinie und Horizontale weniger als 30°. Die entlang dieser Fraktur verlaufenden Kräfte wirken senkrecht und führen zu einer Kompression der Fraktur. Typ II: Pauwels-Typ-II-Frakturen haben einen Winkel zwischen Bruch und horizontaler Ebene zwischen 30 und 50°. Die Kraft bei Belastung führt zum Abscheren und zur Dislokation der Fraktur. Typ III: Abkippungen von mehr als 50° werden als Pauwels-III-Frakturen bezeichnet. Durch Muskelzug am Trochanter major kommt es zur Dislokation und nach proximal und Außenrotation des Schaftes.

Pertrochantäre Frakturen AO-Klassifikation. Im deutschsprachigen Raum ist die AO-Klassifikation nach Müller und Naza" Abb. 3). rin am gebräuchlichsten (s. Übersicht u. l Übersicht AO-Klassifikation nach Müller und Nazarin " Typ 31 A1: Bei Frakturen des Typs 31 A1 zeigt sich die mediale Kortikalis einfach frakturiert, die laterale ist hingegen intakt. Es besteht keine Trümmerzone im intertrochantären Bereich, und es zeigt sich keine Trochanter-minor-Beteiligung, weshalb dieser Frakturtyp als stabil gilt. " Typ 31 A2: Frakturen des Typs 31 A2 haben eine mehrfach frakturierte mediale Kortikalis, und es besteht eine zunehmende rotatorische sowie axiale Instabilität durch eine Trümmerzone zwischen Trochanter major und minor. Des Weiteren ist der Trochanter minor mitbeteiligt. " Typ 31 A3: Frakturen dieses Typs zeigen Brüche der medialen sowie der lateralen Kortikalis. Es sind sowohl lange schräge als auch inverse und horizontale Verläufe mit subtrochantärer Beteiligung möglich. Dieser Typ ist rotatorisch und axial instabil.

Femurkopffrakturen Pipkin-Klassifikation. Die Femurkopffrakturen sind meist mit einer Hüftgelenkluxation assoziiert und werden nach Pipkin klassifiziert. Diese orientiert sich am Frakturverlauf im Bezug zum Ansatzpunkt des Lig. capitis femoris in der Fovea und unterscheidet 4 Typen (s. Übersicht).

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

538

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

CME

539

Abb. 3 AO-Klassifikation nach Müller und Nazarin.

A1.2

A1.3

A 2.1

A 2.2

A 2.3

A 3.1

A 3.2

A 3.3

Übersicht Pipkin-Klassifikation " Typ I: Bei der Pipkin-Typ-I-Fraktur zeigt die Fraktur einen Verlauf distal des Ansatzes des Lig. capitis femoris nach Luxation des Kopfes nach dorsal. " Typ II: Typ-II-Frakturen entstehen ebenfalls durch eine dorsale Luxation. Das Kopffragment schließt jedoch im Frakturverlauf die Fovea mit ein. " Typ III: Die Typ-III-Fraktur nach Pipkin ist eine Kombination aus einer Typ-I- oder ‑II-Fraktur des Kopfes mit einer begleitenden Schenkelhalsfraktur. " Typ IV: Die Kopffraktur des Femurs mit begleitendem dorsalem Randbruch des Azetabulums stellt den Typ IV nach Pipkin dar.

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

A1.1

CME

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

Indikationen zum endoprothetischen Ersatz ! " Die Indikation zum endoprothel tischen Gelenkersatz richtet sich nach – Frakturmorphologie, ‑lokalisation und ‑alter, – Weichteilsituation, – weiteren patientenseitigen Faktoren (biologisches Alter, Komorbiditäten, kognitive Fähigkeiten), – Erfahrung des Operateurs, – präoperativer interdisziplinärer Vorbereitung.

" Kopferhaltende Operationstechl niken innerhalb von 6 Stunden nach Trauma durchführen.

" Indikationen zur prothetischen l Versorgung sind Frakturen mit hohem Pseudarthrose- und Kopfnekroserisiko.

Die Indikation zum endoprothtischen Ersatz muss immer im Einzelfall entschieden werden und richtet sich zum einen nach Frakturmorphologie, ‑lokalisation und ‑alter, zum anderen nach biologischem Alter sowie Komorbiditäten und kognitiven Fähigkeiten des Patienten. Weitere Faktoren für Erfolg oder Misserfolg sind die Erfahrung des Operateurs, präoperative interdisziplinäre Vorbereitung sowie die Weichteilsituation.

Schenkelhalsfrakturen Ein konservatives Vorgehen ist aufgrund der langen Immobilisierung und den damit verbundenen Komplikationen nur in seltenen Ausnahmefällen, z. B. bei spät erkannten älteren Garden-IFrakturen, indiziert. Therapieziele. Ziele der chirurgischen Versorgung der Fraktur sind: " die frühzeitige Mobilisation des Patienten, " die Wiedererlangung der selbstständigen Versorgung, " die Vermeidung von Komplikationen und Folgeerkrankungen. Dabei richtet sich die Therapie nach Frakturtyp, ‑alter und Komorbiditäten sowie Mobilität und Allgemeinzustand des Patienten [26]. Operationszeitpunkt. Der Operationszeitpunkt ist nach Wahl der Versorgung anzusetzen. Ist eine kopferhaltende Operationstechnik geplant, sollte die Fraktur aufgrund der Gefahr einer Femurkopfnekrose durch intrakapsulären Druckanstieg und damit verbundene Kompression sowie Elongation der Arterien innerhalb von 6 Stunden versorgt werden [24]. Indikation zur kopferhaltenden Osteosynthese besteht bei allen jüngeren (< 65 Jahre) aktiven Patienten und nicht dislozierten frischen Frakturen. Indikationen zur prothetischen Versorgung sind Frakturen mit hohem Pseudarthrose- und Kopfnekroserisiko. Dies sind Frakturen nach Garden Typ I und II mit starker Abkippung im axialen Strahlengang sowie Garden-III- und ‑IV-Frakturen (Pauwels II und III). Bei jungen Patienten ist auch in dieser Situation ein Versuch der osteosynthetischen Versorgung solcher dislozierten Frakturen indiziert, um das natürliche Hüftgelenk zu erhalten. Eine großzügige Indikationsstellung erfolgt hingegen bei Patienten höheren Alters (> 65 – 70 Jahre) mit mehreren Komorbiditäten, bei denen eine operative Versorgung nicht innerhalb von 6 Stunden erfolgen kann [3, 24]. Des Weiteren ist auch eine endoprothetische Versorgung nach neueren Erkenntnissen im Rahmen einer frühelektiven Versorgung innerhalb von 48 Stunden am günstigsten, da hier der Patient optimal eingestellt und vorbereitet werden kann und unter optimalen Bedingungen operiert werden sollte, was Komplikationsraten geringer hält [52]. Ausgenommen hiervon sind Verletzungen mit maximalem Weichteilschaden und Gefäßverletzungen, die sofort versorgt werden sollten. Implantatwahl. Ist die Indikation zur Prothesenversorgung gestellt, muss über die Art der Prothese entschieden werden; hier wird in der Literatur in den letzten Jahren der Einsatz von Totalendoprothesen (TEP) und von bipolaren Hemiendoprothesen kontrovers diskutiert [9, 26].

Pertrochantäre Femurfrakturen

" Pertrochantäre Frakturen sollten l osteosynthetisch versorgt werden.

Die endoprothetische Versorgung spielt in der Therapie der pertrochantären Frakturen eine untergeordnete Rolle. Sie beschränkt sich auf Frakturen mit massiver vorbestehender Koxarthrose, starker vorbestehender Bewegungseinschränkung, mangelnder Verankerungsfähigkeit anderer Implantate sowie bei pathologischen Frakturen. Es zeigt sich in der Literatur kein Vorteil für die primäre Implantation einer Endoprothese im Vergleich zur extra- oder intramedullären Osteosynthese [45]. Die primäre Prothesenimplantation ist nur bei stabilen Frakturformen mit intakter medialer Abstützung indiziert, da bei fehlender Abstützung die Implantation einer Revisionsendoprothese notwendig wird, die ein deutlich schlechteres Outcome der Bewegung und Mobilisation erwarten lässt als die Standardprothese bei erhaltener Trochanterregion. Die beim alten Patienten häufigen Komorbiditäten sind zusammen mit dem erhöhten Blutverlust bei diesem Eingriff sowie der Länge der Operationszeit präoperativ kritisch zu beurteilen [4, 45]. Die Rate an Komplikationen wie Luxation, Mortalität und chirurgische Komplikationen zeigte in der Vergangenheit bis zu 3-fach erhöhte Werte verglichen mit der osteosynthetischen Versorgung [54]. Geiger et al. konnten gute funktionelle Ergebnisse bei vergleichbarer Mortalität auch bei Implantation einer zementierten Hemiprothese bei pertrochantären Frakturen zeigen [18]. Diese Ergebnisse wurden von Grote et al. bei jedoch hoher Rate an allgemeinen Komplikationen nochmals bestätigt [21]. Die osteosynthetische Versorgung der pertrochantären Frakturen ist somit unserer Ansicht nach der initialen Prothesenimplantation vorzuziehen, und es soll-

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

540

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

CME

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

Abb. 4 Sekundäre Implantation einer Langschaftendoprothese bei Implantatversagen einer 4-Loch-DHS nach pertrochantärer Femurfraktur AO 31 A2 nach Müller und Nazarin.

te gegebenenfalls bei Notwendigkeit eines Hüftgelenkersatzes die Frakturheilung abgewartet " Abb. 4) werden, um bessere Voraussetzungen für die Implantation einer Prothese zu schaffen (l [4, 54].

Femurkopffrakturen Auch hier spielt die Endoprothetik bei jungen aktiven Patienten eine untergeordnete Rolle; bei diesen Patienten ist immer eine kopferhaltende Therapie anzustreben. Bei älteren Patienten und vorbestehender Koxarthrose ist an eine Endoprothese zu denken [55]. Im Verlauf nach Hüftluxation und Femurkopffraktur kann durch eine Femurkopfnekrose, die in ca. 12 – 20 % [19, 22] der Fälle beobachtet wird und innerhalb von 5 Jahren nach Unfallereignis auftritt, eine Prothesenversorgung notwendig werden. Daher ist bei Beschwerdepersistenz gegebenenfalls eine Magnetresonanztomografie durchzuführen, um die Femurkopfnekrose möglich frühzeitig zu erkennen. Aus diesem Grund sollten bei der initialen operativen Versorgung Titanimplantate gewählt werden [24, 51].

Präoperative Vorbereitung und Planung !

Ist die Entscheidung zum endoprothetischen Ersatz gefallen, muss mit der Vorbereitung des Patienten auf den operativen Eingriff begonnen werden. In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass die Notwendigkeit der Notfallintervention beim endoprothetischen Gelenkersatz nicht gegeben ist, da das Risiko für Revisionseingriffe und spezielle Komplikationen bei Operationen der medialen Schenkelhalsfraktur unmittelbar nach dem Unfallereignis höher ist als 2 – 5 Tage danach [44]. Auch der Zeitpunkt der Operation im Regel- oder Bereitschaftsdienst hat nach Untersuchungen einen Einfluss auf die Komplikationsrate. Hier zeigten Schliemann et al., dass bei der Implantation von Duokopfprothesen im Regelprogramm mit 7 % weniger Komplikationen auftreten als während der Bereitschaftsdienstzeiten mit 11% [52]. Es machte jedoch keinen signifikanten Unterschied, ob Chef- bzw. Oberärzte oder Assistenzärzte die Operation durchführten. Besonders ältere multimorbide Patienten profitieren von einer guten Vorbereitung auf den operativen Eingriff. Hier sind es vor allem kardiopulmonale Erkrankungen, Diabetes mellitus oder neurologische Vorerkrankungen, die ein perioperatives Risiko darstellen. Die Literatur zeigt, dass diese und andere relevante Komorbiditäten mit einem sehr hohen Prozentsatz der hüftgelenknahen Frakturen vergesellschaftet sind [43, 50]. Diese Begleiterkrankungen erhöhen vor allem die Rate allgemeiner Komplikationen wie Thrombose, Embolie oder Harnwegsinfekte [44]. Eine gute Hilfe zu Einschätzung des Operations- und Anästhesierisikos ist die ASA-Klassifikation " Tab. 1) [31]. (l Der Anteil der in der ASA-Klassifikation als III oder höher eingestuften Patienten nimmt bei nicht notfallmäßiger Operation im zeitlichen postoperativen Verlauf zu. Patienten ohne relevante Begleiterkrankungen hingegen werden frühzeitig operiert [44].

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

541

" Perioperative Risiken stellen vor l allem kardiopulmonale Erkrankungen, Diabetes mellitus oder neurologische Vorerkrankungen dar; eine gute Hilfe zu Einschätzung des Operations- und Anästhesierisikos ist die ASA-Klassifikation.

CME

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

Tab. 1 ASA-Klassifikation zur Einschätzung des Operations- und Anästhesierisikos von Patienten. ASA-Klassifikation

Kennzeichen

ASA I

normaler gesunder Patient

ASAII

Patient mit allgemeiner leichter Erkrankung

ASA III

Patient mit schwerer allgemeiner Erkrankung

ASA IV

Patient mit schwerer allgemeiner Erkrankung, die ständig lebensbedrohlich ist

ASA V

moribunder Patient, der ohne Operation voraussichtlich nicht überlebt

Neben der Akutschmerztherapie und Untersuchung der Laborparameter wie Blutbild, Serumchemie und Gerinnung sollte eine frühzeitige anästhesiologische Vorstellung erfolgen, um gegebenenfalls benötigte erweiterte Diagnostik oder Therapie (wie beispielsweise Gerinnungsoptimierung, Echokardiografie oder die medikamentöse Einstellung) interdisziplinär einzuleiten und eventuell weitere nötige konsiliarische Untersuchungen abzustimmen, um dann den Operationszeitpunkt festzulegen.

Prothesenart und ‑planung

" Je jünger und aktiver der Patient, l desto stärker profitiert er von der Implantation einer Totalendoprothese, während für den älteren, nicht mehr sehr aktiven Patienten eher die Implantation einer Duokopfprothese angezeigt ist.

Ist die Indikation zur prothetischen Versorgung gestellt, muss diese präoperativ geplant werden, um Modell, Größe und Art der Prothese festzulegen. Die Planung erfolgt anhand einer tief eingestellten Beckenübersichtsaufnahme mit Maßstab und gegebenenfalls einer axialen Aufnahme des Hüftgelenks nach Lauenstein. Es muss dabei auf die Wiederherstellung der Anatomie geachtet werden. Wichtig ist vor allem die exakte Wiederherstellung " des Rotationszentrums, " des Offsets (Abstand zwischen verlängerter Femurschaftachse und Rotationsmittelpunkt) und " der Beinlänge [30]. Eine vorläufige Festlegung der Komponenten wie Schaftgröße, Schaftwinkel, Kopfgröße, Pfannengröße kann hier unter Zuhilfenahme von Computerprogrammen und Schablonen erfolgen, die sich an den anatomischen Gegebenheiten der gesunden Gegenseite orientieren. Hier dient die Messkugel als Referenz zur Bestimmung von Längen und Größen im Röntgenbild, da bei ihr die Größe bekannt ist und als Maßstab dient. Prothesenart, Firma und Verankerungstechnik können nun gewählt werden und die so erstellte Schablone optimal im Röntgenbild platziert " Abb. 5). und angepasst werden → Orientierung der Prothesengröße zur operativen Planung (l Diese Planung kann bei einigen Patienten durch Vorerkrankungen oder Verletzungen der nicht betroffenen Seite erschwert werden, was gegebenenfalls die erweiterte Diagnostik mittels Computertomografie mit oder ohne 3-D‑Rekonstruktion nötig macht. Prinzipiell stehen sich bei der Wahl der Prothese 2 Prinzipien gegenüber: " Totalendoprothesen und " Hemiprothesen. Totalendoprothese. Bei der TEP wird das komplette Hüftgelenk, also sowohl die Femurkopfund Schenkelhalskomponente als auch die Hüftgelenkpfanne, künstlich ersetzt. Hemiprothese. Bei der Hemiprothese erfolgt lediglich der künstliche Ersatz der Femurkopf- und Schenkelhalskomponente ohne Ersatz der Gelenkpfanne. Heute werden diese Systeme als sogenannte Bipolar- oder Duokopfprothesen verwendet. Hier artikuliert die Prothese zum einen weiterhin mit dem Azetabulum, jedoch mit zusätzlicher Beweglichkeit zwischen einer Kopfschale und dem Prothesenkopf. Dadurch wird die Belastung zwischen Prothesenkopf und knöchernem Azetabulum auf das Gelenk zwischen Prothesenkopf und Kopfschale verlagert. Bewertung der beiden Prothesenarten. Die Vor- und Nachteile beider Prothesenarten sind und waren Thema zahlreicher Studien, und sie werden zum Teil kontrovers diskutiert. Zusammengefasst lässt sich bei Durchsicht der aktuelleren Literatur jedoch festhalten, dass die Vorteile der Versorgung mit einer Totalendoprothese in den besseren funktionellen Langzeitergebnissen, der geringeren Protrusionsgefahr ins Azetabulum sowie der geringeren Schmerzsymptomatik liegen [9, 26]. Die Bipolar- oder Duokopfprothese zeigt den Vorteil der einfacheren und somit schnelleren Operation mit weniger Blutverlust. Neben dem schonenderen Operationsverfahren imponiert zusätzlich eine geringere Luxationsgefahr bei guten frühfunktionellen Ergebnissen " Tab. 2) [9, 26, 39, 49, 56]. (l Aufgrund dieser Ergebnisse wird die Implantation einer Duokopfprothese für den älteren nicht mehr sehr aktiven Patienten bei Abwesenheit von Kontraindikationen wie progredienter Koxarthrose, rheumatischer Erkrankung sowie einer hochgradigen Osteoporose empfohlen. Je jünger und aktiver der Patient, desto stärker profitiert er von der Implantation einer Totalendoprothese.

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

542

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

CME

543

Tab. 2 Vergleich der Eigenschaften von Totalendoprothese und Duokopfprothese.

Vorteile

Nachteile

Totalendoprothese

Duokopfprothese

"

längere Standzeit

"

geringere Operationszeit

"

weniger Schmerzen

"

weniger Blutverlust

"

bessere langfristige funktionelle Ergebnisse

"

gute frühfunktionelle Ergebnisse

"

geringere Luxationsrate

höhere Luxationsrate

"

Gefahr der Protrusion durch das Azetabulum

"

Allgemein gültige Handlungsempfehlungen sind jedoch nur schwer auszusprechen, und die Wahl der Endoprothese richtet sich nach Aktivitätsgrad, Knochenqualität, Vorerkrankungen und biologischem Alter des Patienten. Knochenerhaltende Kurzschaftprothese und Revisions-/Langschaftendoprothese. Diese Formen der endoprothetischen Versorgung sind bei den Verankerungstechniken näher beschrieben (s. u.).

" Die Wahl der Endoprothese richl tet sich nach Aktivitätsgrad, Knochenqualität, Vorerkrankungen und biologischem Alter des Patienten.

Zugänge !

Als operative Zugänge in der Hüftendoprothetik haben sich im Wesentlichen 3 Zugangswege zum Hüftgelenk durchgesetzt. In den letzten Jahren werden aufgrund der Schonung für die Weichteile und der damit verbundenen schnelleren Mobilisation sowie aus ästhetischen Aspekten vermehrt minimalinvasive Zugänge gewählt. Diese sind jedoch bei der Implantation einer Prothese nach Fraktur wegen der eingeschränkten Übersicht und des unterschiedlichen Patientenkollektivs nur schwer anzuwenden.

Transglutäaler Zugang Der transglutäale Zugang nach Bauer wird in Modifikationen am häufigsten verwendet. In Seitenlagerung wird ein ca. 10 – 20 cm langer Hautschnitt längs entlang der Achse des Femurs auf Höhe des Trochanter major gesetzt. Daraufhin wird der Tractus iliotibialis längs in der Mitte gespalten und der M. vastus lateralis im Faserverlauf im vorderen Drittel an seinem proximalen Ursprung bis auf den Knochen gespalten und abgelöst. Der Schnitt wird über den Ansatz M. glutaeus medius ebenfalls im vorderen Drittel verlängert und die Muskeln zusammen nach medial gelöst und so die Gelenkkapsel freipräpariert. Als mögliche Komplikationen sind eine Verletzung des N. glutaeus superior sowie eine nicht ausreichende Refixierung der Muskulatur am Trochanter mit resultierender Schwäche der Innenrotation zu erwähnen [5, 32, 33].

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

" Die operativen Zugänge in der l Hüftendoprothetik sind heute im Wesentlichen – der transglutäale Zugang nach Bauer, – der anterolaterale Zugang nach Watson-Jones, – der posteriore Zugang.

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

Abb. 5 Planung einer zementierten Duokopfprothese mit einem Computerprogramm direkt im a.–p. Röntgenbild an der unverletzten Gegenseite bei Schenkelhalsfraktur links einer 84-jährigen multimorbiden Patientin. a Tief eingestellte Beckenübersicht mit Messkugel. b u. c Planung und Ergebnis. Die durch Anpassung an die Gegenseite ermittelte Größe der Prothese wird vom Programm automatisch berechnet.

CME

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

Anterolateraler Zugang Für den anterolateralen Zugang nach Watson-Jones wird der Patient auf dem Rücken gelagert. Der heute in minimalinvasiver Technik durchgeführte Hautschnitt ist ca. 10 cm lang und erfolgt entlang der Femurlängsachse zwischen dem M. tensor fasciae latae sowie dem Vorderrand des M. glutaeus medius. Hier ist eine gute Übersicht auf das Azetabulum möglich, jedoch ist der Zugang zum Femur leicht durch die Glutäalmuskulatur eingeschränkt. Es werden vorwiegend anatomisch geformte Schäfte mit dieser Technik eingebracht, deren Implantation durch diese Einschränkung nicht erschwert ist [6, 32].

Posteriorer Zugang Der im angloamerikanischen Raum beliebte posteriore Zugang wird ebenfalls in Seitenlage durchgeführt. Der Hautschnitt wird bogenförmig am lateralen Oberschenkel über den Trochanter major nach kraniodorsal gesetzt. Zwischen Vorderrand des M. glutaeus maximus und Hinterrand des M. glutaeus medius erfolgt die Präparation in die Tiefe bis auf die dorsale Gelenkkapsel. Hierfür ist die Durchtrennung der kleinen Außenrotatoren des Hüftgelenks notwendig [5, 32].

Verankerungstechnik !

Neben der Wahl der Endoprothese muss auch eine Entscheidung über die Verankerungstechnik getroffen werden. Hier ist grundsätzlich zwischen zementierter und nicht zementierter Verankerungstechnik zu wählen.

Zementfreie Verankerung " Eine zementfreie Verankerung ist l indiziert bei biologisch jungen Patienten mit guter Knochenqualität und bei Vorliegen von Schenkelhalsfrakturen.

Die zementfreie Verankerungstechnik wird vorwiegend bei biologisch jungen Patienten mit gu" Abb. 6). Die ter Knochenqualität und bei Vorliegen von Schenkelhalsfrakturen angewendet (l Implantate werden in Press-fit-Technik unter Ausbildung einer primären mechanischen Stabilität eingebracht. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Design des Implantats. " Schäfte: Hier haben sich konisch keilförmige und im Querschnitt rechteckige Schaftformen durchgesetzt, welche sich proximal in der intertrochantären Spongiosa verankern [32]. Zunehmend werden Werkstoffe wie Titan verwendet und diese Implantate noch mit Beschichtungen versehen (z. B. Hydroxyapatit-Beschichtungen), die ein Einwachsen der Implantate in den Knochen fördern. Zusätzlich wird die Oberfläche mittels Sandstrahlung aufgeraut, sodass sowohl der primäre feste Sitz als auch eine sekundäre biologische Verankerung durch Einwachsen von Knochen erleichtert wird [32, 46]. Der Markraum des Oberschenkelknochens wird vor der Schaftimplantation mit Formraspeln in einer Anteversion von ca. 10° aufgeweitet. Der korrekte Sitz der Raspeln und des Prothesenschafts wird immer wieder durch Durchleuchtungskontrollen sowohl a.–p. als auch im axialen Strahlengang überprüft. " Pfannen: Als Pfannenimplantate haben sich sphärische Schalen bewährt, die ebenfalls in der sogenannten Press-fit-Verankerungstechnik eingebracht werden und bei fehlender Stabilität mit Schrauben oder Finnen zusätzlich stabilisiert werden können. Zunächst müssen gegebenenfalls sich am Pfannenboden befindende Osteophyten abgetragen werden, sodann wird das Azetabulum mit der Fräse entknorpelt. Subchondrale Zysten können dabei mit Spongiosa aus dem Hüftkopf aufgefüllt werden. Danach wird die Pfanne in 45° Inklination und ca. 10 – 20° Anteversion eingeschlagen. Die Pfannengröße orientiert sich an der zuletzt benutzten Fräsengröße, wobei das Pfannenimplantat leicht größer ist und so die Press-fit-Verankerung gewährleistet wird. Schraubringe können weniger präzise implantiert werden, was bei ebenfalls guter Langzeitstabilität das Offset und das Rotationszentrum negativ beeinflussen kann [5, 32, 33].

Zementierte Verankerung " Bei der zementierten Technik l wirkt eine optimale Kraftübertragung von der Prothese auf den Knochen.

Bei der zementierten Technik wirkt eine optimale Kraftübertragung von der Prothese auf den Knochen. Beim totalen Ersatz des Hüftgelenks wird zusätzlich noch unterschieden zwischen " der Zementierung sowohl der Schaft- als auch der Pfannenkomponente und " der sogenannten Hybridtechnik, bei der nur eine Komponente zementiert wird; die gebräuchlichere Form der Hybridtechnik ist die mit zementiertem Schaft und Press-fit-Verankerung der Pfanne.

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

544

Abb. 6 76-jährige Patientin mit einer 6 Tage alten Schenkelhalsfraktur Garden III nach Verlegung aus dem Ausland (a u. b). c Planungsbild des Prothesenschafts an der unverletzten Seite inklusive Planung der Hüftpfanne an der verletzten Seite. d Bei gutem Allgemeinzustand, guter Knochenqualität und hohem Aktivitätsniveau konnte eine unzementierte Totalendoprothese implantiert werden.

Die Präparationstechnik unterscheidet sich bei zementierter und unzementierter Verankerung nicht wesentlich und folgt den bereits oben genannten Prinzipien des Ausfräsens des Azetabulums und des Markraums. Neben dem Prothesendesign, bei dem es zwischen geraden, gebogenen und anatomischen Prothesen zu wählen gilt, ist es vor allem der Zementmantel, der die Standfestigkeit und damit die Lebensdauer der Prothese bestimmt. Zementierungstechnik. Der Zementierungstechnik wird heute ein besonderer Wert zugeschrieben. Durch die Einführung sogenannter Markraumsperren konnten embolische Komplikationen (Blutdruckabfall und intraoperatives Herzversagen) minimiert werden, die durch den Druckanstieg im Markraum bei Einbringen des Zements und der Prothese auftreten können. Eine Technik zum Abbau des intramedullären Druckes ist die sogenannte Markraumentlüftung, die durch ein diaphysäres monokortikales Bohrloch verbunden mit einem Schlauchsystem für Druckentlastung sorgt [32, 35]. Eine zusätzlich bessere Verankerung durch eine Steigerung der Zementqualität kann durch Anrühren des Zements in einem Vakuumsystem erreicht werden. So wird die Anzahl der Lufteinschlüsse vermindert und damit die Bruchfestigkeit und Härte des Zements erhöht. Durch Kühlen des Zements wird dessen Viskosität vermindert, sodass eine bessere Verteilung entlang der Knochenstruktur und um die Prothese herum möglich ist, was ebenfalls zu einer besseren Verzahnung der Prothese führt [32]. Dieser Effekt kann noch weiter verbessert werden durch eine zuvor durchgeführte Jet-Lavage, welche die innere Oberfläche des Markraums von Blut, Fett und Knochenresten von der zuvor durchgeführten Markraumeröffnung und dem Weiten mit den Raspeln säubert [7]. Der Zement sollte leicht vorkomprimiert sein (Pressurizing) und zur besseren Verteilung möglichst von distal nach proximal eingebracht werden [6].

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

CME

545

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

CME

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

Bewertung der Verankerungstechniken Bei dem Vergleich beider Verankerungstechniken zeigen systematische Literaturauswertungen der letzten Jahre wie die von Parker et al. aus dem Jahr 2010 [46], dass zementierte Prothesen durch geringere postoperative Schmerzen und eine bessere Mobilität bei gleicher Komplikationsrate gekennzeichnet sind. Diese Ergebnisse scheinen durch weitere aktuelle Studien noch bekräftigt zu werden [1, 37].

Knochenerhaltende Kurzschaftprothese Es besteht auch die Möglichkeit der Implantation einer knochenerhaltenden Kurzschaftprothese. Diese kann bei Schenkelhalsfrakturen, bei denen die Trochanterregion definitionsgemäß intakt und somit eine proximale Abstützung gewährleistet ist, implantiert werden. Diese Art der Versorgung kommt am ehesten bei älteren aktiven Patienten mit hohem Aktivitätsniveau und guter Knochenqualität infrage. Bei jüngeren Patienten ist die gelenkerhaltende Osteosynthese jedoch das Therapieverfahren der Wahl. Langzeitergebnisse zu dieser Versorgungstechnik stehen jedoch noch aus [28, 57].

Revisions- und Langschaftendoprothese Revisions- oder Langschaftendoprothesen verankern sich diaphysär im Femur und kommen somit bei fehlender Möglichkeit der proximalen Verankerung in Betracht. Dies ist vor allem bei pertrochantären Frakturen, bei denen das Trochantermassiv als proximale Abstützung frakturiert und somit instabil ist, oder im Rahmen der Revisionsendoprothetik der Fall. Die Rate an Komplikationen ist bei dieser Prothesenart bedingt durch die Implantationstechnik und den größeren operativen Eingriff erhöht. Hier sind vor allem allgemeine Komplikationen zu erwähnen wie z. B. ein erhöhter Blutverlust, längere Operationszeiten sowie eine erhöhte Rate an bakteriellen Infekten (v. a. Harnwegsinfekte) [21], aber auch spezielle Komplikationen wie eine erhöhte Rate an periprothetischen Frakturen im Verlauf [40].

Nachbehandlung !

" Bei zementfreier Verankerung zul nächst Kombinationsbewegungen aus Außenrotation und Adduktion sowie Innenrotation und forcierter Beugung (> 70°) vermeiden, um keine Luxation zu riskieren.

Die Nachbehandlung der endoprothetischen Versorgung am Hüftgelenk nach Fraktur richtet sich nach Art der Prothese, der Verankerungstechnik und dem intraoperativen Befund. Der Operateur muss die Stabilität der eingebauten Endoprothese auf Belastung und Luxationstendenz beurteilen und ggf. von dem normalen Nachbehandlungsalgorithmus abweichen. Kompressionsverband. Im Allgemeinen wird direkt nach Operation zunächst ein hüftumgreifender Kompressionsverband angelegt, um der zu erwartenden postoperativen Schwellung und Blutung entgegenzuwirken. Analgesie, Mobilisation. Des Weiteren sollten sowohl physikalische als auch medikamentöse Maßnahmen zur Analgesie eingeleitet werden, sodass eine assistierte Mobilisation des Patienten ab dem 1. postoperativen Tag und isometrische Bewegungsübungen schmerzfrei durchgeführt werden können. Bei zementierten Prothesen ist eine Vollbelastung ab dem 1. postoperativen Tag möglich, und der Patient kann langsam mit aktiven Bewegungsübungen unter physiotherapeutischer Aufsicht beginnen. Die in zementfreier Verankerungstechnik eingebrachte Endoprothese sollte für 6 Wochen mit einer Teilbelastung von ca. 20 kg an Unterarmgehstützen nachbehandelt werden. Bei der Mobilisation müssen jedoch zunächst Kombinationsbewegungen aus Außenrotation und Adduktion sowie Innenrotation und forcierter Beugung (> 70°) vermieden werden, da diese potenziell zu einer Luxation der frisch operierten Hüfte führen können. Drainagen. Die eingelegten Drainagen können je nach Förderung ab dem 2. postoperativen Tag entfernt werden. Kontrolle des Implantatsitzes. Nach den ersten Tagen unter Mobilisation sollte eine Röntgenkontrolle in 2 Ebenen erfolgen, um den regelrechten Implantatsitz auch unter Belastung zu überprüfen. Bei Abwesenheit von Beschwerden und Komplikationen sollte eine klinische und radiologische Kontrolle der Endoprothese in 12 Monaten, 5 Jahren und 10 Jahren nach Implantation erfolgen [5]. Beinlängendifferenz. Eine durch die Operation nach Fraktur eventuell aufgetretene Beinlängendifferenz sollte möglichst bereits während des stationären Aufenthalts erkannt und gegebenenfalls ausgeglichen werden. Thromboseprophylaxe. Wichtig ist während des gesamten stationären Aufenthalts und der Phase der Teilbelastung eine den Komorbiditäten und dem Allgemeinzustand angepasste Thromboseprophylaxe. In unserer Klinik erfolgt am 5. postoperativen Tag standardmäßig der sonografische Ausschluss einer tiefen Beinvenenthrombose.

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

546

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

CME

547

Komplikationen !

Gjertsen et al. [20] konnten in einer Nachuntersuchung von 8577 Totalendoprothesen nach Schenkelhalsfraktur gute Ergebnisse zeigen. Die Komplikationsraten im Vergleich zur Prothesenimplantation bei Koxarthrose zeigten dabei annähernd gleiche Ergebnisse bei nur leicht erhöhter Luxationsrate sowie Gefahr von periprothetischen Frakturen. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit anderen Studien [14, 41, 53] und sind sicherlich der schwierigen Ausgangslage mit hohem Alter der Patienten, Frakturform und erschwerten Planungsbedingungen der endoprothetischen Versorgung gelenknaher Femurfrakturen geschuldet [34]. Es sind allgemeine Komplikationen von speziellen Komplikationen bei Prothesenimplantation zu unterscheiden.

Spezielle Komplikationen bei Prothesenimplantation " Zu den speziellen Komplikationen l der Prothesenimplantation gehören die Luxation, die Protheseninfektion sowie die heterotope Ossifikation.

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

Zu den speziellen Komplikationen gehören die Luxation, die Infektion sowie die heterotope Ossifikation (HO). Prothesenluxation. Die Luxation der Prothese tritt bei der Totalendoprothese im Vergleich zur Duokopfprothese vermehrt auf [9, 26, 39, 49, 56], und zwar zumeist in den ersten 8 – 12 Wochen nach Operation [2, 58]. Einen Einfluss auf die Luxationstendenz hat jedoch auch die Wahl des Zugangswegs. Hier scheint der dorsale Zugang mit einer leicht erhöhten Luxationsgefahr vergesellschaftet zu sein [32, 58]. Erstluxationen werden geschlossen in Narkose reponiert und der regelrechte Sitz aller Komponenten durch ein Röntgenbild in 2 Ebenen überprüft. Bei rezidivierenden Luxationen muss eine offene Revision zur Korrektur der zur Luxation führenden Pathologie erfolgen (Pfannenposition, Muskelinsuffizienz, Offset-Korrektur) [32]. Protheseninfekt. Protheseninfekte werden in Früh- und Spätinfektionen unterteilt. Frühinfektionen treten innerhalb der ersten 6 Wochen nach Implantation auf und werden durch Revision der Prothese inklusive intensiver Spülung sowie Wechsel der Polyethylenkomponenten des Implantats behandelt. Bei Verdacht auf eine Spätinfektion wird zunächst versucht, einen Keim mittels Hüftpunktion nachzuweisen. Dann erfolgt ein 2-zeitiger Wechsel mit zwischenzeitlicher Spacer-Implantation, um die Mobilisation zu ermöglichen und einer zwischenzeitlichen Muskelverkürzung entgegenzuwirken. Neben der darauf folgenden gezielten antibiotischen Therapie nach Resistogramm wird der Spacer mit Antibiotika angereichert, um zusätzlich lokal für hohe Wirkstoffkonzentrationen zu sorgen. Eine Reimplantation erfolgt frühestens nach 6 Wochen und keimfreier Hüftgelenkpunktion. Hetertope Ossifikation (HO). Heterotope Ossifikationen treten häufig auf, werden jedoch nur selten funktionell relevant [32]. Eine Prophylaxe ist mit NSAID perioperativ bei Prothesenimplantation möglich [11]. Einmal entstanden, können HO bei Beschwerden nur durch chirurgische Maßnahmen entfernt werden. Vor einer geplanten Entfernung sollte jedoch zur Rezidivprophylaxe eine zusätzliche präoperative Bestrahlung erfolgen.

Allgemeine Komplikationen Zu den allgemeinen Komplikationen gehören " erhöhter Blutverlust, " perioperativ auftretende thrombotische Ereignisse sowie " Infektionen (z. B. Harnwegsinfektionen). Müller-Mai et al. konnten zeigen, dass vor allem diese allgemeinen Komplikationen durch die Wahl des Operationszeitpunkts und eine gute operative Planung beeinflusst werden können [44]. Thromboembolische Ereignisse. Diese treten vermehrt nach Gelenkersatz an der unteren Extremität auf und bedürfen so einer stringenten Therapie [16], die individuell den Komorbiditäten und dem Allgemeinzustand des Patienten angepasst werden muss. Zum Einsatz kommen hier sowohl medikamentöse (vor allem niedermolekulare und unfraktionierte Heparine) und physikalische Maßnahmen. Hierzu zählen eine frühzeitige Mobilisation, das Tragen von Kompressionsstrümpfen und pneumatische Kompressionspumpen. Auch die Einnahme von Aspirin oder Marcumar senkt das Auftreten von Thrombosen. Diese Maßnahmen führten in einer Metaanalyse von Freedman et al. zu einer signifikanten Risikoreduktion im Vergleich zur Gruppe ohne Prophylaxe, bei der die Thromboserate 48,5 % betrug [12]. Die in den letzten Jahren neu zugelassenen direkten Faktor-Xa-Inhibitoren Rivaroxaban und Apixaban sowie der direkte Thrombininhibitor Dabigatran stellen gegebenenfalls eine Alternative in der medikamentösen Thromboseprophylaxe dar. Eine Metaanalyse von Gómez-Outes et al. [23] konnte jedoch zeigen, dass eine nur gering höhere oder vergleichbare antithrombotische Wirkung der Substanzen im Vergleich zu Enoxaprin mit einem erhöhten Blutungsrisiko einher-

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

" Zu den allgemeinen Komplikatiol nen der Prothesenimplantation gehören erhöhter Blutverlust, perioperativ auftretende thrombotische Ereignisse sowie Infektionen (z. B. Harnwegsinfektionen).

CME

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

geht. Aufgrund dieser Ergebnisse sowie der fehlenden laborchemischen Kontrollmöglichkeit bei dieser Art der Gerinnungshemmung kommen diese Präparate jedoch bei uns zurzeit nicht zum Einsatz. Interessenkonflikt: Die Autoren bestätigen, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

Literatur ! 1 Azegami S, Gurusamy KS, Parker MJ. Cemented versus uncemented hemiarthroplasty for hip fractures: a systematic review of randomised controlled trials. Hip Int 2001; 21: 509 – 517 2 Berry DJ, von Knoch M, Schleck CD et al. The cumulative long-term risk of dislocation after primary Charnley total hip arthroplasty. J Bone Joint Surg Am 2004; 86-A: 9 – 14 3 Bonnaire F, Lein T, Engler KJ. [Treatment of femoral neck fractures]. Chirurg 2008; 79: 595 – 611; quiz 612 4 Bonnaire F, Lein T, Bula P. [Trochanteric femoral fractures: anatomy, biomechanics and choice of implants]. Unfallchirurg 2011; 114: 491 – 500 5 Breusch S, Krämer K-L. Koxarthrose. In: Ewerbeck V, Wentzensen A, Holz F, Krämer K-L, Pfeil J, Sabo D, Hrsg. Standardverfahren in der operativen Orthopädie und Unfallchirurgie. Stuttgart New York: Georg Thieme Verlag; 2007: 579 – 605 6 Breusch SJ, Aldinger PR, Thomsen M et al. Verankerungsprinzipien in der Hüftendoprothetik. I: Prosthesenstiel. Unfallchirurg 2000; 103: 918 – 931 7 Breusch SJ, Schneider U, Kreutzer J et al. Einfluss der Zementiertechnik auf das Zementierergebnis am koxalen Femurende. Orthopäde 2000; 29: 260 – 270 8 Statistisches Bundesamt. Im Jahr 2012 weniger Todesopfer im Straßenverkehr denn je. Pressemitteilung 68/2013 9 Burgers PT, Van Geene AR, Van den Bekerom MP et al. Total hip arthroplasty versus hemiarthroplasty for displaced femoral neck fractures in the healthy elderly: a meta-analysis and systematic review of randomized trials. Int Orthop 2012; 36: 1549 – 1560 10 Campbell AJ, Reinken J, Allan BC et al. Falls in old age: a study of frequency and related clinical factors. Age Ageing 1981; 10: 264 – 270 11 Fransen M, Neal B. Withdrawn: Non-steroidal anti-inflammatory drugs for preventing heterotopic bone formation after hip arthroplasty. Cochrane Database Syst Rev 2013; 3: CD001160 12 Freedman KB, Brookenthal KR, Fitzgerald RH et al. A meta-analysis of thromboembolic prophylaxis following elective total hip arthroplasty. J Bone Joint Surg Am 2000; 82-A: 929 – 938 13 Frerichmann U, Raschke MJ, Stöckle U et al. Proximale Femurfrakturen im Alter (Auswertung von Krankenkassendaten von über 23 Mio. Versicherten – Teil 2. Unfallchirurg 2007; 110: 610 – 616 14 Furnes O, Lie SA, Espehaug B et al. Hip disease and the prognosis of total hip replacements. A review of 53,698 primary total hip replacements reported to the Norwegian Arthroplasty Register 1987 – 99. J Bone Joint Surg Br 2001; 83: 579 – 586 15 Garden RS. Stability and union in subcapital fractures of the femur. J Bone Joint Surg Br 1964; 46: 630 – 647 16 Geerts WH, Bergqvist D, Pineo GF et al.; American College of Chest Physicians. Prevention of venous thromboembolism: American College of Chest Physicians Evidence-Based Clinical Practice Guidelines (8th Edition). Chest 2008; 133: 381S-453S 17 Geiger F, Schreiner K, Schneider S et al. Die proximale Femurfraktur des älteren Patienten. Einfluss von operativer Versorgung und Patientencharakteristika auf die postoperative Letalität. Orthopäde 2006; 35: 651 – 657 18 Geiger F, Zimmermann-Stenzel M, Heisel C et al. Trochanteric fractures in the elderly: the influence of primary hip arthroplasty on 1-year mortality. Arch Orthop Trauma Surg 2007; 127: 959 – 966 19 Giannoudis PV, Kontakis G, Christoforakis Z et al. Management, complications and clinical results of femoral head fractures. Injury 2009; 40: 1245 – 1251 20 Gjertsen JE, Lie SA, Fevang JM et al. Total hip replacement after femoral neck fractures in elderly patients: results of 8,577 fractures reported to the Norwegian Arthroplasty Register. Acta Orthop 2007; 78: 491 – 497 21 Grote S, Stegmeyer F, Bogner V et al. Behandlungsergebnisse nach zementierter Hemiprothese zur Versorgung instabiler pertrochantärer Femurfrakturen alter Patienten. Unfallchirurg 2012, 115: 234 – 242 22 Guo JJ, Tang N, Yang HL et al. Impact of surgical approach on postoperative heterotopic ossification and avascular necrosis in femoral head fractures: a systematic review. Int Orthop 2010; 34: 319 – 322 23 Gómez-Outes A, Terleira-Fernández AI, Suárez-Gea ML et al. Dabigatran, rivaroxaban, or apixaban versus enoxaparin for thromboprophylaxis after total hip or knee replacement: systematic review, meta-analysis, and indirect treatment comparisons. BMJ 2012; 344: e3675 24 Hass N, Bail H. Hüftgelenk-Verletzungen. In: Wirth C, Mutschler W, Hrsg. Praxis der Orthopädie und Unfallchirurgie. Stuttgart New York: Georg Thieme Verlag; 2009: 567 – 600 25 Hoffmann F, Glaeske G. Inzidenz proximaler Femurfrakturen in Deutschland. Gesundheitswesen 2006; 68: 161–164 26 Hopley C, Stengel D, Ekkernkamp A et al. Primary total hip arthroplasty versus hemiarthroplasty for displaced intracapsular hip fractures in older patients: systematic review. BMJ 2010; 340: c2332 27 Icks A, Arend W, Becker C et al. Incidence of hip fractures in Germany, 1995 – 2010. Arch Osteoporos 2013; 8: 140 28 Jerosch J. Ist kürzer wirklich besser? Philosophie der Kurzschaftendoporthesen. Orthopäde 2011; 40: 1075 – 1083 29 Johnston AT, Barnsdale L, Smith R et al. Change in long-term mortality associated with fractures of the hip: evidence from the scottish hip fracture audit. J Bone Joint Surg Br 2010; 92: 989 – 993

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

548

30 Jung S, Neuerburg C, Kappe T et al. Validität der computergestützten Hüfttotalendoprothesenplanung: Einfluss von Schaftdesign und Untersuchererfahrung. Z Orthop Unfallchir 2012; 150: 404 – 408 31 Keats AS. The ASA classification of physical status–a recapitulation. Anesthesiology 1978; 49: 233 – 236 32 Kirschner P. Hüftendoprothetik. Chirurg 2005; 76: 95 – 103; quiz 104 33 Kohn D, Pohlemann T. Operationsatlas für die orthopädisch-unfallchirurgische Weiterbildung. Berlin, Heidelberg, New York: Springer; 2010 34 Kösters C, Schliemann B, Raschke M. Endoprothtik nach Trauma, Programm oder Notfalloperation. Trauma Berufskr 2010; 12 (1): 47 – 52 35 Leidinger W, Hoffmann G, Meierhofer JN et al. Verminderung von schweren kardialen Komplikationen während der Implantation von zementierten Hüfttotalendoprothesen bei Oberschenkelhalsfrakturen. Unfallchirurg 2002; 105: 675 – 679 36 Lohmann R, Frerichmann U, Stöckle U et al. Proximale Femurfrakturen im Alter. Unfallchirurg 2007; 110: 603 – 609 37 Luo X, He S, Li Z et al. Systematic review of cemented versus uncemented hemiarthroplasty for displaced femoral neck fractures in older patients. Arch Orthop Trauma Surg 2012; 132: 455 – 463 38 Statistische Ämter des Bundes und der Länder. Demographischer Wandel in Deutschland, Ausgabe 2011. 1: 24 39 Macaulay W, Nellans KW, Iorio R et al. Total hip arthroplasty is less painful at 12 months compared with hemiarthroplasty in treatment of displaced femoral neck fracture. HSS J 2008; 4: 48 – 54 40 Marsland D, Mears SC. A review of periprosthetic femoral fractures associated with total hip arthroplasty. Geriatr Orthop Surg Rehabil 2012; 3: 107 – 120 41 Mishra V, Thomas G, Sibly TF. Results of displaced subcapital fractures treated by primary total hip replacement. Injury 2004; 35: 157 – 160 42 Morris RO, Sonibare A, Green DJ et al. Closed pelvic fractures: characteristics and outcomes in older patients admitted to medical and geriatric wards. Postgrad Med J 2000; 76: 646 – 650 43 Müller CA, Bayer J, Szarzynski E et al. Duokopfprothesenimplantation bei medialer Schenkelhalsfraktur im hohen Lebensalter – Klinische und radiologische Ergebnisse. Zentralbl Chir 2008; 133: 590 – 596 44 Müller-Mai C, Schulze-Raestrup U, Ekkernkamp A et al. Frühkomplikationen nach Versorgung der Schenkelhalsfraktur – Einfluss des Operationszeitpunktes – Analyse von 30.254 Fällen der externen Qualitätssicherung in Westfalen-Lippe. Chirurg 2006; 77: 61 – 69 45 Parker MJ, Handoll HH. Replacement arthroplasty versus internal fixation for extracapsular hip fractures in adults. Cochrane Database Syst Rev 2006; 2: CD000086 46 Parker MJ, Gurusamy KS, Azegami S. Arthroplasties (with and without bone cement) for proximal femoral fractures in adults. Cochrane Database Syst Rev 2010; 6: CD001706 47 Institut für Qualität und Patientensicherheit – BQS. Bundesauswertung 2008. Im Internet: http://www.bqsoutcome.de/2008/ergebnisse/leistungsbereiche/hueftgelenk/buaw/index_html/0016_QI.html; Stand: 25.09.2013 48 Pauwels F. Der Schenkelhalsbruch ein mechanisches Problem. Stuttgart: Ferdinand Enke; 1935 49 Poignard A, Bouhou M, Pidet O et al. High dislocation cumulative risk in THA versus hemiarthroplasty for fractures. Clin Orthop Relat Res 2011; 469: 3148 – 3153 50 Raunest J, Engelmann R, Jonas M et al. Morbidität und Letalität bei hüftgelenknahen Femurfrakturen im höheren Lebensalter Ergebnisse einer prospektiven Studie. Unfallchirurg 2001; 104: 325 – 332 51 Rüter A, Trentz O, Wagner M. Proximales Femur. In: Rüter A, Trentz O, Wagner M, Hrsg. Unfallchirurgie. München: Elsevier; 2004: 963 – 996 52 Schliemann B, Seybold D, Gessmann J et al. Die Duokopfprothese zur Therapie der Schenkelhalsfraktur – Einfluss von OP-Dauer, Tageszeit und Erfahrung des Operateurs auf die Komplikationsrate. Z Orthop Unfallchir 2009; 147: 689 – 693 53 Skeide BI, Lie SA, Havelin LI et al. [Total hip arthroplasty after femoral neck fractures. Results from the national registry on joint prostheses]. Tidsskr Nor Laegeforen 1996; 116: 1449 – 1451 54 Smektala R, Klaus H, Paech S. [Trochanteric femur fractures – analysis of external quality assurance within a comprehensive survey]. Z Ärztl Fortbild Qualitatssich 2005; 99: 537 – 545 55 Tonetti J, Ruatti S, Lafontan V et al. Is femoral head fracture-dislocation management improvable: A retrospective study in 110 cases. Orthop Traumatol Surg Res 2010; 96: 623 – 631 56 van den Bekerom MP, Hilverdink EF, Sierevelt IN et al. A comparison of hemiarthroplasty with total hip replacement for displaced intracapsular fracture of the femoral neck: a randomised controlled multicentre trial in patients aged 70 years and over. J Bone Joint Surg Br 2010; 92: 1422 – 1428 57 von Schulze Pellengahr C, Fottner A, Utzschneider S et al. Zementfreie Endoprothetik des Hüftgelenks. Orthopäde 2009; 38: 461 – 470; quiz 471–462 58 Werner BC, Brown TE. Instability after total hip arthroplasty. World J Orthop 2012; 3: 122 – 130

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

CME

549

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

550

CME

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

CME-Fragen Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

A B C

D E

2 n A B C D E

3 n A B

C D

E

4 n A B

C D E

Eine der Aussagen bezüglich der funktionellen Anatomie des Hüftgelenks ist unzutreffend. Welche? Den Rand der Gelenkpfanne bildet das faserknorpelige Labrum acetabuli. Das Azetabulum hat eine Neigung von ca. 40 – 45 ° zur Horizontalebene und 42 – 53°zur Sagittalebene. Die A. circumflexa femoris lateralis übernimmt ca. 60 % der Blutversorgung des Femurkopfs. Die Gelenkfläche des Azetabulums ist vollständig mit Knorpel bedeckt. Der Schenkelhals besitzt eine physiologische Antetorsion von 10 – 15°. Welche Aussage zur Epidemiologie ist nicht korrekt? Die proximale Femurfraktur ist eine typische Fraktur des alten Menschen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Frakturen des Femurkopfs sind oft mit einer Hüftluxation sowie einer Fraktur des Azetabulums vergesellschaftet. Der typische Verletzungsmechanismus hüftgelenknaher Frakturen bei älteren Patienten ist der Sturz aus dem Stand. Die 5-Jahres-Überlebensrate von proximalen Femurfrakturen ist für Frauen niedriger als für Männer.

Eine der folgenden Aussagen zur Einteilung hüftgelenknaher Femurfrakturen ist korrekt. Welche? Die Einteilung der Femurkopffrakturen erfolgt nach Garden. Die Kopffraktur des Femurs mit begleitendem dorsalem Randbruch des Azetabulums stellt den Typ III nach Pipkin dar. Die Einteilung der Schenkelhalsfrakturen erfolgt nach Pipkin. Der Garden-Index in der axialen Röntgenaufnahme beurteilt die Abkippung des Femurkopfs in dorsoventraler Richtung. Die Einteilung der pertrochantären Frakturen erfolgt nach Moore. Wodurch ist die Diagnostik hüftgelenknaher Femurfrakturen gekennzeichnet? Eine Computertomografie muss immer zur präoperativen Planung erfolgen. Bei älteren Patienten sollte in Anbetracht einer eventuellen prothetischen Versorgung eine tief eingestellte Beckenübersichtsaufnahme angefertigt werden. Die Lauenstein-Aufnahme liefert keine zusätzlichen Informationen. Eine Magnetresonanztomografie darf nur bei Kindern durchgeführt werden. Typischerweise wird bei Schenkelhals- und pertrochantären Frakturen das kontralaterale Bein meist in Verkürzung und Innenrotationsstellung gehalten.

5 n A B C D

E

6 n A B C D

E

7 n A

B

C D E

Eine Aussage hinsichtlich der Indikation zur operativen Versorgung ist falsch. Welche? Ziel der chirurgischen Versorgung der Fraktur ist die frühzeitige Mobilisation des Patienten. Indikation zur prothetischen Versorgung sind Frakturen mit hohem Pseudarthrose- und Kopfnekroserisiko. Die endoprothetische Versorgung spielt in der Therapie der pertrochantären Frakturen eine untergeordnete Rolle. Der Operationszeitpunkt für kopferhaltende Operationstechniken nach Schenkelhalsfraktur sollte innerhalb von 6 Stunden nach Trauma liegen. Femurkopffrakturen sollten in der Regel endoprothetisch versorgt werden. Eine der folgenden Aussagen zur Auswahl der Prothese bzw. zur Operationsplanung des Hüftgelenkersatzes ist nicht zutreffend. Welche? Jede Prothesenimplantation erfordert eine präoperative Planung. Ein endoprothetischer Gelenkersatz bei Schenkelhalssowie pertrochantären Frakturen ist ein Notfalleingriff. Die anatomische Wiederherstellung des Hüftgelenks ist von großer Bedeutung. Die Bipolar- oder Duokopfprothese zeigt den Vorteil der einfacheren Operation mit weniger Blutverlust im Vergleich zur Totalendoprothese. Totalendoprothesen zeigen in Studien längere Standzeiten als Bipolar- oder Duokopfprothese. Wodurch ist die Operationstechnik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen gekennzeichnet? Der minimalinvasive anteriore Zugang ist der Standardzugang für den endoprothetischen Gelenkersatz bei hüftgelenknaher Fraktur. Die zementierte Verankerungstechnik wird vorwiegend bei biologisch jungen Patienten beim Vorliegen von Schenkelhalsfrakturen angewendet. Die Pfanne wird in 45° Inklination und ca. 10 – 20° Retroversion implantiert. Die Kurzschaftprothese verankert sich diaphysär im Femur. Die Komplikationsrate bei Revisions- oder Langschaftprothesen ist im Vergleich zur Standardprothese erhöht.

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

1 n

Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie

A B

C D E

9 n A B C

D

E

Wodurch sind operative Zugänge in der Hüftendoprothetik gekennzeichnet? Auch heutzutage sind minimalinvasive Zugänge bei Hüftendoprothetik generell kontraindiziert. Beim anterolateralen Zugang erfolgt der Hautschnitt bogenförmig am lateralen Oberschenkel über den Trochanter major nach kraniodorsal. Für den transglutäalen Zugang nach Bauer wird der Patient in Rückenlagerung positioniert. Mögliche Komplikation des transglutäalen Zugangs ist u. a. eine Verletzung des N. glutaeus superior. Sowohl der posteriore als auch der transglutäale Zugang ist durch eine gute Übersicht auf das Azetabulum gekennzeichnet, der Zugang zum Femur ist jedoch leicht durch die Glutäalmuskulatur eingeschränkt.

10 n A

B C D E

Eine der folgenden Aussagen zu Komplikationen trifft nicht zu. Welche? Die Komplikationsraten von Totalendoprothesen nach Schenkelhalsfraktur im Vergleich mit der Prothesenimplantation bei Koxarthrose zeigten ähnliche Ergebnisse. Die Wahl des Zugangswegs hat keinen Einfluss auf die Luxationstendenz. Die Luxation der Prothese tritt bei der Totalendoprothese im Vergleich zur Duokopfprothese vermehrt auf. Protheseninfekte werden in Früh- und Spätinfektionen unterteilt. Eine heterotope Ossifikation tritt häufig postoperativ auf, wird jedoch nur selten funktionell relevant.

Welche der folgenden Aussagen zur Nachbehandlung ist nicht korrekt? Bei einer zementfreien Prothese muss eine Entlastung für 8 Wochen erfolgen. Bei zementierten Prothesen ist eine Vollbelastung ab dem 1. postoperativen Tag möglich. Nach den ersten Tagen unter Mobilisation sollte eine Röntgenkontrolle in 2 Ebenen durchgeführt werden, um den regelrechten Implantatsitz auch unter Belastung zu überprüfen. Postoperativ sollte auf eine eventuell aufgetretene Beinlängendifferenz hin untersucht und diese gegebenenfalls ausgeglichen werden. Bis zur Vollmobilisation muss eine antithrombotische Therapie gegeben werden.

Impressum ! Refresher Orthopädie und Unfallchirurgie Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen Autoren: M. Freistühler, M. Raschke, R. Stange Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster

Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und ggf. nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in dieser Broschüre abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf dem Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. © 2013 Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart

Konzeption und Umsetzung: Joachim Ortleb Georg Thieme Verlag KG Klinik und Praxis Zertifizierte Fortbildung

Unsere Homepage: http://www.thieme.de Printed in Germany Satz: Ziegler + Müller, text form files, Kirchentellinsfurt

Endoprothetik bei hüftgelenknahen Femurfrakturen

Z Orthop Unfall 2013; 151: 533 – 551

551

Heruntergeladen von: Karolinska Institutet. Urheberrechtlich geschützt.

8 n

CME

[Arthroplasty for fractures of the femur near the hip joint].

The incidence of proximal fractures of the femur will increase with the demographic change in the German population. Besides osteosynthesis, which in ...
679KB Sizes 0 Downloads 0 Views