Kasuistik | Case report

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Allopurinol-Hypersensitivitätssyndrom: Lebertransplantation nach Behandlung einer asymptomatischen Hyperurikämie Allopurinol hypersensitivity syndrome: Liver transplantation after treatment of asymptomatic hyperuricaemia S.E. Miederer1 K.O. Miederer2

Institut

1 Glockenstr. 9A, Berlin 2 Rechtsanwalt, Berlin

Zusammenfassung ▼ Anamnese: Ein 41 Jahre alter Mann wurde wegen einer asymptomatischen Hyperurikämie (9,2 mg/dl) behandelt. Es wurde eine Therapie mit 300 mg Allopurinol eingeleitet. Verlauf: 4 Wochen nach Beginn der Therapie entwickelte sich ein typisches Hypersensitivitätssyndrom (AHS) mit Hautausschlag (exfoliative Blasenbildung mit Einblutungen), Fieber, Eosinophilie und akutem Leber- und Nierenversagen. Es erfolgte eine orthotope Lebertransplantation. Folgerung: Das AHS ist eine lebensgefährliche, iatrogene Erkrankung. Bei 2 % der Behandelten treten Hautausschläge auf, die unvermittelt und

nicht vorhersehbar bei 0,4 % davon in ein AHS übergehen, das wiederum bei 14–30 % tödlich verläuft. Die Diagnose ist anfangs schwierig zu stellen. In der Pathogenese werden unterschiedliche Ursachen diskutiert, wobei auch eine genetische Komponente beteiligt ist. Die Höhe der Dosierung, die Nierenfunktion und Begleitmedikationen sind von Bedeutung. Bei einer asymptomatischen Hyperurikämie ist die Verabreichung von Allopurinol nicht indiziert. Liegt eine eindeutige Indikation für eine Allopurinol Therapie vor, so ist mit der niedrigsten Dosis (100 mg) zu beginnen, und bei Bedarf unter strengen Kontrollen die Dosis langsam zu erhöhen.

Allopurinol wird von den meisten Patienten gut toleriert. Bei 2 % der behandelten Patienten entwickelt sich jedoch eine Rötung der Haut und bei etwa 0,4 % davon – insbesondere solche mit verminderter Nierenfunktion oder Therapie mit Thiaziden – eine ausgeprägte allergische Reaktion, die als Allopurinol-Hypersensitivitätssyndrom (AHS) bezeichnet wird [2]. Das AHS ist durch eine schwere Hautreaktion, Fieber, Eosinophilie und Multiorganversagen gekennzeichnet. Die Mortalität liegt bei etwa 14–30 % [2, 14, 15].



Schlüsselwörter Hyperurikämie Oxipurinol Allopurinol Hypersensititivitätssyndrom (AHS) Stevens-Johnson Syndrom Eosinophilie akutes Leber und Nierenversagen orthotope Lebertransplantation

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Keywords hyperuricaemia oxypurinol allopurinol hypersensitivity syndrome (AHS) Stevens-Johnson syndrome eosinophilia acute liver and renal failure orthotopic liver transplantation

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Einleitung ▼ Allopurinol hemmt partiell über den Metaboliten Oxipurinol die Xanthinoxidase und damit die Oxidation von Hypoxanthin zu Xanthin und weiter zu Harnsäure [2, 10]. Dies senkt die Konzentration von Harnsäure im Blut und Urin. Allopurinol hat sich seit Jahrzehnten in der Therapie der hyperurikämischen Gicht bewährt [10].

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Viele Patienten mit Hyperurikämie sind asymptomatisch und bekommen nie eine Gicht. Ob bei einer Hyperurikämie häufiger kardiovaskuläre Erkrankungen auftreten können, wird kontrovers diskutiert [2, 12]. Die Ergebnisse der Framingham-Studie sprechen dagegen [12]. Eine asymptomatische Hyperurikämie ist deshalb keine Indikation für eine Allopurinol Therapie. Es gilt das Motto: „Treat the patient, not the test result“.

Kasuistik ▼ Ein 41-jähriger Patient stellte sich vor einem beruflich bedingten Auslandsaufenthalt wegen eines grippalen Infektes bei seinem Hausarzt zu einer körperlichen und laborchemischen Untersuchung vor.

eingereicht 12.06.2014 akzeptiert 28.08.2014 Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1387408 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 0:2537–2540 · © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. med. Siegfried-Ernst Miederer Glockenstr. 9A 14163 Berlin eMail [email protected]

Korrekturexemplar: Veröffentlichung (auch online), Vervielfältigung oder Weitergabe nicht erlaubt! ■

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Autoren

Kasuistik | Case report Anamnese und körperlicher Untersuchungsbefund Die vorliegenden Unterlagen wiesen mit Ausnahme von spontan vorübergehenden bronchialen und gastrointestinalen Infekten keine Besonderheiten auf. Allgemeine Risikofaktoren wie Hypertonie, Hyperlipoproteinämie oder Diabetes mellitus waren nicht bekannt. Es wurden 10 Zigaretten/Tag und mäßiger Alkoholkonsum angegeben. Medikamente wurden nicht regelmäßig eingenommen. Die körperliche Untersuchung war unauffällig. Größe 182 cm, Gewicht 85 kg, BMI 26 kg/m2. Die ansonsten in der Norm befindlichen Laborwerte ergaben eine Harnsäurekonzentration von 9,2 mg/dl (Norm: 4,0 – 8,5  mg/dl) bei einem Kreatininwert von 1,23 mg/dl (Norm 

[Allopurinol hypersensitivity syndrome: Liver transplantation after treatment of asymptomatic hyperuricaemia].

A 41 year old patient started treatment with 300 mg/d allopurinol for asymptomatic hyperuricaemia (9,2 mg/dl)...
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