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Anästhesie in der interventionellen Pneumologie

Endoskopische Interventionen: Teil 2

Michael Kern • Daniel Niemeyer • Thoralf Kerner • Sascha Tank

Nachdem der erste Teil des Artikels in der AINS-Ausgabe 4/15 die Verfahren zur endoskopischen Lungenvolumenreduktion und zur endobronchialen Tumortherapie behandelt hat [1], vervollständigt der folgende Teil nun die Darstellung der aktuellen pneumologischen Interventionen inkl. deren anästhesiologischer Besonderheiten. Endobronchialer Ultraschall (EBUS) und tracheobronchiale Nadelaspiration (TBNA)



Beurteilung der Dignität Pathologische Veränderungen der Bronchialwände und der tieferliegenden Strukturen entziehen sich der direkten Inspektion mittels Bronchoskop. Für eine differenzierte Diagnose und Therapie ist die Beurteilung der Dignität, gerade im Hinblick auf eine mögliche Operabilität, entscheidend [2]. Der endobronchiale Ultraschall über einen MiniaturSchallkopf an der Spitze des Bronchoskops erlaubt eine Differenzierung der Bronchialmukosaschichten von benachbartem Tumorgewebe und die Identifikation von Lymphknoten und vaskulären Strukturen.

Eindringtiefe und Auflösung Die max. Eindringtiefe und die Auflösung des Ultraschalls hängen im Wesentlichen von der Kopplung der Sonde an der Tracheal- bzw. Bronchialwand und damit von der Auflagefläche ab. Distale, kleinere Atemwege können zur besseren Schallkopplung mit Flüssigkeit gefüllt werden. Dies ist in der Trachea und den großen Bronchien nicht möglich. Um eine optimale Auflagefläche zu schaffen, werden hierfür Sonden mit einem Ballon an der Spitze verwendet. Dieser Ballon kann mit Wasser gefüllt werden und ermöglicht somit eine optimale Ankopplung der Sonde an die Tracheal- bzw. Bronchialwand.

Der EBUS ermöglicht es, die Eindringtiefe einer Neoplasie zu beurteilen und Ausdehnung und Ursache einer Stenose zu bestimmen [3]. In Kombination mit der transbronchialen Nadelaspiration (TBNA) ist der EBUS eine invasive Technik zur Exploration von Strukturen der Atemwege, des umgebenden Mediastinums und der Lunge.

Dabei wird ein spezielles, flexibles Endoskop mit einem elektronischen Transducer an der Spitze genutzt, um eine ultraschallgestützte Führungskontrolle der Punktionsnadel zu ermöglichen (q Abb. 1). Über die integrierte Dopplerfunktion lässt sich das Risiko von Gefäßpunktionen vermeiden. Im Vergleich zur Mediastinoskopie, die früher als Goldstandard galt, können auch subaortale, hiläre und paraösophageale Lymph­ knoten biopsiert werden (q Abb. 2 und 3). Hierfür kann auch in Kombination die endoskopischultraschallgeführte Feinnadelaspiration durch den Ösophagus genutzt werden [4]. Die Indikationen für einen EBUS sind in q Tab. 1 zusammengefasst.

Risiken In der Literatur wird dieses Verfahren als sehr sicher beschrieben. Das Risiko für einen Pneumothorax liegt bei < 1 % [5]. Als relativ häufige Komplikationen sind mit 20 % kardiale Arrhythmien beschrieben, die v. a. mit einer Blockung der Sonde im linken Unterlappen in Zusammenhang stehen. Diese Herzrhythmusstörungen sind v. a. Sinustachykardien und meistens selbstlimitierend [6]. Spezielles anästhesiologisches Management Der EBUS kann in Lokalanästhesie mit oder ohne Sedierung sowie bei Verwendung des starren Bronchoskops in Allgemeinanästhesie durchgeführt werden. Bei geplanter, transbronchialer Nadelaspiration sollte der Eingriff in Allgemeinanästhesie mit Relaxierung erfolgen, um Husten und Bewegungen des Patienten zu vermeiden. In der Praxis hat sich zudem gezeigt, dass bei einem vollständigen mediastinalen Staging per EBUS

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Abb. 1 (links) Feinnadelpunktion mit endobronchialem Ultraschall (EBUS). Zur besseren Ankoppelung wird ein Ballon verwendet.

Konventionelle Intubation Eine konventionelle Intubation mittels Endotrachealtubus ist ebenfalls möglich. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass das EBUS-Gerät den Innendurchmesser der normalerweise verwendeten 8,5 ID-Tuben fast vollständig ausfüllt, was zu erheblichen Ventilationsschwierigkeiten führen kann. Es sollte daher ein größerer Tubus genutzt werden. Dieser ist jedoch bei Frauen häufig nicht ohne Schädigung im Larynxbereich und in der oberen Trachea zu platzieren. Die Autoren favorisieren daher die Nutzung eines starren Bronchoskops, das ausreichend Raum für die Beatmung lässt. Zudem kann über den großen Arbeitskanal problemlos die Sonde in das Tracheobronchialsystem eingeführt werden [7].

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Larynxmaske Bei nicht zu erwartenden Komplikationen oder bei Kontraindikationen für eine starre Bronchoskopie kann alternativ auch eine Larynxmaske verwendet werden. Als Vorteil sind hier v. a. eine geringere Reflexbronchokonstrik­ tion sowie ein geringeres Trauma von Larynx und Ringknorpel zu nennen [8]. Neben einer adäquaten Anästhesie ist eine Anpassung der Größe der verwendeten Maske an die Größenverhältnisse der verwendeten Instrumente nötig, um optimale Ventilationsbedingungen zu gewährleisten. Die Möglichkeit einer endotrachealen Intubation im Notfall sollte aber immer gegeben sein [8].

Endoskopische Blutstillung



Problematik des Blutverlusts Die wesentlichen Ursachen von Hämoptysen sind Entzündungen, Neoplasien und periphere Lungenparenchymblutungen. Traumata, vaskuläre Malformationen, Aortenaneurysmen sowie iatrogene Ursachen können ebenfalls zu Blutungen in das Bronchialsystem führen. Der Blutverlust an sich ist für den Patienten meist keine akute Gefahr. Die Blutmenge wird durch Schleimbeimengungen häufig überschätzt. Eine Gefährdung entsteht dadurch, dass Blut in die nicht betroffenen Lungenareale läuft und die Atemwege blockiert. Die Mortalität wird von der Blutungsmenge pro Zeit und von der Fähigkeit des Abhustens entscheidend beeinflusst. Crocco et al. beschrieben eine Mortalität von ▶ 71 % bei 600 ml Blutverlust in < 4 h, ▶ 22 % bei 600 ml in 4–6 h und ▶ 5 % bei 600 ml in 16–48 h [9]. Akute Massenblutungen aus einem arrodierten Gefäß sind selten, jedoch mit einer hohen Mortalität verbunden. Meist verstirbt der Patient an den hypoxischen Folgen der Aspiration, bevor wirk­ same Maßnahmen ergriffen werden können [10]. Bronchoskopie Die Bronchoskopie ist die entscheidende diagnostische und therapeutische Maßnahme. Sie kann bei gut führbaren Patienten in Lokalanästhesie erfolgen. Ist der Patient jedoch agitiert oder panisch, ist eine Sedierung indiziert, z. B. mit Propofol oder Midazolam. Bei stärkeren Blutungen müssen Patienten umgehend intubiert und bronchoskopiert werden. Häufig ist zunächst die Intubation mit einem starren Bronchoskop hilfreich. Einerseits kann so mit-

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aufgrund der langen Untersuchungszeit (durchschnittlich 45 min) eine Narkose notwendig ist.

Abb. 2 (rechts) Punktion eines Lymphknotens unter Ultraschall. Nadel, •Lymphknoten.

Abb. 3 Probengewinnung nach Punktion mit endobronchialem Ultraschall (EBUS). Tab. 1 Indikation für transbronchiale Nadelaspiration. Daten aus [4].

Indikation für eine transbronchiale Nadelaspiration ▶ Staging bei Patienten mit Lungenkarzinomen ▶ Bewertung einer mediastinalen / hilären Lymphadenopathie ▶ histologische Diagnose vergrößerter Lymphknoten bei lymphoproliferativen und infektiösen Erkrankungen ▶ Gewinnung von Gewebeproben bei Lungenkarzinomen ▶ Gewinnung von Gewebeproben bei mediastinalen Raumforderungen ▶ Biomarker-Testungen

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Abb. 4 Argon-Plasma-Koagulation (APC-Therapie) bei Tumorblutung im linken Oberlappenbronchialsystem.

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Abb. 5 APC-Therapie mit bereits vorhandenen Belägen.

Abb. 6 Endzustand nach erfolgter APC-Therapie.

tels einer starren Zange ein mit Vasokonstriktiva getränkter Tupfer direkt auf eine blutende Läsion im zentralen Bronchialsystem gedrückt und so eine direkte Kompression ausgeübt werden. Andererseits ist auch eine seitengetrennte Beatmung über die seitlichen Schlitze im Bronchoskop möglich. Zudem kann auch mittels Bronchoskop ein Segment okkludiert oder durch Ansaugen ein „Wedge“-Verschluss erreicht werden [1]. Mit Ausbildung von Koageln im verschlossenen Segment kommt es dann zum Sistieren der Blutung. Insgesamt sollte bei endobronchialen Hämorrhagien die Indikation zur Intubation eher großzügig gestellt werden, da der gesicherte Atemweg zum einen die Oxygenierung erleichtert und zum anderen das wiederholte Einführen des Bronchoskops nach Reinigung ermöglicht. Dabei sollten immer Bronchoskope mit größtmöglichem Arbeitskanal verwendet werden, um Blut und Koagel absaugen zu können.

Bronchusblocker Bei Hämorrhagien aus Lappen- oder Segmentbronchen bzw. aus tieferen Lungenarealen können Bronchusblocker zur selektiven, peripheren Blockade der betroffenen Abschnitte eingesetzt werden. Der Bronchusblocker hat zur leichteren Platzierbarkeit eine Schlaufe an der Spitze, die über das Bronchoskop gezogen werden kann. Der Ballonkatheter kann entweder auf ein kleines Bronchoskop aufgefädelt und dann über einen liegenden Endotrachealtubus eingelegt oder neben einem liegenden Tubus vorbeigeschoben werden. Das Bronchoskop wird dabei über den Trachealtubus geführt und das distale Ende erst nach Passieren des Tubusende aufgefädelt. ▶ Diese Methode bietet den Vorteil, dass auch die Passage eines großen Bronchoskops mit großem Absaugkanal möglich ist [13]. Ein Einbringen über den Arbeitskanal des Bronchoskops ist je nach verwendetem Katheter auch möglich.

Kleinere Hämorrhagien Die topische Blutstillung kleinerer Hämorrhagien kann über vasokonstriktorische Substanzen wie Adrenalin, Noradrenalin und Xylometazolin erfolgen [10]. Auch das Einbringen von hämostatischer Watte oder Tupfer zur Okklusion einer Blutung ist möglich. Bei Hämorrhagien aus zentralen Gefäßanomalien oder Tumoren kommen eher die Elektrokauterisierung oder die Argon-Plasma-Koagulation zum Einsatz (zum Funktionsprinzip q Teil 1 [1]). Die Argon-Plasma-Koagulation eignet sich besonders für Blutungen, bei denen die Blutungsquelle nicht eruierbar ist und fließendes Blut koaguliert werden muss [12] (q Abb. 4–6).

Überbrückung bis zur definitiven Therapie Die selektive Blockade von Bronchien ist jedoch nur eine temporäre Lösung zur Überbrückung der Zeit bis zu einer definitiven, meist chirurgischen Therapie. Der Patient bleibt während dieser Zeit intubiert. Als interventionelle Alternative bei schwerer Hämoptoe gehört mittlerweile auch eine Bronchialarterienembolisation (BAE) zur Standardtherapie. Über einen Zugang in der A. femoralis wird angiografisch die versorgende Arterie mittels Gelantineschwamm, Polyvinyl­ alkoholpartikeln oder Coils verschlossen [14].

Starke Blutungen Bei starken Blutungen aus einem Haupt­, Lappen­ oder Segmentbronchus gilt es, den Gasaustausch aufrechtzuerhalten. Dazu kann es nötig sein, via Bronchoskop den kontralateralen Hauptbronchus mittels Tubus oder Doppellumentubus einseitig zu intubieren und mittels Blockung des Cuffs vor Blutaspiration zu schützen. ▶ Sollte die Intubation des rechten Hauptbronchus notwendig sein, wie z. B. bei bifurkationsnahen Hämorrhagien des linken Hauptbronchus, so ist darauf zu achten, dass der Cuff des bronchialen Schenkels des Doppellumentubus nicht das Ostium des rechten Oberlappens verschließt. Über das Murphey­Auge eines rechtsführenden Doppellumentubus kann eine Ventilation des Oberlappens sichergestellt werden. Je nach Anatomie des rechten Bronchus ist ein Verschluss aber nicht immer zu vermeiden. Alternativ kann bei Blutungen im linken Hauptbronchus auch links intubiert und die Blutung durch den bronchialen Cuff zumindest temporär verschlossen werden.

Je nach Ursache der Blutung kann dieses ­ erfahren­zur­definitiven­Therapie­oder­zur­ V ­Über­brückung­bis­zur­definitiven­chirurgischen­ Versorgung angewandt werden [15].

Endobronchialer Fistelverschluss



Ursachen Die bronchopleurale Fistel als Verbindung zwischen Pleuraraum und Bronchialsystem ist eine seltene, aber – da mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden – eine gefürchtete Komplikation nach Lungenoperationen [16]. Ein persistierender Spontanpneumothorax, eine Chemo­ / Strahlentherapie bei Lungenkarzinomen, eine Tuberkulose, Empy­ eme, mechanische Traumata oder Komplikationen nach diagnostischen oder therapeutischen Lungeneingriffen sind weitere Ursachen für eine Fistel [17, 18]. Zu den Risikofaktoren gehören die Malignität der Grunderkrankung, eine vorausgegangene Chemo­ oder Radiotherapie, die operierte Seite (häufigeres Auftreten von Stumpf­ insuffizienzen nach rechtsseitiger Pneumon­ ektomie), die Stumpflänge und eine Karzinomin-

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Andere Fisteln Neben bronchopleuralen Fisteln kommen auch Fisteln von Ösophagus und Trachea bzw. Bronchus, z. B. bei Ösophaguskarzinom, vor. Ösophagobronchiale Fisteln präsentieren sich klassisch mit Husten und Dyspnoe nach der Nahrungsaufnahme [16]. Diagnose In den meisten Fällen kann eine vorhandene Fistel mittels CT dargestellt werden. Daneben hat sich auch die Bronchoskopie in der Diagnosestellung etabliert. Mittels Bronchoskop kann eine Beurteilung der Absatzstelle bei Lungenresektionsoperationen erfolgen sowie die Lokalisation einer Fistel ermittelt und eine Tuberkulose oder andere entzündliche Prozesse ausgeschlossen werden [16]. Therapie Die operative Versorgung hat mit 80– 95 % die höchste Erfolgsrate und sollte grundsätzlich angestrebt werden [18]. Aus mehreren Gründen ist diese aber nicht für alle Patienten möglich. Zahlreiche endoskopische Verfahren sind in den vergangenen Jahren mit unterschiedlichen Ergebnissen und Erfolgsraten zum Einsatz gekommen [19]. Bisher­gibt­es­keine­definitiven­Empfehlungen­ oder Leitlinien zur Therapie [16, 20]. Vielmehr werden die unterschiedlichen Verfahren je nach Patientenkonstitution, Anwendererfahrung und teilweise auch komplementär angewandt.

Die endoskopischen Verfahren werden bei Hochrisikopatienten zur Reduktion der chirurgischen Risiken favorisiert [16]. ▶ Lebensbedrohliche Komplikationen wie ein Pneumothorax, ein Empyem oder ein Pleura­ erguss müssen mittels Thoraxdrainage sofort therapiert werden.

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Abb. 7 Endobronchiale Ventile der Fa. PulmonX im linken Unterlappen.

Intrabronchiale Ventile Nicht einsehbare, periphere Fisteln können durch das Einsetzen intrabronchialer Einwegventile behandelt werden. Mittels Ballonkatheter wird ermittelt, ob ein Verschluss des Segments zu einer signifikanten Reduktion oder zum Sistieren des „air flows“ führt. Danach werden ein oder mehrere Ventile platziert (q Abb. 7). Die Ventile verhindern selektiv einen Einstrom von Luft während der Inspiration, erlauben aber gleichzeitig einen Ausstrom von Luft und Sekreten während der Exspiration [22]. ▶ Ziel ist es, den „air flow“ über der Fistel zu reduzieren und so eine Heilung derselben zu ermöglichen [23]. Ösophagobronchiale Fisteln Zur Therapie ösophagobronchialer Fisteln scheint ein Doppelstent die beste Therapieoption zu sein [16]. Auch hier wurden in den letzten Jahren Okklusionssysteme erfolgreich platziert [24]. Spezielles anästhesiologisches Management Die flexible Bronchoskopie ist eine effektive Methode, um eine vorhandene Fistel zu finden. Da zu Beginn der Untersuchung weder Dauer noch Art der Therapie bekannt sind, sollte die Intervention unter Allgemeinanästhesie durchgeführt werden. Um alle Optionen einer endobronchialen Fisteltherapie nutzen zu können, ist auch hier eine starre Bronchoskopie zu bevorzugen, wohingegen mit einem Tubus oder einer

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Akute, subakute und chronische Formen Akute Fisteln treten meist postoperativ auf, führen z. B. zu einem Spannungspneumothorax und sind potenziell lebensbedrohlich. Charakteristisch für eine akute Fistel sind eine akut einsetzende Dyspnoe mit Hypotension, Hautemphysem, produktivem Husten oder einem Shift der Trachea und des Mediastinums sowie die Persistenz von Lufteinschlüssen und der plötzliche Abfall oder Anstieg eines Pleuraergusses im postoperativen Röntgenbild. Die subakute Form präsentiert sich weniger eindeutig durch Gewichtsverlust, Malaise, Fieber und Husten. Bei chronischen Fisteln, die meistens mit Infektionen assoziiert sind, wird durch die entstehende pleurale und mediastinale Fibrose ein Mediastinalshift verhindert [16].

Endoskopische Verfahren Endoskopische Verfahren können bei Hochrisikopatienten entweder zur Stabilisierung bis zur chirurgischen Therapie temporär eingesetzt oder aber auch als definitive Versorgung genutzt werden. Mittels Bronchoskopie lassen sich Fisteln direkt darstellen und teilweise auch endoskopisch verschließen. Hierzu werden zahlreiche Verfahren mit unterschiedlichem Erfolg angewandt. Distale, kleine Fisteln werden mit Hilfe verschiedener Kleber (u. a. Fibrinkleber), Injektion von Eigenblut und Coils direkt verschlossen. Die besten Erfolgsraten wurden bisher der Einbringung eines Knochenspans mit Fibrinunterspritzung eingeräumt [19]. Bei großen Fisteln wird im Allgemeinen eine Stentimplantation versucht [16]. Diese schränken allerdings oft erheblich die Lebensqualität durch Verschleimung und Stentverlegung ein. Neuere, erfolgversprechende Therapieverfahren zum endoskopischen Verschluss sind der Off­ Label­Use von Okklusionssystemen aus der Kardiologie und Angiologie. Diese Systeme werden on­label zum Verschluss von offenen Foramina ovalia, Septumdefekten, AV-Malformationen oder Tumorembolisationen eingesetzt. In der Pneumologie konnten sie erfolgreich zum Verschluss von Fisteln mittels Bronchoskop eingesetzt werden [19, 21].

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filtration des Resektionsrandes [19]. Die klinische Manifestation ist variabel und wird in akute, subakute und chronische Formen unterteilt.

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Larynxmaske z. B. keine Stentimplantation möglich ist.

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Fremdkörperentfernung

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Abb. 8 Aspirierte Zahnkrone im linken Unterlappenbronchus.

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Abb. 9 Zahnkrone nach Extraktion.

Abb. 10 Zange.

Extraktion mit einer

Risikofaktoren Fremdkörperaspirationen kommen v. a. im Kindesalter vor. Der Altersgipfel für eine Fremdkörperaspiration liegt bei Kindern im 2. Lebensjahr und bei Erwachsenen nach der 6. Lebensdekade. Häufig sind Patienten mit demenziellen Syndromen und verminderten Schutzreflexen durch eine Aspiration gefährdet [25]. Weitere Risikofaktoren oder Umstände, die zu einer Aspiration führen können, sind Alkoholintoxikationen, ein schlechter Zahnstatus, ein Drogenabusus, eine geistige Behinderung, neurologische Vorerkrankungen oder Allgemeinanästhesie [26]. Symptome Die Symptome sind in beiden Altersgruppen ähnlich; die Diagnose wird in der Erwachsenengruppe jedoch deutlich später gestellt [26]. Die häufigsten Symptome sind Husten, Fieber, Dyspnoe mit Erstickungsangst und Stridor. Rezidivierende Pneumonien, die immer in der gleichen Lokalisation entstehen, deuten auf eine poststenotische Ursache hin. Eine gezielte Anamnese auf eine zurückliegende, vielleicht bagatellisierte oder vergessene Aspiration kann wegweisend sein. Der anfangs meist heftige Hustenreiz kann verschwinden, wenn der Fremdköper eingekeilt oder mit Granulationsgewebe fixiert ist. Art und Lage der Fremdkörper Kinder aspirieren meistens Nüsse, Münzen oder kleines Spielzeug. Bei Erwachsenen ist die Aspiration von Nahrungsmittel sowie von Zahnersatzmaterialen am häufigsten (q Abb. 8 und 9). Bei Erwachsenen kommt der Fremdkörper meistens distal im rechten Hauptbronchus zu liegen. Bei Säuglingen und Kleinkindern zweigen beide Hauptbronchien im gleichen Winkel von der Trachea ab. Aufgrund dieser anatomischen Besonderheit können Fremdkörper in beide Hauptbronchien aspiriert werden [27]. Häufig bleibt der Fremdkörper auch zentral auf Höhe der Bifurkation liegen. Diagnostik Neben der ausführlichen Anamnese beinhaltet die initiale Diagnostik eine Thoraxröntgenaufnahme. Erwachsene entwickeln in erster Linie Atelektasen, dagegen kommt es bei Kindern eher zu einer poststenotischen Überblähung [25, 27]. Möglicher Grund hierfür ist die oft verspätete Diagnosestellung bei Erwachsenen eine Verzögerung, die zu der Entwicklung einer poststenotischen Atelektase führt [27].

Da die wenigsten Fremdkörper röntgendicht sind, kann eine Aspiration nur anhand einer gezielten Anamnese und der oben aufgeführten indirekten Zeichen im Röntgenbild diagnostiziert werden. Daher sollte die Indikation zur Bronchoskopie i. d. R. großzügig gestellt werden.

Neben der Entwicklung einer poststenotischen Pneumonie bei entsprechender Größe des aspirierten Fremdkörpers besteht auch die Gefahr einer akuten Asphyxie. Zudem kann eine spätere Entfernung durch die Bildung von Granulomen erschwert sein [25].

Spezielles anästhesiologisches Management: Kinder Bei gesicherter Fremdkörperaspiration, einseitig abgeschwächtem Atemgeräusch oder bei Asphyxie wird bei Kindern eine starre Bronchoskopie in Allgemeinanästhesie empfohlen [27, 28]. Einige Autoren führen auch bei Kindern primär eine flexible Bronchoskopie zur Fremd­ körperbergung durch. Durch das flexible Bronchoskop können auch distal gelegene Fremdkörper geborgen werden [29]. Die Beatmung erfolgt hier entweder durch einen Endotrachealtubus oder über eine Larynxmaske. Ein wesentlicher Vorteil dabei ist der gesicherte Atemweg [29]. Die Nutzung des flexiblen Bronchoskops über ein starres Rohr ist ebenfalls möglich. Wird mittels Endotrachealtubus beatmet, sollte die Intubation durch einen erfahrenen Anästhesisten erfolgen. Ein starres Bronchoskop wird von einem Pneumologen platziert. Die Bergung des Fremdkörpers kann durch Verwendung spezieller Zangen (q Abb. 10) oder eines Drahtkorbs erfolgen. Dieser wird an dem Fremdkörper vorbeigeschoben und dann geöffnet, um das Objekt einzuschließen. Erwachsene Bei Erwachsenen kann eine Extraktion sowohl mittels starrer oder flexibler Bronchoskopie unter Allgemeinanästhesie mit Jet­Ventilation als auch mit flexiblem Broncho­ skop unter Lokalanästhesie erfolgen [26]. Bei konventioneller Beatmung besteht die Gefahr, dass der Fremdkörper weiter in die Peripherie gedrückt wird. Die Autoren favorisieren die starre Intubation in Allgemeinanästhesie mit Relaxation und JetBeatmung.

Bei der Bergung des Fremdkörpers ist entscheidend, dass der Patient tief sediert ist und nicht hustet. Zudem bietet das starre Bronchoskop mit großem Lumen den Vorteil, dass größere Aspirate ohne Extubation geborgen und über das Rohr entfernt werden können, z. B. mit Hilfe einer Zange. Eine relativ neue Methode ist die Entfernung von Fremdkörpern mittels Kryotherapie. Sie kommt besonders bei Fremdkörpern zum Einsatz, die

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Komplikationen Bei der Entfernung v. a. von scharfkantigen und sperrigen Fremdkörpern kann es zur Verletzung der Trachea bzw. der Bronchien kommen. Belassene Fremdkörper führen fast immer zu einer Retentionspneumonie mit narbiger Stenose oder einem Verschluss der Segment­ bzw. Lappenbronchien [31].

A Fazit Multimorbide­Patienten­mit­häufig­grenz­

wertiger Lungenfunktion und die Konkurrenz um den Atemweg sind in der interventionellen Pneumologie eine Herausforderung für den Anästhesisten. Kenntnisse zu eingesetzten Techniken und möglichen Komplikationen sowie die enge Kommunikation zwischen interventionellem Pneumologen und Anästhesisten sind für die Patientensicherheit essenziell. ◀

Kernaussagen

▶ Der endobronchiale Ultraschall (EBUS) ist in Kombination mit der transbronchialen Nadelaspiration (TBNA) eine invasive Technik zur Exploration von Strukturen der Atemwege, des umgebenden Mediastinums und der Lunge.

Dr. med. Michael Kern ist Assistenzarzt in der Abteilung für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerztherapie am Asklepios Klinikum Harburg in Hamburg. Zurzeit ist er in der operativen Intensivmedizin tätig. E-Mail: [email protected]

▶ Lungenblutungen sind an sich für den Patienten meist keine akute Gefahr. Eine Gefährdung entsteht­dadurch,­dass­Blut­in­die­nicht­betroffenen­ Lungenareale läuft und die Atemwege blockiert.

Dr. med. Daniel Niemeyer ist Oberarzt in der Abteilung für Lungenerkrankungen am Asklepios Klinikum Harburg in Hamburg. Sein Haupttätigkeitsgebiet ist die interventionelle Pneumologie. E-Mail: [email protected]

▶ Bei massiven Hämorrhagien aus dem Tracheobronchialsystem­müssen­die­nicht­betroffenen­ Lungenareale mittels Tubus, Doppellumentubus oder Bronchusblocker vor Blutaspiration geschützt werden.

Prof. Dr. med. Thoralf Kerner ist Chefarzt der Abteilung für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerztherapie am Asklepios Klinikum Harburg in Hamburg. Er ist Mitglied der Leitenden Notarztgruppe bei der Feuerwehr Hamburg. E-Mail: [email protected]

Dr. med. Sascha Tank ist Oberarzt in der Abteilung für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerztherapie am Asklepios Klinikum Harburg in Hamburg und Mitglied der Leitenden Notarztgruppe im Landkreis Harburg. E-Mail: [email protected]

Interessenkonflikt Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

▶ Bei endobronchialen Hämorrhagien sollte die Indikation zur Intubation eher großzügig gestellt werden.

▶ Die bronchopleurale Fistel ist eine seltene, aber gefürchtete Komplikation nach Lungenoperationen, da sie mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden ist. ▶ Bei Fisteln ist eine operative Versorgung anzustreben. Ist diese nicht möglich, gibt es verschiedene interventionelle Alternativen. ▶ Fremdkörperaspirationen kommen bei Kindern gehäuft bis zum 2. Lebensjahr und bei Erwachsenen jenseits der 6. Lebensdekade vor. ▶ Bei Erwachsenen wird die Diagnose „Fremdkörperaspiration“ oft deutlich später gestellt. ▶ Erwachsene aspirieren meist in den rechten Hauptbronchus, bei Kleinkindern sind beide ­Seiten­betroffen. ▶ Die Bergung von Fremdkörpern erfolgt mittels Bronchoskop über spezielle Zangen oder Körbe, neuerdings auch mittels Kryosonde.

Literatur online Das Literaturverzeichnis zu diesem­Beitrag­finden­Sie­im­ Internet: Abonnenten und Nichtabonnenten können unter „www.thieme-connect.de/ ejournals“ die Seite der AINS aufrufen und beim jeweiligen Artikel auf „Zusatzmaterial“ klicken – hier ist die Literatur für alle frei zugänglich. Abonnenten können alternativ über ihren persönlichen Zugang an das Literaturverzeichnis gelangen. Wie das funktioniert, lesen Sie unter: http://www.thiemeconnect.de/ejournals/ help#SoRegistrieren

Beitrag online zu finden unter http://dx.doi.org/10.1055/s­0041­102056

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sich mittels Zange oder Korb nicht bergen lassen. Mittels Bronchoskop wird die flexible Kryosonde in Kontakt mit dem Fremdkörper gebracht, angefroren und dann mobilisiert [30]. Dieses Verfahren eignet sich aber nur für Fremdkörper, die sich anfrieren lassen oder bereits mit einer Gewebeschicht bedeckt sind.

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[Anesthesia in interventional pulmonology -- endoscopic interventions: part 2].

Endobronchial ultrasound-guided transbronchial needle aspiration can be used efficiently for pathological diagnosis of bronchial walls and surrounding...
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