Leitthema Ophthalmologe 2014 · 111:310–314 DOI 10.1007/s00347-013-2853-7 Online publiziert: 6. April 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

T. Kohnen · F.H. Hengerer

Die optische Rehabilitation eines Patienten mit Aphakie stellt auch heute noch für die Ophthalmochirurgie eine Herausforderung dar [1]. Ausgehend von der Ursache der Aphakie ergeben sich sowohl konservative (Brille, Kontaktlinse) als auch operative Lösungen, die im Einzelfall abgewogen werden sollten.

de diese IOLs ursprünglich auch als „lobster-claw lens“ bezeichnet. Im Jahr 1975 begann Charles D. Kelman mit dem Design von IOLs für die Kataraktchirurgie (. Abb. 2a). Die KelmanIOL wird bis heute noch als eine kammerwinkelgestützte PMMA-Linse (Kelman Z Typ Multiflex) von vielen Kataraktchirurgen weltweit implantiert [3]. In den 1980er-Jahren wurden dann von Kaplan und Dubroff verschiedene IOL-Modelle zur Positionierung im Kammerwinkel als Patent angemeldet (. Abb. 3a,b). Diese Linsen aus PMMA und eingesetzten Schlaufenhaptiken aus flexiblem Kunststoff haben sich allerdings bislang nicht zur Serienfertigung und klinischen Routineanwendung durchgesetzt. Grundlage unserer Betrachtungen stellt die Aphakie ohne das Vorhandensein eines Kapselsackes mit intakter Irisstruktur dar. Es werden im Folgenden nur IOL-Systeme mit möglicher Positionierung vor der Iris und vor der Pupille besprochen. Auf kombinierte Implantate mit Haptiken oder Fixationsorten hinter der Iris, in der Pupille (z. B. Binkhorst) oder im Sulcus ciliaris wird nicht näher eingegangen. Im Prinzip gibt es 2 IOL-Modelle zur Aphakiekorrektur in der Vorderkammer: 1. kammerwinkelgestützte IOL, 2. irisfixierte IOL.

Hatte man bis vor einigen Jahren neben der Möglichkeit der Kontaktlinsenanpassung oder Brillenkorrektur („Starbrille“) als operative Alternative nur die Implantation einer Kelman-Vierpunktlinse in den Kammerwinkel, so ist mittlerweile das Angebot der intraokularen Aphakiekorrektur erweitert worden. Seit einigen Jahren wird zunehmend die Irisklauenintraokularlinse Artisan (Verisyse) auf der Irisvorder- und auch Hinterfläche enklaviert [2] und bietet damit die Möglichkeit zur dauerhaften Korrektur der Aphakie. Allerdings ergeben sich gerade durch die bestehende Aphakie und die Lokalisation dieser Linsensysteme am Vorderabschnitt unterschiedliche Komplikationsprofile, die in dieser Zusammenfassung näher besprochen werden.

Geschichtliche Entwicklung Die Iriscliplinsen zählen zur ersten Generation künstlicher Linsen. Experimentell wurden diese bereits in den 1950erJahren eingesetzt und seit den späten 1970er-Jahren auch erfolgreich im Rahmen der Kataraktchirurgie. G.F. Jan Worst aus den Niederlanden war der Entwickler dieser Intraokularlinsen (IOL). Sie bestehen aus Polymethylmethacrylat (PMMA) und sind aus einem Guss gefertigt (. Abb. 1a,b). Die Haptiken ähneln den Klauen von Meerestieren, daher wur-

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Klinik für Augenheilkunde, Klinikum der Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Vorderkammerintraokularlinsen bei Aphakie

Vorderkammerlinsendesigns zur Aphakiekorrektur Kelman Multiflex kammerwinkelgestützte Linse aus Polymethylmethacrylat Der Erfinder der Phakoemulsifikation Charles Kelman aus New York hatte neben vielen anderen wichtigen Entwicklungen auch eine eigene IOL entworfen. Dieses Implantat besteht aus PMMA und ist mit doppelten Schlaufenhaptiken versehen. Der Gesamtdurchmesser beträgt entweder 12,5 oder 13,0 mm (. Tab. 1), und die Optik ist 6 mm groß (. Abb. 2). Die Implantation kann über einen 6-mmZugang erfolgen, und die IOL positioniert sich im Kammerwinkel gestützt auf 4 rundliche Ausformungen der Haptikschlaufen (. Abb. 2b). In einer vergleichenden Studie an 60 aphaken Patienten wurde zwischen einer Kelman Z Multiflex kammerwinkelgestützten IOL und einer sklerafixierten Hinterkammerlinse (HKL; Hanita) verglichen. Die Autoren fanden einen Vorteil für die Vorderkammer-IOL bezüglich Visus und Komplikationen, wobei bei der Hanita-IOL besonders Uveitis und Ziliarinjektion als Komplikation hervorstachen [3].

Tab. 1  Spezifitäten der Vorderkammerintraokularlinsen zur Aphakiekorrektur Intraokularlinse MTA3UO (Alcon)

Durchmesser (mm) 12,5

Material PMMA

MTA4UO (Alcon)

13,0

PMMA

VRSA (Ophthec/AMO)

8,5

PMMA

PMMA Polymethylmethacrylat.

Dioptrien-Bereich (dpt) 5,0–30,0 in 1,0-dpt-Schritten 12,0–28,0 in 0,5-dpt-Schritten 5,0–30,0 in 1,0-dpt-Schritten 12,0–28,0 in 0,5-dpt-Schritten 2,0–30,0 in 1,0-dpt-Schritten 14,5–24,5 in 0,5-dpt-Schritten

Leitthema

Komplikationen Kelman Multiflex kammerwinkelgestützte Linse aus Polymethylmethacrylat Nachteilig zu bemerken ist bei diesem IOL-Modell der große Operationszugang mit der Notwendigkeit einer Naht und somit die astigmatische Wirkung. Leider war das Spektrum der Nebenwirkungen und Langzeitfolgen für viele Patienten und Augenärzte sehr unerfreulich trotz der schnellen operativen Technik. D Neben Blutungen aus dem Kammer-

winkel kam es im Laufe der Zeit zu Verwachsungen mit den Kammerwinkelstrukturen und der Iris.

Abb. 1 8 Irisklauenlinse (Artisan, Verisyse). a Schematische Darstellung. (Mit freundl. Genehmigung von Opthec GmbH). b Irisklauenlinse (IOL) bei Aphakiekorrektur in horizontaler Positionierung und basaler Iridektomie. (Mit freundl. Genehmigung von W. Sekundo). c Instrumentarium zum Einsetzen der irisfixierten IOL: oben Enklavationsnadel, Mitte Haltepinzetten, unten Implantationspinzetten. (Mit freundl. Genehmigung von Opthec GmbH)

Artisan (Verisyse) irisfixierte Intraokularlinse aus Polymethylmethacrylat Eine weitere Intraokularlinse aus PMMA stellt die Irisklauenlinse dar. Der ursprüngliche Name dieser IOL im angloamerikanischen Sprachraum war „worst irisclaw IOL“ („lobster claw)“. Die Linse hat einen Gesamtdurchmesser von 8,5 mm für alle Modelle und Dioptrienstärken („one fits all“; . Tab. 1) und eine 5,5-mm-Optik, an deren Rand sich 2 klauenartige Haptiken gegenüberstehen. Zwischen diese Branchen wird mithilfe einer speziellen Enklavationsnadel (. Abb. 3c) oder einem Phakomaschinen-gesteuerten Ansaughandstück (VacuFixTM, Ophtec, Niederlande) Gewebe von der Irisvorderfläche eingeführt und

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dauerhaft fixiert (eingeklemmt). Die Achse der Linse ist frei wählbar und ermöglicht somit, individuell auf die Positionslage einzugehen. In einer neueren Studie konnten Chen et al. [4] zeigen, dass sich bei 72 Augen von 72 Patienten nach 3 Jahren in allen Fällen das unkorrigierte Sehvermögen verbesserte, in 73,6% wurde ein Visus von 0,5 und mehr erreicht. Nur in 2 Fällen verschlechterte sich das Sehvermögen im Vergleich zu präoperativ (ischämische Optikusneuropathie, Netzhautablösung). In dieser Studie reduzierte sich das sphärische Äquivalent (SÄ) von +11,65 dpt ±1,21 (SD) auf −0,58±0,56 dpt (p

[Anterior chamber intraocular lenses for aphakia correction].

The intraocular correction of aphakia in the anterior chamber currently consists of two options: an angle supported intraocular lens (IOL, Kelman Mult...
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