Schäfer u. a.: Akute nekrotisierende Angiitïs mit cosinophiler Myokarditis bei Asthma bronchiale

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Dtsch. med. Wschr. 100 (1975), 367-370 © Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Akute nekrotisierende Angiitis mit eosinophiler Myokarditis bei Asthma bronchiale A. Schäfer, V. Schulz und P. Höhn Pathologisches Institut (ehemaliger Direktor: Prof. Dr. H. Bredt) und II. Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität Mainz (Direktor: Prof. Dr. P. Schölmerich) und Abteilung für Pathologie des Städtischen Krankenhauses Kaiserslautern (Leiter: Prof. Dr. A. Schäfer)

Ein 34jähriger Patient, bei dem sich als eine Infektallergie ein Asthma entwickelt hatte, starb akut an Atem- und Herzstillstand, nachdem ihm Penicillin und Sulfonamide injiziert worden waren. Der pathologische Befund zeigte eine nekrotisierende Angiitis der Myokardgefäße sowie eine eosinophile Myokarditis. Dieses Bild ist wahrscheinlich Ausdruck einer medikamentösen Allergie. Klinisch und morphologisch sehr unterschiedliche Verlaufsformen nekrotisierender Angiitiden wurden nicht nur im Verlauf von Sulfonamidbehandlungen (5, 13), sondern auch im Zusammenhang mit Mißbrauch von Drogen wie Methamphetamin, Heroin und Lysergsäurediäthylamid (4) beobachtet. Der Begriff der nekrotisierenden Angiitis wurde von Zeek (25, 26) aIs Sammelbegriff für eine Reihe von Angiitiden geprägt. Danach umfaßt der Formenkreis der nekrotisierenden Angiitiden a) die klassische Form der Periarteriitis nodosa, wie sie von Kussmaul und Maier (12) beschrieben wurde, b) die Hypersensitivitätsangiitis, c) die rheumatische Arteriitis, d) die allergisch-granulomatöse Angiitis und e) die Riesenzellarteriitis bzw. Arteriitis temporalis (9). Während von pathologisch-anatomischer Seite diese Einteilung, besonders die Abgrenzung einer Hypersensitivitätsangiitis, nicht unwidersprochen blieb (19, 20), wurde von klinischer Seite die Notwendigkeit einer Abtrennung dieses Krankheitsbildes immer wieder betont (2, 3). 'Wir hatten Gelegenheit, einen ungewöhnlichen Fall einer nekrotisierenden Angiitis, die sich im wesentlichen auf die kleinen Gefäße des Myokards beschränkte, in Verbindung mit einer eosinophilen Myokarditis zu beobachten. Nach dem morphologischen Befund und dem klinischen Verlauf muß diese Form in die Gruppe

der Hypersensitivitätsangiitis eingeordnet werden.

Acute necrotizing angiitis with eosinophilic myocarditis in bronchial asthma In a 34-year-old patient asthma had developed as an allergy to infection. He died suddenly from cardiac and respiratory arrest

following parenteral penicillin and sulphonamides. At autopsy necrotizing angiitis of the myocardial vessels as well as eosinophilic myocarditis were shown. These findings are probably the expression of a drug allergy.

Kasuistik Vorgeschichte: Der 34jährige Patient klagte erstmals 1968 über Anfälle von Luftnot, über Husten und Auswurf. Die von ihm selbst als Asthma-Anfälle gedeuteten Atembeschwerden verschlimmerten sich schließlich so sehr, daß erstmals im Mai 1969 ein zehntägiger Krankenhausaufenthalt notwendig war. Im September des gleichen Jahres trat der Patient dann einen Kuraufenthalt in Bad Lippspringe an. Bei körperlichen Untersuchungen fand sich dort kein auffälliger pathologischer Befund. Es bestand einê Bluteosinophilie von 12% bei einer geringgradigen Leukozytose von 10200/Ill. Die Lungenfunktionsprüfung ergab eine mittelgradige obstruktive Ventilationsstörung, der Gaswechsel in Ruhe war ausgeglichen. Elektrokardiographisch zeigten sich ein unvollständiger Rechtsschenkelblock und eine Extrasystolie. Es wurde ein beginnendes Cor pulmonale diagnostiziert. Die Allergentestungen erbrachten bei einer normalen Hautreagibilität keine verwertbaren positiven Reaktionen, bis auf eine stark positive Reaktion gegen ein Mischantigen aus Katarrherregern und eine mittelstarke gegen Hausstaub. Wegen dieses Verhaltens wurde eine infektallergische Komponente als pathogenetischer Faktor des Asthma bronchiale betont. Im November 1969 mußte der Patient wegen zunehmender Beschwerden wiederum stationär aufgenommen werden. Trotz Corticoiden (Delphicort®, Volon®) und wechselnder antibiotischer Therapie (Paraxin®, Tetracyline, Binotal®) ließ sich keine Besserung erzielen. Als im Januar 1970 diffus über beide Lungen verteilte, streifige Infiltratbildungen röntgenologisch nachgewiesen wurden und sich im abgesaugten Trachealsekret Sproßpilze (Candida albicans) züchten ließen, wurde der schwerkranke Patient unter dem Verdacht auf eine Lungenmykose in unsere Klinik verlegt. Befund und Verlauf: Am Aufnahmerag bestand eine ausgeprägte asthmatisch bedingte in- und exspiratorisch behinderte Atmung, die

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Nr. 8, 21. Februar 1975, 100. Jg.

Schäfer u. a.: Akute nekrotisierende Angiitis mit eosinophiter Myokarditis bei Asthma bronchiale

die Dyspnoe des Patienten erklärte. Es bestand eine Zyanose. Zeichen einer Rechtsherzinsuffizienz ließen sich nicht feststellen: Die Haisvenen waren nicht gestaut, die Leber war nicht palpabel vergrößert, Beinödeme bestanden nicht. Ober der Herzspitze auskultierte man ein feines systolisches Geräusch, die Herzfrequenz war tachykard, der arterielle Blutdruck 100/80 mmHg. Epigastrische Pulsationen sprachen für eine Rechtsherzhypertrophie. Nach einer kurz dauernden Besserung des Zustandes, während deren röntgenologische, elektrokardiographische und Iungenfunktionsdiagnostische Untersuchungen durchgeführt werden konnten, kam es am zweiten Tag des stationären Aufenthaltes zu einer erneuten Verschlechterung. Anfälle von Atemnot, die mit Bronchodilatatoren nicht kupiert werden konnten, Hustenattacken, Temperaturen von über 40 °C und arterielle Blutgase, die eine Globalinsuffizienz der Atmung anzeigten (Pa02 48 Torr, PaCO2 = 79 Torr), zwangen zur assistierten Beatmung. Fünf Stunden nach Beatmungsbeginn kam es unmittelbar nach Injektion von Totocillin (Ampicillin und Oxacíllin) und Solu-Supronal® (Sulfatolamid und Sulfamerazin) zu einem Atem- und Herzstillstand. Trotz aller intensivmedizinischen Maßnahmen blieb die Reanimation erfolglos. Von den Laboratoriumswerten war die Blutsenkungsreaktion auf 42/64 mm mäßiggradig beschleunigt. Im Blutbild fiel bei einer Leukozytose von 20 0004t1 eine Eosinophilie von 37% auf. Die Elektrophorese zeigte eine Hypalbuminämie (38%) bei einer Hypergammaglobulinämie (27%), dazu eine leichtgradige Erhöhung aller anderen Fraktionen. Das Gesamteiweiß betrug 6,7 g/dl. Elektrokardiographische Befunde des Patienten liegen uns vom 4. 9. 1969, 8. 12. 1969 und 22. 1. 1970 vor. Das frontale Elektrokardiogramm vom 4. 9. 1969 zeigt einen Steiltyp des QRS-Hauptvektors in der ersten Hälfte der ventrikulären Aktivierung in Verbindung mit einem abnormen, überdreht rechtstypischen Vektor in der zweiten Hälfte. Dies ist kenntlich an einer S1, S11, Siji-Konfiguration,

den sekundär betonten R-Zacken in avR und sekundär kleiner RZacke in V1. Ferner findet sich in den Präkordialableitungen eine Linksverlagerung der QRS-Ubergangszone nach V6 infolge Darstellung betonter S-Potentiale bis V6. Diese Befunde sprechen für eine rechtsventrikuläre Hypertrophie des Herzens. Auf den folgenden Registrierungen (8. 12. 1969 bzw. 21. 1. 1970)

zeigt der frontale QRS-Hauptvektor einen Rechtstyp, gleichzeitig überhöhte P-Zacken in den Ableitungen II und III in Form eines P-dextrocardiale als weiteren Hinweis für eine Rechtsherzbelastung. Lungenfunktion: Die Lungenfunktionsuntersuchung ergab eine mitteigradige obstruktive Ventilationsstörung. Das Residualvolumen war auf 72% der Totalkapazität angestiegen: Nach Inhalation eines Bronchodilatators fiel die Resistance auf Werte um 6,5 cm H20 . 11 . s' ab, so daß die nachgewiesene bronchiale Obstruktion zumindest teilweise auf einem erhöhten Bronchomotorentonus beruhen mußte.

Der Gaswechsel zeigte eine Globalinsuffizienz der Atmung mit entsprechend erhöhten alveolo-arteriellen Partialdruckdifferenzen. Röntgenuntersuchung: Die vierzehn Tage vor dem Tode des Patienten angefertigte Thoraxübersichtsaufnahme (Abbildung 1°) zeigte

eine über beide Lungen verteilte, jedoch vorwiegend rechts lokalisierte grobnetzige Zeichnung. Im rechten Ober- und Unterfeld, links parahilär, waren größere, in sich inhomogen gezeichnete Verdichtungsbezirke zu erkennen, die unscharf begrenzt in die retikulären Strukturen des umgebenden Lungenparenchyms übergingen. Eine Vergrößerung des Herzens im Transversaldurchmesser bestand nicht. Der CT-Quotient betrug 0,43. Auffällig war eine verstärkte Ausladung des rechten Ventrikelbogens nach rechts, in Übereinstimmung mit der muskulären Wandhypertrophie, wie die Sektion ergab. Auf einer am Tage vor dem Tode des Patienten angefertigten Aufnahme hatte sich die strähnig-retikuläre Zeichnung der Lunge ver-

stärkt. Dicht stehende, fleckförmige Infiltrate, die kaum von den Verdichtungsbezirken zu trennen waren, waren über allen Lungenabschnitten verteilt. Lediglich die Spitzenfelder warén ausgespart. Beidseitig waren kleine Randwinkelergüsse zu erkennen. Die Herzkonfiguration war unverändert. Nach diesem röntgenologisch nachweisbaren Verlauf wurde der Verdacht auf eine ausgedehnte bronchopneumonische Herdbildung ausgesprochen. Als Ursache wurde eine Pilzpneumonie vermutet. * Abbildungen 1-4 siehe Tafel Seite 349

Deutsche Medizinische Wochenschrift

Pathologisch-anatomische Befunde (Auszug aus dem Obduktionsprotokoll): Leiche eines kräftigen jungen Mannes mit Zyanose der Lippen und der Schleimhäute von Pharynx und Larynx. Schleimhäute der Trachea und Bronchien leicht gerötet mit reichlich schaumiger und schleimiger Flüssigkeit. Je 250 ml bernsteingelbe klare Flüssigkeit in beiden Pleurahöhlen. Lungenparenchym gebläht, rechts stärker als links, und sehr flüssigkeits- und blutreich. In bei-

den Lungen, jedoch rechts stärker als links, stecknadelkopf- bis streichholzkopfgroße trockene und grau-weiße Herde. An der Basis des rechten Lungenoberlappens lateral und subpleural bohnengroße Abszeßhöhle mit diskreter fibrinöser Pleuritis. 500 g schweres Herz mit beiderseits stark dilatierten Herzhöhlen, schlaffer Konsistenz und abgerundeter Spitze. Dicke der Ventrikelwände: links

12-13 mm, rechts 7-8 mm. Diffuse streifen- und fleckenförmige grau-gelbe Verfärbung des Myokards im Bereich der Vorder-Seitenwand des linken Herzventrikels und homogene lehmgelbe Verfär-

bung des Myokards des gesamten Ventrikelseptums und der Hinterwand des linken Herzventrikels wie bei ausgedehntem Infarkt. Daneben punkt- und fleckförmige Blutungen. Auch im Myokard des rechten Herzventrikels fleckförmige Gelbfärbung. Endokard und Koronararterien sehr zart. Im Peritonealraum ganz geringgradiger Aszites. Alle übrigen Organe zeigen makroskopisch im wesentlichen nur eine akute bis subakute Blutstauung. Die mikrobiologische Untersuchung von Bronchialsekret erbrachte ProteusBakterien und Sproßpilze.

Histologie: Insgesamt wurden vierzehn Stellen des Myokards histologisch untersucht. Die im folgenden beschriebenen Veränderungen konnten in allen Schnitten in wechselnder Intensität nachgewiesen werden. Die stärksten Veränderungen lagen im Ventrikelseptum vor. Im Vordergrund des histologischen befundes stehen frische fibrinoide Nekrosen an einem Großteil der kleineren Arterien, bis hin zu den Kapillaren, und der kleinen Venen, nur gelegentlich der größeren Arterien in den Bindegewebssepten (Abbildung 2 und 3). Diese Nekrosen betreffen überwiegend den gesamten Gefäß.umfang, seltener Segmente. Das Lumen dieser Gefäße ist mit Fibrinund Thrombozytenthromben ausgefüllt. Die nekrotische Gefäßwand und vor allem ihre Umgebung ist mit Leukozyten, hauptsächlich eosinophilen, infiltriert. Häufig erstrecken sich diese Infiltrate weit zwischen die Muskelfasern, deren Interstitium ödematös ist, so daß stellenweise ein eosinophiles interstitielles entzündliches Infiltrat vorherrscht (Abbildung 2). Im Ventrikelseptum und in der angrenzenden Hinterwand liegen voll ausgeprägte frische Nekrosen größerer Areale des Myokards vor. Im subendokardialen Myokard sind die beschriebenen Veränderungen am stärksten ausgeprägt, sie finden sich aber auch in Gefäßen des subepikardialen Fettgewebes. Auch im Myokard des rechten Herzventrikels finden sich zahlreiche frische Gefäßnekrosen. In Schnitten von beiden Nieren konnte lediglich rechts an zwei unmittelbar benachbarten Glomerula eine frische fibrinoide Nekrose der Vasa afferentia gefunden werden, die sich bis in die Glomerulumkapillaren erstreckte (Abbildung 4). In der Umgebung geringgradige leukozytäre Infiltrate. Daneben lediglich Zeichen einer akuten Blutstauung. In histologischen Schnitten aller Lappen der Lungen Zeichen des

Asthma bronchiale mit Ektasie aller Bronchien, großen Mengen Schleim mit sogenannten Curschmannschen Spiralen, verdickter und hyalinisierter Basalmembran und stark entwickelter glatter Muskulatur. Gesamte Bronchialwand und umgebendes Lungenparenchym stark mit Eosinophilen infiltriert. Stellenweise auch Ansammlungen von Lymphozyten. Diffus in den Alveolen ödematöse Flüssigkeit.

Die makroskopisch beschriebenen trockenen Herde entsprechen mikroskopisch bronchopneumonischen Herden mit einem kleinen Abszeß an der Basis des rechten Lungenoberlappens. Das entzündliche Exsudat enthält reichlich eosinophile Leukozyten. An keiner Stelle aller untersuchten Lungenlappen fanden sich an den Gefäßen pathologische Veränderungen. An allen übrigen Organen, die ausführlich histologisch untersucht wurden, waren keine wesentlichen pathologisch-anatomischen Befunde zu erheben (Leber, Milz, Schilddrüse, Knochenmark, Skelett-

muskulatur, Pankreas, Magen-Darm-Trakt, Lymphknoten, Hoden, Prostata, Zunge, Mesenterium, Nebennieren). Lediglich das Gehirn konnte nicht untersucht werden, da eine Kopfsektion verweigert worden war.

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Schäfer u. a.: Akute nekrotisierende Angiitis mit eosinophiler Myokarditis bei Asthma bronchiale

Diskussion Nach den morphologischen Befunden liegt eine akute nekrotisierende Angiitis vorwiegend in den kleinen arteriellen und venösen Gefäßen des Myokards vor, in Verbindung mit einer eosinophilen interstitiellen, sogenannten Fiedlerschen Myokarditis. Offensichtlich hat die nekrotisierende Angiitis in einem einzigen Schub perakut zum Tode geführt, da alle Gefäßveränderungen nach morphologischen Kriterien als gleichaltrig bezeichnet werden müssen. Wenn auch nur an zwei Vasa afferentia einer Niere fibrinoide Wandnekrosen gefunden wurden, so zeigt diese Tatsache doch, daß man nicht von einem isolierten Befall des Myokards sprechen kann. Möglicherweise hat lediglich der foudroyante Verlauf verhindert, daß sich gleichartige Gefäßwandnekrosen auch in anderen Organen entwickelten. Beide Krankheitskomponenten eosinophile Myokarditis und nekrotisierende Angiitis müssen als Ausdruck einer kardiovaskulären Allergie gedeutet werden (2, 25, 26). Die allergische Reaktionslage des Patienten wird am eindrucksvollsten durch sein Asthma bronchiale dokumentiert, wobei die Allergentestung eine infektallergische Komponente aufdeckte. Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß diese Infektallergie die einzige Ursache der schweren kardiovaskulären Schädigung war. Man kann vielmehr annehmen, daß eine medikamentöse allergische Komponente eine ausschlaggebende Rolle gespielt hat. So ist bekannt, daß eine Reihe von Medikamenten, vor allem Sulfonamide und Antibiotika, aber auch Präparate wie Phenylbutazon, Pyrazolonkörper und Acetylsalicylsäure, sowohl eine allergische Myokarditis als auch eine nekrotisierende Angiitis auslösen können (3, 7, 22). In diesem Zusamrpenhang müssen die Antibiotikabehandlung mit verschiedenen Präparaten etwa zwei Monate vor dem Tod des Patienten und die auffallende Koinzidenz zwischen der Injektion der Antibiotikakombination Totocillin und der Sulfonamidkombination Solu-Supronal einerseits sowie dem Herz- und Atemstillstand andererseits erwähnt werden. Schließlich muß noch der Befund der Candidiasis im abgesaugten Trachealsekret als gravierend angesehen werden, wenn auch pathologisch-anatomisch hierfür kein Substrat gefunden wurde. Denn nach Bock (2) sind »Patienten mit früherem Bronchialasthma, mit anderen Allergosen, vielleicht auch mit Pilzbesiedlung der Haut« besonders gefährdet durch tödliche anaphylaktoide Reaktionen nach Injektionen von Penicillinpräparaten und anderen Antibiotika. Außer dem Asthma bronchiale möchten wir auch die röntgenologisch nachgewiesenen streifigen Lungeninfiltrate in Verbindung mit der Bluteosinophilie als Ausdruck einer allergischen Anamnese ansehen, im Sinne von Löfflerschen Infiltraten (15). In der Literatur sind auch andere Fälle mit Löffler-Infiltraten mitgeteilt, bei denen der Sektionsbefund Infiltrate von ausgesprochen bronchopneumonischem Charakter mit überwiegend eosinophilen Zellen erbrachte. Löffler-Infiltrate sollen bei Asthmatikern häufiger zu beobachten sein, wobei das Infiltrat nicht als Asthma-Ursache zu bewerten ist,

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sondern als eine durch das gleiche Allergen hervorgerufene Begleiterscheinung (8). Als Ursache spielen neben den bekannten animalischen Allergenen (Askariden) auch bakterielle und wahrscheinlich alle möglichen anderen Allergene eine Rolle, nach Löffler auch die Medikamente, die bei Lungenerkrankungen verordnet werden. Die bronchopneumonischen Infiltrate unseres Falles weisen keine Beziehungen zu Gefäßwandnekrosen auf, wie dies in anderen Fällen mitgeteilt wurde (14, 18).

Über Zusammenhänge zwischen Asthma bronchiale, nekrotisierender Angiitis, Myokarditis und Löfflerschen Infiltraten wurde in der Literatur gelegentlich berichtet. So beschrieben Kraytman und Mitarbeiter (11) zwei Fälle von Asthma bronchiale, bei denen in einer Muskelbiopsie und in einer Leberbiopsie eine nekrotisierende Angiitis festgestellt wurde. McCombs (16) fand unter 72 Patienten mit allergischer Vaskulitis in 19 Fällen eine allergische Anamnese, und zwar Asthma bronchiale (n = 7), Heufieber (n = S), Urticaria (n = 2) und vorangegangene Arzneimittelallergien (n = S). Ein Lungenbefund, teils im Sinne Löfflerscher Infiltrate, war bei 22 Patienten, eine Myokarditis bei fünf Fällen vorhanden. O'Duffy and Scherbel (17) fanden unter 27 Fällen mit nekrotisierender Angiitis in elf Fällen eine Hypersensitivitätsangiitis, davon in vier Fällen eine allergische Anamnese, in sechs unspezifische Lungeninfiltrate und nur einmal Asthma bronchiale. Zur Pathogenese der medikamentös-allergisch bedingten nekrotisierenden Angiitis ist bekannt, daß in der Gefäßwand Antigen-Antikörper-Komplexe abgelagert werden, die in Verbindung mit Komplement deren folgenschwere Schädigung bewirken (10). Derartige Immunkomplexablagerungen können auch bei der experimentell erzeugten Serumkrankheit nachgewiesen werden (6, 23) und spielen vor allem bei menschlichen Glomerulonephritiden eine bedeutende Rolle (1, 21, 24).

Wenn auch in unserem Falle das für die nekrotisierende Angiitis und die eosinophile Myokarditis ausschlaggebende Allergen nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, so ist es doch wahrscheinlich, daß es sich um eines der verabreichten Antibiotika oder Sulfonamide gehandelt hat. Wie auch zahlreiche Fälle aus der Literatur zeigen, sollten diese Medikamente, bei denen eine nekrotisierende Angiitis eine zwar seltene, aber durchaus bekannte Komplikation ist, nur dann bei primär allergischen Erkrankungen wie Asthma bronchiale eingesetzt werden, wenn eine zusätzliche bakterielle Infektion gesichert ist. Gleichzeitige antiallergische Maßnahmen sind dann anzuraten. Literatur Barnett. E. U., R. Bluestone, A. Cracchiolo, L. S. Goldberg, G. L. Kantor, R. M. Mcintosh: Cryoglobulinemia and disease. Ann. intern. Med. 73 (1970), 95. Bock, H. E.: Allergische Erkrankun. gen des Herzens und des Gefäßsystems. In: Hansen, K. (Hrsg.): Allergie (Thieme: Stuttgart 1957), 532.

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Nr. 8, 21. Februar 1975, 100. Jg.

y. Haefen u. a.: Zelluläre Immunität bei aktiv konditionierten Empfängern renaler Allotransplantate

bisher nicht beschriebene eigentümliche Arterienerkrankung (Periarteriitis nodosa), dic mit Morbus Brightii und rapid fortschreitender allgemeiner Muskellähmung einhergeht. Dtsch. Virchows Arch. Abt. A 359 (1973), 97. Arch. kiln. Med. 1(1866), 484. Dixon, F. J.: Experimental serum sickness. In: Sameter, D. (cd.): ImmunoLehr, D.: Sulfonamide vasculitis. J. clin. Pharmacol. 12 (1972), 181. logical Diseases (E. Little, Brown & Co.: Boston 1965), 161. Liebow, A. A., C. B. Carrington: The eosinophilic pneumonias. Medicine Girard, J. P.: Allergic reactions to (Baltimore) 48 (1969), 251. antibiotics. HeIv. med. Acta 36 (1972), 3. Löffler, W.: Zur Differentialdiagnose Hansen, K.: Bronchialasthma (Bronchiolenasthma) und verwandte der Lungeninfiltrierungen. Ober flüchStörungen. In: Hansen, K. (Hrsg.): tige Succedaninfiltrate (mit Eosinophilie(. Allergie (Thieme: Stuttgart 1957), 486. Beitr. KIm. Tuberk. 79 (1932), 368. Horton, B. T., B. T. Magath, McCombs, R. P.: Systemic 'allerG. E. Brown: Arteriitis of the temporal gic vasculitis. J. Amer. med. Ass. 194 (1965), 1059. vessels. Arch. intern. Med. 53 (1934), 400. O'Duffy, D. J., A. L. Scherbel: Kinlaw, B., W. McCune: Severe Necrotizing angiitis. A clinical review reaction to sulfadimethoxine(Madribon). of twenty-seven autopsied cases. Clin. J. med. Sci. 242 (1961), 30. Cleveland Clin. Quart. 32 (1965), 87. Kraytman, M., R. Parinentier, Reza Rafli, M.: Mikroskopische P. R. Potvliege, J. P. Dekoster, A. DeForm der Panarteriitis nodosa mit coster, J. $ternon: L'association de Lungenblutungen und Herdnephritis. l'asthme tardif et de l'angéite nécrotiZbl. allg. Path. path. Anat. 113 sante. A propos de deux observations. (1970), SS. Acta clin. belg. 26 (1971), 157. Randerath, E.: Die Bedeutung Kussmaul, A., R. Maier: Ober eine allergischer Pathogenese bei der

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Dr. P. Höhn Pathologisches Institut der Universität Dr. V. Schulz II. Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität 65

Mainz, Langenbeckstr. 1

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349 Zur Arbeit Schi1cr

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(Seite 367-370:

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Akute nekrotisierende Angiitis mit eosinopliiler Myokarditis hei Asthma bronchi-ale

[Acute necrotizing angitis with eosinophilic myocarditis in bronchial asthma(author's transl)].

In a 34-year-old patient asthma had developed as an allergy to infection. He died suddenly from cardiac and respiratory arrest following parenteral pe...
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