Medizingeschichte Ambroise Par6 zum 400. Todestag U.Ulrich

Der franzosische Chirurg und Geburtshelfer Arnbroise Park, einer der Vater der operativen Medizin. starb vor 400 Jahren. am 20. Dezember 1590. Sein Entwicklungsweg wiirde heute als eine Bilderbuchkarriere bezeichnet: vom Barbierlehrling zum Ersten Chirurgen des franzosischen Konigs. Nach seinem beriihmten >>akademischencc Zeitgenossen wurde er ~ V e s ader l Wundarzneikunstcc genannt (2). Par6 hat die operative Medizin mit neuem Leben erfiillt und viele Gebiete bereichert: die SchuBwundenbehandlung. die Trepanation, die Amputation. Celenkoperationen, die Unterbindung der Arterien. die Therapie von Frakturen und Luxationen, die Herniotomie ohne Kastration sowie plastische Operationen. Nicht zuletzt wandten sich durch ihn die h z t e wieder der Geburtshilfe zu (1,3,8). Das genaue Geburtsdatum von Par6 ist nicht mit Sicherheit bekannt; ublicherweise wird das Jahr 1510 angegeben, auch das Jahr 1517 ist zu finden (3.4). In Bourg-Hersent bei Lava1 wuchs er als Sohn eines Barbier-Chirurgen auf und ergriff auch den Beruf des Vaters. Bestimmend fur seinen weiteren Lebensweg war der Eintritt als Lehrling in das Pariser H6tel-Dieu. Er eignete sich groBe praktischoperative Fertigkeiten an und hatte die Moglichkeit. anatomischen Unterricht bei Jaques Dubois (genannt Sylvius. 1478-1555) zu nehmen, der auch schon der anatomische Lehrer von Andreas Vesalius (1514-1564) war (6).

(1545) ist ohne diese kriegschirurgischen Erfahrungen nicht denkbar. 1552 ligierte Par6 bei einer Amputation (erstmals seit der Antike) die GefaBe und brannte den Stumpf nicht, wie bisher ublich, unter groBen Qualen fiir den Operierten mit einem gluhenden Eisen aus (4. 9). Im gleichen Jahr erhielt er den Titel eines nchirurgien du roicc von Konig Heinrich 11. Eigentlich ware das gar nicht moglich gewesen, denn Par6 war Barbier. kein akademisch ausgebildeter und examinierter Chirurg. Er konnte weder Griechisch noch Latein und muBte seine Bucher in Franzosisch schreiben. Der Oberlieferung nach wurde fur Pare, nicht zuletzt durch das Wohlwollen des Konigs, eine nakademische Farce>premier chirurgien du roicc und zum Oberwundarzt am H6tel-Dieu, seiner einstigen Ausbildungsstatte. Wie ein Wermutstropfen erscheint es, daB Par6 in dieser Funktion durchzusetzen versuchte, daB nur er in Frankreich entscheiden solle. wer in Zukunft Chirurg wird (4). Vielleicht war diese Selbsterhohung des sich immer zuriickgesetzt fuhlenden ehemaligen Barbiers gegeniiber den nrichtigencc Chirurgen und Akademikern der Grund fur die heftige Ablehnung einiger seiner chirurgischen Bucher durch das Kollegium der Chirurgen und die Medizinische Fakultat. Er konnte trotz koniglicher Zuneigung seine Vorstellungen gegen die Fakultatsarzte nicht durchsetzen. Vielmehr warfen sie ihm bei literarischen Abschweifungen auf internistisches Gebiet Inkompetenz vor.

SchlieBlich wurde der Barbier Park wie der Akademiker Vesal, zum Dissektor bei Dubois. 1537 nahm er als Feldchirurg am Krieg Konig Franz I. von Frankreich gegen Kaiser Karl V. teil. Nach dem Feldzug bestand Par6 das Examen zum Barbier-Chirurgen und konnte daraufhin auf weiteren Kriegsschauplatzen seine auBergewohnliche chirurgische Begabung unter Beweis stellen. Das Buch ~ O b e rdie Behandlung der SchuBwundencc

Doch Par6 war ein engagierter Mann. und noch in hohem Alter machte er sich zum Wortfuhrer einer Bewegung gegen den Aberglauben in der Medizin. Er starb hochbetagt in seinem Pariser Wohnhaus und wurde in der Kirche Saint-Andredes-Arts in Paris beigesetzt (4.6).

Msch. med. Wschr. 116 (1991).35-36 0 Georg Thieme Verlag Stuttgart . New York

Mit Par6 trat der Arzt (das hieB damals auch ~ d e Manncc) r wieder an das Bett der KreiBenden. Die arztliche Geburtshilfe war seit der Antike,

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Frauenklinik (Chefarzt:Prof. Dr. H. Randow) des Stiidtischen Krankenhauses im Friedrichshain. Berlin

36 Ulrich: Ambroise Pare zurn 400. Todestag -

Literatur 1 Burnrn, E.: GrundriB zurn Studium der Geburtshilfe (Bergmann:

Miinchen-Wiesbaden 19221.6. 2 Genschorek. W.: Wegbereiter der Chirurgie (Hirzel: Leipzig

1982). 9. 3 Der GroBe Brockhaus, Bd. 14 (Brockhaus: Leipzig 1933). 170.

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Pares Leben war nicht frei von Anfechtungen - auch nicht vom Streben nach Macht, nachdem er der groBe Chirurg vom HBtel-Dieu geworden war. Doch sein Wort >>ichverband ihn, Gott heilte ihna (6) zeugt von der Bescheidenheit und Weisheit eines groBen Arztes.

- Zur vierhundertsten Wiederkehr des Jahres seiner Geburt. Dtsch. med. Wschr. 37 (1911). 29. Mayrhofer. B.: Wijrterbuch zur Geschichte der Medizin (Fischer: Jena 1937). Meyer-Steineg, T.. K. Sudhoff: Geschichte der Medizin irn Uberblick mit Abbildungen (Fischer: Jena 1950). Mikulicz-Radecki. F. v.: Geburtshilfe des praktischen Arztes (Barth: Leipzig 1954). 1. Pschyrembel, W.: Arnbroise Pare und die Geschichte der Wendung auf die FiiBe (1549-1949). Zbl. Gynak. 72 (1950). 1. Schmitt. W.: Allgemeine Chirurgie (Barth: Leipzig 1958). 13.

4 Haberling. W.: Ambroise Pare

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Dr. U. Ulrich Frauenklinik Stadtisches Krankenhaus im Friedrichshain Leninallee 49 0 - 1 0 1 7 Berlin

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das heiBt etwa tausend Jahre lang, vernachlassigt worden. Es hatte seitdem auch keinen nennenswerten wissenschaftlichen Fortschritt gegeben, dafur aber eine Unzahl gefahrlicher und sinnloser Empfehlungen, die Mutter und Kind bedrohten (7). Par6 und nicht zuletzt sein Schuler Guillmeau (1 550-1 61 3) sowie seine Schulerin, die Hebamme Luise Bourgeois (1563- 1636), klarten die Indikation und vervollkommneten die Technik der >>Wendungauf die FiiBecc (1,5, 8).

DMW 1991.116.Jg.. Nr. I

[Ambroise Paré on the 400th anniversary of his death].

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