ARDS des Erwachsenen Ch. Hömann, H . Benzer, Ch. Putensen, W. Koller, G. Putz W . Lingnau Klinik für Anasrhesie und Allgemeine Inrensivmediun, Universitär Innsbmck, Österreich

7 Patienten erlitten vor Einsetzen der respiratorischen Störung ein schweres Trauma, 4 Patienten eine Virusinfektion und 1 Patient eine akute Pankreatitis. Bei 7 Patienten wurde eine Obduktion durchgefuhrt, auf der Schnittfläche imponierte die Lunge wie Lebergewebc. Mikroskopisch wurden eine Hyperämie,.hAtelektasen,interstitielle und intraalveoläre Blutungen, Odem, hyaline Membranen und alveoläre Makrophagen gefunden. Mittels einer von Clements 1957 beschriebenen Wilhelmy-Balance wurde (2) im zertrümmerten Gewebe des Lungenpräparates die Oberflächenspannung bestimmt. Die Autoren fanden eine Abnahme der Oberflächenaktivität. Sie bedauerten die Situation, daß die Oberflächenspannung nicht direkt beim lebenden Patienten bestimmbar wäre, und diskutieren die Hypothese, daß möglicherweise eine Störung der Oberflächenspannung in der Pathophysiologie und Klinik beim "Acute Respiratory Distress in Adults" Bedeutung haben könnte.

tikosteroide in der Behandlung dieser Patienten wertvoll sein könnten. In der Diskussion bemerkten die Autoren, daß die Ätiologie dieses Syndroms unklar wäre. Sie hoben hervor, da13 dic Antwort der Lunge auf die verschiedenen physikalischen und möglicherweise biochemischen Schäden bei allen 12 Patienten gleich gewesen wäre. Nach kritischem Studium dieser Arbeit muß man eingestehen, daR sich unsere Kenntnisse zur Pathophysiologie und Therapie des ARDS seither nur in Teilaspekten verbesserten. Die Mortalität betrug bei Ashbaugh (1) 58 %, also hat sich immerhin in den folgenden Jahren die Mortalität verringert. Die Inzidenz und Mortalität ist beim ARDS auch heute noch hoch. Es gilt daher, die derzeit mögliche Palette von prophylaktischen und therapeutischen Maßnahmen beim ARDS noch besser auszuschöpfen:

Eine gut organisierte Notfallmedizin mit o p timal ausgebildeten Notfallmedizinern könnte sicherlich dazu beitragen, durch gezielte Maßnahmen am Notfallort und auf dem Transport (Schocktherapie, Kreislauftherapie, Management der Atemhilfe) die Inzidenz des ARDS zu senken.

Frühe Osteosynthese Therapeutische Maßnahmen waren die A p Eine frühe, komplette Osteosynthese beim plikation von Digitalis, Antibiotika, Ü b e r d ~ c k b e a t m u n ~ und Kortikosteroide. 5 Patienten erhielten eine kontinuier- Traumapatienten ist in der Lage, die lnzidenz des Organversagens und somit auch des Lungenversagens bei solchen liche Überdru~kbeatmun~ mit einem endexspiratorischen Druck von 5- 10 cm H 2 0 , 3 davon überlebten. Von 7 Pati- Patienten zu senken. enten, die nicht mit einer kontinuierlichen Clberdruckbeatmung behandelt worden waren, überlebten nur 2, wobei Selektive Darmdekontamination (SDD) einer dieser Uberlebenden dramatisch positiv auf KortikoDie in diese Methode gesetzten Hoffnungen steroide reagierte. in der Prophylaxe und Therapie des ARDS haben sich derIn der Zusammenfassung waren die Auto- zeit noch nicht erfullt. Wohl konnten mit dieser Methode ren der Meinung, daß die Pathologie des von ihnen be- in Teilbereichen (Pneumonierate) gewisse Erfolge erzielt schriebenen Syndroms jener beim Respiratory Distress in werden, eine abschließende Beurteilung scheint jedoch Infants ähnlich wäre und daß man theoretisch einen Zusam- nicht möglich zu sein (3). menhang mit einer Störung der Oberflächenspannung in der Lunge annehmen müßte. Sie waren der Meinung, d& Pharmakologische Intervention ein positiver endexspiratorischer Druck bei der Beatmung Schon in der Arbeit von Ashbaugh wurde in der Behandlung der Atelektasen und der Hypoxämie am hilfreichsten wäre und betonen darüberhinaus, daß Kor- auf die Bedeutung der Kortikosteroide hingewiesen. Diese scheinen heute bei der Prophylaxe oder Therapie des ARDS keine Rolle mehr zu spielen. Die topische Applikation von Surfactant - von Ashbaugh (1) schon vor 25 Jahren diskuAnästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 27 (1992) 305 -309 tiert - ist heute im klinischen Experiment wieder aktuell. O Georg Thieme Verlag Stuttgart . New York

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Vor 25 Jahren veröffentlichten D. G. Asb baugh, D. B. Bigelow, T. L. Petty und B. E. Levine im Lancet ( 1 ) die Arbeit "Acute Respiratory Distress in Adults". In dieser Arbeit berichteten sie über 12 Patienten, die alle eine ahnliche Form eines akuten respiratorischen Versagens zeigten. Klinisch fanden sie bei allen Patienten eine schwere Dyspnoe, Tachypnoe, Zyanose, die sich nach Gabe von Sauerstoff nicht besserte, eine Abnahme der Lungen-Compliance und im Lungenröntgen diffuse alveoläre Infiltrationen.

D6 Anästhesiol. Intensiomed. Norfallrned. Schmenther. 27 (1992)

Durch die Inhalation von Nitrooxid (NO) (4) konnte auch eine Senkung des pulmonal-arteriellen Dmckes und eine pulmonale Vasodilatation ohne Beeinflussung der hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion und ohne systemische Vasodilatation enielt werden. Eine Verbesserung der Oxygeniemng könnte in Kombination mit PEEP Vorteile bringen. Die Forschung und neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der Pathophysiologie des ARDS der letzten Jahre zeigten viele Möglichkeiten einer pharmakole gischen Intervention auf. Diese Möglichkeiten scheinen derzeit immer noch eher im experimentell-klinischen Bereich zu liegen. Beatrnungsstrategie Schon Ashbaugh (1) hat vor 25 Jahren darauf hingewiesen, daß zur Behandlung der Atelektasen und damit auch der Hypoxämie die Anwendung eines positiven endexspiratorischen Druckes (PEEP) vor allem hilfreich wäre. Daran hat sich bis heute nichts wesentlich geändert. Unsere Beatmungsstrategien wurden lediglich in den vergangenen Jahren differenzierter (Inversed Ratio Ventilation [5,6], augmentierende Beatmungsverfahren, wie W [7], PSV [8], APRV [9], BIPAP [10,1:I]und extrakorporale Verfahren [12]). Die zunehmende klinische Erfahrung in der Anwendung derartiger differenzierter Beatmungsmethoden lehrte uns jedoch, daß insbesonders die Langzeitanwendung invasiver Verfahren die Progredienz des akuten Lungenversagens steigern kann, daß durch solche Beatmungsverfahren die Rehabilitation der Lunge unmöglich werden kann und daß solche Beatmungsverfahren die Entwicklung von Sepsis und Multi-Organversagen fördern. So werden wir heute mit der "Ventilator Associated Pneumonia" mit folgender Sepsis immer häufiger konfrontiert. Invasive Verfahren mit hohem endexspirate rischen Dmck, mit großen Tidalvolumina, mit hohen endinspiratorischen Drücken und langem Atem-Zeit-Verhältnis können zu Flow-Veränderungen im Bereich der mesenterialen GefiGe, zur Schädigung der Darmwand mit Translokation von Mikroorganismen, Absorption von Endotoxinen und Aktivierung von Makrophagen und somit zum ,Septischen Syndrom" und Multi-Organversagen führen. All diese Erkenntnisse führten dazu, daß sich eine prinzipielle Strategie für den Einsatz von Beatmungsverfahren beim ARDS entwickelte (13,14): 1. Die Atemhilfe (Ventilatory support) soll so früh wie möglich - prophylaktisch - zur Anwendung kommen. Sie soll, wenn möglich, bereits in der prähospitalen Phase (Traumapatienten!) differenziert erfolgen. 2. Es ist entscheidend, daß schon zu Beginn der Beatmung eine ideale Dosiemng angestrebt wird: richtige Fi02, ausreichender endexspiratorischer Druck, möghchst niedriger endinspiratorischer Dmck, damit nicht zu hohes Tidalvolumen, möghcherweise höhere Atemfrequenzen, ideales Atem-Zeit-Verhältnis (21: 1). 3. In der frühen Hospitalphase sollen, wenn mögiich, augmentierende Beatmungsverfahren bei funktionierendem Zwerchfell zur Anwendung kommen (keine Muskelrelaxation).

Ch. Hörmann und Mitarb.

Das Ziel einer solchen prophylaktischen Atemhilfe soll ein adäquater Gasaustausch bei adäquater Lungenmechanik sein. Es gilt, verschlossene Alveolen sofort zu rekrutieren und offen zu halten! Dadurch können wir das Ziel dieser Beatmungsstrategie, die Beatmung so kurz wie mögiich und so wenig invasiv wie möglich zu gestalten, erreichen. Der vermehrte Einsatz der Computertomographie (CL) neben und an Stelle der Röntgenuntersuchung der Lunge beim Intensivpatienten verbesserte nicht nur das Erkennen und die Lokalisation eines Pneumothorax. sondern hhrte zu einem neuen Überdenken der regionalen Verteilung morphologischer Verandemngen in der Lunge beim ARDS. In der Klinik ließen wir uns bei der Beurteilung der Morphologie vor allem durch die im Lungenröntgen erkennbare regionale Verteilung von Veränderungen leiten. Diese Verteilung beschrieb schon im Jahre 1967 Ashbaugh im Lancet (1): "The clinicd Pattern, which we will refer to as the respiratory-distress syndrom, includes severe dyspnoea, tachypnoea, cyanosis, that is refractory to oxygen therapy, loss of lung compliance and diffuse alvee lar infiltration seen on the chest X-ray". In der Computertomographie finden wir diese atemmechanischen Problemherde nicht diffus verteilt, sondern vor allem in den abhängigen, dorsalen "dependent" Lungenarealen. Solche Verdichtungen, Atelektasen, Infiltrationen und auch Ergiisse sind darüberhinaus vorwiegend zwerchfellnahe lokalisiert (Abb. 1). Diese mittels der Computertomographie gewonnenen neuen Erkenntnisse hinsichtlich der Lokalisation von Lungenverdichtungen, vorwiegend in den abhängigen Lungenarealen, mußten auch zu einem Neuüberdenken der Beatmungsstrategie führen. Tiefe Sediemng oder gar Relaxation mit Lahmung des Zwerchfells führt dazu, daß gerade die abhängigen, zwerchfellnahen Lungenareale von einer maximal reduzierten Wand-Compliance umgeben sind (Dmck vom Abdomen). Dies muß dazu fuhren, daß die Ventilation (Respirator) vorwiegend in die nicht abhängigen, ventralen Lungenareale erfolgt. Die weitere Folge ist eine progrediente Abnahme der Ventilation und Atelektasenbildung in den abhängigen Lungenarealen mit einer Zunahme der venösen Beimischung (Abnahme des Ventilations-Perfusions-Verhälmisses,Shunt und Hypoxämie). Auch die Anwendung differenzierter Beatmungsverfahren, etwa mit stark verlängertem Atemzeitverhältnis, wird diese fatale Situation kaum verbessern können. Zu überlegen wäre, ob in dieser Situation eine High-Frequency-Oscillation eine bessere Verteilung ermöglichen könnte. Die Anwendung von augmentierenden Beatmungsverfahren mit erhaltener Spontanatmung und Beweglichkeit des Zwerchfelles sollte in der Lage sein, die Verteilung der Ventilation zu verbessern und das Ventilations-PerfusionsVerhälmis zu steigern. Ein weiterer therapeutischer Ansatz sollte jedoch darin liegen, abhängige ("dependentn), dichte Lungenareale durch einen Lagewechsel (z.B. Bauchlage) in

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ARDS des Erwachsenen

Anästhesiol. Intensivmed. NotfaUmed. Schmerzther. 27 (1992) 307

Abb. 1 Computertomographie; .ARDS Lunge". Schnittebene knapp über dem Zwerchfell gelegen. a) beidseits dorsale Atelektasen und Erguß, b) nach mehrtagigem Lagewechsel nur mehr geringfugige Atelektasen

nicht abhängige ("non-dependent") Lungenareale überzuführen.

Ventral

Die Entstehung solcher Atelektasen in den abhängigen, zwerchfellnahen Arealen kann zum Teil durch die künstliche Beatrnung bei tiefer Sedierung und Relaxation erklärt werden. Das pathologische Substrat beim ARDS gibt jedoch eine weitere gute Erklärung für die vorliegende Verteilung des morphologischen Substrats (Abb. 2).

Man kann sich die Lunge als eine Unzahl von Einheiten vorstellen. Jede Lungeneinheit besteht aus einem Luft- und einem Gewebekompartment. Jede Lungeneinheit drückt auf die unter ihr liegende Lungeneinheit. So kann man sich vorstellen, daß bei einem auf dem Rücken liegenden Probanden der größte Druck auf den im dorsalen Bereich lokalisierten Lungeneinheiten lastet und somit in diesem Bereich das Verhältnis Luft/Gewebe am kleinsten ist. Beim ARDS, bei Vorliegen einer Gesamtschädigung der Lunge im Sinne eines Permeabilitationsödems, nimmt infolge des interstitiellen Flüssigkeitsödems das Gewicht jeder Lungeneinheit zu. Auf den Lungeneinheiten in den abhängigen Lungenarealen ist aber der Druck arn größten, häufig so groß, daß diese Lungenareale durch die Kompression den Gasanteil verlieren und nur noch aus Gewebe bestehen (Atelektasen). Bei Änderung der Lage - also zum Beispiel bei Umlagerung von Rücken- auf Bauchlage - werden die dichten, nicht ventilierten Areale nach oben verlagert und die mit reichlich Luft ausgestatteten Lungeneinheiten (ventilierte Bereiche) zu abhängigen Lungenarealen. Das führt einerseits zu einer schlagartigen Verbesserung des Ventilations-Perfusions-Verhältnisses, wie es bei einseitigen Lungenveränderungen nach Dehnung der gesunden Seite nach unten beobachtet worden ist (15). Weiters kommt es sukzessive zu einer Zunahme des Luft/Gewebe-Verhältnisses in den jetzt ,nichtabhängig" gewordenen dichten Lungen-

Hu......... Unit height Cu.. ...... .Unit Compliance H...........Lung height A ............Air T............ Tissue G............ Weight P........... .Pressure

Dorsal Abb. 2 Verände~ngder Relation LuftIGewebe in der Lunge von ventral nach dorsal.

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P

08 Anästhesiol. Intensimed. NotfaUmed. S c h m d e r . 27 (1992)

Ch. Hörmann und Mitarb.: ARDS des Erwachsenen

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Tab. 1 Veränderungen des Gasaustausches eines Patienten mit ARDS während LagewechselRücken/ Bauch.

1. Tag R IRV

d

0,99 32.5 57 0.91 -1 5

9 W

2

3

B IRV

B IRV

B IRV

0.99 31,8 123.8 0.80 15

0.99 31.3 89.7 0.86 60

0.9 35.9 113,8 0.8 300

B IRV

B IRV

0.8 32.5 158 0.69 600

0.65 35,5 116,6 0.71 840

2

2

3

R IRV

R IRV

R IRV

R IRV

0,65 35,9 116,l 0.71 15

0.65 37,l 114.4 0.71 60

0,65 38.2 99,8 0.75 300

0.65 38.3 94 0.76 600

2.Tag Position Ventilation Fi02 PaC02 Pa02 Quotient* Zeit (min)

Y V)

I

8

32

B IRV

B IRV

B IRV

3.Tag R IRV

0,66 0.6 0,5 I 0,5 38.1 38.5 36,2 35.2 126,2 136.3 119.6 69.8 0.68 0.61 0.59 0.76 60 300 600 60

32

R IRV

I3 IRV

0,75 363 113.2 0.75 300

0,7 373 90.9 0.77 600

I

d

V)

I

E 2 g

(3

8 ' IRV

0.7 40.5 42.3 0.68 60

B IRV

B IRV

d



R IRV

R IRV

0,6 0.5 .I 0.5 0,5 40,6 39,6 38,7 40,l 135,3 135,4 3 W 126.1 1133 0.63 0.54 0.56 0.61 300 600 60 300

E

3

R IRV

0.45 39.2 109,4 0.53 600

siehe Literatumitat 21.

arealen. Dafur dürfte sowohl eine Umverteilung des hydrostatischen Druckes (16) als auch eine relative Hypoventilation von abhängigen Lungenarealen (17) verantwortlich sein. Die daraus mögliche Redistribution von den mittels Computertomographie lokalisierten Verdichtungen bei akutem Lungenversagen wurde vor allem von Gattinoni und Mitarb. (18) beschrieben. So haben wir in der Beatmungsstrategie beim ARDS-Patienten den gezielten Lagewechsel miteinbezogen. Unter Kontrolle der Lunge mittels Computertomographie wird möglichst frühzeitig ein periodischer Wechsel zwischen Bauchlage und Rückenlage durchgeführt. Wahrend der Bauchlage ist sorgfältig darauf zu achten, daß die Expansion des Abdomen wahrend der Inspiration möglichst frei erfolgen kann. Dies gelingt derzeit am besten bei Lagerung des Patienten in einem Luftkissenbett, um für eine Reduktion des Auflagedruckes im Abdominalbereich zu sorgen. Im besonderen ist darauf zu achten. dai3 nach Lagewechsel eine sorgfältige, in kürzeren Abständen zu erfolgende Bronchial-Toilette durchgefihrt wird. Nach Lagewechsel kann man immer eine deutliche Zunahme der Sekretion beobachten. Entscheidend ist darüberhinaus die Anwendung differenzierter Beatmungsmethoden wahrend dieser Manöver, um Alveolen zu rekrutieren und diese dann offen halten zu können (Verlängerung des I/E-VerhältnisSes [IRV] mit zusätziichem endexspiratorischen Restflow [intnnsic PEEP]; höherer PEEP unter sorgfältiger Kontrolle der Lungenmechanik (19)): Die Erfahrung zeigt, daß wenige Stunden nach dem Lagewechsel die anfängliche Verbesserung hinsichtlich des Gasaustausches zum Stillstand kommt oder sich sogar wieder abschwächt, so dai3 neuerlich ein Lagewechsel durchgeführt werden muß. Im Durchschnitt werden unsere Patienten alle 10 bis 12 Stunden umgelagert. Nach drei bis vier T w e n wird ein Kontroll-fl des Thorax durchgeführt, damit Veränderungen im Bereich der dorsalen Atelektasen erfai3t werden können. Das Ende der Lage-

rungswechsel wird einerseits von der Klinik (Stabilisierung des Gasaustausches), andererseits durch die Kontroll-CI' des Thorax (deutliche Abnahme der dorsalen Atelektasen) bestimmt.

Es sollte untersucht werden, o b durch die symptomatische Verbesserung der Oxygenation, die durch die Anwendung einer NO-Inhalation eizielt wurde, die Beatmung invasiver erfolgen kann und die Intervalle zwischen den Lagewechseln verlängert werden können. An einem Beisviel soll nun die Wirkung des Lagewechsels auf den ~Aaustauschgezeigt werde; (Tab. 1). Der Patient erlitt in Folge eines Polyaaumas ein ARDS. Aufgrund der schlechten Gasaustauschsituation trotz sehr invasiver Beatmung (FiOz= 100 O/o; IRV: I: E = 2,5 : 1; PEEP 10 cm HzO, mittlerer Atemwegsdruck über 22 cm H 2 0 ) und nach Vorliegen eines Thorax-CT (massive dorsale Atelektasen beidseits) wurde an dem Patienten ein Lagewechsel vorgenommen. Nach 15 Minuten konnte eine dramatische Verbesserung beobachtet werden, die aber nicht von Dauer war (Tab. 1). Dieses Phänomen durfte auf das schlagartig veränderte Ventilations-Perfusions-Verhältnis in Bauchlage zurückzuführen sein, wobei es zu einer guten Perfusion der zunächst noch gut belüfteten, nun abhängigen Lungenareale kommt. Im Laufe der nächsten 10 Stunden verbesserte sich die Gasaustauschsituation deutlich (Tab. 11. Da keine weitere Verbesserune erzielt werden konnte, wurde der Patient nach 13 Stunden wieder auf den Rücken gedreht. In dieser Position kam es zu einer allmahlichen Verschlechterung der Blutgase. In der Folge wurde an dem Patienten ungefähr alle 12 Stunden ein Lagewechsel vorgenommen. Nach 3 Tagen trat auch in Rückenlage keine weitere Verschlechterung des Gasaustausches auf. Da in einem Kontroll-CT ein deutlicher Rückgang der dorsalen Atelektasen zu beobachten war, wurde auf weitere Drehmanöver verzichtet.

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Position Ventilation FiOn PaC02 Pa02 Quotient' Zeit (min)

An ästhesiol. Intensiumed. Notfallmed. Schmerzther. 27 (2992)

Die Umlagerung des Patienten vom Rücken in die Bauchlage und umgekehrt ist für das Pflegepersonal natürlich eine schwerwiegende, aufwendige, diffizile pflegerische Handlung. Die Anwendung des Luftkissenbettes erleichtert solche Umlageningen und macht sie erfolgreich. Die Industrie ist jedoch zu ermuntern, ein ,Beatmungsbettu zu konstruieren. ein Bett. in dem Patienten automatisch gedreht werden. Zu untersuchen ist, inwieweit lediglich durch eine periodisch, in kürzeren Abständen, zu erfolgende extreme Seitenlagerung und Kopf- bzw. Fußtieflagerung Lungenareale zu rekrutieren sind. Für solche Manöver stehen entsprechende kommerziell entwickelte Geräte zur Verfügung (20).

Es kann mit Sicherheit angenommen werden, d B ein systematischer, gezielter Ci-kontrollierter Lagewechsel die Inzidenz des ARDS senken und die Prognose des ARDS verbessern kann.

Vor 25 Jahren veröffentlichten D. G. Asb baugb, D. B. Bigelow, T. L. Petty und B. E. Levine im Lancet die Arbeit "Acute Respiratory Distress in Adults*. Nach kritischem Studium dieser Arbeit mui3 man eingestehen, d& sich unsere Kennmisse zur Pathophysiologie und Therapie des ARDS seither nur in Teilaspekten verbesserten. Die Mortalität betrug seit Ashbaugh 58 %, also hat sich immerhin in den folgenden Jahren die Mortalität verringert. Die Inzidenz und Mortalität ist beim ARDS auch heute noch hoch. Es gilt daher, die d e m i t mögliche Palette von prophylaktischen und therapeutischen Mdnahmen beim ARDS noch besser auszuschöpfen:

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prahospitale Notfdmedizin; frühe Osteosynthese; selektive Darmdekontamination; optimierte Beatmungsstrategien: 1. frühzeitige differenzierte Atemhilfe; 2. ideale Dosierung von PEEP und Fi02 schon zu Beginn der Beatmung; 3. Spotanatrnung erhalten, diese durch augmentierende Beatmungsverfahren unterstützen, adäquate Analogsediemng ohne Relaxiemng, Zwerchfellfunktion erhalten; 4. beim beatmeten Patienten Routine-CT-Kontrolle des Thorax - beim ARDS insbesondere in frühen Stadien in der Regel Verdichtungen in den abhängigen zwerchfeiinahen Arealen - Therapie bzw. Verhinderung von Atelektasen in abhängigen dorsalen Lungenarealen durch frühzeitigen Lagewechsel des beatmeten Patienten (Bauch/Rücken, Seitenlagerung). Literatur

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309

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18

19

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GentilleUo, L.,D. Thompson, A. Tonnesen, D. Hernandez, A. Kapadia, S. Allen, B. Houtchens, M. Minec Effecr of a rotating bed on the incidence of pulmonary complications in critically ill patients. Crit. Care Med. 16 (1988) 763 Benzer, H.,W. Haider, N. Mutz, A. Geyer, Goldschmied, G. Pauser, M. Braun: Der alveolo-arterielle Sauerstoffquotient. Anaesthesist 28 (1979)533-539

Dr. Christoph H ö m a n n Klinik Für Anästhesie und Allgemeine Intensivmedizin Anichstraße 35 A-6020 Irinsbruck Österreich

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ARDS des Erwachsenen

[Acute respiratory distress in adults].

ARDS des Erwachsenen Ch. Hömann, H . Benzer, Ch. Putensen, W. Koller, G. Putz W . Lingnau Klinik für Anasrhesie und Allgemeine Inrensivmediun, Univers...
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