Übersicht Anästhesie und akute hepatische Porphyrien H. Böhrer, H. Schmidt, E. Murtin

Anaesthesia and Acute Hepatic Porphyrias

Summary Acute hepatic porphyrias are inherited disorders of heme biosynthesis. A characteristic feature of acute porphyrias is the occurrence of acute attacks which are often precipitated by drugs. Many of the commonly used anaesthetic agents may trigger such a potentiaiiy lethal attack. Thus, only safe agents should be administered to predisposed patients. Recommendations given are based on results from animal expenments and on a series of anecdotal reports. Regional anaesthesia is presented as anaesthetic technique of choice. General anaesthesia should be based on a fentanyl-nitrous oxide regimen, with propofol as induction agent. In the case of an acute attack, treatment consists of glucose and haematin administration.

Mehrere pharmakogenetische Erkrankungen spielen in der Anästhesie eine wichtige Rolle. Bei Vorliegen einer atypischen Cholinesterase und bei maligner Hyperthermie erfährt eine inapparente Erkrankung medikamentengetriggert ihre Manifestation. Bei akuter hepatischer Porphyrie kann durch inadäquate Anästhetikagabe die latente Phase der Erkrankung in einen akuten Schub mit einer Letalität von bis zu 30 Oo/ übergehen. Da akute porphyrische Schübe durch Pharmaka im Rahmen der Narkoseeinleitung (z. B. Thiopental) induziert werden können, soilten Aspekte der Pharmakotherapie vor allem dem Anästhesisten bekannt sein. Auch wenn die akute hepatische Porphyrie eine seltene Erkrankung darstellt, darf ihre Bedeutung für den einzelnen betroffenen Patienten nicht negiert werden.

Zusammenfassung Biochemische Grundlagen akuter hepatischer Porphyrien sind genetisch bedingte Defekte der Häm-Biosynthese. Charakteristisch fur akute Porphyrien ist das exogen getriggerte Auftreten eines akuten Krankheitsschubes aus einem asymptomatischen Latenzstadium heraus. Viele der üblicherweise in der Anästhesie verwendeten Medikamente können als Triggersubstanzen akute, potentiell letale Porphyrieschübe auslösen. Aus diesem Grunde ist bei prädisponierten Patienten eine differenzierte Pharmakaauswahl zu treffen. Aufgrund tierexperimenteller Befunde sowie einer Reihe von Kasuistiken werden Empfehlungen zur Anästhesie bei Porphyriepatienten gegeben. Ais Methode der Wahl wird hierbei die Durchführung einer Regionalanästhesie angesehen. Die Basis einer Allgemeinanästhesie soilten Fentanyl und Lachgas darstellen, Propofol kann als Einleitungsmittel appliziert werden. Bei Auftreten eines akuten Schubes besteht die primäre Behandlung aus der Gabe von Glukose und Hämatin.

fekte im Stoffwechselweg der Häm-Biosynthese. Da die klinischen Manifestationen dieser unterschiedlichen Erkrankungen sehr stark variieren, wurde - entsprechend dem Ort der Uberproduktion - ein Klassifikationsschema geschaffen (s. Tab. 1). Andere Autoren halten jedoch eine Einteilung in akute und nicht-akute Formen hir sinnvoller.

Porphyrien stellen eine heterogene Gruppe von Stoffwechselerkrankungen dar, die charakteristisiert sind durch eine exzessive Produktion von Porphyrinen oder Porphyrinpräkursoren. Bedingt ist diese exzessive Akkumulation durch spezifische Veränderungen bzw. partielle De-

Abhängig vom jeweiligen partiellen Enzymdefekt, wobei auch duale Formen vorkommen können, findet sich eine charakteristische Form der Porphyrie (Tab. 2). Relevanz für den Anästhesisten besitzen nur die akuten hepatischen Formen, nämlich die akut intermittierende Porphyrie, die hereditäre Koproporphyrie und die Porphyria variegata. Eine vierte, sehr seltene Form der akuten hepatischen Porphyrie, die Porphobilinogen-Synthase-DefektPorphyrie, wurde von Doss und Mitarb. 1979 entdeckt und könnte ebenfalls anästhesierelevant sein (19). Akute Porphyrie-ähnliche Syndrome, bedingt z. B. durch eine Bleiintoxikation, sollen hier nicht näher berücksichtigt werden. Die chronischen kutanen Porphyrien, wie z. B. die Porphyria cutanea tarda, welche fur den Dermatologen von Interesse sind, spielen für den Anästhesisten eine untergeordnete Roiie.

Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 27 (1992) 131-141 O Georg Thieme Verlag Smttgart . New York

Die drei ersteren akuten hepatischen Formen werden autosomal dominant vererbt und haben eine geringe Inzidenz, wobei regional jedoch ein gehäuftes Auf-

Definition, Klassifikation und Prävalenz der Pomhvrien

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Klinik Für Anästhesiologieder Universität Heidelberg (Duektor: Prof. Dr. E Mmin)

Tab. 1 Klassifikation der Porphyrien. 1. ErythropoetischePorphyrien

a. kongenitale erythropoetischePorphyrie b. eiythropoetischeProtoporphyrie 2.

Hepatische Porphyrien a. akut intermittierendePorphyrie b. hereditäreKoproporphyrie

Porphyriavariegata d. ~ o r ~ h o b i l i n o ~ e n - ~ ~ n t h a s e - ~ e f e ~ - ~ o r ~ h ~ r i e e. chronische hepatische Porphyrien + genetische Prädisposition: Porphyria cutanea tarda + toxische Genese: Hexachlorbenzol-Vergiftung

C.

3. HepatoerythropoetischePorphyrie

treten vorkommen kann. Die akut intermittierende Porphyrie beispielsweise tritt generell mit einer Häufigkeit von 1-2 : 50 000 auf, in Lappland jedoch liegt die Inzidenz 1 : 1000. Die Porphyria variegata kommt unter der weii3en Bevöikemng Südafrikas mit einer Häufigkeit von bis zu l : 300 vor. Das häufige Auftreten der Porphyria variegata in Südafrika ist auf ein einziges Siedlerehepaar holländischer A b stammung zurückzuführen. Es war möglich, die Genealogie bis in das Jahr 1688 zurückzuverfolgen und als Ausgangspunkt das genannte Paar in Cape Town zu ermitteln. Häm-Biosynthese Die Gmndlage der Häm-Biosynthese bilden die Porphyrine, welche aus vier Pyrrolringen bestehen, die über Methinbrücken zu einem Tetrapyrrolsystem verbunden sind. Dieses konjugierte Ringsystem bildet leicht Komplexe mit Übergangsmetallen. Im Pflanzenreich überwiegt die Komplexbildung mit Magnesium (als Chlorophyli), während im Tierreich Porphyrin als Komplex mit Eisen auftritt, der als Häm bezeichnet wird. Ihre Funktion im Zellstoffwechsel erfüllen die Häme dabei als prosthetische Gruppe von Proteinen, die deshalb auch ~ ä m o ~ r o t e i n e werden. Der Proteinbestandteil seinerseits bestimmt, welche Funktionen das Eisenporphyringerüst im Proteinverband übernimmt, so z. B. den Transport, die Speicherung oder Aktivierung von Sauerstoff im Hämoglobin, Myoglobin bzw. Cytochrom P-450. So ist z. B. bekannt, daß ungefähr 65-68 O/o des in der Leber synthetisierten Häms zur Synthese von Cytochrom P-450 herangezogen wird, während der gröf3te Anteil des von den erythropoetischen Zellen des Knochenmarks ~roduziertenHäms zur Bildung ., von Hämogiobin genutzt Ard.

Tab. 2

Bei der Häm-Biosynthese entstehen zunächst die Porphyrinogenderivate, die sich von den entsprechenden Porphyrinverbindungen durch einen höheren Sättigungsgrad unterscheiden und erst durch Dehydrierung in die Porphyrinderivate überfuhrt werden. Wahrend die Porphyrinogene ungefärbt sind, sind die Porphyrine aufgrund der konjugierten Doppelbindungen farbig. Die Porphyrine zeigen sowohl im sichtbaren als auch im ultravio~ettenerei eich des Spektrums ein spezifisches Absorptionsverhalten. Charakteristisch ist die Absorption bei 400 nm, die nach ihrem Entdecker als Soret-Bande bezeichnet wird. Bei Bestrahlung mit UV-Licht zeigen Porphyrine eine rote Fluoreszenz. Die Biosynthese der Porphyrine läuft partiell im Mitochondrium und partiell im Cytosol ab (Abb. 1). Ausgehend von Succinyl-CoA, einem Zwischenprodukt des mitochondrialen Citratzyklus, wird durch Kondensation mit der Aminosäure Glycin ein Produkt gebildet, das nach Übertritt ins Cytosol mit einem weiteren Molekül seinesgleichen zu einem Pyrrol kondensiert. Vier dieser Pyrrole treten zu einem Tetrapyrrol zusammen, das nach Decarboxylierung ins Mitochondrium zurückgelangt, wo es durch erneute Decarboxylierung und Dehydrierung sowie durch den Einbau von Eisen in Häm überfuhrt wird. Die primäre Kontrolle der Häm-Biosynthese wird durch das erste Enzym, die GAminolävulinsäure-Synthase, ausgeübt. Dieses regulierende Enzym unterliegt einer direkten Feedback-Regulation durch Härn, dem Endprodukt dieses Stoffwechselweges(Abb. 2). Je mehr freies Häm vorliegt, um so stärker wird die Aktivität der 6AminolävulinsäureSynthase inhibiert. Umgekehrt wird eine Reduktion des freien Häm-Pools eine Aktivitätssteigemng und Induktion dieses Enzyms bewirken. Erleichtert wird dieser Regulationsmechanismus durch die endogen niedrige Aktivität und durch die kurze Halbwertszeit der GAminolävulinsäure-Syrr thase. Normalerweise werden 65-68 010 des in der Leber entstehenden Häms zur Synthese von Cytochrom P-450 genutzt. Dies bedeutet, daß Alterationen im Cytochrom-P-450-System Effekte auf die Häm-Biosynthese ausüben können. Durch eine Induktion von Cytochrom P-450 kann der freie Häm-Pool akut reduziert werden und der Häm-Biosynthese-Wegeine akute Steigerung erfahren.

Partielle Enzymdefekteder Häm-Biosyntheseund dazugehörige Formen der Porphyrie.

Porphobilinogen-Synthase Uroporphyrinogen-I-Synthase Uroporphyrinogen-III-Cosynthase Uroporphyrinogen-Decarboxylase

Koproporphyrinogen-Oxidase Protoporphyrinogen-Oxidase

Ferrochelatase

H. Böhrer, H. Schmidt, E. Martin

Porphobilinogen-SynthaseDefeM

akut intermittierende Porphyrie kongenitaleerythropoetische Porphyrie a. Porphyria cutaneatarda b. hepatoerythropoetische Porphyrie hereditäre Koproporphyne Porphyriavariegata eryihropoetische Protoporphyrie

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132 Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 27 (1992)

Anästhesie und akute hepatische Potphyrien

Anästhesiol. Intmsivmed. Notfallmed. Schmerzther. 27 (1992) 133 Abb. 1 Schema der Häm-Biosynthese.

Akuter Schub Der Verlauf von akuten Porphyrien k a m in verschiedene Stadien eingeteilt werden. Patienten ohne Minische Symptomatik befinden sich in einer latenten Phase. Patienten mit Porphyria variegata weisen in bis zu 85 010 aller Fälle eine Hautsymptomatik mit Photosensibilität, leichter kutaner Verletzlichkeit und Blasenbildung auf. Hautsyrnpte me bei vorliegender hereditärerKoproporphyrie finden sich bei 30 O/o der Patienten. Charakteristisch h r das Vorliegen einer akut intermittierenden Porphyrie ist das Fehlen jeglicher Hautsyrnptome. Diesen drei akuten hepatischen Formen der Porphyrie ist gemeinsam, d& die latente Phase beispielsweise durch exogene Faktoren getriggert - in einen akuten Schub übergehen kann. Der akute Schub stellt für den Porphyriepatienten die primäre Determinante seiner Morbidität und Letalität dar. Kolikartige Bauchschmerzen sind in bis zu 90 O/o der Patienten das vorherrschende Symptom akuter Schübe. Unnötige Laparotomien bei diesen Patienten sind keine Seltenheit. Umgekehrt darf allerdings bzi diesen Patienten auch eine Appendizitis (60), eine Cholezystitis (30) oder eine akute Pankreatitis (63) nicht übersehen werden. M o t e

rische Ausfälle können bis zu einer aufsteigenden Paralyse vom Typ Guillain-Bank fuhren, so daß die Patienten beatmungspfichtig werden. Parästhesien sind Zeichen der Sensorischen Neuropathie. Manifestationen der Enzephalopathie sind Psychosen, Venvirrtheitszustände und Krampfanfaiie. Besonders im psychiatrischen Krankengut dürfte sich eine Reihe nicht erkannter Porphyrien befinden. Eine Tachykardie und eine Hypertension, die in 75 O/o aller akuten Attacken vorliegen, werden im Sinne der autonomen Neuropathie interpretiert. Verwechslungen mit dem Vorliegen eines Phäochromozytorns sind dabei möglich (10). Begleitet werden solche Schübe immer von erhöhten Spiegeln an GAminolävulinsäure und Porphobilinogen im Urin. Die Letalität akuter Schübe lag bis in die SiebzigerJahre im Bereich von 22 bis zu 30 O/o. Man nimmt an, daf3 Präventions- und Therapiernaßnahmen zusammen mit der modernen Intensivtherapie diese Letalität inzwischen deutlich gesenkt haben. Der britische König Georg III., der von 1760 bis 1811 regierte, soll alle typischen Symptome von akuten Attacken einer Porphyrie aufgewiesen haben (42). Abdominelle Koliken mit nachdunkelndem Urin, Paresen im Extremitätenbereich, Tachykardien, Krampfanfälle und

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ALA: GAminolävulinsäure, PBG: Porphobilinogen, UROGEN: Uroporphyrinogen, KOPROGEN:Koproporphyrinogen, PROTOGEN: Protoporphyrinogen,A: Acetat, M: Methyl, P: Propionat, V: Vinyl.

134 Anästhesiol. Intensiumed. Notfallmed. Schmerzther. 27 (1992) Glycin

+

1 I A L A - ~ v n t h a s e1

I

Aminolävulinsäure

I

Porphobllinogen

negatives Hydroxyrnethylbilan

I I

Uroporphyrinogen I

I

Koproporphyrinogen I

Uroporphyrinogen III

1

Koproporphyrinogen 111

Protoporphyrin I X

I

Härn Jieber,

n C y t o c h r o m P-450

Abb. 2

VereinfachtesSchema der HärnBiosynthese mit Darstel-

lung der Feedback-Regulation. In der Leberwird der größte Teil

des synthetisierten Härns zum Aufbau von Cytochrom P-450 herangezogen.

eine ausgeprägte Psychose (mad king) entsprechen den charakteristischen Zeichen. Die Verbreitung in den königlichen Häusern Stuart, Hannover und Preußen soll so weitverzweigt gewesen sein, daß man die akute Porphyrie als königliche Erkrankung (royal malady) bezeichnen könne (42). Bei exakter Recherche sollen sich die Symptome der Porphyrie in der königlichen Abstammungslinie über Maria Stuart (Mary Queen of Scots) bis in das Jahr 1415 zurückverfolgen lassen (32). Die Auslösung akuter porphyrischer Attakken kann durch verschiedene Faktoren getriggert werden. Hormonelle Faktoren können akute Schübe verursachen, so daf3 die Inzidenz bei Frauen deutlich höher liegt als bei Männern. Auch Hunger, Infektionen, Alkohol und Stress zählen zu den Triggerfaktoren des akuten Schubes. Rauchen wird neuerdings ebenfalls angeschuldigt. Zahlreiche Medikamente können akute Attacken auslösen. Die Bedeutung von Medikamenten als iatrogener Triggerfaktor wird evr dent, wenn man in Betracht zieht, daß in Nordschweden die Pomhvrie~atientenwährend akuter Schübe früher in ihren ~ ü h e blieben n und sich fast immer wieder erholten; in der modernen Lufttrans~ort-Araiedoch wurden diese Patienten in medizinische Zentren geflogen und erhielten dort Barbiturate und Sedativa, W? paradoxerweise die Letalität deutlich erhöhte. In vielen Ubersichtsartikeln zur Porphyrie finden sich Medikarnentenlisten mit der Einordnung diverser Substanzen in sichere, umstrittene und gefahrliche Gruppen. Zu den gefahrlichen Substanzen mit bekannter Schubauslösung gehören die Barbiturate, Phenytoin, Lidocain, Sulfona-

mide, Griseofulvin, Furosemid, Metoclopramid, Diclofenac und andere. Auch bereits eine häufige Mundspülung mit porphyrinogenen Agentien kann solche akuten Attacken hervorrufen (4). Die Vermeidung porphyrinogen wirkender Medikamente gehört somit zu den Grundsätzen der Therapie bei den akuten hepatischen Porphyrien. Die Symptomatik bei Patienten mit akuter hepatischer Porphyrie, wie abdominelle Koliken, motonsche Schwächen oder neuropsychiatrische Phänomene, wird als neurogen bedingt interpretiert. Auch Kreislaufsyrnptome wie Hypertension und Tachykardie können einer autonomen Neuropathie zugeschrieben werden. Bereits im Jahre 1903 hatte Erbslöh (24) bei einem porphyrischen Patienten eine axonaie Degeneration und fleckige Demyelinisierung des N e w s femoraiis beobachtet. Neuere Befunde ergaben, daß es sich bei der porphyrischen Neuropathie wahrscheinlich um eine primär axonale Erkrankung handelt. Als pathogenetische Ursache der neurologischen Dysfunktion werden verschiedene Mechanismen diskutiert. wobei iedoch zwei im Vordergrund stehen. Einerseits könnte als &grundeliegende Ursache ein Mangel an Härn in neuralen Geweben angesehen werden. Andererseits werden auch spezifische pharmakologische Effekte des im Überschuß vorliegenden Porphyriipräkursors GAminolävulinsäure postuliert. Russe11 und Mitarb. (59) fanden anhand von Nervenzellkulturen, dai3 GAminolävulinsäure die Na'. K+-ATPase-Aktivitätinhibiert. Sie schlossen, daß toxische' Effekte aus dieser Inhibition resultieren würden. GArninolävulinsäure besitzt im experimentellen Ansatz dieselben elektrophysiologischen Effekte wie Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und kann GABA - bei ihnlicher chemischer Struktur - kompetitiv am Rezeptor verdrängen, so daf3 eine Besetzung von GABA-Rezeptoren durch im Überschuß vorhandene 3-Aminolädinsäure zu den neurologischen Manifestationen der akuten Porphyrie beitragen könnte. Labordiagnostik akuter hepatischer Pomhvrien Im akuten Schub kommt es neben der klinisch fai3baren Symptomatik zu einem starken Anstieg der Porphyrinprkursoren GAminolävulinsäure und Porphobilinogen im Urin. Die übermäßige Zunahme der Porphobilinogen-Konzentration laßt sich screeningrnaßig mit Hilfe des Watson-Schwartz-Testsnachweisen. Hierbei wird dem Urin p-Dimethylaminobenzaldehyd zugesetzt, welches in Gegenwart von Porphobilinogen eine rote Farbe zeigt. Eine Variante dieses Tests, der Hoesch-Test, besitzt den Vorteil, dai3 er nicht mit Urobilinogen reagiert. Das Enzym Ur~~orphyrinogen-I-Synthase, auch Porphobilinogen-Deaminase genannt, ist das dritte Enzym in der Häm-Biosynthese. Bei der akut intermittierenden Porphyrie wird der Nachweis einer reduzierten Aktivität dieses Enzyms in den Erythrozyten zur Diagnostik herangezogen. Bei symptomatischer Porphyrie ist hierbei die Aktivität dieses Enzyms um ungefähr 50 O/o reduziert, wobei diese Reduktion in Erythrozyten, Lymphozyten, Fibroblasten, Amnionzellen und Lebergewebe gleichmaßig nachweisbar ist. Eine Reduktion der Aktivität dient auch zum Nachweis des genetischen Trägerstatus der akut intermittierenden Porphyrie.

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Succinyl-CoA

H. Böhrer, H. Schmidt, E. Martin

Anäsi thesiol. Intensiumed. Notfaiimed. Schmerzther. 27 (1992) 135

Tab. 3 Auflistung sicherer, umstrittener und unsicherer Medikamente bei akuten hepatischen Porphyrien. Die eigenen Ergebnisse sind in die Liste integriert (modifiziert nach 61).

Sicher

Umstritten

Unsicher

Promethazin Droperidol Propofol

4 Ketamin Etomidatb

Barbiturate Phenytoin Diazepam Clonazepam Flunitrazepam

Morphin Fentanyl Sufentanyl? Alfentanil? Buprenorphin Kodein Paracetamol Acetylsalicylsäure

Midazolam

Lachgas Diäthyläther

Halothan Enfluran b 4 lsofluran

Succinylcholin Gallamin Tubocurarin

Pethidin

Vecuronium Atracurium

Pentazocin

Pancuronium

Atropin Neostigmin Procain Prilocain Bupivacain

Lidocain

Nitroprussid Nitroglyzerin Labetalol Propranolol Digoxin

Nifedipin Clonidin Methyldopa

Penicilline Cephalosporine Glukokortikoide Oxytocin Etacrynsäure lndomethacin lbuprofen

Theophyllin Chloramphenicol Tetrazykline

Sulfonamide Eryihrornycin Griseofulvin Danazol Östrogene Ergotalkaloide Metocloprarnid Furosernid Diclofenac Äthanol Sulfonylharnstoffe

Im Verlauf der Häm-Biosynthese entsteht aus Uroporphyrinogen 111, einer Octacarboxyl-Verbindung, durch sequentielle Entfernung von vier Carboxylgruppen Koproporphyrinogen 111, eine Tetracarboxyl-Verbindung (s. Abb. 1). Hieraus wird Protoporphyrinogen und schließlich Protoporphyrin gebildet, wobei es sich bei beiden um Dicarboxyl-Verbindungen handelt. Über Seitenwege der Härn-Biosynthese entstehen Porphyrine als Intermediärprodukte, so daß Porphyrine in natura als Di-, Tri-, Tetra-, Penta-, Hexa-, Hepta- und Octacarboxyl-Verbindungen vorkommen. Letztere werden als Proto-, Tri-, Kopro-, Penta-, Hexa-, Hepta- und Uroporphyrin bezeichnet. Als Methode der Wahl zur P~rphyrinanal~tik gilt wegen ihrer hohen Spezifität, Sensitivität und Reproduzierbarkeit die HPLC. Die Differentialdiagnose der Porphyrien wird beim Patienten

anhand der Porphyrinkonstellationen in Blut, Stuhl oder Urin durchgeführt, obwohl quantitative Methoden zur Bestimmung der Aktivität von Enzymen der Häm-Biosynthese vorliegen. Porphyrinogenität von Medikamenten Da es sich bei den akuten hepatischen Porphyrien um metabolische Phänomene handelt, mui3 bei der Beurteilung der Porphyrinogenität immer auch die Verstoffwechselung einer Substanz berücksichtigt werden. Die Metabolisierung von Pharmaka erfolgt in der Regel in zwei Phasen. In Phase I findet eine Oxidation, eine Reduktion oder eine Hydrolyse statt, wobei pharmakologisch aktive oder inaktive Zwischenprodukte gebildet werden. Die Schlüsselenzyme der Phase I bilden das mdcrosomale Monooxygenasesystem, das aus verschiedenen Enzymen der Cytochrom-P45O-Gruppe besteht. In Phase I1 stehen synthetisierende Reaktionen im Vordergrund, beispielsweise werden die entstandenenzwischenprodukte konjugiert und somit in wasserlösliche Derivate überführt, wobei die in Phase I1 entstehenden Verbindungen fast immer inaktiv sind. Angesichts der relativ großen Zahl porphyrinoaen wirkender Substanzen und der strukturellen Verschiedeiheit der einzelnen Substanzklassen wurden Gemeinsamkeiten gesucht, um die porphyrinogene Substanz bereits an deren Struktur erkennen zu können. Von den 1978 von Marks (44) aufgestellten Charakteristika eines Induktors wird zur Zeit nur noch die Lipophilie diskutiert. Die Interaktion mit den Cytochrom-P-450-assoziierten mischfunktionellen Oxidasen fuhrt einen Verlust von cytochromalem Häm nach sich, wodurch der freie Häm-Pool reduziert wird. Durch Reduktion des Häms kommt es über den bekannten Feedback-Mechanismus zu einer Induktion der GAminolävulinsäure-Synthase. Bisher scheint diese Reduktion des freien Häm-Pools der einzige Mechanismus für eine Aktiviezu sein. Aüerdings mng der 6-~minolävulin~äure-~ynthase wäre es angesichts der Vielfalt der porphyrinogenen S u b stanzen nicht überraschend, wenn Xenobiotika die 8-Aminolävulinsäure-Synthaseüber mehr als einen einzigen Mechanismus induzieren würden, wobei jedoch sicherlich die Reduktion des freien Häm-Pools im Vordergrund steht. Als generelles Statement ließe sich formulieren, daß Pharmaka dann nicht porphyrinogen sind, wenn sie nur einem Phase-11-Metabolismus unterliegen. Die NichtPorphyrinogenität bei einem Phase-I-Metabolismus wird durch die spezifischen Interaktionen mit Cytochrom P-450 bzw. dessen Isoenzyrnen bestimmt. Um als sichere Substanz bei akuten hepatischen Porphyrien klassifiziert zu werden, sollte ein Medikament idealerweise folgende Kriterien erfüllen: 1. Es sollte keine porphyrinogenen Eigenschaften in der Zellkultur oder arn intakten Hühnerembryo aufweisen. 2. Es sollte am Modell der chemisch induzierten, porphyrischen Ratte nicht porphyrinogen wirken. 3. Es sollte keine porphyrinogenen Eigenschaften beim Patienten besitzen, d. h. Porphyriepatienten sollten durch die Gabe des Medikamentes weder einen akuten Schub erleiden, noch einen signifikanten Anstieg der Ausscheidung von Prophyrinen und Präkursoren aufweisen.

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Anästhesie und akute hepatische Povhyrien

Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmemther. 27 (1992)

H. Böhrer, H. Schmidt, E. Martin

Die unter Punkt 3 aufgelisteten Forderungen sind in der Regel nur sehr schwer zu erbringen, da häufig nur Kasuisuken vorliegen und prospektive, kontrollierte Studien kaum möglich sind. Manchmal ergeben sich auch aus der Erfahrung an Patienten und den Daten der Labortestung unterschiedliche Ergebnisse. Somit basiert die Entscheidung zum Einsatz eines Pharmakons beim Porphyriepatienten häufig auf inkomplett vorliegenden oder möglicherweise inkorrekten Resultaten.

ze Serie von Thiopental-verursachten akuten Schüben, die zu Paralysen der Patienten mit hoher Letalität führten. Allerdings trat eine solche Auslösung eines akuten Schubes nach Gabe von Thiopental nicht bei jedem Patienten mit akuter hepatischer Porphyrie auf. Im latenten Stadium verabreicht, dürfte die Triggening einer akuten Attacke sogar bei der Mehrzahl der Patienten ausbleiben (54,65).

Die Pharmakotherapie von Patienten mit akuter hepatischer Porphyrie spielt eine wichtige Rolle, da eine indadäquate Therapie mit porphyrinogenen Agentien für den einzelnen Patienten tiefgreifende Auswirkungen mit sich bringen kann. Da solche Patienten unter Krarnpfanfällen leiden können, ist eine antikonvulsive Therapie häufig erforderlich. Die allermeisten Antikonvulsiva bewirken eine Enzyminduktion in der Leber und beeinflussen dadurch die Härn-Biosynthese beim Patienten. Abdominelle Schmerzsyrnptomatiken müssen therapeutisch angegangen werden, wobei Pethidin wegen seiner Norpethidin-bedingten Senkung der Krampfschwelle nicht an erster Stelle stehen sollte. Die medikamentöse Therapie von Infektionen ist nicht unproblematisch ebenso wie eine Zytostatika-Therapie. Alkohol verstärkt nicht nur die kutanen Probleme bei chronischen hepatischen Porphyrien, sondern wirkt auch als Triggerfaktor bei akuten hepatischen Porphyrien.

Bisher erhielten ungefähr 20 Patienten mit akuten hepatischen Porphyrien Propofol als Anästhetikum. Diese Angaben wurden zum Teil als Kasuistiken (50, 67), zum Ted als Leserbriefe publiziert (l3,14,27,3 1,45,47). In fast allen Fällen ergaben sich durch die Propofolgabe keinerlei Probleme, wobei ein Ausbleiben von Symptomen bei einzelnen Patienten jedoch nicht bedeutet, daß es sich bei Propofol um eine sichere Substanz handelt. Im Fallbericht von Weir und Hodkinson (67) wird allerdings vor einer Propofolapplikation bei Porphyriepatienten gewarnt, wobei diese Autoren jedoch Lidocain gleichzeitig einsetzten, das selbst als porphyrinogen angesehen wird. Die Arbeitsgruppe um Meissner in Südafrika (48, 49) benutzte Propofol bei insgesamt 13 Patienten mit Porphyria variegata, wobei keinerlei porphyrinogenen Effekte gefunden wurden.

Die häufigste Ursache eines letalen Ausgangs einer porphyrischen Attacke ist gewöhnlich die verzögerte Diagnose und Verschlimmerung des Zustandes durch die Applikation porphyrinogener Medikamente. Da bisher keine kausale Therapie des akuten Schubes bekannt ist und der Hauptfortschritt in der Therapie der akuten Porphyrie durch die Prävention und Elimination der auslösenden Faktoren erzielt wurde, kann durch strikte Befolgung von Richtlinien zur Pharmakotherapie die Inzidenz akuter Schübe drastisch gesenkt werden (18). Solche Empfehlungen zur Vermeidung von auslösenden Substanzen basieren sowohl auf klinischen Erfahrungen als auch auf tierexperimentellen Untersuchungen. In Übereinstimmung mit anderen Autoren (35) halten wir die Erstellung von Medikamentenlisten für wichtig, um eine Einteilung in sichere, umstrittene und zweifelhafte Substanzen vorzunehmen. Tabelle 3 enthdt eine solche Medikamentenliste, in der eigene tierexperimentelle Untersuchungen mitberücksichtigt sind. Beurteilung anästhesierelevanter Substanzen Barbiturate Barbiturate fuhren zu einer Induktion von Cytochrom P-450, wobei eine de-novo-Biosynthese unterin der Leber beschiedlicher Cytochrom-P-450-Isoenzyme wirkt wird. Sekundär kommt es hierdurch zu einer raschen Steigerung der Aktivität der 6Arninolävulinsäure-Synthase. Moore und Mitarb. (52) testeten die Effekte von neun Barbituraten auf den hepatischen Porphyrinstoffwechsel und fanden eine Induktion der GArninolävulinsäure-Synthasedurch alle neun Substanzen. Insbesondere Thiopental zählt zu den klassischen Triggerfaktoren des akuten Schubes der Porphyrie. Dundee und Mitarb. (21,22) und Eales und Mitarb. (23) beschrieben in den Fünfziger und SechzigerJahren eine gan-

Propofol

Parikb und Moore (56) uublizierten 1986 in Abstract-Form eine Tierstudie zu Propofol und Porphyrie. Sie untersuchten an nichtinduzierten, männlichen SpragueDawley-Ratten die Porphyrinogenität von Propofol und schlossen aus ihren Untersuchungen, dai3 diese Substanz keine porphyrinogene Wirkung besitze. Aus der Literatur und auch aus unseren eigenen Untersuchungen geht jedoch hervor. d a ß nicht-sensibilisierteSysteme bei der Testung der ~ o r ~ h i r i n o ~ e n ivon t ä t ~ h a r m a Lnur wenig ~ussa~evkraft besitzen. In Analogie dazu könnte man konstatieren, daß Prouofol beim normalen. gesunden Patienten sicherlich keine I;orphyrinogenen ~ffekleaufweist. Zu Propofol und Porphyrie liegt auch eine Untersuchung einer französischen Arbeitsgruppe am chemisch induzierten Hühnerembryo-Modell in ovo vor (5). Es fand sich in diesem sensibilisierten System ein stark porphyrinogener Effekt von Propofol, so daß der Einsatz dieser Substanz bei Porphyriepatienten als kontraindiziert angesehen wurde. Die Dosierung von Propofol mußte im Modell dieser Arbeitsgruppe willkürlich gewahlt werden, so daß sie nicht mit klinisch relevanten Dosierungen beim Patienten zu vergleichen war. Außerdem könnte die gewählte Versuchsanordnung zu sensitiv sein und damit falsch positive Ergebnisse erbringen.' Im Fallbericht von Weir und Hodhnson (67) bleibt unklar, inwieweit eine Snessreaktion des Patienten vorlag: ", zudem hatte der Patient gleichzeitig das als porphyrinogenes Agens bekannte Lidocain erhalten. L

Der in der Literamrliste unter Quelle 5 zitierte französische Artikel aus dem Jahre 1989 wird zur Zeit in deutscher Übersetzungverbreitet. Die Aussagen dieser Publikation beziehen sich jedoch auf ein Hühnerernbryo-Modell in ovo, dessen Übertragbarkeit auf die Simation des porphyrischen Patienten bezweifelt wird (Diskr, P. B., M . R Moore: Dmg therapy in the acute porphyrias. CLin. Dermatol. 3 [I9851 112-124).

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An&;thesiol.Intensivmed. NotfaUmed. Schmerzther. 27 (1992)

Substanzen, die primär über eine Phase-11- ganden dieser Rezeptoren bezeichnet werden. ProtoporReaktion - beispielsweise eine Glukuronidiemng oder Sulfa- phyrin besitzt dabei die höchste Affinität zum Rezeptor. tierung - metabolisiert werden, dürften aufgnind der fehlen- Katz und Mitarb. (38) stellten kürzlich die Hypothese auf, den Beeinflussung des Cytochrom-P-450-Systems keine daf? die Substanz PK 11195, ein Isoquinolin-Carboxamidporphyrinogenen Eigenschaften aufweisen. D; Propofol im Derivat, als selektiver Ligand der peripheren BenzodiazepinVerlaufe seiner Verstoffwechselun~neben einer Phase-11-Re- rezeptoren therapeutische Effekte bei Porphyriepatienten aktion auch einer ~ ~ d r o x ~ l i e r u n Oxidation ~ünd unterliegt, zeigen könnte. Als Mechanismus wäre eine Verdrängung der ergibt sich hierdurch ein Potential zur Interaktion mit Cyto- Porphyrine vom Rezeptor anzunehmen. In Leserbriefen wiechrom P-450 und damit einer Reduktion des freien Häm- sen Herrick und Mitarb. (29) und Gorchein (26) jedoch Pools. Eigene Untersuchungen (6) ergaben, daß Propofol darauf hin, daß erhöhte Protoporphyrinspiegel nicht charaknicht als völlig inerte Substanz in Bezug auf den Porphyrin- teristisch fur akute Porphyrien seien, und daß keine Korrelastoffwechsel anzusehen ist, daß die Effekte - im Vergleich zu tion zwischen Porphyrinspiegel und den neurologischen Barbituraten - jedoch als minimal gedeutet werden können. Manifestationen einer Porphyrie bestehe. Somit würde sich Propofol zur intravenösen Anästhesieeinleitung bei P~rph~riepatienten eignen. Über seine EigMuskelrelaxantien nung zur totalen intravenösen Anästhesie bei diesem PatienAufgrund seines primär extrahepatischen tengut kann bisher noch keine Aussage gemacht werden. Metabolismus bietet sich Atracurium quasi als Muskelrelaxans der Wahl bei Porphyriepatienten an. Die Substanz wurFentanyl de bereits bei mehreren Porphyriepatienten problemlos einSowohl eigene tierexperimentelle Befunde gesetzt (15, 40, 61). Die Ergebnisse eigener tierexperimenals auch von De Vemeuil und Mitarb. (16) erhobene Daten teller Untersuchungen (7) können jedoch die Apostrophiestimmen dahingehend überein, daß Fentanyl als nicht- rung von Atracurium als Muskelrelaxans der Wahl beim porphyrinogene Substanz einzustufen ist. Somit kann Fenta- Porphyriepatienten nicht unwidersprochen lassen. Mitbenyl fiir die Anästhesie bei Patienten mit akuter hepatischer rücksichtigt mui3 dabei werden, dai3 insbesondere der Porphyrie empfohlen werden. Hauptmetabolit Laudanosin der Verstoffwechselung in der Leber unterliegt. Da - wie das Beispiel der Barbiturate zeigt - nicht von einzelnen Patienten eine generelle Empfehlung abgeleitet werden kann, ist Atracurium nicht uneingeZum klinichen Einsatz von Midazolam bei schränkt für den Einsatz bei Porphyriepatienten zu empfehPorphyriepatienten liegen in der Literatur bisher keinerlei len. Daten vor. Zimmer und Mitarb. (69) untersuchten im Jahre 1980 unter anderem die porphyrinogene Wirkung von h n f Da Vecuronium und Pancuronium eine SteBenzodiazepinen arn Hhnerembryo-Modell und kamen zu roidstruktur besimn, und da Steroidhormone eine porphydem Schlug. da13 diese Substanzen nur mit mößter Vorsicht rinogene Wirkung aufweisen können, ergeben sich theoretibei ~ r o ~ h ~ i e ~ a t i eeingesetzt n t e n werden s k t e n . Wir konn- sche Bedenken, die gegen einen Einsatz dieser Substanzen ten diese Befunde von Zimmer und Mitarb. im Tierexperi- bei Porphyriepatienten sprechen. In der Literatur liegt über ment auch fix die neuere Substanz Midazolam bestätigen. den Einsatz von Vecuronium bei Porphyriepatienten bisher Somit sollte auch Midazolam bei Porphyriepatienten nicht ein einziger Leserbrief vor (58), in dem die Anwendung bzw. nur mit grogen Einschränkungen zur Anwendung kom- dieser Substanz als problemlos geschildert wurde. Aufgrund men. eigener experimenteller Ergebnisse wäre Vecuronium - ähnlich wie Atracurium - ebenfalls nur mit Einschränkung h r Benzodiazepine unterliegen generell gese- den Einsatz bei Porphyriepatienten zu empfehlen. hen sowohl einem Phase-I- als auch einem Phase-11-MetaboVon De Verneuil und Mitarb. (16) wurde lismus. Die drei Hydroxymetabolite bzw. eigenständigen Substanzen Oxazepam, Lorazepam und Temazepam wer- Pancuronium aufgrund von Untersuchungen am Hühnerden zum alleruöGten Anteil direkt dukuronidiert und über embryo als nicht-porphyrinogen angesehen. Die Autoren den Urin ausGschieden, d. h. sie uGgehen den Phase-I-Me- gaben allerdings zu, daf? die Dosierung mehr oder weniger tabolismus. Dies wiederum bedeutet, daß die Verstoffwech- willkürlich gew< wurde, was Relevanz besitzt, da der selung der drei letztgenannten Benzodiazepine ohne Ver- porphyrinogene Effekt von Medikamenten dosisabhängig brauch von Cytochrom P-450 abläuft und damit theoretisch ist. In nachfolgenden Publikationen (5, 17) übernahmen sie in die Härn-Biomthese nicht ein~eeeriffenwird. Hieraus diese Aussage, ohne naher darauf einzugehen. Moore hingekönnte man die ~ y p o t h e s ableitenyduaß e solche Benzodiaze- gen stuft Pancuronium als unsicheres Medikament bei akupine - irn Gegensatz zu Midazolam - auch keine porphyri- ter Porphyrie ein (51). Andere Autoren sahen Pancuronium nogenen Effekte aufweisen sollten. Die Nachprüfung dieser ebenfalls - auch aufgrund seiner Steroidkonfiguration - als Hypothese steht zur Zeit noch aus. unsicher an (36, 68). Eigene Untersuchungen wiesen im Vergleich der drei genannten Muskelrelaxantien der SubInwieweit Interaktionen zwischen der Gabe stanz Pancuronium eindeutig die höchste porphyrinogene von Benzodiazepinen und der Freisetzung von Porphyrinen Potenz zu. Bei einem Porphyriepatienten jedoch wurde Panim Körper bestehen, ist bisher nicht naher untersucht. Be- curonium bisher problemlos zur Muskelrelaxation eingekannt ist, daf? Porphyrine endogene Substanzen mit nano- setzt (62); die Problematik bei der Zugrundelegung von molarer Affinität für die peripheren Benzodiazepinrezepto- kasuistischen Empfehlungen fur die Pharmakotherapie von ren sind, so daß sie als die physiologischen endogenen Li- Porphyriepatienten wurde bereits angedeutet.

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Anästhesie und akute hepatische Porphyrien

Wir sind der Meinung, daf3 die Indikationsstellung zum Einsatz der aufgeführten Muskelrelaxantien bei Patienten mit akuter hepatischer Porphyrie streng gestellt werden sollte. Insbesondere Pancuronium sollte hierbei nicht eingesetzt werden. In Ermangelung von Alternativen wird man jedoch häufig auf Atracurium oder Vecuroniurn zurückgreifen müssen, wobei die Dosierung dieser Substanzen jedoch möglichst niedrig gewählt werden sollte.

Inhalationsanästhetika Lachgas ist aufgrund seiner inhibitorischen Effekte auf die Aktivität des hepatischen Enzyms MethioninSynthase zwar nicht als inerte Substanz anzusehen, es kann bei Porphyriepatienten jedoch problemlos als anästhetisches Supplement eingesetzt werden. Das Inhalationsanästhetikum Halothan gilt als Prototyp bei der Erforschung hepatotoxischer Mechanismen. Es unterliegt der Biotransformation, wobei die Metabolisierungsrate in Lehrbüchern mit 20 %, in Originalarbeiten mit 11-55 O/o angegeben wird. Von Halothan ist bekannt, daf3 es im in-vitro-Systemmit Cytochrom P-450 interagiert. Isofluran wird zu einem weitaus geringeren Prozentsatz als Halothan metabolisiert, wobei neuere Ergebnisse den Wert allerdings deutlich höher ansetzen als die üblichen in Lehrbüchern zitierten 0,2 %. Untersuchungen von Bastian (3) über den Einflug volatiler Anästhetika auf die Transkription von mRNA hr Cytochrom P-450 zeigen, d& sowohl H a i e than als auch Isofluran zu einer Induktion des Phenobarbital-induzierbaren Cytochrom P-450 führen. Damit wurden Ergebnisse von Bradshaw und Mitarb. ( 9 ) bestätigt, die nachweisen konnten, dai'3 Isofluran durch hepatisches Cytochrom P-450 bei der Ratte und beim Menschen metabolisiert wird. Somit dürften Halothan und Isofluran zumindest die Voraussetzungen für ein porphyrinogenes Potential aufweisen. Halothan scheint bei Variegata-Patientenin Südafrka jedoch problemlos eingesetzt werden zu können (48). Allerdings sind in Einzelfällen Probleme mit Halothan beim Einsatz an porphyrischen Patienten beschrieben (68). Während Isofluran Porphyriepatienten bereits problemlos verab reicht wurde (40, 58), gilt Enfluran aufgmnd experimenteller Befunde als kontraindiziert (53,55). Das ideale Anästhetikum für den Patienten mit akuter hepatischer Porphyrie, wenn man von nicht-metabolischen Einflußfaktoren wie Stress absieht, wäre das Edelgas Xenon. Als Edelgas unterliegt diese Substanz irn Körper keiner Biotransformation und greift damit nicht in die metabolischen Prozesse der Leber ein. Die klinische Praktikabilität von Inhalationsanästhesien mit Xenon konnte insbesondere von der Gruppe um Lachmann nachgewiesen werden (39). Dem routinemaigen Einsatz dieser Sub stanz stehen zur Zeit iedoch finanzielle und technische Bedenken entgegen. Anästhesiernethodik der Wahl bei akuter hepatischer Porphyrie Da akute porphyrische Attacken durch exogene Faktoren wie Stress und Hunger ausgelöst werden können, ist eine adäquate präoperative Vorbereitung des gefährdeten Patienten nötig. Zur Vermeidung einer Hypo-

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glykämie erscheint das Anlegen einer glukosehaltigen Infusion am Vorabend des Operationstages sinnvoll. Nach Beurteilung der psychischen Situation des Patienten sollte eventuell auf eine pharmakologische Prämedikation verzichtet werden oder eine sichere Substanzwie z. B. Promethazin zur Anwendung kommen. Da keine kausale Therapie akuter porphyrischer Attacken zur Verfugung steht, ist die Vermeidung porphyrinogen wirkender Medikamente äußerst wichtig, d. h. die gesamte penoperative Medikation muR überwacht werden. Auch scheint es angebracht zu sein, den behandelnden operativen Kollegen auf das Vorliegen einer akuten hepatischen Porphyrie und deren Bedeutung fur die Pharmakotherapie hinzuweisen. Das Auftreten von zentralen und peripheren neuropathologischen Läsionen f i h t e zu der Ansicht, dai3 Lokal- bzw. Regionalanästhesien bei Porphyriepatienten zu vermeiden seien (36), insbesondere da bei perioperativer Verschlimmerung der Neuropathie mit juristischen Bedenken zu rechnen sei. ~ r f a h m n ~ earn n eigenen Patientengut bestätigen die Aussagen der neueren Literatur (11,37,46), daß Reeionalanästhesien bei diesen Patienten ~roblemlos ~ hatten ~ be~ S durchgeWhhrtwerden können. lppen und F reits 1984 in ihrem Übersichtsartikel (33) die Bevorzugung einer Regionalanästhesie propagiert. Sollte sich also hir den operativen Eingriff die Möglichkeit einer Regionalanästhesie bieten. so ist diese trotz der inhärenten neurologischen ~roblernaLkin jedem Fall der Allgemeinanästhesie vgrzuziehen. Dies bedeutet irn konkreten Fall. daf3 Patient und eventuell Operateur von der Notwendigkeit der Regionalanästhesie überzeugt werden müssen. Nach Kenntnis der Problematik wird der Operateur sein Einverständnis nicht verweigern. Als Lokalanästhetika der Wahl gelten hir dieses Patientengut Bupivacain, Prilocain und Procain. Lidocain ist aufgrund seines Triggerpotentials zu vermeiden. Da die BlutSpiegel des Lokalanästhetikums nach Spinalanästhesie wesentlich niedriger sind als nach Periduralanästhesie. wäre ersterer bei entsprechender Indikation die Präferenz zu erteilen. Bei notwendig werdender Aiigemeinanästhesie wird empfohlen, eine klassische Neuroleptanästhesie mit Dehydrobenzperidol und Fentanyl unter Supplementierung von Lachgas durchzuführen. Den Einsatz einer Elektrostimulationsanästhesie bei diesem Patientenkollektiv (66) halten wir nicht & sinnvoll, da diese Form der Anästhesie mit erheblichem Stress für den Patienten verbunden sein kann. Auf die klassischen Einleitungsanästhetikawie Barbiturate oder Etomidat mui? bzw. sollte verzichtet werden (28). In den Sechziger und Siebziger Jahren stand als Einleitungsanästheukum Propanidid zur Verfügung, das jedoch wegen allergischer Reaktionen vom Markt genommen wurde. Ais neuere Substanz bietet sich hier Propofol an. Neben Succinvlcholin können als Muskelrelaxantien die beiden Substanzen Atracurium und Vecuronium nur mit Einschränkungen empfohlen werden. Von den potenten volatilen Anästhetika gilt zumindest Enfluran bei akuter hepatischer Porphyrie als gefährlich bzw. als zweifelhaft (55). Inwieweit Isofluran aufgmnd seiner geringen hepatischen Metabolisierung als sichere Substanz zu bezeichnen ist, mui3 in weiteren Untersuchungen geklärt werden. Das intraoperative Monitoring von Patienten mit induzierbarer Porphyrie sollte

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138 Anästhesiol. Intensivmed. Notfallrned. Schmerzther. 27 ( 3 1992)

Anäi ;thesiol.Intensivmed. Notfallmed. Schmemther. 27 ( 1992)

die Überwachung der neuromuskulären Blockade beinhaiten. Patientinnen mit akuter hepatischer Porphyrie erfahren im Verlaufe einer Schwangerschaftaufgmnd der hormonellen Situation häufig Exazerbationen der Porphyriesymptomatik. Anästhesiemethode der Wahl zur operativen Entbindung bzw. Sectio caesarea ist die Katheterperiduraianästhesie bzw. Spinalanästhesie mit Bupivacain. Bestehen Kontraindikationen für dieses Anästhesieverfahren, kame eine Narkoseeinleitung mit Propofol in Frage, eine Kombination mit Ketamin (2, 12,28,57,64) wäre möglich. Nach Abnabelung des Kindes sollte eine Neuroleptanästhesie mit Fentanyl und Dehydrobenzperidol weitergeführt werden, wobei die Gabe von Lachgas problemlos ist. Die Relaxierung zur Intubation ist mit Succinylcholin möglich. Zur Prophylaxe eines akuten Schubes ist die Infusion SO/oigerGlukoselösung zu Beginn der Wehentätigkeit unter Kontrolle des Blutzuckerspiegels zu empfehlen. Oxytocin wird als sicheres Medikament angesehen. Dermatologische Erkrankungen mit Blasenbildungen und extremer Hautfragilität wie z. B. die Epidermolysis bullosa können in der perioperativen Phase große Probleme bereiten. Da akute hepatische Porphyrien in gewissem Ausmai3 ebenfdls mit Blasenbildungen und erhöhter Hautfragilität einhergehen können, wären auch hierbei perioperative dermatologische Probleme denkbar, die jedoch aufgrund der relativen Begrenztheit auf lichtexponierte Stellen in ihrer anästhesiologischen Wertigkeit zu vernachlässigen sind. Therapiemöglichkeiten bei auftretendem akutem Schub Soilte es trotz aller Vorsichtsmai3nahmen zu einem akuten Schub der Porphyrie kommen, sind die folgenden Therapiemöglichkeiten zu berücksichtigen.

Symptomatische und supportive Therapie Für viele Patienten stehen abdominelle Schmerzen im Vordergrund. Manche Patienten sind in der Lage, ihre Schmerzsyrntpomatk mit Paracetamol oder Aspirin zu therapieren, bei ausgeprägten Schmerzzuständenwird die Gabe von Morphin sinnvoll. Auch Buprenorphn kann als Analgetikum eingesetzt werden. Der akute Schub wird in der Regel von Hypertension und Tachykardie begleitet. Therapeutische Mittel der Wahl sind hierbei insbesondere Beta-RezeptorenBlocker, wobei die meiste Erfahrung mit Propranolol vorliegt. Auch experimentell konnte diese positive Wirkungvon Propranolol bestätigt werden. Die antikonvulsive Therapie des Porphyriepatienten steilt ein bisher ungelöstes Problem dar, da alle üblichen Antikonvulsiva potentiell prophyrinogen wirken. Insbesondere kann die Gabe von Barbituraten bei einem nicht erkannten Porphyrieschub die Symptomatik lebensgefährlich verschlimmern. Die intravenöse Gabe von Magnesiumsulfat wird generell als Mittel der Wahl beim akuten porphyrischen Anfali angesehen.

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Spezifkche Therapiemaßnahmen

Es wird allgemein empfohlen, die Therapie eines akuten porphyrischen Schubes mit der Applikation von Glukose zu beginnen (400 g/d). Man nutzt damit den sogenannten ,Glukose-Effekt" aus, wobei eine hohe Zufuhr von Glukose die Aktivität der 6-Aminolävulinsäure-Svnthase und somit die Akkumulation und Ausscheidung der rorphyrinpräkursoren reduziert. Seit 1971 wird die Therapie der akuten Porphyrie mit Härn-Derivaten propagiert (8). Der Mechanismus hierbei beruht auf der Feedback-Regulation der Häm-Biosynthese, wobei das Endprodukt Härn das erste Enzym der Sy6these supprimiert. Dies funktioniert auch mit exogen appliziertem Häm, das aktiv von der Leber aufgenommen wird und so die exzessive Porphyrin-Synthese verringert. Verschiedene Häm-Präparate wurden bisher klinisch eingesetzt, um akute Attacken und die konsekutive porphyrische Neuropathie therapeutisch zu beeinflussen. Die anfänglichen Präparate waren instabil, die SubstanzPanhematin (Fa. Abbott, North Chicago/USA), ein lyophilisiertes Hämatom-Präparat, erwies sich als stabiler. Als Nebenwirkungen fanden sich häufig eine Thrombophlebitis, seltener eine reversible Koagulaopathie, Nierenversagen bei Überdosierung, Kreislaufdepression und Hämolyse. Das deutsche Präparat H ä m i f ~ n(Behringwerke, Marburg) wurde Mitte 1990 vom Markt genommen. Häm-Arginat, das als Normosang (Fa. Leiras-Medica, Helsinki/Finnland) erhältlich ist, erwies sich als stabile Substanz. Im Tiermodell und im selektierten Patientengut ließ sich hiermit die akute hepatische Porphyrie positiv beeinflussen. Das Ausmag des klinischen Erfolges bleibt jedoch unsicher.

Galbraith und Mitarb. (25) und Douer und Mitarb. (20) untersuchen zur Zeit die Gabe von Zinn-Protoporphyrin als therapeutische Maßnahme beim akuten Schub. Hierdurch soll die hepatische Häm-Oxygenase gehemmt und dadurch der Häm-Abbau reduziert werden. Diese Auffüllung des hepatischen Häm-Pooles führt zur S u p pression der GAminolävulinsäure-Synthaseund verringert somit die Überproduktion der Porphyrinpräkursoren. Hormonelle Therapie Manche Frauen mit akuter hewatischer Porphyrie erleiden rekurrente Schübe, die immer in der Woche vor der Menstruation beeinnen. Dies bedeutet. daß die Attacken durch die zyklische; Veränderungen der keiblichen Sexualhormone getriggert werden. Man hat versucht, dies über eine Ovulationshemmung mittels oraler Antikonzeptiva zu verhindern. Die Resulatate waren jedoch sehr variabel. wahrscheinlich weil Ovulationshemmer selbst porph&ogen wirken. In den letzten Jahren wurde versucht, mittels Analoga des Luteinisierenden Hormon-Releasing Hormons (LHRH) die Ovulation zu hemmen, wobei diese Substanzgruppe selbst keine porphyrinogenen Eigenschaften aufweist (1).

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Anästhesie und akute hepatische Porpbyrien

140 Anästhesiol. Intensiwned. Notfallmed. Schmerzther. 27 (3

H. Böhrer, H. Schmidt, E. Martin

Ein mögiicher therapeutischer Einsatz von Cimetidin in seiner Rolle als potenter Inhibitor des durch Cytochrom P-450 mediierten Medikamenten-Metabolismus ist bisher noch ungeklärt. lppen und Mitarb. (34) jedoch empfahlen Cimetidin kürzlich in einem Übersichtsartikel als therapeutisches Agens beim akuten Schub. Neuere anästhesierelevante Aspekte zu Porphyrie und Porphyrinen Seit wenigen Jahren finden sich in der chirurgischen und onkologischen Literatur zunehmend zwei Aspekte, die in Relation zur Porphyrie und zu Porphyrinen stehen und fur den Anästhesisten Bedeutung erlangen können. Die erythropoetische ~roto~orphyrie ist nach der Porphyria cutanea tarda und der akut intermittierenden Porphyrie die dritthäufigste vorkommende Porphyrie. Dieser autosomal dominant vererbte Defekt der Ferrochelatase bewirkt insbesondere in den Erythroblasten des Knochenmarks und in den Erythrozyten eine Akkumulation von Protoporphyrin. Neben einer Photodermatose tritt bei manchen Patienten eine hepatobiliäre Beteiligung auf, wobei eine exzessive Porphyrinansammlung in der Leber zur Ausfäliung von Protoporphyrinkristallen und konsekutiv zu einer Leberzirrhose führen kann. Als Therapie der Wahl im fortgeschrittenen Stadium gilt die Lebertransplantation, o b wohl der mgnindeliegende Enzymdefekt dadurch nicht beseitigt wird. In der Onkologie werden seit wenigen Jahren Porphyrine sowohl beim Tier als auch beim Menschen zur photodynamischen Therapie eingesetzt. Eine solche Tumorbehandlung beinhaltet die Photosensibilisierung durch Bindung von Porphyrinen an Tumorzellen. Alie Substanzen in derzeitigem Einsatz sind Derivate von Hämatoporphyrin mit der Eigenschaft, sich stärker im Tumorgewebe als in der gesunden Umgebung zu konzentrieren. Konsekutiv wird das Tumorgewebe durch Aktivierung mittels Licht spezifischer Wellenlänge zerstört. Inaao~erativwird in der Neurochirurgie die phitodynamische ~ h e r a ~bereits ie als Adjuvans bei der Resektion von Gliomen eingesetzt. Den potentiellen Interaktionen zwischen den verabreichten ~orphyrinenund Anästhetika wurde bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Manecke und Mitarb. (43) trugen im Oktober 1990 erste Ergebnisse an Mäusen vor, die Protoporphyrin D< und Phenobarbital erhalten hatten. Sie fanden. dai3 die Schlafdauer der Mäuse bei der Kombination von hochdosiertem Prote porphyrin mit Phenobarbital deutlich verlängert war, was die Versuchstiere krank und lethargisch erscheinen ließ. Dies bedeutet, dai3 die hochdosierte Gabe von Porphyrinen die Sensitivität gegenüber Barbituraten erhöhen kann. Inwieweit das Auftreten eines solchen ,,PorphyrieähnlichenUSyndroms auf die Situation am Patienten übertragbar ist, mui3 in weiteren Untersuchungen näher geklärt werden.

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Literatur

Sonstige Therapieansätze

Anä:rthesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 27 (1992) 141

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[Anesthesia and acute hepatic porphyrias].

Acute hepatic porphyrias are inherited disorders of heme biosynthesis. A characteristic feature of acute porphyrias is the occurrence of acute attacks...
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